Eigentumsverhältnisse an
einer (individualisierten) "Pfandflasche"; Herausgabe-, Unterlassungs-
und und Schadensersatzanspruch gegen den Besitzer; keine Ersetzungsbefugnis
des Besitzers
BGH, Urteil vom 9. Juli
2007 - II ZR 233/05
Fundstelle:
NJW 2007, 2913
BGHZ 173, 155
s. auch BGH NJW 2007, 2912
Amtl. Leitsatz:
a) Der Eigentümer einer
individualisierten - aufgrund einer dauerhaften Kennzeichnung als sein
Eigentum ausgewiesenen - Mehrwegpfandflasche verliert das Eigentum an der
Flasche weder durch den Verkauf des Getränkes an den Großhandel noch durch
den weiteren Vertrieb des Getränkes bis zum Endverbraucher.
b) Er kann von seinen Konkurrenten Herausgabe seiner leeren Flaschen fordern
und sie wegen der Vernichtung seiner Flaschen auf Unterlassung und
grundsätzlich auch auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.
c) Auf den durch den Verlust seiner Flaschen entstandenen Schaden muss er
sich den vereinnahmten Pfandbetrag anrechnen lassen.
Tatbestand:
1 Die Klägerin verlangt unter Berufung auf ihr Eigentum Schadensersatz für
die Vernichtung der von ihr verwendeten Mehrwegflaschen und macht
Feststellungs- und Unterlassungsansprüche geltend.
2 Beide Parteien vertreiben auf dem deutschen Markt stilles Mineralwasser in
1,5 Liter Kunststoffflaschen. Die Klägerin füllt ihr Wasser in - nach ihren
Angaben bis zu fünfzehn Mal wieder verwendbare - Mehrwegflaschen ab, deren
Anschaffungskosten sie mit 0,173 € beziffert und die sie mit einem Pfand von
0,15 € belegt. Die Flaschen der Klägerin sind mit der Einstanzung "GG-Pool"
versehen. In ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat sich die Klägerin
das Eigentum an den von ihr verwendeten Flaschen ausdrücklich vorbehalten;
dort heißt es außerdem, dass der Abnehmer verpflichtet ist, das - ihm nur
zur bestimmungsgemäßen Verwendung überlassene - Leergut unverzüglich an die
Klägerin zurückzugeben (Nr. 8 u. 9 der AGB). Die Beklagte hingegen befüllt
die von ihr verwendeten Flaschen, für die sie ein Pfand von 0,25 € erhebt,
nur einmal. Bei Rückgabe des Leerguts werden der Klägerin in ihren
Pfandkästen auch Flaschen anderer Vertreiber, u.a. solche der Beklagten
überlassen, während umgekehrt mit dem Leergut der Beklagten auch Flaschen
der Klägerin angeliefert werden. Während die Klägerin im Rahmen der
Wiederbefüllung die Fremdflaschen aussortiert, lässt die Beklagte sämtliche
aus dem Handel zurücklaufenden Flaschen nach Auszahlung des Pfandes durch
Drittfirmen in Frankreich zerkleinern und verwendet das Rohmaterial erneut.
3 Mit der Klage hat die Klägerin zuletzt Schadensersatz für die Vernichtung
von 728.552 - in das Vertriebssystem der Beklagten gelangten -
Mehrwegpfandflaschen verlangt, deren Zeitwert sie je Flasche mit 0,0865 €
beziffert hat. Sie begehrt außerdem die Feststellung, dass die Beklagte zur
Herausgabe der in ihrem Besitz befindlichen oder dorthin gelangenden
Flaschen der Klägerin verpflichtet ist, sowie die Unterlassung künftiger
Vernichtung ihrer Flaschen. Das Landgericht hat die Klage insgesamt
abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Hiergegen wendet sich
die Klägerin mit der - von dem Berufungsgericht zugelassenen - Revision.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet und führt - da weitere
tatrichterliche Feststellungen nicht in Betracht kommen - unter teilweiser
Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Abänderung der landgerichtlichen
Entscheidung und zur Feststellung der Herausgabepflicht der Beklagten sowie
zu ihrer Verurteilung, die Vernichtung der Flaschen der Klägerin zu
unterlassen.
5 I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
6 Der Klägerin habe zwar durch die Auslieferung der Flaschen und den Erwerb
des Wassers durch den Endverbraucher ihr Eigentum an ihren Flaschen nicht
verloren. Allerdings führten die Vorstellungen des Rechtsverkehrs und eine
lebensnahe Betrachtung dazu, dass in der Vertriebskette kein Besitzer einer
Pfandflasche - der Endkunde ebenso wie der Groß- und Einzelhändler -davon
ausgehen müsse, zu deren Rückgabe verpflichtet zu sein. Der Besitzer einer
solchen Pfandflasche könne daher wählen, ob er dem Eigentümer die Flasche
zurückgebe oder stattdessen durch "Verfallenlassen" des von ihm gezahlten
Pfandbetrages Schadensersatz leiste. Diese "Ersetzungsbefugnis" gehe auf
jeden Besitzer über, der die Flasche gegen Erstattung des eingesetzten
Pfandbetrages zurücknehme.
