BGHZ 65, 354
Vgl. auch BGHZ 40,28,31
a) Läßt die Straßenbaubehörde
verkehrsgefährdende Straßenverschmutzungen beseitigen, die von
einer an der Straße liegenden Bimsgrube herrühren, so wird vermutet,
daß sie damit auch ein fremdes Geschäft führen will (im
Anschluß an BGHZ 40,28 und 63,167).
b) Zu den Rechtsfolgen, wenn der Geschäftsführer
ohne Auftrag die ihn nach § 681 BGB treffende Pflicht verletzt, dem
Geschäftsherrn die Übernahme der Geschäftsführung anzuzeigen,
sobald es tunlich ist.
Die Beklagten beuteten aufgrund eines Vertrages
mit der Stadt E. von 1964 bis 1970 das Bimsvorkommen eines an die Bundesstraße
413 angrenzenden, 12 Morgen großen, zur Straße hin abfallenden
Waldgeländes aus. Der Wald wurde von der Forstverwaltung nach und
nach bis auf einen etwa 30m breiten Streifen längs der Straße
abgeholzt. Nach Beendigung der Ausbeutung wurde das Gelände eingeebnet
und wieder aufgeforstet.
In der Zeit ab 18. Juni 1966 kam es bis in das
Jahr 1969 bei starken oder länger andauernden Regenfällen im
Bereich der Bimsgrube immer wieder zu Überschwemmungen und Verschmutzungen
der Bundesstraße mit Bims und Abraum, den das klagende Land jeweils
entfernen ließ. Mit Schreiben vom 28. Juni 1966 teilte die für
den Streckenabschnitt zuständige Straßenmeisterei den Beklagten
mit, daß die Kosten für die Räumung der Fahrbahn am 18.
Juni 1966 und an dem darauf folgenden Wochenende den Beklagten angelastet
würden. Diese antworteten unter dem 29. Juni 1966, es sei nach ihrer
Ansicht nicht ihre Aufgabe, sondern die Aufgabe der Straßenmeisterei,
die an der Straße entstandenen Schäden zu beseitigen.
Im vorliegenden Verfahren verlangt der Kläger
von den Beklagten Ersatz von Aufwendungen in Höhe von 42 910,50 DM
(nebst Zinsen), die ihm durch die Verunreinigung der Bundesstraße
von dem aus dem Grubengelände der Beklagten abgeschwemmten Bims und
Abraum in der Zeit von Juni 1966 bis Dezember 1969 entstanden seien.
Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach
für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat
das Oberlandesgericht dem Kläger 7 683,69 DM (nebst Zinsen) zugesprochen.
Das sind die Aufwendungen des Klägers für die Zeit vom 18. Juni
bis 21. Juli 1966. Für die Zeit danach hat es die Klage abgewiesen.
Die dagegen gerichtete Revision des Klägers führte in diesem
Umfang zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Aus den Gründen:
1. Das Berufungsgericht hält einen Anspruch
des Klägers aus Geschäftsführung ohne Auftrag, den es für
die Aufwendungen zur Beseitigung der im Juni/Juli 1966 eingetretenen Straßenverschmutzung
bejaht, für die Aufwendungen der Folgezeit, um die es allein noch
geht, nicht für gegeben. Es läßt einen solchen Anspruch
daran scheitern, daß der Kläger in diesem Zeitraum seinen Willen
nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht habe, mit der Reinigung der Straße
auch ein Geschäft der Beklagten zu besorgen. Es wäre notwendig
gewesen, die Beklagten in jedem einzelnen Fall immer wieder erneut darauf
hinzuweisen, daß die Räumung der Straße auch ihnen obliege
und daß sie bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung mit einer
Inanspruchnahme wegen der dem Kläger entstehenden Kosten rechnen müßten.
Das habe der Kläger versäumt und damit seiner Anzeigepflicht
gemäß § 681 BGB nicht genügt.
2. Dem kann nicht gefolgt werden, wie die Revision
mit Recht geltend macht.
Das Berufungsgericht verquickt zu Unrecht zwei
Gesichtspunkte, die bei der Geschäftsführung ohne Auftrag eine
Rolle spielen, aber auseinandergehalten werden müssen: Das ist zum
einen der Wille des Geschäftsführers, ein fremdes Geschäft
zu besorgen oder wenigstens mitzubesorgen, zum anderen die Pflicht des
Geschäftsführers nach § 681 BGB, die Übernahme der
Geschäftsführung, sobald es tunlich ist, dem Geschäftsherrn
anzuzeigen. Wenn auch die Erfüllung der Anzeigepflicht in der Regel
einen zuverlässigen Schluß auf die Willensrichtung des Geschäftsführers
bei Übernahme der Geschäftsführung erlaubt, so braucht doch
umgekehrt das Unterlassen der Anzeige keineswegs darauf hinzudeuten, daß
der Geschäftsführer gar kein fremdes, sondern nur ein eigenes
Geschäft führen wollte.
