Teilweise
Unwirksamkeit einer einheitlichen Verfügung von Todes wegen (hier:
"Geliebtentestament") - Anwendbarkeit von § 2085 BGB oder § 139 BGB?
BGH v.
17.3.1969 - III ZR 188/65
Fundstelle:
BGHZ 52, 17
s. auch
BGHZ 53, 369
Leitsatz:
Eine einheitliche Verfügung von Todes
wegen, durch die eine teilbare Zuwendung angeordnet wird (hier: alleinige
Erbeinsetzung der Geliebten), kann wegen Verstoßes gegen die guten Sitten
teilweise nichtig, im übrigen aber gültig sein (hier mit Folge: Geliebte
testamentarische Erbin zur Hälfte, Ehefrau sowie eheliche Kinder gesetzliche
Erben zur anderen Hälfte); Bestätigung des Urteils vom 15. Juni 1955 - IV ZR
80/55-, FamRZ 1963,287.
Zum
Sachverhalt:
Der im Jahre
1887 geborene, im Jahre 1963 verstorbene Dipl.-Ing. O. S. hat durch
notarielles Testament vom 17. Juli 1957 die Beklagte zu seiner alleinigen
Erbin bestimmt und seine Ehefrau und die sieben ehelichen Kinder auf den
Pflichtteil gesetzt. Die Kläger - die Witwe und fünf der ehelichen Kinder
des Erblassers - halten die Erbeinsetzung für sittenwidrig. Im einzelnen
handelt es sich um folgendes:
Der Erblasser war seit 1915 mit der im Jahre 1890 geborenen Klägerin zu 1
verheiratet; aus dieser Ehe sind in der Zeit von 1918 bis 1929 acht Kinder
hervorgegangen; ein Sohn ist im Kriege gefallen. Seit dem Ende des ersten
Weltkriegs war der Erblasser bei einer Baufirma in M. angestellt, von der er
als leitender Ingenieur bei Großbauten außerhalb M.'s eingesetzt wurde.
Anfänglich begleitete ihn seine Ehefrau an die Orte seiner Tätigkeit; sie
gab dies aber etwa im Jahre 1926 wegen der wachsenden Kinderzahl auf und
blieb ständig in M. Im Jahre 1938 wurde der Erblasser als verantwortlicher
Bauleiter nach P. (Osterreich) zum -Bau einer Staumauer versetzt. Kurz zuvor
hatte er sich in M. ein Wohnhaus errichtet und im Grundbuch sich und seine
Ehefrau als Eigentümer je zur Hälfte eintragen lassen. Die Klägerin zu 1
wohnt dort noch heute.
Gegen Ende 1938 stellte der Erblasser die damals 22 Jahre alte Beklagte bei
seiner Firma ein. Aus der Bekanntschaft entwickelte sich ein
Liebesverhältnis; aus dieser Verbindung stammen vier Söhne, die in den
Jahren 1941 bis 1953 geboren sind. Im Jahre 1950 errichtete die Beklagte in
S. (Österreich) eine kleinere Fremdenpension. Der Erblasser zog im selben
Jahre zur Beklagten in dieses Haus und hat sich dort mit den vier Söhnen der
Beklagten bis zu seinem Tode aufgehalten.
Eine im Jahre 1951 erhobene Scheidungsklage des Erblassers blieb erfolglos.
Die Kläger haben vorgetragen: der Erblasser habe die Beklagte, mit der er
jahrzehntelang ein ehebrecherisches Verhältnis unterhalten habe, durch die
Einsetzung als Erbin für die geschlechtliche Hingabe belohnen und zur
Fortsetzung des Verhältnisses bestimmen wollen; er habe sie damit gegenüber
seiner Ehefrau, die ihm in vielen Ehejahren die Treue gehalten habe, und den
ehelichen Kindern bevorzugt. Sie haben beantragt, die Nichtigkeit des
Testamentes festzustellen.
