Keine entsprechende Anwendung von § 680 BGB auf den Amtsträger im Rahmen der Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.M. Art. 34 S. 1 GG; Voraussetzungen einer Analogie; Anwendbarkeit von § 680 BGB auf berufliche Nothelfer (offengelassen)


BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 - III ZR 54/17 - OLG Karlsruhe


Fundstelle:

noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen


Amtl. Leitsatz:

Die Haftung gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG wegen eines amtspflichtwidrigen Verhaltens eines zur Gefahrenabwehr handelnden Amtsträgers (hier: eines Feuerwehrbeamten) ist nicht entsprechend § 680 BGB auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.


Zentrale Probleme:

Die städtische Feuerwehr setzt fahrlässig ein falsches Löschmittel ein und verursacht hierdruch Schäden. Es stellt sich die Frage, ob § 680 BGB, der bei einer Geschäftsführung ohne Auftrag eine Haftung die Haftung für einfache Fahrlässigkeit, anordnet, auf den Amtshaftungsanspruch analog anwendbarf ist. Der Senat verneint das bereits wegen des Fehlen einer Regelungslücke.
Fast noch interessanter ist die zweite vom BGH diskutierte und letztlich offengelassene Frage, ob § 680 BGB auch bei Vorliegen einer GoA auch auf professionelle Nothelfer anwendbar ist. Eine starke, wenngleich nicht unbestrittene  in der Literatur vertretene Ansicht verneint das im Rahmen einer teleolgischen Reduktion. Dabei wird auch darauf abgestellt, dass es ein Widerspruch sei, dem professionellen Nothelfer über §§ 683, 670 BGB einen Aufwendungsersatz auch in Gestalt eines Arbeitslohns zuzusprechen (s. z.B. die Anm. zu BGH v. 17.11.2011 - III ZR 53/11), ihn aber zugleich von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit freizusprechen. Leider bleibt diese Frage hier offen. Weiter ist zu beachten, dass bei Noteinsätzen auch im Rahmen der Prüfung des Vorwurfes der einfachen Fahrlässigkeitder Notsituation Rechnung getragen werden. Ist die objektiv richtige Handlung angesichts der Verhältnisse am Einsatzort und in der Kürze der für die Entscheidungsfindung zur Verfügung stehenden Zeit nicht erkennbar, kann dem Nothelfer jedenfalls kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden

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Tatbestand:

1 Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus Amtshaftung aufgrund eines Einsatzes der Feuerwehr der Beklagten bei einem Großbrand in B..

2 Die Klägerin ist Eigentümerin der Anwesen K. Straße 11 und 15 im Gemeindegebiet der Beklagten. Dort befanden sich das Auslieferungslager und das Verwaltungsgebäude eines Reformwarenhandels. Am Abend des 8. Februar 2010 brach im Bereich der vor den Laderampen des Auslieferungslagers geparkten Lastkraftwagen auf dem Grundstück K. Straße 15 ein Feuer aus, das auf das Lager- und das Verwaltungsgebäude übergriff. Die Feuerwehr der Beklagten traf ab 21:29 Uhr am Brandort ein. Die Einsatzkräfte stellten - zutreffend - fest, dass der Brand der Lagerhalle nicht mehr zu löschen war, und beschränkten sich darauf, ein Übergreifen des Feuers, insbesondere auf eine auf dem angrenzenden Grundstück K. Straße 13 befindliche Lagerhalle, zu verhindern. In dem Bereich zwischen der brennenden Halle der Klägerin und dem benachbarten Lagergebäude setzte die Feuerwehr ab ca. 23:30 Uhr ein perfluoroctansulfathaltiges Schaummittel (künftig: PFOS-Schaum) ein, um ein Übergreifen des Feuers zu verhindern.

3 Das Grundstück der Klägerin in der K. Straße 15 war nicht an die Kanalisation angeschlossen. Oberflächenwasser wurde über Versickerungsmulden abgeführt, die das beim Löschen des Brandes anfallende Wasser lediglich teilweise aufnehmen konnten und anschließend nach und nach in den Untergrund abgaben. Auf diese Weise gelangte der PFOS-Schaum in das Erdreich und das Grundwasser. Mit Bescheid vom 2. Juni 2010 gab die Beklagte der Klägerin auf der Grundlage des Bundes-Bodenschutzgesetzes sowie des Landes-Bodenschutz- und Altlastengesetzes umfangreiche Maßnahmen zur Sanierung des Grundstücks K. Straße 15 auf.

