Abänderungsklage (§ 323 ZPO) bei ausländischem Unterhaltstitel nach
Statutenwechsel: Internationale Zuständigkeit nach EuGVVO, Zulässigkeit der
Abänderung und anwendbares Recht (Haager Unterhaltsübereinkommen 1973)
OLG Köln v.
20.7.2004, 25 UF 24/04
Fundstelle:
FamRZ 2005, 534
Zur Rechtlage ab 18.6.2011 s. die Anm. zu
BGH v. 10.11.2010 -
XII ZR 37/09
Amtl. Leitsatz:
Hat aufgrund des Wechsels
des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes von Österreich nach Deutschland ein
Statutenwechsel stattgefunden, richtet sich der Maßstab für die Abänderung
des ausländischen Unterhaltstitels nach deutschem Recht.
Aus den
Gründen:
I. Die Kl. ist
die am 11. 4. 1990 geb. ehel. Tochter des Bekl. Durch Beschluss des BezG
Kitzbühel [K.] vom 18. 2. 1996 ist dieser verurteilt worden, an die damals
noch in Osterreich wohnende Kl. zu Händen ihrer geschiedenen Mutter einen
monatlichen Unterhaltsbeitrag von 2.500 OS jeweils bis zum 15. eines jeden
Monats im vorhinein zu entrichten. 2.500 ÖS entsprechen 182 EUR. Mit
Schreiben vom 9. 9. 2002 wurde der Bekl. zur Zahlung eines monatlichen
Kindesunterhalts von 287 EUR aufgefordert. Da er dem Verlangen nicht
nachkam, hat die Kl. eine Abänderungsklage erhoben, die dem Bekl. am 3. 9.
2003 zugestellt worden ist.
Durch das angefochtene Urteil hat das AmtsG den Bekl. verurteilt, in
Abänderung des Beschlusses des BezG K. v. 18. 2. 1996, an die Kl. zu Händen
der gesetzlichen Vertreterin Kindesunterhalt monatlich im Voraus zum 5.
jeden Monats i. H. von 269 EUR für den Zeitraum v. 1.9. 2002 bis zum 30. 6.
2003 und i. H. von 100% des jeweiligen Regelbetrages der RegelbetragVO
dritte Altersstufe ohne Anrechnung des staatlichen Kindergeldes, derzeit
also in Höhe von 284 EUR, ab dem 1.7. 2003 zu zahlen; die weitergehende
Klage hat es abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat der Bekl. Berufung eingelegt.
Der Bekl. behauptet, seine frühere Tätigkeit als Kellner sei ihm aus
gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich gewesen. Er arbeite derzeit als
Taxifahrer mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 665,04 EUR. Wegen der
Wechselschichten sei ihm eine zusätzliche Nebentätigkeit nicht möglich. Er
ist der Ansicht, auf den Sachverhalt sei österreichisches [österr.]
Unterhaltsrecht anzuwenden. Da es sich um eine Abänderungsklage handle,
blieben die Grundlagen des österr. Beschlusses weiterhin maßgebend, sodass
seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Mutter mit zu berücksichtigen
sei.
II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
1. Die deutschen Gerichte sind gemäß Art. 5
Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 v. 22. 12. 2000 des Rates über die
gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen [EuGWO] i. V. mit Art. 66 I
EuGWO international zuständig, weil die Klage nach In-Kraft-Treten des EuGWO
(1. 3. 2002) erhoben worden ist und die Kl. ihren Wohnsitz in Köln hat.
2. Der von der Kl. begehrten Abänderung des Beschlusses des BezG K. steht
nicht entgegen, dass es sich dabei um einen ausländischen Titel handelt.
Es entspricht der vom Senat geteilten h. M., dass Unterhaltstitel auch durch
Gerichte anderer Staaten abgeändert werden können, weil das ausl. Urteil
Geltung allein innerhalb der Grenzen des Urteilsstaates beanspruchen kann
und Wirkungen im Inland nur dann entfaltet, soweit es dort anerkannt wird.
Mit der Anerkennung wird der ausl. Titel einem inländischen Titel
gleichgestellt und in die hiesige Rechtsordnung übernommen (vgl. BGH,
FamRZ 1983, 806; Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl., § 323
ZPO Rz. 59, jew. m. w. N.).
