Geschäftsführung ohne Auftrag, Bestimmung des
Geschäftsherrn; Vermutung des Fremdgeschäftsführungswillens bei objektiv
fremdem Geschäft; Unbeachtlichkeit des entgegenstehenden Willens des
Geschäftsherrn nach § 679 BGB; Entgelt für das Tätigwerden als
Aufwendungsersatz gem. §§ 683, 670 BGB; Totensorge, Bestattungspflicht
BGH, Urteil vom 17. November 2011 -
III ZR 53/11
Fundstelle:
NJW 2012, 1648
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Nimmt ein Bestattungsunternehmer die
Beerdigung eines Verstorbenen ohne Auftrag vor, weil sich niemand der
nächsten Angehörigen des Hinterbliebenen bereitgefunden hat, für die
Bestattung zu sorgen, so kommt ein Aufwendungsersatzanspruch des
Unternehmers nach §§ 670, 677, 679, 683 BGB gegen die Person in Betracht,
die nach Maßgabe des jeweils anwendbaren (Landes-)Bestattungsgesetzes
(vorrangig) bestattungspflichtig ist (hier: die Ehefrau des Verstorbenen
gemäß § 2 Nr. 12, § 13 Abs. 2 Satz 1 BestattG Schl.- H.).
b) Der entgegenstehende Wille des bestattungspflichtigen Ehegatten steht
seiner Inanspruchnahme im Hinblick auf die Möglichkeit, vom zuständigen
Sozialhilfeträger gemäß § 74 SGB XII Übernahme der Beerdigungskosten zu
erlangen, grundsätzlich auch dann nicht entgegen, wenn der Ehegatte nicht
leistungsfähig ist und die familiären Beziehungen zerrüttet sind.
c) Der Aufwendungsersatzanspruch ist in einem solchen Fall der Höhe nach
begrenzt auf den nach § 74 SGB XII übernahmefähigen Betrag (Kosten einer
einfachen Beerdigung).
Zentrale Probleme:
Ein ausgesprochener Schulfall
für das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, der (fast) alle
examensrelevanten Probleme der GoA enthält. Neben der klaren Darlegung der
Voraussetzungen der GoA, insbesondere der Vermutung des
Fremdgeschäftsführungswillens bei einem sog. "objektiv fremden" Geschäft (s.
dazu bereits BGHZ 181, 188
sowie BGH NJW 2007, 63) ist noch auf den
Begriff des "Aufwendungsersatzes" nach § 670 BGB hinzuweisen: Im
Auftragsrecht selbst ist das bloße Tätigwerden nie "Aufwendung", da dies der
Unentgeltlichkeit des Auftrags widersprechen würde. Wenn § 670 BGB aber über
die Verweisung des § 683 BGB zur Anwendung kommt, wird auch für das bloße
Tätigwerden Aufwendungsersatz (d.h. "Arbeitslohn") zugesprochen, wenn die
Tätigkeit zum Beruf des Geschäftsführers gehört und üblicherweise nur gegen
Entgelt erbracht wird (Rechtsgedanke des § 1835 III BGB). Daher kann der
Geschäftsführer ohne Auftrag nach § 683, 670 auch für das bloße Tätigwerden
Aufwendungsersatz i.H. des üblichen Honorars verlangen, wenn die
entsprechende Tätigkeit von ihm gewöhnlich nur gegen Entgelt durchgeführt
wird, sie also zu seiner beruflichen Tätigkeit gehört (s. BGHZ 143, 9).
Daneben enthält die Entscheidung grundsätzliches zum Recht der Totensorge,
das gewohnheitsrechtlich als familienrechtliches Rechtsinstitut betrachtet
wird und von der erbrechtlich geregelten Kostentragungspflicht der
Beerdigung (§ 1968 BGB) zu unterscheiden ist. S. zu letzterem auch
AG Wiesbaden FamRZ 2007, 827.