4 Die Klägerin hat vorgetragen, der von der Feuerwehr der Beklagten verwendete PFOS-Schaum habe unter Berücksichtigung des dadurch verursachten Schadens nicht eingesetzt werden dürfen. Ein Ausbreiten des Brandes habe auch ohne den Einsatz dieses Schaums verhindert werden können. Die Feuerwehr habe zumindest grob fahrlässig gehandelt.

5 Die Klägerin hat die Erstattung der bislang angefallenen und die Freistellung von künftigen Kosten für die Sanierung des Grundstücks infolge des Feuerwehreinsatzes begehrt sowie den Ersatz der Kosten für den Bau eines weiteren Löschwasserbrunnens und des Wertverlustes, den das Grundstück K.
Straße 15 trotz durchgeführter Sanierung erlitten habe. Darüber hinaus hat sie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle weitergehenden materiellen, auch künftigen Schäden aus dem Feuerwehreinsatz beantragt.

6 Das Landgericht hat - nach Zeugenvernehmung und Erhebung von Sachverständigenbeweis - die Klage im Hinblick auf die bislang angefallenen Sanierungskosten und den Ersatz des Wertverlustes des Grundstücks dem Grunde nach für berechtigt erklärt sowie festgestellt, dass die Beklagte die Klägerin von weiteren, auch künftigen Bodensanierungskosten aufgrund des Feuerwehreinsatzes freizustellen und ihr alle weitergehenden materiellen Schäden aus diesem Einsatz zu ersetzen habe.

7 Das Oberlandesgericht hat zu der Berufungsverhandlung vom 28. November 2016 einen bislang nicht in der Sache tätigen Sachverständigen für Brand- und Explosionsschutz geladen, der ein umfangreiches mündliches Gutachten erstattet hat. Das von der Beklagten zum Ergebnis der Beweisaufnahme beantragte Schriftsatzrecht hat das Oberlandesgericht nicht gewährt und Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 23. Dezember 2016 anberaumt. Mit am 21. Dezember 2016 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz gleichen Datums hat die Beklagte zu dem mündlichen Sachverständigengutachten Stellung genommen und die Einholung eines ergänzenden Gutachtens sowie die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt. Sie hat ausgeführt, eine fachgerechte weitere Stellungnahme unter Hinzuziehung eines Privatsachverständigen erfordere einen Zeitraum von drei Wochen. Daher werde beantragt, ihr zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein weiteres Äußerungsrecht bis zum 15. Januar 2017 einzuräumen. Daraufhin hat das Oberlandesgericht mit - den Parteien am selben Tag zugestellter - Verfügung vom 22. Dezember 2016 den Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 23. Januar 2017 verlegt, da eine hinreichende Befassung mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 21. Dezember 2016 vor dem Verkündungstermin am 23. Dezember 2016 nicht möglich sei.

8 Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass - infolge einer entsprechenden Klagerücknahme - der Tenor des Urteils des Landgerichts in seinem Feststellungsausspruch auf Kosten und Schäden aus dem Einsatz des PFOS-Schaums begrenzt ist. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe (Auszug):

9 Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.

10 Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

11 Die beklagte Stadt habe der Klägerin für eine schuldhafte Amtspflichtverletzung einzustehen. Der Einsatz des PFOS-Schaums sei ermessensfehlerhaft und daher amtspflichtwidrig gewesen. Welche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Rahmen der Bekämpfung von Schadenfeuern ergriffen würden, liege im Auswahlermessen des Einsatzleiters der Feuerwehr, bei dessen Ausübung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten sei. Von mehreren geeigneten Mitteln sei das den Betroffenen am wenigsten in seinen Rechten beeinträchtigende auszuwählen. Der Einsatzleiter der Feuerwehr der Beklagten habe im Rahmen des ihm zukommenden Auswahlermessens keine hinreichende Abwägung der zu berücksichtigenden Belange vorgenommen. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung habe eine Abwägung der mit der Verwendung des Schaummittels einhergehenden erheblichen Umweltgefahren mit den bei einem Übergreifen des Brandes auf das Nachbargebäude betroffenen Rechtsgütern vorausgesetzt. Dies habe der Einsatzleiter infolge seiner fehlerhaften Annahme, zum Aufhalten des Brandes an der Grundstücksgrenze habe es keine Alternative gegeben, unterlassen.