Die Beklagte hat unter anderem entgegnet: es sei zu unterscheiden, ob jemand
durch letztwillige Verfügung nach einem kurzen Liebesverhältnis für
ehebrecherische Beziehungen belohnt werde, und einem Fall wie hier, wo die
Erbeinsetzung lediglich ein Äquivalent für die Frau sein solle, die mit dem
Erblasser in einem eheähnlichen Verhältnis gelebt, ihm Opfer gebracht und
Dienste geleistet habe; zudem habe der Erblasser hier durch die
Erbeinsetzung der Mutter die Ausbildung der vier unehelichen Söhne
einigermaßen sichern wollen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist
erfolglos geblieben.
Auf die Revision der Kläger hat der Bundesgerichtshof festgestellt, daß das
Testament insoweit nichtig ist, als die Beklagte zu mehr als der Hälfte des
Nachlasses zur Erbin eingesetzt ist.
Aus den
Gründen:
II. 1.
Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, die Freiheit, über
das eigene Vermögen letztwillig zu verfügen, werde durch den in Art. 6 Abs.
1 GG geforderten besonderen Schutz der Familie nicht beeinträchtigt. Auch
wenn der Erblasser nächste Angehörige übergeht oder gegenüber
Familienfremden zurücksetzt, ist seine Verfügung nicht schon aus diesem
Grunde nichtig. Den benachteiligten Angehörigen gibt das Gesetz lediglich
unter gewissen Voraussetzungen die Ansprüche auf den Pflichtteil (§§ 2303 ff
BGB) und, was die Ehefrau angeht, auf den Ausgleich des Zugewinns (§§ 1371
ff BGB). Diese Ansprüche, denen im übrigen das Testament des Erblassers
Rechnung trägt, können zwar zur Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen einer
letztwilligen Verfügung führen (§ 2306 BGB) und deren Durchführbarkeit
beeinträchtigen, z. B. im Falle der Kürzung eines Vermächtnisses durch den
pflichtteilsberechtigten Erben (§ 2318 Abs. 3 BGB), lassen aber die
Gültigkeit der letztwilligen Verfügung als solcher unberührt. Die
Benachteiligung der nächsten Angehörigen gegenüber dem Zustand, der sich bei
gesetzlicher Erbfolge ergeben würde, allein genügt daher nicht, eine
letztwillige Verfügung mit dem Makel der Unsittlichkeit zu belasten und ihre
Nichtigkeit auf Grund des § 138 BGB herbeizuführen. Diese Wirkung tritt
vielmehr nur dann ein, wenn zur Hintansetzung der Angehörigen andere
Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Erblassers als sittlich
bedenklich erscheinen lassen, und die letztwillige Verfügung nach dem sich
ergebenden Gesamtbild gegen das Rechtsgefühl aller billig und gerecht
Denkenden verstößt. Das ist nach gefestigter Rechtsprechung regelmäßig dann
der Fall, wenn ein verheirateter Mann durch letztwillige Zuwendung eine Frau
für den mit ihr gepflogenen ehebrecherischen Verkehr belohnen oder zur
Fortsetzung solchen Verkehrs bestimmen will. Indessen hat die Rechtsprechung
nicht immer die Zuwendungen als ungültig angesehen, wenn zwischen dem
Erblasser und der bedachten Frau ein ehebrecherisches Verhältnis vorlag,
sondern ihre Gültigkeit ganz oder auch teilweise bejaht, wenn der Erblasser
sich nicht ausschließlich durch seine erotischen Beziehungen zu der
Bedachten hatte leiten lassen, sondern für ihn in erster Linie oder doch
maßgebend neben diesen Beziehungen auch andere, achtenswerte Beweggründe
bestimmend waren. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erbeinsetzung der
Beklagten nach Beweggrund, Inhalt und Zweck unsittlich ist, müssen alle
Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden; entscheidend ist, wie
bereits hervorgehoben, das Gesamtbild (BGH Urt. v. 8. Januar 1964 - V ZR
5/62-, LM Nr. 14 zu § 138 [Cd] BGB = FamRZ 1964,140 mit zahlreichen
Nachweisen).
....