©sl 2011
Tatbestand:
1 Der Kläger betreibt ein
Bestattungsunternehmen und verlangt von der Beklagten die Kosten für die
Beisetzung ihres am 31. Oktober 2006 verstorbenen Ehemanns, von dem sie
getrennt lebte. Dieser hatte aus einer früheren Ehe zwei Töchter. Nach
Überführung der Leiche in die Bestattungshalle des Klägers kam es zu einem
Treffen mit der Beklagten und einer der Töchter des Verstorbenen. Ob die
Beklagte sich an dem dabei geführten Gespräch über eine mögliche Beisetzung
aktiv beteiligte, ist streitig. Jedenfalls erklärten sie und die Tochter,
die anfallenden Bestattungskosten nicht übernehmen zu können. Ein
Mitarbeiter des Klägers wies in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit
einer Kostenerstattung durch das Sozialamt hin. Das Gespräch blieb ohne
Ergebnis. Der Kläger führte die Bestattung im November 2006 durch. Nachdem
der Kläger die Beerdigungskosten der Beklagten unter dem 29. November 2006
in Rechnung gestellt hatte, beantragte sie die Kostenübernahme durch das
Sozialamt. Der Antrag blieb ebenso erfolglos wie der anschließend eingelegte
Widerspruch. Das daraufhin vor dem Sozialgericht angestrengte Verfahren ist
bis zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ausgesetzt worden.
2 Der Kläger ist der Ansicht, die ihm entstandenen Kosten für die
durchgeführte ("Sozial"-)Bestattung jedenfalls als Geschäftsführer ohne
Auftrag geltend machen zu können. Da weder Nachlassmittel noch eigene Mittel
der Angehörigen - der beklagten Ehefrau und der beiden Töchter aus der
ersten Ehe des Verstorbenen - vorhanden seien, hafte die Beklagte jedenfalls
als die primär bestattungspflichtige Person. Die Beklagte beruft sich vor
allem auf ihren wegen fehlender Leistungsfähigkeit entgegenstehenden Willen
und behauptet zudem, zum Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes sei bereits ein
von ihm beantragtes Scheidungsverfahren anhängig gewesen.
3 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist
erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt er sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
4 Die Revision ist begründet; dem Kläger steht der geltend
gemachte Aufwendungsersatzanspruch zu.
I.
5 Das Berufungsgericht hat im Anschluss an die Würdigung des Amtsgerichts
vertragliche Ansprüche für nicht gegeben erachtet, weil der Kläger selbst
vorgetragen habe, die Beklagte habe wegen des deutlichen Hinweises auf ihre
fehlende Zahlungsfähigkeit keinen Vertrag mit ihm geschlossen. Ein Anspruch
aus Geschäftsführung ohne Auftrag sei wegen des unmissverständlich
entgegenstehenden Willens und Interesses der Beklagten zu verneinen. Ein
solcher Anspruch sei auch über § 679 BGB nicht gegeben. Eine zivilrechtliche
Haftung der Beklagten nach §§ 1922, 1968 BGB scheide aus, da sie keine
Alleinerbin geworden sei; darauf, ob ein Erbrecht der Beklagten wegen des
eingeleiteten Scheidungsverfahrens gänzlich ausgeschlossen gewesen sei,
komme es nicht an. Auch eine Haftung der Beklagten als
Unterhaltsverpflichtete gemäß § 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360a Abs. 3 i.V.m. §
1615 Abs. 2 BGB komme wegen ihres geringen Einkommens nicht in Betracht. Die
sich aus dem in Schleswig-Holstein geltenden Bestattungsgesetz ergebende
öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht beruhe auf einem vom Zivilrecht
völlig unabhängigen eigenständigen Rechtsgrund (Gefahrenabwehr). Nach den
Bestimmungen dieses Gesetzes sei es allein Aufgabe der für den Sterbe- und
Auffindungsort zuständigen Gemeinde, für eine Bestattung zu sorgen und
gegebenenfalls im Wege der öffentlichrechtlichen Ersatzvornahme vorzugehen.
Anschließend könne nur durch Verwaltungsakt die Haftung
bestattungspflichtiger Hinterbliebener geltend gemacht werden. Ein
Bestattungsunternehmen könne dagegen nicht durch eine selbst initiierte
Beisetzung die gemeindliche Entschließung ersetzen und vermutete
Bestattungspflichtige unbeschränkt auf Kostenerstattung in Anspruch nehmen,
zumal, wenn diese nicht leistungsfähig seien. Schließlich scheide auch ein
bereicherungsrechtlicher Anspruch aus; der Kläger gehe selbst davon aus,
dass es der Beklagten nach § 74 SGB XII nicht zumutbar sei, die
Beerdigungskosten zu tragen; insoweit sei sie durch sein eigenmächtiges
Handeln nicht von einer Verbindlichkeit befreit worden.