12 Die Ermessensunterschreitung sei für den Schaden ursächlich gewesen. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Einsatzleiter bei ordnungsgemäßer Ausübung seines Auswahlermessens unter Abwägung der relevanten Gefahren und Rechtsgüter den PFOS-Schaum nicht zum Einsatz gebracht hätte. Dieser habe bei der Bekämpfung des Brandes der Halle der Klägerin keinen feuerwehrtechnischen oder -taktischen Vorteil gegenüber nicht fluorhaltigen Mehrbereichsschaummitteln geboten.

13 Die Beklagte treffe hinsichtlich des Ermessensfehlers ihres Einsatzleiters zumindest der Vorwurf fahrlässigen Verhaltens. Dem Einsatzleiter habe bekannt sein müssen, dass allein der drohende Übergriff des Schadenfeuers auf das Nachbargrundstück ihn nicht von jeglicher Ausübung seines Auswahlermessens hinsichtlich der weiteren Brandbekämpfung freigestellt habe. Die von dem PFOS-Schaum ausgehenden Umweltgefahren hätten ihm als Berufsfeuerwehrmann bewusst sein müssen. Als beruflichem Nothelfer komme ihm auch kein Haftungsprivileg nach § 680 BGB zugute, das seine Einstandspflicht - und die der Beklagten - auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränke.

14 Der Schriftsatz der Beklagten vom 21. Dezember 2016 gebe keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Ein Schriftsatznachlass zur Stellungnahme auf das in der Sitzung vom 28. November 2016 erstattete Sachverständigengutachten sei der Beklagten nicht zu gewähren gewesen. Das Gutachten habe kein überraschendes, für die Beklagte unvorhersehbares Ergebnis erbracht. Sie sei sachkundig und habe die Verhandlung hinreichend sach- und fachkundig vertreten wahrnehmen müssen. Im Termin vom 28. November 2016 habe sie nicht erkennen lassen, dass sie zu einer sachgerechten Befragung des Gutachters nicht in der Lage gewesen sei. Auch ihr Schriftsatz vom 21. Dezember 2016 enthalte hierzu keine tragfähigen Ausführungen. Innerhalb der von ihr dort ausbedungenen weiteren Frist habe die Beklagte ebenfalls keine zusätzlichen Fragen an den Sachverständigen mitgeteilt.

II.

15 Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG.

16 1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Entscheidung des Einsatzleiters, den PFOS-Schaum zu verwenden, um einen Übergriff des Feuers auf die auf dem Grundstück K. Straße 13 befindliche Lagerhalle zu verhindern, ermessensfehlerhaft und damit amtspflichtwidrig war.

17 a) Das Ermessen des Einsatzleiters war entgegen der Auffassung der Revision nicht schon deshalb zugunsten einer Verwendung des PFOS-Schaums auf Null reduziert, weil nicht auszuschließen war, dass sich noch Personen in dem Nachbargebäude befanden, auf das der Brand überzugreifen drohte.

18 Das Berufungsgericht hat dem Einsatzleiter zu Recht vorgeworfen, sein Ermessen bei der Auswahl des Mittels zur Verhinderung des Brandübergriffs nicht erkannt und ausgeübt zu haben. Es hat ausgeführt, es liege im Auswahlermessen des Einsatzleiters, welche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Rahmen der Bekämpfung von Schadenfeuern ergriffen würden. Von mehreren geeigneten Mitteln sei das den Betroffenen am wenigsten in seinen Rechten beeinträchtigende auszuwählen (S. 12 f der Entscheidungsgründe). Auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme hat es festgestellt, dass es bei dem Brand zu keinem Zeitpunkt eine Situation gegeben habe, in der es gerechtfertigt gewesen sei, ein fluorhaltiges Schaummittel einzusetzen. Dessen besondere Eigenschaft, auf einer brennenden Oberfläche einen Film zu bilden, habe nicht genutzt werden können, weil keine hinreichend ebene Oberfläche mehr vorhanden gewesen sei. Die weitere günstige Eigenschaft, mit dem Schaum die Oberflächenspannung des mit ihm versetzten Löschwassers herabzusetzen, habe auch durch andere, nicht fluorhaltige Schaummittel erreicht werden können. Zur Kühlung der Außenwand der Halle auf dem Nachbargrundstück sei reines Löschwasser ausreichend gewesen (S. 18 ff der Entscheidungsgründe). Bot der PFOS-Schaum aber - wie vom Berufungsgericht festgestellt - gegenüber anderen, Erdreich und Grundwasser weniger gefährdenden Löschmitteln keine Vorteile, durfte er nicht eingesetzt werden, auch nicht zum Schutz von sich möglicherweise in der Nachbarhalle noch aufhaltenden Personen.