Aus der Verletzung der Anzeigepflicht ergeben
sich auch ganz andere Rechtsfolgen als aus dem Fehlen des Fremdgeschäftsführungswillens.
a) So setzt die Anzeigepflicht des § 681
BGB, die nur eine Nebenpflicht ist (vgl. auch § 666 BGB), in aller
Regel die Übernahme der Geschäftsführung voraus (Steffen
in BGB-RGRK, 12. Aufl. § 681 Rdn. 3). Die Anzeige dient in erster
Linie dazu, den wirklichen Willen des Geschäftsherrn zu erforschen.
Deshalb hat sie in den Fällen des § 679 BGB, in denen der der
Geschäftsführung etwa entgegenstehende Wille des Geschäftsherrn
unbeachtlich ist, nur geringere Tragweite (Staudinger/Nipperdey, BGB, 11.
Aufl. § 681 Rdn. 5). Gleichwohl entfällt sie in solchen Fällen
nicht, denn sie kann auch dann noch bewirken, den Geschäftsherrn umzustimmen
oder ihn zu veranlassen, das Geschäft selbst zu führen (BGB-RGRK
aaO Rdn. 8).
Eine Verletzung der Anzeigepflicht verpflichtet
den Geschäftsführer aber lediglich zum Ersatz des Schadens, der
dem Geschäftsherrn entstanden ist, weil er nicht oder zu spät
von der Übernahme der Geschäftsführung erfahren hat (allgemeine
Meinung vgl. BGB-RGRK aaO Rdn. 11; Staudinger/Nipperdey, BGB aaO Rdn. 5;
Soergel/Siebert, BGB, 10. Aufl. Rdn. 1 und Erman/Hauss, BGB, 5. Aufl. Rdn.
3 je zu § 681 BGB). Die Unterlassung der Anzeige schließt also
nicht, wie die Beklagten irrig meinen, den Anspruch des Geschäftsführers
auf Aufwendungsersatz nach § 683 BGB überhaupt aus. Das gilt
auch, wenn der Geschäftsführer mit seinen Ansprüchen erst
zu einem Zeitpunkt hervortritt, zu dem der Geschäftsherr die Voraussetzungen
für die Geschäftsführung nicht mehr selbst überprüfen
kann. Dadurch erleidet er keinen ins Gewicht fallenden Nachteil, denn der
Geschäftsführer muß ohnehin alle Voraussetzungen für
seinen Anspruch auf Aufwendungsersatz beweisen. ...
b) Anders sind die Rechtsfolgen, wenn der Wille
des Geschäftsführers, ein fremdes Geschäft zu besorgen oder
mitzubesorgen, fehlt oder nicht hinreichend nach außen erkennbar
geworden ist. Da der Wille, für einen anderen zu handeln, zum Wesen
der Geschäftsführung ohne Auftrag gehört, kommt, wenn er
fehlt, ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach den §§ 677,683
BGB nicht in Betracht.
Davon geht auch das Berufungsgericht aus. Seine
Erwägungen, mit denen es den Willen des Klägers verneint, für
die Zeit nach Juli 1966 auch ein Geschäft der Beklagten mitzubesorgen,
sind aber nicht frei von Rechtsirrtum. Es hat nicht beachtet, daß
der Wille, ein fremdes Geschäft zu besorgen, dann vermutet wird, wenn
es sich um ein objektives fremdes Geschäft handelt. Dasselbe gilt
für den Willen, ein fremdes Geschäft mitzubesorgen, wenn es sich
auch um ein objektiv fremdes Geschäft handelt, wozu genügt, daß
das Geschäft seiner äußeren Erscheinung nach nicht nur
dem Besorger sondern auch einem Dritten zugute kommt (BGHZ
40,28,31). Das hat der Senat für das Eingreifen der Feuerwehr
bei einem Waldbrand und bei der Bergung eines verunglückten Fahrzeugs
bejaht (aaO und BGHZ 63,167,169; vgl. auch BGHZ
54,157,160; BGH NJW 1969,1205; 1971,609,612). Hier ist es ebenso.
