BGHZ 32, 250
Vgl. BGHZ 68, 391;
zur Gesamtproblematik Petersen JURA 1999, 401 ff.
Zentrales Problem:
s. Anm. zu BGHZ 68, 391
Amtl. Leitsatz:
Ein Unterbevollmächtigter, der als Vertreter des Hauptbevollmächtigten (nicht des Hauptvollmachtgebers) auftritt, haftet gemäß § 179 BGB als vollmachtloser Vertreter nur dann, wenn es an seiner Untervollmacht, nicht aber, wenn es an der Vollmacht des Hauptbevollmächtigten mangelt.
Aus den Gründen:
Das Berufungsgericht, dem gegenüber die Klägerin
sich darauf berufen hat, der Beklagte sei ausdrücklich für F.
aufgetreten, wertet die von dem Beklagten bei dem Verkauf der Uhr entwickelte
Tätigkeit nicht als eine bloße Vermittlung. Es scheidet die
Möglichkeit, daß der Beklagte als unmittelbar von der Eigentümerin
selbst beauftragt aufgetreten sei, mit Rücksicht darauf aus, daß
er gleich zu Beginn der Kaufverhandlungen der Klägerin erklärt
habe, er komme »für Herrn F.«. Das Berufungsgericht läßt
offen, ob - gesehen im »Empfängerhorizont des Beklagten«
und mittels dessen Erzählung gegenüber der Klägerin - F.
entsprechend einer von ihm vorgegebenen Ermächtigung seitens der Eigentümerin
im eigenen Namen (aber für fremde Rechnung) gehandelt habe oder ob
er auf Grund einer ihm angeblich von dieser erteilten Vollmacht im fremden
Namen aufgetreten sei. Im ersteren Fall habe der Beklagte auf Grund der
ihm von F. erteilten (Haupt-) Vollmacht gehandelt und hafte daher nicht
aus § 179 BGB. Im zweiten Fall seien mehrere Unterfälle denkbar,
von denen der folgende als von F. und dem Beklagten, der Klägerin
erkennbar, gewollt angenommen werden müsse: Erteilung einer Untervollmacht
an den Beklagten in dem Sinne, daß der von A bevollmächtigte
B seinerseits C wieder bevollmächtige, statt seiner (des B) für
A zu handeln. In einem solchen Fall erfordere der dem § 179 BGB zugrundeliegende
Gedanke des Vertrauensschutzes die Haftung des Unterbevollmächtigten
nur, wenn es an der Untervollmacht, nicht aber, wenn es an der Vollmacht
fehle; der Unterbevollmächtigte sei letzten Endes nur Vertreter seines
Vordermannes und könne in der Regel - auch dem Geschäftspartner
erkennbar - die Erteilung einer Hauptvollmacht nicht überprüfen.
Die Revision stellt demgegenüber in den Vordergrund,
daß auch der Unterbevollmächtigte unmittelbarer Vertreter des
Vollmachtgebers sei, in dessen Person die Vertretungshandlungen zur Wirksamkeit
gelangten; sie beruft sich auf den Wortlaut des § 179 BGB, nach dem
als machtloser Vertreter haftet, »wer als Vertreter einen Vertrag
geschlossen hat«, auf den Sinn des Gesetzes, wonach es für die
Haftung eines Untervertreters, der den Eindruck des Bestehens sowohl der
Haupt- wie der Untervollmacht erwecke und das Vertrauen seines Vertragsgegners
besitze, gleich sein müsse, ob es an dieser oder jener Vollmacht fehle.
Dieser Vortrag vermag jedoch nicht zu einer Verurteilung
des Beklagten zu führen.