19 Es mag missverständlich sein, wenn das Berufungsgericht dem Einsatzleiter vorwirft, ermessensfehlerhaft angenommen zu haben, zum Aufhalten desBrandes an der Grundstücksgrenze habe es keine Alternative gegeben (S. 17 der Entscheidungsgründe). Diese Formulierung könnte dahin verstanden werden, der Einsatzleiter habe gegebenenfalls den Brand auf das Nachbargebäude übergreifen lassen müssen. In dem Gesamtverständnis des Berufungsurteils ist ihm jedoch zweifelsfrei zu entnehmen, dass dem Einsatzleiter nicht ein Fehler bei der Ausübung des (Entschließungs-)Ermessens, ob der Brandübergriff zu verhindern war, sondern bei der Ausübung des (Auswahl-)Ermessens, wie - das heißt mit welchem Mittel - der Brandübergriff zu verhindern war, vorgeworfen wird (vgl. etwa S. 15 und 24 der Entscheidungsgründe: keine hinreichende Abwägung im Rahmen des dem Einsatzleiter zukommenden Auswahlermessens; keine Freistellung von jeglicher Ausübung des Auswahlermessens). Dies wird letztlich auch von der Revision nicht verkannt (vgl. S. 28 der Beschwerdebegründung vom 31. Mai 2017).

20 b) Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner Feststellungen zur Ermessensausübung des Einsatzleiters keinen entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten übergangen.

21 - 41 ... (wird ausgeführt)

42 2. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die pflichtwidrige Unterschreitung des dem Einsatzleiter zukommenden Auswahlermessens ursächlich für den - nach Klagerücknahme noch streitgegenständlichen - Schaden war. Dabei hat es die Rechtsprechung des erkennenden Senats zugrunde gelegt, nach der eine fehlerhafte Ermessensentscheidung nur dann ursächlich für einen Schaden ist, wenn feststeht, dass bei richtiger Handhabung des Ermessens der Schaden nicht eingetreten wäre (Senat, Urteile vom 7. Februar 1985 - III ZR 212/83, NVwZ 1985, 682, 684 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84, VersR 1985, 887; Beschluss vom 28. Februar 1991 - III ZR 81/90, juris Rn. 5; vgl. auch BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 [01.04.2018], Rn. 489).

43 Die Frage, ob bei fehlerfreiem Verhalten eine andere, den Schaden vermeidende Ermessensausübung vorgenommen worden wäre, hat das Berufungsgericht - entgegen der Revision - nicht in Abweichung von der vorgenannten Senatsrechtsprechung der haftungsausfüllenden Kausalität zugeordnet. Es hat auch nicht offen gelassen, ob eine Belastung des Bodens ebenso, also in gleichem Ausmaß, bei Verwendung eines anderen Löschmittels aufgetreten wäre. In der von der Revision beanstandeten Textstelle des angefochtenen Urteils (S. 22 der Entscheidungsgründe) begründet das Berufungsgericht lediglich, weshalb dahinstehen kann, ob eine Belastung des Bodens und des Grundwassers als solche, das heißt unabhängig von ihrem Ausmaß, auch bei Verwendung eines anderen Löschmittels eingetreten wäre. Es sieht hingegen eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin jedenfalls in irgendeiner Höhe besteht, weil das Vorbringen der Beklagten nicht den Schluss zulasse, dass durch den Einsatz eines anderen Löschmittels Aufwendungen in gleicher Weise angefallen wären. Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden. Sie stehen insbesondere nicht in Widerspruch zu der - zutreffenden - Auffassung des Berufungsgerichts, eine fehlerhafte Ermessensentscheidung sei nur schadensursächlich, wenn feststehe, dass bei fehlerfreiem Verhalten eine andere, den Schaden vermeidende Ermessensausübung vorgenommen worden wäre. Dass der Klägerin durch den Einsatz des PFOS-Schaums ein Schaden entstanden ist, hat das Berufungsgericht einheitlich und widerspruchsfrei bejaht. Die Feststellung der Höhe des Schadens hat es - zutreffend - dem Betragsverfahren überlassen.

