BGHZ 40, 28 ff
(ebenso BGHZ 65, 354,
vgl. aber auch BGHZ 54, 157 ff sowie
S. auch BGH v. 28.6.2011 - VI ZR 184/10)
Die eine Feuerwehr unterhaltende Gemeinde kann
von der Bundesbahn, deren Lokomotiven durch Funkenflug einen Waldbrand
verursacht haben, Ersatz ihrer Löschaufwendungen nach den Grundsätzen
über die Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen.
Im Jahre 1959 entstanden entlang der Bundesbahnstrecke
Sch.-G. durch Funkenflug aus vorbeifahrenden Lokomotiven verschiedene Waldbrände,
zu denen Bekämpfung u. a. die freiwillige Feuerwehr der klagenden
Gemeinde eingesetzt wurde. Diese hat für die ihr dadurch entstandenen
Aufwendungen von der beklagten Bundesbahn Ersatz verlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das
Oberlandesgericht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt
erklärt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen.
Aus den Gründen:
1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß
die Vorschriften des hessischen Brandschutzgesetzes nicht geeignet sind,
eine Haftung der Beklagten für die Aufwendungen der Klägerin
zu begründen. Das ist gemäß § 549, 562 ZPO für
das Revisionsgericht maßgebend und unterliegt nicht seiner Prüfung.
Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt,
kann die Klage auch nicht auf eine unerlaubte Handlung der Beklagten gestützt
werden. Denn ihre Bediensteten haben keines der in § 823 Abs. 1 BGB
aufgeführten Rechtsgüter der Klägerin verletzt, und §
823 Abs. 2 BGB ist schon deswegen nicht anwendbar, weil die hier in Betracht
kommenden §§ 309, 368 StGB keine Schutzgesetze zugunsten der
Gemeinden sind, die die Feuerwehren unterhalten.
Schließlich entfällt auch eine Haftung
aus dem § 1 Sachsch-HG, weil diese Bestimmung nur die unmittelbare
Beschädigung einer Sache, nicht jedoch die hier in Betracht kommenden
mittelbaren Vermögensschäden erfaßt.
2. Dagegen hält das Oberlandesgericht die
Klage aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung für
begründet...
Eines näheren Eingehens hierauf bedarf es
aber nicht. Denn der Klageanspruch findet dem Grunde nach in den Vorschriften
über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683,
670 BGB) seine Rechtfertigung, wie im folgenden auszuführen ist.
3. Das Berufungsgericht verneint allerdings eine
solche Forderung. Es führt aus:
Die Tätigkeit der Feuerwehren habe sich auf
den Interessenkreis der Beklagten bezogen und deren Belange gefördert;
die Klägerin habe also ein Geschäft der Beklagten geführt.
Die Klägerin habe aber nicht bewiesen, daß sie auch den dahingehenden
Willen gehabt habe. Mit der Brandbekämpfung habe sie, entsprechend
der ihr obliegenden öffentlichrechtlichen Verpflichtung, ihr eigenes
Geschäft geführt. Unter diesen Umständen hätte sie
dartun müssen, daß sie auch zugunsten des »Brandstifters«
habe tätig werden wollen. Eine solche Annahme liege fern. Es seien
zudem keinerlei Tatsachen beigebracht, die auf einen solchen Willen schließen
ließen.
Dem kann nicht gefolgt werden.
a) Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist
zutreffend. Es kommt in der Tat maßgeblich darauf an, ob die Klägerin
den Willen gehabt habe, ein fremdes Geschäft mitzubesorgen (vgl. BGHZ
38, 270, 276). Die Erwägungen, mit denen das Oberlandesgericht einen
solchen Willen verneint, sind aber nicht frei von Rechtsirrtum.
Es ist in dem Rechtsprechung anerkannt, daß
eine Geschäftsführung i. S. des § 677 BGB auch dann möglich
ist, wenn der Handelnde vornehmlich zur Wahrnehmung eigener Belange und
nur nebenbei im Interesse eines Anderen tätig wird. Insbesondere hindert
der Umstand, daß der Geschäftsführer einer eigenen öffentlichrechtlichen
Pflicht nachkommt, nicht die Annahme, daß er damit zugleich das privatrechtliche
Geschäft eines Dritten besorgt (BGHZ 16, 12, 16; 30, 162, 167).
Die Feststellung, ob in Fällen dieser Art
der Wille vorhanden ist, auch ein fremdes Geschäft zu führen,
kann auf Schwierigkeiten stoßen. Ist er nicht in irgend einer Form
nach außen in Erscheinung getreten, so ist er, wie regelmäßig
im Rechtsleben, unbeachtlich. Es müssen also stets Anhaltspunkte vorhanden
sein, die den Geschäftsführungswillen äußerlich erkennbar
machen.