4. Die Erbeinsetzung der Beklagten ist auch entgegen der Ansicht der
Revision nicht insgesamt deshalb nichtig, weil sie zu einer
Rechtsgemeinschaft zwischen der Klägerin zu 1 und der Beklagten hinsichtlich
des Hauses in M. führt, dessen Eigentümer die Eheleute S. je zur Hälfte
waren. Allerdings kann das Miteigentum der Beklagten für die Kläger
erhebliche Nachteile und Gefahren bringen. Die Gemeinschaft hat nach der
Regelung des Gesetzes eine gemeinsame Verwaltung zur Folge (§ 744 Abs. 1
BGB). Die Beklagte hat Anteil an den Erträgnissen des Hauses; das bedeutet,
daß die Klägerin zu 1 und ihre Kinder, soweit sie im Hause wohnen,
verpflichtet sein können, eine Miete oder Nutzungsentschädigung zu zahlen
oder sich anrechnen zu lassen. Die Beklagte kann die Zwangsversteigerung zum
Zwecke der Auseinandersetzung betreiben (§§ 749,753 BGB). Das
Berufungsgericht hat indessen nicht übersehen, daß den Klägern eine
Rechtsgemeinschaft mit der Beklagten aus gutem Grunde schwer erträglich ist
und daß ihnen aus der Gemeinschaft Nachteile und Gefahren erwachsen können.
Die Erwägungen, aus denen es gleichwohl ablehnt, aus den Folgen der
Rechtsgemeinschaft hinsichtlich des Hauses einen Grund für die Nichtigkeit
der Erbeinsetzung der Beklagten herzuleiten, sind jedenfalls im Ergebnis zu
billigen. Da der Hausanteil das einzige ins Gewicht fallende Vermögensstück
des Erblassers war, entsprach es dem sittlich unbedenklichen Zweck seines
Testamentes (die Kinder der Beklagten zu versorgen), daß die getroffene
Regelung sich auf dieses Vermögensstück erstreckte. Wären die Kinder der
Beklagten als Erben eingesetzt worden, dann hätte die Rechtsgemeinschaft
ebenfalls bestanden, und der Unterschied gegenüber dem Zustand, daß die
Beklagte selbst Miteigentümerin ist, wäre vorausichtlich von geringer
praktischer Bedeutung gewesen. Unter diesen Umständen liegt kein
Rechtsverstoß darin, daß das Berufungsgericht die hinsichtlich des Hauses
begründete Rechtsgemeinschaft nicht als für die Kläger schlechthin
unzumutbar und die Erbeinsetzung der Beklagten nicht deshalb als unwirksam
angesehen hat.
III. Trotzdem kann dem Berufungsgericht nicht dahin gefolgt werden, daß die
Beklagte a l l e i n i g e Erbin geworden sei. Indem der Erblasser sie zur
Alleinerbin bestimmt und seine Ehefrau und die ehelichen Kinder auf den
Pflichtteil gesetzt hat, ist er über das hinausgegangen, was zum Erreichen
achtenswerter Ziele erforderlich war, und hat er in sittenwidriger Weise
gegen Verpflichtungen und Rücksichten verstoßen, die er gegenüber seinen
Angehörigen, insbesondere seiner Ehefrau, zu beachten hatte. Bei der
Abfassung seines in notarieller Form, also unter sachkundiger Beratung,
errichteten Testamentes hatte der Erblasser offensichtlich Kenntnis von dem
wesentlichsten Inhalt des Pflichtteilrechts. Es war ihm klar und er war
damit einverstanden, nahm es zumindest hin, daß seine Ehefrau und seine
ehelichen Kinder als Pflichtteilsberechtigte Anspruch auf den halben Wert
des Nachlasses haben würden. Um der Beklagten und ihren Kindern die andere
Hälfte des Nachlaßwertes zukommen zu lassen, war es nicht erforderlich,
Ehefrau und eheliche Kinder in die gegenüber der Miterbenstellung mindere
Rechtsstellung des lediglich Pflichtteilsberechtigten zu drängen. Als solche
wären Frau und Kinder darauf angewiesen, ihre Ansprüche gegen die Beklagte,
gegebenenfalls im Klagewege, geltend zu machen. Sie hätten keinen
unmittelbaren Einfluß auf die Verwaltung des Nachlasses, dessen
wesentlichster Bestandteil der Hausanteil ist, sowie auf die Feststellung
und Abwicklung der die Höhe des Pflichtteils mitbestimmenden
Nachlaßverbindlichkeiten, die hier in Gestalt der Unterhaltsansprüche der
Kinder der Beklagten in schwer überschaubarem Ausmaße in Betracht kommen und
die niedrig zu halten schwerlich im Interesse der Beklagten liegt.
