Geschäftsführung ohne
Auftrag: Fremdgeschäftsführungswille und "objektiv fremdes Geschäft" bei
Stellung einer Sicherheit; Vermutung des Fremdgeschäftsführungswillens beim
"Auch-fremden" Geschäft
BGH, Urteil vom 2. November
2006 - III ZR 274/05
Fundstelle:
NJW 2007, 63
Amtl. Leitsatz:
Stellt der Verkäufer
eine Sicherheit für das Darlehen, durch das der Kaufpreis aufgebracht werden
soll, führt er objektiv auch dann ein Geschäft des Käufers, wenn zur
Rückzahlung des Darlehens ausschließlich ein Dritter verpflichtet ist.
Zentrale Probleme:
S. die Anm. zu
Urteil vom 21. Oktober 2003 - X ZR 66/01 -
NJW-RR 2004, 81, 82.
©sl 2006
Tatbestand:
1
Der Kläger verkaufte dem Beklagten und einem weiteren Erwerber am 30. Juni
1994 einen Betriebsteil seines einzelkaufmännischen Unternehmens für
4.000.000 DM. Die Käufer brachten den erworbenen Betrieb in die von ihnen
gegründete M. E. F. GmbH & Co. KG (im Folgenden: M. ) ein, an der
vorübergehend auch der Kläger beteiligt war. Da die Erwerber den Kaufpreis
nicht vollständig aus Eigenmitteln bestreiten konnten, wurde er teilweise
durch die Stadtsparkasse K. finanziert. Diese schloss am 13. Februar 1995
mit der M. als Darlehensnehmerin die erforderlichen Verträge.
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Die vorgesehene Besicherung des Kredits mit einer Grundschuld, die der
Miterwerber des Beklagten stellen sollte, scheiterte. Daraufhin erweiterte
der Kläger den Zweck einer von ihm bereits zugunsten der Sparkasse
bestellten Grundschuld auf "alle Forderungen aus der Firmenübernahme in Höhe
von maximal DM 500.000,- gegen Firma M. E. F. GmbH & Co. KG und/oder Herrn
W. K. B. [= der Beklagte]".
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Die Darlehen wurden notleidend. Die Sparkasse betrieb die
Zwangsversteigerung des Grundstücks des Klägers. Zu deren Abwendung zahlte
dieser an das Kreditinstitut 532.875 DM. Diesen Betrag finanzierte er mit
einem Darlehen, das er von einer anderen Bank erhielt. Den an die Sparkasse
entrichteten Betrag und die Aufwendungen für den von ihm aufgenommenen
Kredit verlangt der Kläger von dem Beklagten ersetzt. Er macht geltend, mit
seiner Zahlung habe er den Beklagten von dessen zum Zwecke der
Kaufpreisfinanzierung eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten befreit.
4
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
I. Dieses hat ausgeführt, ein Anspruch des Klägers aus § 683 BGB scheide
aus, weil er nicht nachvollziehbar dargelegt habe, dass er mit seiner
Zahlung an die Sparkasse auch eine gegen den Beklagten gerichtete Forderung
getilgt habe. Insbesondere fehle es an der Benennung eines konkreten
Kreditvertrags, den die Sparkasse mit dem Beklagten abgeschlossen habe und
der durch die vom Kläger gestellte Grundschuld gesichert worden sei.
II.
6
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Nach dem derzeitigen
Sach- und Streitstand kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein
aus § 683 Satz 1 BGB folgender Anspruch des Klägers auf Ersatz seiner
Aufwendungen, die er zur Befriedigung der von der Sparkasse geltend
gemachten Forderung getätigt hat, nicht ausgeschlossen werden. Die Zahlung
des Klägers an die Sparkasse erfolgte zumindest auch in Ausführung eines
Geschäfts für den Beklagten.