aa) Zutreffend leitet das Berufungsgericht aus
§ 7 der Landesverordnung von Rheinland-Pfalz zur Durchführung
des Landesgesetzes über den Abbau und die Verwertung von Bimsvorkommen
vom 21. Juli 1952 (GVBl. S. 117) in der Fassung der Änderungsverordnung
vom 10. März 1964 (GVBl. S. 45) i. V. m. § 9 der Landespolizeiverordnung
über die Anlegung und den Betrieb von Steinbrüchen und Gräbereien
über Tage vom 27. November 1951 (GVBl. S. 193) die Pflicht der Beklagten
her, Straßenverschmutzungen, die aus der von ihnen ausgebeuteten
Grube stammen, zu beseitigen, und zwar auch dann, wenn es zu diesen Straßenverunreinigungen
gekommen ist, weil die von den Beklagten getroffenen Sicherheitsvorkehrungen
nur objektiv nicht ausreichten. Das Risiko, daß trotz all ihrer Vorsorgemaßnahmen
bei stärkeren oder länger anhaltenden Regenfällen doch Bims
oder Abraum aus der Grube auf die Straße geriet, trugen die Beklagten,
auch wenn sie kein Verschulden traf. Es war in erster Linie ihre Pflicht,
die von ihnen geschaffene Gefahrenlage zu beseitigen.
Wenn außer den Beklagten auch der Kläger
nach Art. 90 GG, § 20 FernStrG für die Verkehrssicherheit auf
der am Betriebsgelände der Beklagten vorbeiführenden Straße
zu sorgen und damit ebenfalls die eingetretene Verschmutzung zu beseitigen
hatte, so ändert das nichts daran, daß dies in erster Linie
eine Angelegenheit der Beklagten war. Besorgte der Kläger dieses Geschäft,
so kam es gerade seiner äußeren Erscheinung nach (BGHZ
40,28,31) auch den Beklagten zugute, deren Bimsgrube in unmittelbarer
Nähe der Straße lag. Der Fall liegt nicht wesentlich anders,
als wenn die Feuerwehr eine von anderen geschaffene Gefahrenlage beseitigt,
was an sich ihre Aufgabe ist.
bb) Der Fremdgeschäftsführungswille
des Klägers wird daher hier vermutet, und zwar auch für die Zeit
nach Juli 1966. Die Beklagten haben diese Vermutung nicht zu widerlegen
vermocht. Das können sie um so weniger, als der Kläger seinen
Standpunkt, sie seien für die bei den ersten Unwettern im Juni/ Juli
1966 aufgetretenen Straßenverunreinigungen verantwortlich, durch
das Schreiben der Straßenmeisterei vom 28. Juni 1966 eindeutig klargemacht
hat, was das Berufungsgericht für diesen Zeitraum denn auch genügen
läßt. Es ist nicht einzusehen, wieso es für die Folgezeit
anders sein sollte. Nur weil die Beklagten in ihrem Antwortschreiben vom
29. Juni 1966 es eindeutig und endgültig abgelehnt hatten, für
Straßenbeeinträchtigungen der eingetretenen Art aufzukommen,
wurde das vom Kläger besorgte Geschäft nicht ausschließlich
sein eigenes. Die von den Beklagten eingenommene Haltung änderte an
ihrer vorrangigen Pflicht, die Straßenverunreinigungen zu beseitigen
ebenso wenig, wie sie den Charakter der für das Freimachen der Straße
vom Kläger vor den Augen der Beklagten entfalteten Tätigkeit
irgendwie berührte und damit etwa Schlüsse auf eine Änderung
seines Geschäftsführerwillens zuließ. Die Beklagten hatten
keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß der Kläger in der Zeit
nach Juli 1966 von seinem ursprünglichen Standpunkt hätte abgehen
wollen. Wie die Revision mit Recht hervorhebt, mußte es bei der Hartnäckigkeit,
mit der die Beklagten ihren gegenteiligen Standpunkt vertraten, dem Kläger
auch zwecklos erscheinen, sie immer wieder auf die in erster Linie sie
selbst treffende Beseitigungs- und Kostentragungspflicht hinzuweisen.
c) Nach alledem kann der Anspruch des Klägers
auf Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht
daran scheitern, daß der Fremdgeschäftsführungswille des
Klägers gefehlt hätte oder von ihm nicht hinreichend zum Ausdruck
gebracht worden wäre. Die Unterscheidung, die das Oberlandesgericht
nach Zeitabschnitten für die Zeit vor und nach Juli 1966 gemacht hat,
ist rechtsfehlerhaft. Die Voraussetzungen für eine Geschäftsführung
ohne Auftrag des Klägers sind für den gesamten in Frage stehenden
Zeitraum einheitlich zu beurteilen. ...