II.
6 Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7 1. Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, das
Berufungsgericht habe bei seiner Annahme, zwischen den Parteien sei kein -
als Werkvertrag zu qualifizierender - Bestattungsvertrag zustande gekommen,
§ 632 Abs. 1 BGB übersehen, wonach eine Vergütung als stillschweigend
vereinbart gilt, wenn die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen
eine Vergütung zu erwarten ist. Vorliegend war die Frage der
Vergütung Gegenstand des zwischen den Parteien geführten Gesprächs. Dabei
hatten die Beklagte und die Tochter des Verstorbenen die Zahlung einer
Vergütung unter Hinweis auf ihre fehlende Leistungsfähigkeit ausdrücklich
abgelehnt. Bei dieser Sachlage wird die tatrichterliche Würdigung
der Vorinstanzen, die Beklagte habe den Abschluss eines Werkvertrags
abgelehnt, auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass diese sich -
entsprechend dem bereits bei dem Gespräch zwischen den Parteien gegebenen
Hinweis - später dazu bereitfand, beim Sozialamt einen Antrag auf Übernahme
der ihr in Rechnung gestellten Bestattungskosten gemäß § 74 SGB XII zu
stellen.
8 2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz der
für die Bestattung angefallenen Kosten nach §§ 677, 683, 679, 670 BGB zu.
9 a) Der Kläger hat dadurch, dass er die Beisetzung des Verstorbenen
vornahm, ein objektiv fremdes Geschäft geführt. Dabei ist, entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts, als Geschäftsherr
nicht derjenige anzusehen, der letztlich die Beerdigungskosten zu tragen hat
- also im Regelfall der Erbe (§ 1968 BGB) oder auch eine
unterhaltspflichtige Person (§ 1615 Abs. 2 BGB) -, sondern
derjenige, dem es obliegt, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen.
Dies war hier nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften des Gesetzes über
das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Schleswig-Holstein
(BestattG Schl.-H.) vom 4. Februar 2005 (GVBl. Schl.-H. S. 70) die
Beklagte als Ehefrau des Verstorbenen.
10 aa) Die vom Berufungsgericht für die Bestimmung des
Geschäftsherrn für maßgeblich erachteten Vorschriften, insbesondere § 1968
BGB, befassen sich nur mit der Frage, wer die Kosten der Beerdigung zu
tragen hat. Dazu, wer das Recht und gegebenenfalls die Pflicht hat, die
Beerdigung vorzunehmen (Totenfürsorge), verhalten sie sich nicht.
11 In der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des
Bundesgerichtshofs ist durchgängig anerkannt, dass über den Ort der letzten
Ruhestätte und die Art der Bestattung in erster Linie der Verstorbene selbst
zu bestimmen hat. Ist insoweit, wie hier, ein Wille des Verstorbenen nicht
erkennbar, so ging zunächst - im Einklang mit den Vorstellungen des
historischen Gesetzgebers (vgl. Mugdan, Die gesammelten Materialien
zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, II. Band, S. 483)
in Rechtsprechung und Literatur die Tendenz dahin, das Recht zur
Verfügung über den Leichnam dem zur Kostentragung verpflichteten Erben
zuzusprechen (vgl. RGZ 108, 217, 220; Staudinger/ Herzfelder, BGB,
1. Aufl. 1902, § 1922 Anm. IV 2 d und fortlaufend bis zur 9. Aufl. 1928).
Später, durch Urteil vom 5. April 1937 (RGZ 154, 269, 270 f), hat das
Reichsgericht ausgesprochen, dass dieses Recht, wenn der Verstorbene einen
Willen nicht geäußert hat, den nächsten Angehörigen "als Nachwirkung
des familienrechtlichen Verhältnisses" zuzubilligen sei. Auch der
Bundesgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung im Anschluss an diese
Entscheidung des Reichsgerichts davon aus, dass "nach gewohnheitsrechtlichen
Grundsätzen" den nächsten Angehörigen das Recht der Totenfürsorge zustehe
(vgl. nur BGH, Urteil vom 26. Februar 1992 - XII ZR 58/91, NJW-RR 1992, 834
mwN).