Diese Anhaltspunkte können sich aus der Natur
des Geschäfts ergeben. Ist es bereits seinem Wesen nach ganz oder
wenigstens a u c h ein objektiv fremdes, so wird jener Geschäftsführungswille
zu vermuten, und es wird Sache desjenigen sein, der ihn leugnet, den Gegenbeweis
zu führen. Anders liegt es bei äußerlich neutralen Handlungen,
die für sich allein keinen Schluß darauf zulassen, ob sie der
Ausführende nur für sich oder für einen anderen vornehmen
will. Bei ihnen sind der Geschäftsführungswille und seine Erkennbarkeit
von demjenigen darzutun, der sie behauptet (BGHZ 38, 270, 276; Urt. v.
17. Dezember 1957 - VI ZR 288/56 - VersR 1958, 168; Larenz, Lehrbuch des
Schuldrechts, 5. Aufl. Bd. II S. 231; BGB-RGRK § 677 Anm. 2).
Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze
im allgemeinen zutreffend wiedergegeben. Es hat aber nicht beachtet, daß
sie ebenfalls anwendbar sind, wenn das Geschäft seiner äußeren
Erscheinung nach nicht nur dem Besorger, sondern auch einem Dritten zugute
kommt. Das ist hier der Fall. Wohl handelte die Feuerwehr in Erfüllung
der ihr auferlegten öffentlichrechtlichen Pflichten. Ziel und Zweck
ihres Handelns waren und sind aber, wie stets, die Hilfeleistung für
Dritte. Als solche kamen alle in Betracht, die durch die ungehinderte Fortdauer
des Feuers und seine Ausbreitung Schaden erleiden konnten. In deren Interesse
lag also das Eingreifen der Feuerwehr, und demgemäß wurde auch
deren Geschäft mitbesorgt.
Zu diesem Interessentenkreis gehörte hier
neben den Eigentümern die Bundesbahn. Sie haftete den Eigentümern
gemäß § 1 SachschHG auch ohne eigenes Verschulden für
den Schaden. Deswegen mußte ihr, wie bei objektiver Betrachtung außer
Zweifel stand, dringend an dessen Verringerung gelegen sein (vgl. hierzu
auch Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, 15. Bearb. , § 165 III 2 a).
Nach dem oben Gesagten ist also zu vermuten, daß die Klägerin
auch der Beklagten durch den Einsatz der Feuerwehr helfen wollte und demgemäß
den nach § 677 BGB erforderlichen Geschäftsführungswillen
gehabt hat.
Es wäre Sache der Beklagten gewesen, das
Gegenteil zu beweisen. Einen solchen Beweis hat sie nicht angetreten. Er
wäre nach den Umständen des Falles auch kaum zu führen gewesen.
b) Allerdings bedürfen diese Ausführungen
noch einer Einschränkung.
Es gibt Fälle der Geschäftsbesorgung,
in denen das Gesetz den Handelnden zum unentgeltlichen Tätigwerden
verpflichtet. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so entfällt ein
Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen gemäß §§ 683,
670 BGB, weil sie der Geschäftsführer eben kraft seiner besonderen
Verpflichtung selbst tragen soll (Enneccerus/Lehmann aaO § 165 III
2 b).
Vorliegend enthält das hessische Brandschutzgesetz
im § 14 eine Bestimmung, die sich mit der Frage befaßt inwieweit
die Feuerwehr von Dritten Ersatz verlangen kann. Sie lautet:
»Hat der Eigentümer oder Besitzer des
vom Brande befallenen Gebäudes den Brand vorsätzlich oder grob
fahrlässig verursacht, so kann die Gemeinde von ihm Ersatz der ihr
durch die Bekämpfung des Brandes entstandenen Kosten verlangen. Im
übrigen erfolgt die Brandbekämpfung unentgeltlich.«
Das Oberlandesgericht legt diese Vorschrift dahin
aus, daß ihr letzter Satz über den unentgeltlichen Einsatz nur
den Eigentümer oder Besitzer begünstigen soll, der den Brand
weder vorsätzlich noch grobfahrlässig verursacht hat, nicht jedoch
einen Dritten. Diese Auslegung bindet gemäß §§ 549,
562 ZPO das Revisionsgericht.
Auch aus der sonstigen Rechtsordnung ergibt sich
kein Anhalt dafür, daß die Feuerwehr ihre Tätigkeit zugunsten
eines solchen Dritten unentgeltlich zu leisten hat.
Demnach kann sich die Beklagte nicht darauf berufen,
daß die klagende Gemeinde im Verhältnis zu ihr, der Beklagten,
die Löschaufwendungen allein zu tragen habe.