44 3. Die pflichtwidrige Unterschreitung des Auswahlermessens erfolgte schuldhaft. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei ein fahrlässiges Verhalten des Einsatzleiters bejaht.

45 Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der Beweisaufnahme rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass dem Einsatzleiter zum Zeitpunkt des Brandereignisses die von der Verwendung des PFOS-Schaums ausgehenden Umweltgefahren hätten bekannt sein müssen. ... (wird ausgeführt)

46 4. Schließlich hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt, dass dem Einsatzleiter - und damit auch der Beklagten - kein Haftungsprivileg im Sinne von § 680 BGB dahingehend zugutekommt, dass seine Einstandspflicht auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ist.

47 aa) Im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs aus § 839 Abs. 1 BGB gilt der Sorgfaltsmaßstab des § 276 BGB (Senatsurteil vom 20. Februar 1992 - III ZR 188/90, BGHZ 117, 240, 249), so dass grundsätzlich jeglicher Grad von Fahrlässigkeit die Haftung wegen einer Amtspflichtverletzung begründet.

48 Allerdings hat gemäß § 680 BGB bei einer Geschäftsführung ohne Auftrag der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr bezweckt. Diese Haftungsbeschränkung gilt, wenn die Voraussetzungen des § 680 BGB erfüllt sind, auch für einen Anspruch aus § 823 BGB (BGH, Urteil vom 30. November 1971 - VI ZR 100/70, NJW 1972, 475; OLG Hamburg, VersR 1984, 758). Ob sie in diesem Fall (unmittelbar) auch für einen Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB gilt, kann vorliegend schon deshalb dahinstehen, weil die Voraussetzungen einer (öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne von §§ 677, 680 BGB nicht festgestellt sind. Das Berufungsgericht hat daraus folgende Ansprüche vielmehr - von der Revision unbeanstandet - ausdrücklich offen gelassen (S. 27 der Entscheidungsgründe).

49 bb) Eine danach allein in Betracht kommende analoge Anwendung des Haftungsmaßstabs gemäß § 680 BGB auf den Amtshaftungsanspruch der Klägerin aus § 839 BGB ist vorliegend zu verneinen.

50 Ob die Haftungsbeschränkung des § 680 BGB zugunsten sogenannter professioneller Nothelfer - insbesondere Notärzte, Rettungssanitäter, Bergwacht und Feuerwehr - gilt, ist bereits für den unmittelbaren Anwendungsbereich dieser Vorschrift umstritten. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bislang offen gelassen (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1974 - VII ZR 223/72, BGHZ 63, 167, 175).

51 (1) Teilweise wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, auch dem beruflichen Nothelfer sei das Haftungsprivileg des § 680 BGB zubilligen (NK-BGB/ Schwab, 3. Aufl., § 680 Rn. 3 [ausdrücklich auch für Amtshaftungsansprüche]; BeckOK-BGB/Gehrlein, BGB, § 680 Rn. 2 [Stand: 1. November 2017]; Zimmermann/Neideck, JuS 2011, 1100, 1103; Lippert, NJW 1982, 2089, 2093; Timmerbrink, BADK-Information 1996, 13; einschränkend PWW/Fehrenbacher, BGB, 13. Aufl., § 680 Rn. 3). Der besonderen Stellung des Nothelfers soll dieser Ansicht zufolge durch eine am Einzelfall ausgerichtete sowie nach Berufs- und Tätigkeitsfeldern differenzierende Fahrlässigkeitsprüfung Rechnung getragen werden (Zimmermann/Neideck aaO; Lippert aaO).