12 Inwieweit diesem Recht eine (bürgerlich-rechtliche) Rechtspflicht
zur Ausübung des Totenfürsorgerechts entspricht und wie diese Pflicht im
Näheren ausgestaltet ist (Kreis der zu den nächsten Angehörigen zählenden
Personen; Rangfolge ihrer Verpflichtung), oder ob es sich bei der
Bestattungspflicht von vornherein nur um eine - in den Bestattungsgesetzen
der Länder geregelte -öffentlich-rechtliche Verpflichtung handelt
(dahin ging wohl die Auffassung des historischen Gesetzgebers, vgl. Mugdan,
Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche
Reich, V. Band, S. 286; siehe auch Staudinger/Marotzke, BGB, Neubearb. 2008,
§ 1922 Rn. 118; Gaedke/Diefenbach, Handbuch des Friedhofs- und
Bestattungsrechts, 10. Aufl., Kap. 2 Rn. 2) kann vorliegend
dahinstehen. Jedenfalls dann, wenn sich - wie hier - keine Person,
die als Totenfürsorgeberechtigte in Betracht kommt, dazu bereitfindet, die
Bestattung vorzunehmen und deshalb ein Einschreiten der zuständigen
Ordnungsbehörde zu gewärtigen ist, liegt es nahe, die Person des
Bestattungspflichtigen nach Maßgabe der öffentlich-rechtlichen
(Landes-)Bestattungsgesetze zu bestimmen, die ihrerseits - wie
vorliegend § 13 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 2 Nr. 12 BestattG Schl.-H. (vgl. dazu
auch die Begründung zum Entwurf eines Bestattungsgesetzes in
Schleswig-Holstein, LT-Drucks. 15/3561, S. 32) - die
Bestattungspflicht und die Reihenfolge der in Betracht kommenden
Verpflichteten unter besonderer Berücksichtigung verwandtschaftlicher oder
familiärer Beziehungen regeln.
13 bb) Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BestattG Schl-H. haben die Hinterbliebenen
oder eine von der verstorbenen Person zu Lebzeiten beauftragte Person oder
Einrichtung (Bestattungspflichtige) für die Bestattung zu sorgen. Gemäß § 2
Nr. 12 Satz 1 Buchst. a, Satz 2 BestattG Schl.-H. ist der Ehegatte des
Verstorbenen derjenige Hinterbliebene, der vor allen anderen aufgeführten
Personen - zu denen auch (Buchst. c) die leiblichen und adoptierten Kinder
gehören - der Bestattungspflicht zu genügen hat.
14 Die (öffentlich-rechtliche) Bestattungspflicht des Ehegatten
besteht nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift auch dann, wenn die
Familienverhältnisse zerrüttet sind. Selbst wenn die Ehegatten getrennt
leben und - wie von der Beklagten behauptet - ein Scheidungsverfahren
anhängig ist, kommt die Bestattungspflicht nicht in Wegfall; sie erlischt
erst mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils (vgl. OVG Münster,
Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07, juris, Rn. 37 zu § 8 BestattG NW).
15 cc) Die vom Berufungsgericht geäußerten Bedenken dagegen,
Aufwendungsersatzansprüche des Klägers nach Maßgabe der §§ 677 ff BGB auf
die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Bestattungsgesetzes zu stützen,
greifen nicht durch. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
anerkannt, dass auch öffentlich-rechtliche Pflichten eine Haftung als
Geschäftsherr auslösen können (so schon Urteil vom 15. Dezember
1954 - II ZR 277/53, BGHZ 16, 12, 15 f). Allerdings sind die Regeln
über die Geschäftsführung ohne Auftrag dann nicht anwendbar, wenn
Vorschriften des öffentlichen Rechts eine erschöpfende Regelung vorsehen
oder die Aufgabenerfüllung ausschließlich in die Zuständigkeit und das
Ermessen einer Behörde legen (vgl. Senatsurteile vom 26. November
1998 - III ZR 223/97, BGHZ 140, 102, 109 f und vom 2. April 1998 - III ZR
251/96, BGHZ 138, 281, 288 f; jeweils mwN). Entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts trifft es jedoch nicht zu, dass es dann, wenn die von
Gesetzes wegen Bestattungspflichtigen die Beerdigung eines Verstorbenen
nicht vornehmen, allein Sache der für den Sterbe- und Auffindungsort
zuständigen Gemeinde ist, im Wege der Ersatzvornahme die Bestattung zu
veranlassen. Nach § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG Schl.-H. hat die
Gemeinde, wenn Bestattungspflichtige nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln
sind oder ihrer Bestattungspflicht nicht nachkommen, erst und nur dann für
die Beerdigung zu sorgen, wenn auch kein anderer die Bestattung veranlasst.