Insbesondere für die Klägerin zu 1, aber auch für ihre Kinder, wäre es
peinlich und demütigend, sich wegen ihrer Ansprüche an den Nachlaß des
Ehemannes und Vaters an die Beklagte, dessen Geliebte, wenden zu müssen. In
der Stellung als Pflichtteilsberechtigte wären die Kläger um so mehr
benachteiligt, als die Beklagte, wäre sie Alleinerbin, in gleichem Maße an
dem Hause in M. Anteil hätte wie die Klägerin zu 1, nämlich zur Hälfte, und
sich dadurch bei der Verwaltung des Hauses für die Klägerin erheblich
leichter Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten ergeben könnten, als wenn
ihr und ihren Kindern höhere Miteigentumsanteile als der Beklagten zustehen.
Die Erwägungen, aus denen es noch tragbar erscheint, daß der Erblasser der
Beklagten Erbenstellung eingeräumt hat, rechtfertigen noch nicht die
Verweisung der Kläger auf den Pflichtteil. Vielmehr liegt in dieser eine
gegen das Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßende,
unzumutbare und deshalb sittenwidrige Zurücksetzung. Das Testament ist daher
gemäß § 138 BGB nichtig, soweit der Erblasser seiner Ehefrau und seinen
Kindern die Hälfte des Nachlasses nur als Pflichtteilsberechtigten statt als
Erben zugewendet, d. h. soweit er die Beklagte zu mehr als der Hälfte als
Erbin eingesetzt hat. Hinsichtlich der einen Nachlaßhälfte sind die Witwe
und die ehelichen Kinder Erben im Verhältnis ihrer gesetzlichen Erbteile
geworden; insoweit ist gesetzliche Erbfolge eingetreten (§ 2088 Abs. 1 BGB).
Hinsichtlich der anderen Hälfte bleibt die Erbeinsetzung der Beklagten
gültig. Denn es kann nicht angenommen werden, der Erblasser hätte die
Beklagte überhaupt nicht als Erbin eingesetzt, wenn er damit gerechnet
hätte, er könne sie nicht zur Alleinerbin machen. Die Einsetzung der
Beklagten als Alleinerbin und die Beschränkung der Ehefrau und der ehelichen
Kinder auf den Pflichtteil stellen eine einheitliche Verfügung dar, denn das
Zweite ist die unvermeidliche gesetzliche Folge des Ersten (RG DR 1941,1000
Nr. 10). Die rechtliche Möglichkeit, eine einheitliche Verfügung von Todes
wegen, die eine teilbare Zuwendung oder Belastung anordnet, in der Weise zu
teilen, daß ein Teil als unwirksam erklärt wird, im übrigen die Verfügung
aber wirksam bleibt, wird von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
anerkannt, insbesondere in dem Urteil vom 15. Juni 1955 - IV ZR 80/55 -,
FamRZ 1963,287, das einen dem vorliegenden ähnlichen Fall betrifft. An
dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Es ist dem Richter zwar nach
geltendem Rechte nicht gestattet, unbillige letztwillige Verfügungen
abzuändern. Das schließt jedoch die Möglichkeit nicht aus, gegebenenfalls
Verfügungen, die lediglich durch das Übermaß der Zuwendung gegen die guten
Sitten verstoßen, hinsichtlich des Übermaßes für nichtig zu erklären und
dadurch insoweit die gesetzliche Regelung zum Tragen zu bringen. Denn
einerseits kann eine Verfügung, die nur durch ein Zuviel gegen die guten
Sitten verstößt, nicht im ganzen für nichtig erklärt werden, weil der Wille
des Erblassers soweit als möglich zu beachten ist und nicht unbeachtet
bleiben kann, soweit ein Verstoß gegen die guten Sitten nicht vorliegt;
andererseits geht es nicht an, eine solche Verfügung insgesamt als wirksam