52 (2) Dagegen wird überwiegend eine Anwendbarkeit des Haftungsmaßstabes aus § 680 BGB in Fällen der Gefahrenabwehr durch professionelle Nothelfer verneint (OLG München, NJW 2006, 1883, 1885; für die Gefahrenabwehr durch Behörden und Amtspersonen: BeckOGK/Thole, BGB, § 680 Rn. 21 [Stand: 1. Oktober 2017]; für die Gefahrenabwehr durch die Feuerwehr: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, S. 283 f; für den Bereich des staatlich organisierten Rettungsdienstes: Loyal, Die "entgeltliche" Geschäftsführung ohne Auftrag, S. 259; verneinend auch MüKoBGB/Schäfer, 7. Aufl., § 680 Rn. 9; Staudinger/Bergmann, BGB, Neubearbeitung 2015, § 680 Rn. 15; Soergel/Beuthin, BGB, 13. Aufl., § 680 Rn. 5; Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 680 Rn. 1; Jauernig/Mansel, BGB, 16. Aufl., § 680 Rn. 1; Gregor in jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 680 Rn. 7; Erman/Dornis, BGB, 15. Aufl., § 680 Rn. 2; Roth, NJW 2006, 2814, 2816). Die entsprechende teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs von § 680 BGB wird vor allem damit begründet, dass es widersprüchlich sei, einem solchen - in der Regel auch haftpflichtversicherten - Geschäftsführer Aufwendungsersatz gemäß § 683 Satz 1 BGB in Gestalt der üblichen Vergütung zu gewähren (vgl. zu diesem Anspruch BGH, Urteil vom 26. Januar 2005 - VIII ZR 66/04, NJW-RR 2005, 639, 641 mwN) und ihn andererseits nicht mit dem gewöhnlichen Haftungsrisiko nach § 276 BGB zu belasten.

53 (3) Für die im Streitfall in Ausübung eines öffentlichen Amtes erfolgte Gefahrenabwehr, das heißt im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch aus § 839 Abs. 1 BGB, schließt sich der Senat der letztgenannten Auffassung an. Der eingeschränkte Haftungsmaßstab des § 680 BGB findet jedenfalls in diesem Bereich keine entsprechende Anwendung.

54(a) Es fehlt bereits an der für eine Analogie erforderlichen Vergleichbarkeit der zu beurteilenden Sachverhalte (vgl. hierzu z.B. BGH, Urteil vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 274/02, BGHZ 155, 380, 389 f mwN).

55 Nach Sinn und Zweck von § 680 BGB soll der potentielle Geschäftsführer in Augenblicken dringender Gefahr zur Hilfeleistung ermutigt werden, weil dies auch im allgemeinen Interesse erwünscht und nach § 323c StGB unter Umständen sogar gefordert ist. Die Vorschrift des § 680 BGB will also denjenigen schützen und in gewissem Umfang vor eigenen Verlusten bewahren, der sich zu spontaner Hilfe entschließt. Sie berücksichtigt, dass wegen der in Gefahrensituationen geforderten schnellen Entscheidung ein ruhiges und überlegtes Abwägen ausgeschlossen ist und es sehr leicht zu einem Sichvergreifen in den Mitteln der Hilfe kommen kann (BGH, Urteile vom 17. Februar 1972 - II ZR 46/70, juris Rn. 11; vom 30. November 1971 aaO S. 476 und vom 16. März 1965 - VI ZR 210/64, BGHZ 43, 188, 194; vgl. bereits Mugdan II S. 479).

56 Diese Situation entspricht nicht derjenigen von Amtsträgern, zu deren öffentlich-rechtlicher Pflicht die "berufsmäßige" Abwehr einer dringenden Gefahr für Einzelne oder die Allgemeinheit gehört (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 FwG BW zur gesetzlichen Aufgabe der von der Beklagten unterhaltenen Feuerwehr). Die genannten Amtsträger sind auf die mit der Gefahrenabwehr häufig verbundenen Noteinsätze typischerweise vorbereitet und können auf entsprechende Erfahrungen aus dem Berufsalltag zurückgreifen, so dass das Risiko eines Fehlverhaltens deutlich geringer ist als bei zufällig hinzutretenden Personen (Gregor in jurisPK-BGB aaO; Erman/Dornis aaO). Zudem hat die hinter der Haftungsbeschränkung des § 680 BGB stehende Erwägung, den fremdnützig in einer Notsituation eingreifenden Helfer vor eigenen Verlusten zu bewahren, in Fällen der Gefahrenabwehr durch Behörden deutlich weniger Gewicht. Die baden-württembergischen Gemeinden als Aufgabenträger der Feuerwehr (§ 3 Abs. 1 Satz 1 FwG BW) nehmen am Aufkommen der zweckgebundenen Feuerschutzsteuer teil (§ 33 FwG BW). Sie können darüber hinaus bei Einsätzen zur Brandbekämpfung unter bestimmten Voraussetzungen Kostenersatz verlangen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 FwG BW). Auch sind die Feuerwehren der baden-württembergischen Gemeinden über deren kommunale Haftpflichtversicherung mitversichert. Angesichts der auf diese Weise gesicherten Abdeckung der mit Feuerwehreinsätzen verbundenen finanziellen Risiken und Kosten ist der gemäß Art. 34 Satz 1 GG in Anspruch zu nehmenden Körperschaft ein höheres Haftungsrisiko zuzumuten als dem privaten, im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 680 BGB handelnden Geschäftsführer (vgl. hierzu auch Loyal aaO).