Angesichts der Subsidiarität der gemeindlichen Verpflichtung (vgl.
LT-Drucks. 15/3561 S. 47), wonach das Tätigwerden eines jeden Dritten -
gleichgültig aus welchen Beweggründen und mit welchem (vermeintlichen oder
tatsächlich vorliegenden) Rechtsgrund - die Gemeinde entlastet, hat
sich der Kläger durch sein "eigenmächtiges" Handeln keineswegs behördliche
Kompetenzen angemaßt, sondern lediglich bewirkt, dass sich ein behördliches
Einschreiten erübrigt hat.
16 b) Ein Anspruch aus § 683 BGB setzt weiter voraus, dass der
Geschäftsführer das Geschäft auch subjektiv nicht (nur) als eigenes, sondern
(auch) als fremdes führt, also in dem Bewusstsein und mit dem Willen,
zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln. Der Kläger
hat mit der Erfüllung der öffentlich-rechtlich begründeten
Bestattungspflicht der Beklagten ein objektiv fremdes Geschäft
ausgeführt. Bei derartigen Geschäften, die schon ihrem
Inhalt nach in einen fremden Rechts- und Geschäftskreis eingreifen, wird
regelmäßig ein ausreichender Fremdgeschäftsführungswille vermutet
(vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2009 - VIII ZR
302/07, BGHZ 181, 188 Rn. 18; Senatsurteil vom
2. November 2006 - III ZR 274/05, NJW 2007, 63 Rn. 15, jeweils mwN).
Umstände, die diese Vermutung erschüttern könnten, sind nicht ersichtlich.
17 c) Dem Zahlungsbegehren steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte
nicht bereit war, die Bestattung ihres verstorbenen Ehegatten selbst
durchzuführen oder für entstandene Beerdigungskosten aufzukommen.
18 aa) Der der Geschäftsführung des Klägers entgegenstehende Wille
der Beklagten ist gemäß § 679 BGB unbeachtlich, da an der alsbaldigen,
innerhalb der gesetzlichen Bestattungsfrist von neun Tagen nach
Todeseintritt (§ 16 BestattG Schl.-H.) erfolgenden Beerdigung des
Verstorbenen ein dringendes öffentliches Interesse bestand. Dabei stellt die
vorliegende Fallgestaltung nach den Vorstellungen des historischen
Gesetzgebers geradezu den Schulfall für die Anwendung des § 679 BGB dar
(siehe Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für
das Deutsche Reich, II. Band, S. 483). Schon im römischen Recht
wurde demjenigen, der eine Leiche beigesetzt hatte, selbst dann eine Klage -
die sogenannte actio funeraria - gegen den zur Leichenbestattung
verpflichteten Erben gewährt, wenn er gegen dessen ausdrückliches Verbot
gehandelt hatte. Im gemeinen Recht wurde dieser Grundsatz auf die
Fälle erweitert, in denen die Geschäftsführer in Erfüllung einer fremden
gesetzlichen Verpflichtung tätig wurden, sofern die Verpflichtung zugleich
auf einer sittlichen Vorschrift beruhte. § 679 BGB hat diesen
Gedanken verallgemeinernd aufgegriffen (vgl. Staudinger/Bergmann,
BGB, Neubearbeitung 2006, § 679 Rn. 1 mwN).