3. Die sich daraus ergebende Voraussetzung der Anerkennung des abzuändernden
ausl. Titels ist vorhegend ebenfalls erfüllt. Der Beschluss des BezG K. ist
gemäß Art. 26 LugÜ/ § 328 ZPO anzuerkennen, weil keine der in Art. 27 f.
LugÜ genannten Ausnahmen vorliegen. Eines förmlichen Anerkennungsverfahrens
bedarf es insoweit nicht. Die diesem inhaltlich entsprechenden Regelungen
der Art. 26 ff. des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen [EuGVÜ] finden gemäß Art. 54 I EuGVÜ noch keine Anwendung,
weil die Entscheidung des BezG K. vor In-Kraft-Treten des EuGVÜ in
Österreich ergangen ist.
4. Keiner Entscheidung bedarf die in Rechtsprechung und Literatur nach
wie vor streitige Frage, ob weitere Voraussetzung der Abänderbarkeit eines
ausl. Titels ist, dass - auch - das Recht des Urteilsstaates die Abänderung
zulässt (vgl. hierzu Staudinger/ Mankowski, BGB, 2003, Anh. I zu Art. 18
EGBGB Rz. 41; MünchKomm/Gottwald, ZPO, 3. Aufl., § 323 Rz. 113). Zwar kennt
das österr. Recht für Unterhaltstitel keine dem deutschen Recht (§ 323 ZPO)
entsprechende Abänderungsklage. Nach österr. Rechtsprechung und Lehre
bezieht sich die materielle Rechtskraft auch einer Verurteilung zu künftigen
Unterhaltsleistungen nur auf jene Sachlage, die im Zeitpunkt des Schlusses
der mündlichen Streitverhandlung vorlag, sodass nachträgliche Änderungen des
rechtserzeugenden Sachverhalts von der Rechtskraft nicht erfasst werden.
Ändern sich bei einer Verurteilung zu künftigen Unterhaltsleistungen nach
Schluss der Verhandlung die anspruchsbegründenden oder die für die
Anspruchshöhe maßgebenden Tatsachen, so steht dem Unterhaltsgläübiger, der
eine Erhöhung der Unterhaltsleistungen verlangt, eine neue Leistungsklage
offen, während dem Unterhaltsschuldner, der die Herabsetzung - ggf. auf Null
— anstrebt, die negative Feststellungsklage bzw. die Oppositionsklage nach §
35 EO zusteht (vgl. OGH Wien, Entscheidung v. 9. 4. 2002 - 4 Ob 7/02m -,
ZfRV 2003, 111 f.). Da somit auch das österr. Recht eine grundsätzliche
Abänderbarkeit zukünftiger Unterhaltstitel kennt, kam es auf die eingangs
dargestellte Streitfrage vorliegend nicht an.
5. Die Regelung der Abänderbarkeit des Beschlusses des BezG K. richtet sich
nach § 323 ZPO.
Die Frage, welcher Rechtsordnung die Abänderungsregelung zu entnehmen
ist, ist nach wie vor streitig. Der Senat folgt jedenfalls nicht der
Auffassung, dass die Abänderungsregelung des jeweiligen Urteilsstaates
maßgeblich sein soll. Dies folgt aus der völkerrechtlichen Unbedenklichkeit
der Abänderung eines ausl. Titels im Inland sowie aus der Erkenntnis, dass
der ausl. Titel Wirkungen im Inland nur kraft seiner Anerkennung entfaltet.
Daraus ergibt sich, dass die inländische Rechtsordnung auch die Grenzen der
Anerkennung bestimmt, wozu auch die Frage gehört, wieweit die Abänderung des
ausl. Titels wegen veränderter Verhältnisse möglich sein soll (vgl. BGH,
FamRZ 1983, 806; FamRZ 1992, 1060; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., §
323 Rz. 17; Göppinger/Wax/Linke, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rz. 3303 ff.).
Die danach offene Frage, ob die Voraussetzungen der Abänderung sich aus
dem innerstaatlichen Prozessrecht als der lex fori ergeben oder, wenn man
die Frage der Abänderbarkeit dem Unterhaltsstatut zurechnet, aus dem
innerstaatlichen materiellen Kollisionsrecht (vgl. dazu BGH, FamRZ 1983,
806; FamRZ 1992, 1060; Göppinger/Wax/Linke, a.a.O.; Johannsen/Henrich/Brudermüller,
a. a. O. Rz. 60; MünchKomm/ Gottwald, a. a. O., § 323 Rz. 117 ff.),
bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Auch nach der letzteren
Auffassung findet vorliegend § 323 ZPO Anwendung, weil die Kl. ihren
gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat und daher
gemäß Art. 4 des von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierten Haager
Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht v. 2. 10.