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1. Der Kläger leistete zur Abwendung der Zwangsvollstreckung in sein
Grundstück aus der zwecks Besicherung des Finanzierungskredits bestellten
Grundschuld. Die Gestellung von Sicherheiten für diesen Kredit war, sofern
der Beklagte dem Kläger hierzu nicht ohnehin wenigstens konkludent einen
Auftrag (§ 662 ff BGB) erteilt hatte, jedenfalls objektiv kein Geschäft, das
ausschließlich in die Sphäre des Klägers fiel.
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a) Nach dem beiderseitigen Sachvortrag scheidet die noch vom Landgericht
erwogene Möglichkeit aus, dass der Kläger mit seiner Leistung an das
Kreditinstitut eine gegen ihn selbst gerichtete Darlehensforderung getilgt
hat. Die Sparkasse forderte ihn mit Schreiben vom 21. November 1996
unter Kündigung der zu ihren Gunsten bestellten Grundschuld zur Zahlung in
Höhe "des für die Kreditgewährung an die Firma M. E. F. GmbH & Co. KG als
Sicherheit dienenden erstrangigen Teilbetrags von 500.000,00 DM" auf. Aus
den nachfolgenden Schreiben des Klägers an das Kreditinstitut vom 26.
November 1996 und 13. Juni 2000 ergibt sich, dass er mit seiner Leistung
dieser Forderung nachgekommen ist. In dem Betreff beider Schreiben,
insbesondere auch in dem vom 13. Juni 2000, mit dem er der Sparkasse
gegenüber den Eingang der Zahlung ankündigte, wird auf die M. Bezug
genommen. Dementsprechend verrechnete die Sparkasse die Leistung des Klägers
als Tilgung der Verbindlichkeiten der M. (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom
31. Januar 2005).
9
b) Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand zahlte der Kläger ferner nicht
auf andere der M. gewährte Darlehen, sondern auf die der Finanzierung des
Unternehmenskaufs dienenden Kreditverträge vom 13. Februar 1995. Das vom
Kläger zur Verfügung gestellte Immobilienpfandrecht, aufgrund dessen die
Sparkasse von ihm Zahlung verlangte, sollte nach der
Grundschuldzweckerklärung Forderungen gegen die M. nur aus der
"Firmenübernahme" besichern.
10
c) Die Gestellung der Grundschuld für das Finanzierungsdarlehen der
Sparkasse K. war ein Geschäft, das objektiv zumindest auch in die Sphäre des
Beklagten fiel, da das Darlehen dazu dienen sollte, den dem Kläger
zustehenden Kaufpreis aufzubringen. Die Beschaffung der zur Tilgung der
Kaufpreisschuld erforderlichen Mittel oblag den Käufern und damit auch dem
Beklagten.
11
Der Beklagte ist selbst dann Geschäftsherr, wenn er gegenüber der
Sparkasse nicht als Darlehensnehmer zur Rückzahlung dieser Kredite
verpflichtet war, sondern lediglich die M. . Im Verhältnis zum Kläger oblag
es dem Beklagten auch in diesem Fall, das Kreditinstitut zu sichern.
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Dies ergibt sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen
Unternehmenskaufvertrag. Nach § 3 Abs. 1 dieses Vertrags in Verbindung mit §
427 BGB schuldete der Beklagte dem Kläger zusammen mit dem Miterwerber als
Gesamtschuldner den Kaufpreis. Für dessen Begleichung hatten die Käufer und
damit auch der Beklagte gegenüber dem Kläger einzustehen (§ 279 BGB i.V.m.
Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Die Beschaffung der zur Tilgung der
Kaufpreisforderung erforderlichen Mittel ist allein Sache und Risiko der
Erwerber. Nehmen sie zu diesem Zweck selbst ein Darlehen auf, ist dessen
Besicherung im Verhältnis zum Verkäufer allein ihre Angelegenheit. Gleiches
gilt, wenn, wie hier zu unterstellen, nicht die Käufer selbst, sondern ein
Dritter den Kredit aufnimmt. Auch dann fällt die Besicherung des Darlehens
grundsätzlich nicht in die Sphäre des Verkäufers.