19 Das besondere öffentliche Interesse an der Erfüllung der
Bestattungspflicht durch den Kläger wird nicht dadurch in Frage gestellt,
dass angesichts der gemeindlichen Bestattungspflicht auch ohne das Handeln
des Klägers nicht ernsthaft zu befürchten stand, dass der Verstorbene
unbeerdigt geblieben wäre. Einer solchen Sichtweise steht schon entgegen,
dass, wie ausgeführt, die Amtspflicht der Gemeinde, nach § 13 Abs. 2 Satz 2
BestattG Schl.-H. notfalls selbst für die Beerdigung zu sorgen, in weitest
gehendem Umfang subsidiär ist und auch hinter dem Tätigwerden eines
Geschäftsführers ohne Auftrag zurücktritt.
20 bb) Dem Berufungsgericht kann auch nicht darin gefolgt werden, einer
Anwendung des § 679 BGB stehe die fehlende Leistungsfähigkeit der Beklagten
entgegen.
21 Die Inanspruchnahme der Beklagten nach §§ 683, 679 BGB ist trotz
fehlender beziehungsweise eingeschränkter Leistungsfähigkeit nicht
rechtsmissbräuchlich.
22 Wäre der Kläger nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig geworden, so
hätte die Gemeinde im Wege der Ersatzvornahme die Bestattung vornehmen
lassen und anschließend wegen der Bestattungskosten gegen die Beklagte als
"erstrangig" Bestattungspflichtige einen Leistungsbescheid erlassen (vgl.
BVerwG NVwZ-RR 1995, 283). Ein derartiges Vorgehen der Gemeinde hätte die
Beklagte nur dadurch vermeiden können, dass sie - durch Abschluss eines
Bestattungsvertrags - die Beerdigung selbst hätte durchführen lassen. In
beiden Fällen wäre sie "Kostenschuldnerin" geworden. Freilich wären die
daraus drohenden wirtschaftlichen Nachteile dadurch abgemildert worden, dass
die Beklagte bei Unzumutbarkeit der (endgültigen) Kostentragung nach § 74
SGB XII vom zuständigen Sozialhilfeträger die Übernahme der
Bestattungskosten hätte erlangen können (vgl. BVerwGE 114, 57, 58 f zu § 15
BSHG; Grube in Grube/ Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 74 Rn. 15). Gerade
wegen der Möglichkeit einer Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger
besteht im Übrigen auch kein Anlass, einen Angehörigen von seinen
Bestattungspflichten freizustellen, wenn - wie hier - die
Familienverhältnisse gestört sind (vgl. Berlit in LPK-SGB XII, 8. Aufl., §
74 Rn. 7). Für den Fall, dass sich der nach Maßgabe der
öffentlichrechtlichen Vorschriften Bestattungspflichtige dem
Aufwendungsersatzanspruch eines Geschäftsführers ohne Auftrag ausgesetzt
sieht, gilt nichts anderes. Auch dann hat der mittellose
Bestattungspflichtige gegen den Sozialhilfeträger Anspruch auf
Kostenübernahme nach § 74 SGB XII.
23 Die Anspruchsvoraussetzungen des § 74 SGB XII sind vorliegend auf der
Grundlage des Parteivortrags (fehlende Nachlassmittel und fehlende eigene
Mittel) gegeben. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Beklagten eine
Kostentragung wegen des Vorhandenseins zweier Töchter des Verstorbenen aus
erster Ehe zugemutet werden könnte. Ungeachtet des Umstands, dass diese
Töchter nach dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers ebenfalls nicht
leistungsfähig(er) waren beziehungsweise sind, ist schon zweifelhaft, ob
sich die Töchter als "nachrangig" Bestattungspflichtige an den
Beerdigungskosten überhaupt beteiligen müssten. Auf der Grundlage des Sach-
und Streitstands im vorliegenden Zivilprozess steht mithin nicht zu
befürchten, dass der zuständige Sozialhilfeträger die Beklagte erfolgreich
auf die Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen gegen Töchter des
Hinterbliebenen verweisen könnte (vgl. zu diesem Problemkreis BSGE 104, 219,
Rn. 20 ff).