zu behandeln. Der Anmerkung Bosch's zum Urteil vom 15. Juni 1955 (FamRZ
1963,290), durch diese Rechtsprechung werde faktisch ein »materielles
Noterbrecht der nächsten Angehörigen anerkannt, die Testierfreiheit
eingeschränkt und eine von den Schöpfern des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht
gewollte Miterbengemeinschaft zwischen gesetzlichen Noterben und
Testamentserben geschaffen«, ist entgegenzuhalten: Der Testierfreiheit ist
insofern eine Grenze gezogen, als gegen die guten Sitten verstoßende
Rechtsgeschäfte nichtig sind. Diese Grenze wird durch die angeführte
Rechtsprechung nicht verschoben. Wo sie liegt, ist nach dem Gesamtbild des
Einzelfalles zu bestimmen. Unzumutbare Folgen, die sich aus einer Zuwendung
für den Ehegatten und die ehelichen Kinder des Erblassers ergeben, sind
dabei ebenso zu berücksichtigen, wie andererseits als achtenswerter
Beweggrund gewürdigt werden kann, daß der Erblasser für seine unehelichen
Kinder sorgen wollte. Die gesetzliche Erfolge tritt notwendig ein, wenn und
soweit, gleich aus welchem Grunde (nicht nur im Falle des § 138 BGB), eine
gültige Erbeinsetzung fehlt. Die aus testamentarischen und gesetzlichen
Erben bestehende Erbengemeinschaft ist im Gesetz vorgesehen (§ 2088 BGB).
Die Alternativen zur vorliegenden Entscheidung - volle Gültigkeit oder volle
Nichtigkeit der Erbeinsetzung der Beklagten - würden entweder zu
unzumutbaren Folgen für die legitimen Angehörigen des Erblassers führen oder
dessen uneheliche Kinder ungerechtfertigt benachteiligen. Gerade der
vorliegende Fall rechtfertigt die Rechtsprechung, die es gestattet, eine
einheitliche, aber teilbare letztwillige Zuwendung oder Belastung für
teilweise nichtig und teilweise gültig zu erklären.
Es bedarf hier keiner Erörterung der Streitfrage, ob dann, wenn eine
einheitliche, jedoch eine teilbare Zuwendung oder Belastung anordnende
Verfügung von Todes wegen teilweise nichtig ist, die Gültigkeit der
Verfügung im übrigen nach § 139 oder nach § 2085 BGB zu beurteilen ist, d.
h. ob ihre Gültigkeit nach der allgemeinen Regel des § 139 BGB den Nachweis
voraussetzt, daß der Erblasser die Verfügung auch ohne den nichtigen Teil
getroffen hätte, oder ob die erbrechtliche Regel des § 2085 BGB hier
entsprechend anwendbar ist, nach der die Unwirksamkeit einer von mehreren in
einem Testament enthaltenen Verfügungen die Unwirksamkeit der übrigen nur
zur Folge hat, wenn anzunehmen ist, daß der Erblasser diese ohne die
unwirksame Verfügung nicht getroffen haben würde. Denn wenn wie hier der
Erblasser der Bedachten all das zuwendet, was er ihr rechtswirksam zuwenden
zu können glaubt, die Zuwendung aber gleichwohl deshalb teilweise unwirksam
ist, weil sie über das sittlich Zulässige hinausgeht, spricht nach der
Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung dafür, er würde ihr auch bei
Kenntnis der wahren Rechtslage soviel als möglich zugewendet haben.
Tatsachen, die diese Vermutung entkräften könnten, sind weder geltend
gemacht noch ersichtlich. Es kann daher unbedenklich davon ausgegangen
werden, daß der Erblasser die Beklagte zur Hälfte als Erbin eingesetzt
hätte, wenn er damit gerechnet hätte, eine höhere Zuwendung sei unwirksam.
Damit ist auch den strengeren Anforderungen des § 139 BGB für eine
Teilnichtigkeit genügt.
|