1973 (HUÜ - BGB1 1986 II 837) deutsches Recht maßgeblich ist. In diesem
Zusammenhang ist es unerheblich, dass die Republik Österreich bislang noch
nicht zu den Unterzeichnern des Übereinkommens gehört und die Kl. österr.
Staatsangehörige ist (vgl. BGH, FamRZ 1983, 806).
6. Das Erfordernis einer wesentlichen Änderung der i. S. des § 323 ZPO
maßgeblichen Verhältnisse ist erfüllt. Das ergibt sich bereits aus dem
altersmäßig gestiegenen Lebensbedarf der jetzt 14 Jahre alten Kl., die im
Zeitpunkt des. abzuändernden Beschlusses knapp sechs Jahre alt war. Von
daher bedarf es keiner Entscheidung, ob allein in dem gemäß Art. 4 II HUÜ
eingetretenen Statutenwechsel eine maßgebliche Änderung i. S. des § 323 ZPO
gesehen werden kann. Die Abänderung kann auch für die Zeit vor
Rechtshängigkeit, also rückwirkend zum 1.9. 2002 geltend gemacht werden,
weil gemäß § 323 III S. 2 ZPO i.V. mit § 1613 I BGB der Bekl. durch das
Schreiben des Beistands v. 9. 9. 2002 in Verzug gekommen ist. Von daher kann
dahinstehen, ob § 323 III ZPO bei der Abänderung ausländischer Titel
überhaupt Anwendung findet (vgl. dazu Johannsen/ Henrich/Brudermüller, a. a.
O., Rz. 60, m. w. N.).
7. Die grundsätzliche Unterhaltsverpflichtung des Bekl. ergibt sich aus dem
abzuändernden Beschluss, der insoweit keiner Überprüfung unterliegt; sie
ergibt sich im Übrigen aber auch aus §§ 1601 ff. BGB. Der Maßstab für die
Abänderung des ausl. Titels richtet sich nach deutschem Recht.
In Rechtsprechung und Literatur ist seit langem streitig, nach den
Maßstäben welchen Rechts bei der Anpassung des ausl. Titels die Art und Höhe
der Unterhaltsleistungen zu bemessen ist. Insoweit wird zum einen vertreten,
dass das aus der Sicht des angerufenen Gerichts nach dem Unterhaltsstatut
berufene Recht maßgeblich sei, während nach a. A. das dem abzuändernden
Titel zugrunde liegende Sachrecht für Art und Höhe der anzupassenden
Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich sein soll (vgl. hierzu
Göppinger/Wax/Linke, a.a.O., Rz. 3303 ff.; Staudinger/Mankowski, a.a.O.,
Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rz. 43 f; MünchKomm/Siehr, BGB, 3. Aufl., Art. 18
Anh. I Rz. 322 ff.). Der BGH hat sich in Fällen, in denen die Kl. auch
schon zu Zeiten des abzuändernden Titels in der Bundesrepublik Deutschland
wohnte, der zuletzt genannten Auffassung angeschlossen (BGH, FamRZ 1983,
806; FamRZ 1992, 1060). Ob das Abänderungsgericht bei zwischenzeitlichem
Statutenwechsel zur Anwendung des dadurch berufenen neuen Sachrechts befugt
wäre, hat er dabei ausdrücklich offen gelassen; dies wird in der
Literatur teilweise übersehen (vgl. z.B. Zöller/Wollkämmer, ZPO, 24. Aufl.,
§ 323 Rz. 12). Nach Auffassung des Senats bemisst sich jedenfalls in einem
Fall wie dem vorliegenden, in dem ein Statutenwechsel stattgefunden hat, der
Maßstab für die Abänderung nach dem aktuellen Unterhaltsstatut, vorliegend
also nach deutschem Recht.