24 Der Umstand, dass dem von der Beklagten gestellten Kostenübernahmeantrag
bisher noch nicht entsprochen worden ist - unter Hinweis darauf, dass die
Beklagte noch keine ausreichenden Nachweise über die Einkommensverhältnisse
ihrer Töchter beigebracht habe (s. S. 5 des Widerspruchsbescheids des
Kreises Nordfriesland vom 19. Mai 2008) -, kann nicht zu Lasten des Klägers
gehen. Würde man dies, wie von der Revisionsbeklagten in der mündlichen
Verhandlung vor dem erkennenden Senat vertreten, anders sehen, so wäre eine
unbillige Benachteiligung des Klägers die Folge. Dieser müsste, obwohl er
eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe erfüllt hat, auf seinen
Kosten "sitzen bleiben": Da die Beklagte keiner Kostentragungspflicht (mehr)
unterläge, würde ihr folgerichtig auch kein Kostenübernahmeanspruch gegen
den Sozialhilfeträger (mehr) zustehen. Dem Kläger wiederum stünde, da er als
Bestattungsunternehmer unter keinen Umständen als kostentragungspflichtige
Person im Sinne des § 74 SGB XII angesehen werden könnte, kein
Übernahmeanspruch aus eigenem Recht zu.
25 d) Der Kläger kann als berechtigter Geschäftsführer ohne Auftrag
Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er zur Beisetzung des Verstorbenen
für erforderlich halten durfte. Da er dieses fremde Geschäft im Rahmen
seines Gewerbes als Bestattungsunternehmer durchgeführt hat, umfasst der
Aufwendungsersatzanspruch auch die übliche Vergütung (vgl.
Senatsurteil vom 21. Oktober 1999 - III ZR 319/98, BGHZ 143, 9, 16; BGH,
Urteil vom 26. Januar 2005 - VIII ZR 66/04, NJW-RR 2005, 639, 641; jeweils
mwN). Wenn - wie hier - dem Geschäftsführer bekannt ist oder er damit
rechnen muss, dass der bestattungspflichtige Geschäftsherr nicht oder nur
eingeschränkt leistungsfähig ist, so beschränken sich die
erforderlichen Kosten auf die Ausgaben, die nach § 74 SGB XII
erstattungsfähig sind. Dies ist der Betrag, der üblicherweise für
eine würdige, den örtlichen Gepflogenheiten entsprechende, einfache
Beerdigung anfällt ("Sozialbestattung"). Nicht erstattungsfähig sind etwaige
weitergehende Aufwendungen für eine standesgemäße Beerdigung (§ 1968 BGB);
andererseits beschränkt sich der Kostenerstattungsanspruch nicht auf die
Kosten einer von der Ordnungsbehörde im Wege der Ersatzvornahme veranlassten
"Einfachstbestattung" (vgl. zu dem Ganzen Grube aaO § 74 Rn. 30 ff; Berlit
aaO § 74 Rn. 12 ff).
26 Durch die Begrenzung des Kostenerstattungsanspruchs auf die Kosten einer
einfachen Beerdigung erweist sich im Übrigen auch die Befürchtung des
Berufungsgerichts als unbegründet, bei Zuerkennung eines
Aufwendungsersatzanspruchs nach Maßgabe der §§ 677, 683, 679 BGB könne ein
Bestattungsunternehmer den Bestattungspflichtigen zivilrechtlich
"unbeschränkt" auf Kostenerstattung in Anspruch nehmen.
27 3. Ob sich der Aufwendungsersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte
nicht nur daraus ergibt, dass diese bestattungspflichtig im Sinne des § 13
Abs. 2 Satz 1 BestattG Schl.-H. ist, sondern auch darauf gestützt werden
könnte, dass die Beklagte Erbin oder jedenfalls Miterbin geworden ist (§§
1968, 1922 BGB), kann dahinstehen (siehe zu dieser Fallkonstellation OLG
Saarbrücken, OLGR 2002, 228).
28 4. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben. Der Senat kann in der
Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), da es bezüglich der Höhe des
Zahlungsanspruchs keiner weiteren tatrichterlichen Feststellungen mehr
bedarf. Der Behauptung des Klägers, die geltend gemachten - dem Betrag nach
unbestrittenen - Kosten hielten sich im Rahmen des für eine
"Sozialbestattung" Üblichen, ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Auch
der von der Beklagten vorgelegte Widerspruchsbescheid enthält keinen
Anhaltspunkt dafür, dass hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der geltend
gemachten Kosten unter dem Aspekt des § 74 SGB XII Bedenken bestehen
könnten.
|