57 (b) Das Gesetz enthält auch keine planwidrige Regelungslücke (zu dieser Voraussetzung einer analogen Gesetzesanwendung vgl. BGH, Urteile vom 16. Juli 2003 aaO und vom 13. November 2001 - X ZR 134/00, BGHZ 149, 165, 174). Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, die im Wege der Analogie ausgefüllt werden kann, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (BGH, Urteil vom 13. November 2001 aaO). Dies ist im Hinblick auf den Haftungsmaßstab für die in Ausübung eines öffentlichen Amtes erfolgende Gefahrenabwehr nicht der Fall.

58 Der Anwendungsbereich des § 839 Abs. 1 BGB ist davon geprägt, dass ein objektivierter Sorgfaltsmaßstab gilt, bei dem es auf die Kenntnisse und Fähigkeiten ankommt, die für die Führung des übernommenen Amtes erforderlich sind (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteile vom 11. Dezember 1997 - III ZR 52/97, NJW 1998, 1307, 1308 und vom 20. Februar 1992 - III ZR 188/90, BGHZ 117, 240, 249; jeweils mwN). Mit diesem Grundsatz ist es nicht vereinbar, die Haftung für eine lediglich einfach fahrlässige Amtspflichtverletzung von vorneherein auszuschließen. Das gilt umso mehr, wenn - wie im Bereich der öffentlich-rechtlich organisierten Gefahrenabwehr (z.B. Polizei, Ordnungsbehörden, Notaufnahmen in Krankenhäusern, Feuerwehr) - die betroffene Tätigkeit den Kernbereich der öffentlich-rechtlich zugewiesenen Aufgaben bildet. Die Revisionserwiderung weist insofern zu Recht darauf hin, dass das Personal der vorgenannten staatlichen Einrichtungen und Dienste gerade dafür ausgebildet wird, in den drängenden Gefahrenlagen, denen es sich in seinem Tätigkeitsgebiet häufig gegenübersieht, auch unter großem Zeitdruck die in Betracht kommenden Handlungsalternativen besonnen gegeneinander abzuwägen und sofort Entscheidungen zu treffen. Eine solche Vorgehensweise entspricht den für die Führung des Amtes erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten des Amtsträgers als Grundlage des für die Amtshaftung geltenden Sorgfaltsmaßstabs.

59 Würde dagegen für die gesamte öffentlich-rechtliche Gefahrenabwehr, soweit sie Notsituationen betrifft, ein reduzierter Haftungsmaßstab entsprechend § 680 BGB gelten, wären bedeutende Bereiche staatlicher Tätigkeit von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausgenommen. Eine derartige Haftungsprivilegierung ist weder mit den vorgenannten Grundsätzen der Amtshaftung nach § 839 BGB vereinbar noch ist sie erforderlich. Denn der besonderen Situation eines Noteinsatzes kann - unter Berücksichtigung der Ausbildung und der Erfahrung des Amtsträgers - auch im Rahmen der Prüfung des Vorwurfes der einfachen Fahrlässigkeit hinreichend Rechnung getragen werden. Ist die objektiv richtige Handlung für den Amtsträger angesichts der Verhältnisse am Einsatzort und in der Kürze der für die Entscheidungsfindung zur Verfügung stehenden Zeit nicht erkennbar, kann ihm jedenfalls kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden. Unter Umständen liegt bereits keine Amtspflichtverletzung vor (vgl. Senat, Urteil vom 6. Oktober 2016 - III ZR 140/15, BGHZ 212, 173 Rn. 46). Einer Absenkung des Haftungsmaßstabes bedarf es daher in solchen Fallkonstellationen öffentlich-rechtlicher Gefahrenabwehr nicht.