Gemäß Art. 4 I HUÜ ist für Unterhaltspflichten, die sich aus Beziehungen
der Familie ergeben, das am gewöhnlichen Aufenthalt des
Unterhaltsberechtigten geltende innerstaatliche Recht maßgebend. Abs. II
dieser Vorschrift bestimmt sodann, dass in einem Fall, dass der
Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt wechselt, vom Zeitpunkt
des Aufenthaltswechsels an das innerstaatliche Recht des neuen gewöhnlichen
Aufenthalts anzuwenden ist. Der Wortlaut des Art. 4 HUÜ enthält keine
Einschränkung dahin, dass diese Bestimmung lediglich auf Erstklagen, jedoch
nicht auf Abänderungsklagen Anwendung finden soll. Insoweit unterscheidet er
sich von Art. 8 HUÜ, in dem ausdrücklich abweichend von Art. 4 HUÜ geregelt
ist, dass für die dort genannten Fälle des nachehel. Unterhalts selbst im
Faüe eines an sich gegebenen Statutenwechsels i. S. von Art. 4 auch für die
Abänderung weiterhin das auf die Entscheidung angewandte Recht maßgeblich
sein soll. Daraus ließe sich bereits im Wege des Umkehrschlusses folgern,
dass im Rahmen des Art. 4 das durch den Statutenwechsel berufene Recht auch
für die Abänderung maßgeblich sein soll (so im Ergebnis auch
Staudinger/Mankowski, a. a. O., Anhang I zu Art. 18 EGBGB Rz. 46). Allein
dies wird auch dem Sinn und Zweck des HUU, das den Unterhaltsberechtigten
begünstigen will, gerecht. So regelt Art. 10 Nr. 1 HUÜ, dass das auf eine
Unterhaltspflicht anzuwendende Recht insbesondere bestimmt, ob und in
welchem Ausmaß der Berechtigte Unterhalt verlangen kann. Art. 11 II HUÜ
verstärkt dies noch dahingehend, dass selbst in den Fällen, in denen von der
Anwendung eines durch dieses Übereinkommen bestimmten Rechts wegen
offensichtlicher Unvereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung abgesehen
werden darf, bei der Bemessung des Unterhaltsbetrages die Bedürfnisse des
Berechtigten und die wirtschaftlichen Verhältnisse des
Unterhaltsverpflichteten selbst dann zu berücksichtigen sind, wenn das
anzuwendende Recht etwas anderes bestimmt. Diese bewusste Begünstigung des
Berechtigten würde jedoch in einer Vielzahl von Fällen leer laufen, wollte
man den Wechsel des Unterhaltsstatuts nicht auch auf Abänderungsklagen
anwenden. So heißt es denn auch in der Denkschrift zu dem Entwurf eines
Gesetzes zu dem Haager Übereinkommen v. 2. 10. 1973 (BT-Drucks. 10/258, S.
61 unter Nr. 140): „Die Lage der genannten Parteien wird sich
selbstverständlich nicht ändern, solange keine Partei gegen die andere bei
der zuständigen Behörde die Änderung der Unterhaltsrente nach einer
Veränderung des Anknüpfungsmoments verlangt. Das Problem des
„Statutenwechsels" wird nie von Amts wegen allein aufgrund einer Veränderung
des Anknüpfungsmoments gelöst.
Im Fall eines „Statutenwechsels" ist daher eine neue gerichtliche oder
Verwaltungsentscheidung zur Änderung der früheren erforderlich . . ."
Zu welch merkwürdigen Ergebnissen eine a. A. kommen könnte, wird durch den
vorliegenden Fall besonders deutlich: Würde die Kl. in Osterreich wegen des
gestiegenen Lebensbedarfs zulässigerweise (s. o.) eine neue Leistungsklage
erheben, würde das österr. Gericht in Ermangelung anderweitiger
Bindungswirkung (s. o.) gemäß Art. 1 HAUK, der dem Art. 4 HUÜ entspricht,
deutsches Recht zugrunde legen (das HUÜ findet in Österreich keine
Anwendung, vgl. Staudinger/Mankowski, a. a. O., Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rz.
436).
Eine „Versteinerung" des Unterhaltsstatuts in Fällen der Abänderungsklage
kommt daher bei einem Statutenwechsel nicht in Betracht (so auch OLG
Koblenz, OLGR 2003, 339; Rahm/Kunkel, Handbuch des
Familiengerichtsverfahrens, Stand März 2004, VIII Rz. 331; Göppinger/Wax/Linke,
a. a. O., Rz. 3309; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl., I Rz.
1111; Johannsen/'Henrich/Brudermüller, a.a.O., Rz. 61; Wendl/Staudigl, Das
Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 7 Rz. 254;
Eschenbruch/Dörner, Der Unterhaltsprozess, 3. Aufl., Rz. 8098;
Staudinger/Mankowski, a.a.O., Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rz. 44 ff.;
Palandt/Heldrich, BGB, 63. Aufl., Art. 18 EGBGB Rz. 17; MünchKomm/'Gottwald,
a.a.O., § 323 ZPO Rz. 120; MünchKomm/Siehr, a.a.O. Art. 18 Anh. I EGBGB Rz.