13
Die Darlehensverträge vom 13. Februar 1995 zwischen der M. und der Sparkasse
dienten dazu, die zur Tilgung der Kaufpreisforderung erforderlichen Mittel
aufzubringen, mithin der Erfüllung der Verpflichtung des Beklagten gegenüber
dem Kläger. Nach § 279 BGB i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB ist die
Beschaffung und die Besicherung des Darlehens allein Sache des Beklagten als
Käufer, nicht aber die des Klägers.
14 Hieran hat sich dadurch, dass dieser anstelle der Käufer zur Sicherung
des Darlehens eine Grundschuld stellte, nichts geändert. Auch wenn der
Kläger damit gegenüber dem Kreditinstitut das Ausfallrisiko teilweise mit
übernahm, widerspräche es der Interessenlage, hieraus eine Verschiebung der
aus dem Kaufvertrag folgenden Pflichten und Risiken im Innenverhältnis der
Vertragsparteien herzuleiten. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass
der Kläger als Sicherungsgeber lediglich vorübergehend anstatt des weiteren
Erwerbers einspringen sollte, damit der Kaufvertrag vollzogen werden konnte.
Bliebe der Kläger als Sicherungsgeber im Innenverhältnis zum Beklagten mit
dem Wagnis belastet, dass der Darlehensnehmer M. seinen Verpflichtungen
gegenüber der Sparkasse nicht nachkam, liefe dies jedoch auf eine Änderung
der kaufvertraglichen Pflichten- und Risikoverteilung hinaus. Soweit der
Kläger an das Kreditinstitut leistete, ohne vom Käufer Ersatz zu bekommen,
verlöre er wirtschaftlich einen Teil des Kaufpreises. Diese Gefahr muss der
Kläger im Verhältnis zum Beklagten nach dem Kaufvertrag jedoch nicht tragen.
Der Beklagte blieb deshalb im Verhältnis zum Kläger verpflichtet, die
Risiken der Besicherung der Sparkasse zu tragen.
15
2. Ein Anspruch aus § 683 Satz 1 BGB setzt weiter voraus, dass der
Geschäftsführer das Geschäft auch subjektiv nicht (nur) als eigenes, sondern
(auch) als fremdes führt, also in dem Bewusstsein und mit dem Willen,
zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln (Senatsurteil vom
23. September 1999 - III ZR 322/98 - NJW 2000, 72; BGH, Urteil vom 21.
Oktober 2003 - X ZR 66/01 - NJW-RR 2004, 81, 82 jew. m.w.N.). Zugunsten
des Klägers greift die Vermutung ein, dass er bei seiner Zahlung an die
Sparkasse mit dem erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt hat.
Bei objektiv fremden Geschäften, die schon ihrem Inhalt nach in einen
fremden Rechts- und Interessenkreis eingreifen (z.B. Hilfe für einen
Verletzten, BGHZ 33, 251, 254 ff; 33, 251, 254 ff; Abwendung der von einem
unbeleuchteten Fahrzeug drohenden Gefahren, BGHZ 43, 188, 191 f; Tilgung
fremder Schulden, BGHZ 47, 370, 371; Veräußerung einer fremden Sache, RGZ
138, 45, 48 f), wird regelmäßig ein ausreichender
Fremdgeschäftsführungswille vermutet (z.B.: Senat aaO; BGH, Urteil vom
21. Oktober 2003 aaO). Das gilt grundsätzlich auch für Geschäfte, die
sowohl objektiv eigene als auch objektiv fremde sind (z.B.: Senat und X.
Zivilsenat aaO). Aus den oben unter Nummer 1 c ausgeführten Gründen war die
Zahlung des Klägers nicht nur ein eigenes, sondern auch ein objektiv
fremdes Geschäft.
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3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO). Sie ist noch nicht zur Entscheidung reif, da insbesondere noch
Feststellungen zu weiteren Einwendungen gegen den Anspruch des Klägers zu
treffen sind.
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