Für die Beurteilung des Falles ist wesentlich,
daß der Beklagte der Klägerin nicht nur erklärt hatte,
er komme für F., sondern ihr auch alle näheren Umstände
und die Bescheinigung zur Kenntnis gebracht hatte. Jedem der Streitteile
war insofern dasselbe erkennbar. Demgemäß wußten beide
aus dem Bekenntnis von F., daß er nicht Eigentümer der Uhr war,
sondern diese für die Eigentümerin verkaufen sollte. Mit dem
Berufungsgericht kann die Frage offen bleiben, ob F. bei dem Verkauf der
Uhr als Bevollmächtigter im Namen der Eigentümerin oder im eigenen
Namen, wenn auch - scheinbar - für Rechnung der Eigentümerin
aufgetreten ist. Für eine Fallgestaltung der letzteren Art ließe
sich freilich anführen, daß F. nach seiner Erklärung den
Verkauf der Uhr unter Einschaltung des Beklagten dazu hat benützen
wollen, um im Wege der Verrechnung mit dem Kaufpreis seine eigene Schuld,
nicht eine Schuld der Eigentümerin, bei dem Beklagten zu tilgen. Das
könnte dafür sprechen, daß er bei dem Verkaufsgeschäft
in den Vordergrund treten und die Wirkungen des Verkaufs zunächst
in der eigenen Person erzeugen wollte. Dem stünde nicht etwa zwingend
entgegen, daß er selbst erklärt hat, die Uhr gehöre nicht
ihm, sondern solle von ihm für eine Amerikanerin verkauft werden;
denn es ist weder im bürgerlichen Recht im allgemeinen, noch im Gebiete
des Handelsrechts im besonderen eine ungewöhnliche Erscheinung, daß
jemand mit Einwilligung des Rechtsträgers über eine fremde Sache
im eigenen Namen verfügt. Auch der englische Wortlaut der vorgelegten
Bescheinigung: »I request Mr. F. (or Miß L.) to sell the watch
. . . « läßt eine solche Annahme durchaus zu. Doch braucht
dem wie gesagt nicht nachgegangen zu werden. Handelte nämlich F. im
eigenen Namen, wenn auch - angeblich - für fremde Rechnung, so hätte
der Beklagte, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat,
auf Grund und im Rahmen der ihm von F. erteilten (Haupt-) Vollmacht gehandelt
und brauchte nicht als Vertreter ohne Vertretungsmacht gemäß
§ 179 BGB zu haften. Für den anderen Fall, daß F. namens
der Eigentümerin handelnd aufgetreten ist, ist aus den nachstehenden
Überlegungen dasselbe Ergebnis zu gewinnen.
Das Berufungsgericht nimmt ohne Rechtsirrtum an,
daß F. als Bevollmächtigter sich des Beklagten als Unterbevollmächtigten
bedient hat. Dem ist zuzustimmen.
Ein Vertreter kann in zweifacher Art Untervollmacht
erteilen. Er kann den Unterbevollmächtigten zu seinem eigenen Vertreter
bestellen, ihn zum Vertreter des Vertreters machen; oder er kann die Unterbevollmächtigung
dahin vornehmen, daß der Unterbevollmächtigte unmittelbar im
Namen des ursprünglichen Vollmachtgebers, des Machtgebers des Hauptbevollmächtigten,
handeln soll. Die Revision steht zwar mit ihrer Annahme, die erstere Möglichkeit
sei mit den Grundsätzen des Vertretungsrechts nicht zu vereinbaren,
nicht allein 1). Doch ist die Annahme einer Vollmachterteilung der ersteren
Art rein logisch gesehen denkbar; sie hat sich auch durchgesetzt 2). Sie
ist, wie gerade die weitere Analyse des gegenwärtigen Falles zeigt,
sachlich vertretbar und geboten. Wenn die Revision die Ausführung
des Berufungsgerichts, letzten Endes sei hier der Unterbevollmächtigte
nur Vertreter seines Vordermannes, mit der Erwägung beanstandet, auch
der Unterbevollmächtigte sei unmittelbarer Vertreter des Vollmachtgebers,
so überzeugt das nicht. Entspricht das Geschäft der Vollmacht
und der auf den Untervertreter ausgestellten Untervollmacht, so wirkt es
allerdings nur für den Machtgeber des (Haupt-) Vertreters. Diese Wirkungen
gehen aber gleichsam gemäß den beiden Vollmachtverhältnissen
durch den (Haupt-) Vertreter hindurch.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, hier sei
der Beklagte in Untervollmacht von F. als dessen Vertreter tätig geworden,
zeigt im übrigen keinen vom Revisionsgericht zu beanstandenden Fehler;
sie findet eine sinnfällige Stütze darin, daß der Beklagte
die Verhandlungen mit der Klägerin durch die Erklärung einleitete,
er komme »für Herrn F.«; ihm, seinem Kunden, von dem er
auf diese Weise Geld zu bekommen hoffte, nicht der ihm unbekannten Eigentümerin
wollte er behilflich sein. Demgemäß liegt es nahe, den Beklagten
nur haften zu lassen, wenn seine Untervollmacht auf F. nicht in Ordnung
wäre, dagegen nicht, wenn es an der Vertretungsmacht des F. fehlt.