320, 327; Kartzke, NJW 1988, 104, 107).
8. Zu Recht
hat das AmtsG den Bekl. für verpflichtet gehalten, an die minderjährige Kl.
jedenfalls den Mindestunterhalt der dritten Altersstufe nach der
Düsseldorfer Tabelle bzw. 100 % des Regelbetrages nach der Regelbetrags-VO
als Unterhalt zu zahlen. Der Bekl. verdiente i. J. 2002 als Kellner
durchschnittlich rund 1.300 EUR monatlich. Zwar wurde er im Mai 2003
arbeitslos und verdiente ab 9/2003 angeblich nur noch rund 635 EUR netto als
bei seinem Bruder angestellter Taxifahrer. Der Bekl. ist der Kl. gegenüber
aber gemäß § 1603 II BGB gesteigert unterhaltspflichtig.
Er hat nicht dargelegt, dass er kein solches Einkommen erzielen könnte, das
ihn befähigen würde, jedenfalls den Mindestunterhalt zu zahlen. Der Senat
hat bereits Bedenken, ob der Bekl. seine Stelle als Kellner wegen der
geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden aufgeben durfte. Je nach
Ursache hätten sich die vorgetragenen wiederholt aufgetretenen
Nagelbettentzündungen ggf. auch operativ dauerhaft beseitigen lassen.
Jedenfalls fehlt es bereits an substanziierten Darlegungen, dass sich der
Bekl. in der gebotenen Weise um eine entsprechende Tätigkeit bemüht hätte.
Der familiär ungebundene Bekl. durfte evtl. Bemühungen auch nicht auf den
Bereich seines Wohnsitzes beschränken. Seiner pauschalen Behauptung, auf dem
gesamten österr. Arbeitsmarkt könne er als ungelernte Kraft keine
Beschäftigung finden, die ihn befähigen würde, den Mindestunterhalt für die
Kl. zu zahlen, brauchte der Senat angesichts des Umstandes, dass der Bekl.
überhaupt keine Nachweise über Erwerbsbemühungen vorgelegt hat, nicht
nachzugehen, weil sie offensichtlich ins Blaue- hinein erfolgt ist. Dem Bekl.
ist daher fiktiv ein durchschnittliches monadiches Nettoeinkommen von
jedenfalls rund 1.150 EUR zuzurechnen, mit dem er den Mindestunterhalt für
seine Tochter zahlen könnte. Evtl. Unterstützungsleistungen an seine Mutter
sind dabei nicht zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn man im Rahmen
der Abänderung eines ausl. Urteils trotz Statutenwechsels die Grundlagen des
abzuändernden Urteils weiterhin berücksichtigt. Im Beschluss des BezG K. ist
ausgeführt, dass die minderjährige Kl. der Mutter des Bekl. vorgehe (so auch
§ 1609 BGB). Bei den Ausfuhrungen des BezG, dass die seinerzeitige
Unterstützung der
Mutter des Bekl. aus solchen Geldquellen (Trinkgeld, freie Kost und Logis)
gespeist werde, die bei der Berechnung des damals ausgeurteilten Unterhalts
gerade keine Rolle gespielt haben und dem Bekl. daher weiterhin zur
Verfugung standen, handelt es sich somit um eine bloße Hilfsüberlegung. Im
Übrigen geht der Senat auch davon aus, dass der Bekl. durchaus 1.300 EUR
verdienen könnte, sodass er die bis auf 80 EUR für Medikamente nicht weiter
bezifferte Unterstützung seiner Mutter auch weiterhin leisten könnte.
Eine Anrechnung des hälftigen Kindergeldes findet gemäß § 1612b V BGB nicht
statt, weil der Bekl. nur 100 % und damit nicht mehr als 135 % des
Regelbetrages nach der Regelbetrags-VO zahlen muss. Von daher kam es nicht
darauf an, dass der Bekl. als in Österreich lebender Ausländer gemäß § 62
EStG kein Anspruchsberechtigter auf Kindergeld ist und auch von daher die
hälftige Anrechnung von Kindergeld ausscheidet (vgl. OLG Stuttgart, FamRZ
2000, 907).
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