Eigentumsverhältnisse am
Sparbuch und Inhaberschaft der Forderung bei Einzahlung auf ein fremdes
Sparbuch
BGH, Urteil vom 25. April
2005 - II ZR 103/03
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsätze:
Wenn ein Dritter ohne
jeden Vorbehalt auf ein Sparkonto, das ein anderer in seiner Gegenwart bei
einem Geldinstitut eröffnet hat, eine Einzahlung vornimmt, ist der
Kontoinhaber hinsichtlich der Spareinlage Gläubiger des Geldinstituts und
als solcher Eigentümer auch des für das Konto ausgestellten Sparbuchs.
Zentrale Probleme:
s. die Anm. zu
BGH v. 18.1.2005 - X ZR 264/02.
©sl 2005
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Herausgabe eines Sparbuchs in Anspruch.
Der Kläger ist der Sohn, die Beklagte die Witwe des am 3. Juli 2001
verstorbenen E. M..
Der Kläger eröffnete am 23. Mai 2000 bei der T.-Sparkasse in H.-L. auf
seinen Namen ein Sparkonto und unterzeichnete auf einem Formular des
Geldinstituts eine "Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall" zugunsten
seines in der Sparkasse mitanwesenden Vaters. Danach sollten die Rechte aus
dem Sparkonto im Falle des Todes des Klägers auf seinen Vater übergehen. Der
Vater des Klägers zahlte auf das Sparkonto 60.000,00 DM ein. Er nahm das
über das Guthaben ausgestellte Sparbuch an sich und bewahrte es bei sich in
einem Safe auf.
Nach dem Tode seines Vaters forderte der Kläger die Beklagte vergeblich zur
Herausgabe des Sparbuchs auf.
Die Beklagte behauptet, ihr verstorbener Ehemann habe gewollt, daß das
Sparbuch in den Nachlaß falle, an dem beide Parteien zur Hälfte beteiligt
seien. Der Kläger ist der Ansicht, testamentarischer Alleinerbe seines
Vaters zu sein. Er hat einen entsprechenden Erbschein beantragt, die
Beklagte hat seinem Antrag widersprochen. Das Erbscheinsverfahren ist noch
nicht abgeschlossen.
Das Landgericht hat dem Herausgabebegehren des Klägers entsprochen, das
Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision will der Kläger die Wiederherstellung des
landgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung des angefochtenen
Urteils zur Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des
Landgerichts.
1. Das Berufungsgericht geht im Ansatz zutreffend davon aus, daß Eigentümer
des über eine Spareinlage ausgestellten Sparbuchs derjenige ist, der
Gläubiger der Forderung gegen das Geldinstitut ist. Nach seiner Auffassung
ist nicht der Kläger, sondern dessen Vater Gläubiger der Spareinlage
geworden. Dieser habe sich nämlich, wie die in zweiter Instanz durchgeführte
Beweisaufnahme ergeben habe, die Entscheidung über die Verwendung des auf
das Konto des Klägers eingezahlten Geldbetrages vorbehalten.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht
hat die Bedeutung der bei Kontoeröffnung und Einzahlung des Geldes gegebenen
Umstände für die Beurteilung der Frage, wer Gläubiger der gegen die
Sparkasse begründeten Forderung geworden ist, verkannt, und rechtsfehlerhaft
allein auf erst nach Einrichtung des Kontos und Einzahlung der 60.000,00 DM
gemachte Äußerungen des verstorbenen Vaters bzw. Ehemannes der Parteien
abgestellt.
2. Für die Frage der Gläubigerstellung kommt es darauf an, wer nach dem
erkennbaren Willen des die Kontoeröffnung beantragenden Kunden Gläubiger der
Bank werden soll (Sen.Urt. v. 22. September 1975 - II ZR 51/74, WM 1975,
1200; BGH, Urt. v. 2. Februar 1994 - IV ZR 51/93, NJW 1994, 931; vgl. auch
BGHZ 21, 148, 150; BGH, Urt. v. 10. Oktober 1989 - XI ZR 117/88, NJW-RR
1990, 178).
Das war nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien der Kläger. Danach hat
dieser nämlich selbst mit der Sparkasse den Kontoeröffnungsvertrag
geschlossen und das Konto auf seinen Namen eröffnet. Auf dieses - eindeutig
dem Kläger zugeordnete - Konto Nr. 3033043597 hat der Vater 60.000,00 DM
eingezahlt, und zwar ohne jeden Vorbehalt dahin, daß es sich um "sein Geld"
handele oder daß er über die Verwendung des Geldes bestimmen wolle; er hat
sich nicht einmal eine Vollmacht für das Konto einräumen lassen. Dieses
Verhalten des einzahlenden Vaters durfte und mußte die Sparkasse angesichts
der Kontoeröffnung durch den Kläger dahin verstehen, daß letzterer auch nach
dem Willen des Vaters ihr Gläubiger sein sollte. Demgemäß ist der Kläger in
der für den Fall seines Vorversterbens zugunsten des Vaters getroffenen
Verfügung auch ausdrücklich als Gläubiger des bei der Sparkasse eröffneten
Kontos Nr. 3033043597 bezeichnet worden. Die Verfügung hat außer dem Kläger
und einem Mitarbeiter der Sparkasse auch der Vater des Klägers als
Begünstigter unterschrieben.
Daß der Vater das Sparbuch an sich nahm, gibt zu einer anderen rechtlichen
Würdigung keine Veranlassung. Dieser Handlung kommt, zumal sie nicht näher
begründet wurde, weder die Bedeutung einer Abtretung der Forderung gegen die
Sparkasse durch den Kläger an seinen Vater zu, noch muß sie dahin verstanden
werden, daß der Vater sich die Entscheidung über die Verwendung des auf das
Konto des Klägers gezahlten Geldes vorbehalten wollte. Vielmehr durfte der
Kläger - wie auch die Sparkasse, falls einer ihrer Mitarbeiter den Vorgang
beobachtet haben sollte -, unter den gegebenen Umständen davon ausgehen, daß
der Vater das Sparbuch lediglich sicher verwahren wollte. Tatsächlich lag
dem Vater, wie die Vernehmung des Zeugen Dr. D. durch das Berufungsgericht
ergeben hat, daran, eine vorzeitige Abhebung des Guthabens - es war ein
Sparvertrag über fünf Jahre mit jährlich steigendem Zinssatz geschlossen
worden - durch den Sohn zu verhindern, "der mit den ihm zur Verfügung
stehenden Geldbeträgen nicht auskomme". Die Gläubigerstellung des Klägers
wurde durch das Verhalten seines Vaters damit nicht in Frage gestellt.
3. Als Gläubiger der Sparkasse ist der Kläger Eigentümer des für sein Konto
ausgestellten Sparbuchs, § 952 BGB. Er kann daher gemäß § 985 BGB Herausgabe
des Buches von der Beklagten verlangen, die es in Besitz hat.
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