Für dieses Ergebnis sprechen noch weitere Erwägungen:
Wenn § 179 BGB dem machtlosen Vertreter eine
Schadensersatzpflicht auferlegt, so deswegen, weil er durch sein Auftreten
den Anschein seiner Vertretungsmacht hervorgerufen hat und das Vertrauen
des Geschäftspartners in diese Vertretungsmacht geschützt werden
soll. Zwar mag auf den ersten Blick der Unterbevollmächtigte dem (Haupt-)
Vollmachtgeber näher stehen und daher eher als der Geschäftspartner
zur Überprüfung der Vollmachtverhältnisse in der Lage befindlich
erscheinen. Dem Berufungsgericht ist aber darin beizupflichten, daß
der Unterbevollmächtigte in den meisten Fällen, jedenfalls dann,
wenn er in Vertretung des Bevollmächtigten tätig werden soll,
die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten nicht oder nicht leichter
als der Geschäftsgegner nachprüfen kann. Wenn also der Geschäftsgegner,
wie hier, durch die Erklärung des Beklagten, er komme für F.,
weiß (oder erkennen kann), daß er es mit dem Vertreter eines
Vertreters zu tun hat, so sollte ihm der Vertrauensschutz des § 179
BGB auf Kosten des Untervertreters nur insoweit zukommen, als es um das
Vorhandensein einer ordnungsgemäßen Untervollmacht geht.
Gerade der vorliegende Fall zeigt, wie unbillig
und sachlich nicht geboten es wäre, müßte der Vertreter
eines Vertreters für einen Fehler in der Vollmacht seines Vordermannes
oder in der Kette seiner Vordermänner einstehen. Nach seiner Beauftragung
und Bevollmächtigung sollte der Beklagte nichts anderes als den Zustand
herstellen, der eingetreten wäre, wenn selbst mit der Klägerin
handelseinig geworden wäre. Das hatte an sich nichts damit zu tun,
ob F. seinerseits bezüglich der Uhr verfügungsberechtigt war
oder nicht. Der Beklagte, dem das Berufungsgericht Gutgläubigkeit
bescheinigt, hat aber noch im Rahmen des ihm Möglichen nachgeprüft,
ob es sich bei dem Verkauf um ein reelles Geschäft handele; er hat,
was er wußte und erfahren hatte, an die Klägerin bei den Verhandlungen
weitergegeben und keine weitere Tätigkeit entfaltet, als der ihm seitens
F. gewordene Auftrag und die damit verbundene Untervollmacht mit sich brachte.
Wenn die Klägerin zu Schaden kam, so aus dem Grund, weil sich die
Annahme, F. sei verfügungsberechtigt, nicht bewahrheitete. Folglich
kann sie sich bei richtiger Anwendung des § 179 BGB nur an F., nicht
an den Beklagten halten. Eine solche Gesetzesanwendung ist mit dem Wortlaut
der Norm nicht unverträglich und führt zudem zu dem wünschenswerten
Ergebnis, daß die Haftung des Beklagten oder eines in gleicher Lage
befindlichen Vertreters aus § 179 BGB nicht verschieden zu beantworten
ist, je nachdem, ob sein Vollmachtgeber (hier F.) im fremden Namen oder
im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung handelnd, aufgetreten ist.
Diese beiden Fälle eines Handelns mit Fremdwirkung sind zwar begrifflich
klar trennbar, aber im einzelnen Fall oft nur schwierig zu unterscheiden.
Zusammengefaßt ergibt sich: Eine Haftung
des Beklagten aus § 179 BGB scheidet aus, gleichviel, ob F. nach außen
im fremden Namen oder im eigenen Namen handelnd aufgetreten ist. Da nach
dem Berufungsurteil ein anderer Haftungsgrund nicht in Betracht kommt,
muß es bei dem klagabweisenden Urteil verbleiben.
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