7 II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen
Punkten stand.
8 Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin als
Eigentümerin der von ihr in den Verkehr gebrachten Flaschen die Feststellung
verlangen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die in ihren Besitz
gelangenden oder dort befindlichen Flaschen der Klägerin herauszugeben.
Ebenso hat sie Anspruch auf die Verurteilung der Beklagten, die Vernichtung
solcher Flaschen zu unterlassen. Der Beklagten steht weder ein Recht zum
Besitz an den Flaschen noch die Befugnis zu, die Herausgabe der Flaschen zu
verweigern und im Gegenzug auf die Erstattung des Pfandbetrages zu
verzichten.
9 1. Im Ausgangspunkt noch zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings
davon aus, dass die Klägerin durch den Verkauf ihres Wassers an den
Großhandel und durch den weiteren Vertrieb des Wassers bis zum
Endverbraucher das Eigentum an den von ihr in den Verkehr gebrachten
Flaschen nicht verloren hat.
10 a) Die Beantwortung der Frage, ob beim Verkauf von Getränken in
mehrfach verwendeten Pfandflaschen auch das Eigentum an der Flasche
übertragen wird, hängt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der
ihr folgenden herrschenden Auffassung in der Literatur entscheidend davon
ab, ob die verwendete Flasche aufgrund einer dauerhaften Kennzeichnung als
Eigentum eines bestimmten Herstellers oder Vertreibers ausgewiesen ist, ob
sie einer Herstellergruppe zugeordnet werden kann oder ob es sich um eine so
genannte Einheitsflasche handelt, die keine Individualisierungsmerkmale
aufweist und von unbestimmt vielen Herstellern verwendet wird. Werden
Getränke in derartigen Einheitsflaschen verkauft, erstreckt sich der
Eigentumsübergang nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Flasche
selbst (BGH, Urt. v. 5. Oktober 1955 - IV ZR 302/54, LM § 50 ZPO Nr. 6 =
NJW 1956, 298; OLG Düsseldorf BB 1948, 524; OLG Stuttgart WRP 1990, 778;
Hellmann, JuS 2001, 353, 354; Martinek, JuS 1989, 268, 269; ders., JuS 1987,
514, 515 f.; Schäfer/Schäfer, ZIP 1983, 656, 659; Kollhosser/Bork, BB 1987,
909, 914 f.; Soergel/Habersack, BGB 13. Aufl. § 1204 Rdn. 33). Dies gilt
gleichermaßen auf allen Vertriebsstufen und selbst dann, wenn der
Hersteller/Vertreiber in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen den
Eigentumserwerb an der Flasche ausdrücklich ausgeschlossen hat. Eine solche
Vereinbarung wäre auf ein unmögliches und unzulässiges Verhalten gerichtet
und deshalb unbeachtlich (BGH aaO; h.M. vgl. z.B. Martinek aaO;
Kollhosser/Bork aaO; Schäfer/Schäfer aaO). Denn durch die Vermengung von
Flaschen verschiedener Hersteller kommt es zwangsläufig zu einem
Eigentumsverlust des einzelnen Herstellers (§§ 948 Abs. 1, 947 Abs. 1
BGB). Mit der Rückgabe von Flaschen gleicher Art und Güte, die jedenfalls im
Miteigentum eines anderen Herstellers stehen könnten, würde in dessen
Eigentumsrechte eingegriffen.
11 Anders verhält es sich hingegen, wenn die verwendeten Mehrwegflaschen
dauerhaft so gekennzeichnet sind, dass sie sich von Flaschen anderer
Hersteller/Vertreiber unterscheiden und eindeutig als Eigentum eines
bestimmten Herstellers erkennbar sind. Bei derartigen Individualflaschen
verbleibt das Eigentum an den Flaschen beim Hersteller/Vertreiber und wird
auch auf den nachfolgenden Handelsstufen nicht an den Erwerber des
Flascheninhalts übertragen (BGH, Urt. v. 26. November 1953 - IV ZR
139/53, LM § 989 Nr. 2; BGH, Urt. v. 10. April 1956 - I ZR 156/54, LM § 1004
Nr. 27; OLG Köln ZIP 1980, 1096 f.; Martinek, JuS 1989, 268 f.; Hellmann
aaO; Schäfer/Schäfer aaO S. 657 ff.; Klinger, AbfallR 2003, 244; Kollhosser/Bork
aaO S. 911 f.; a.A. bezüglich Bierkästen LG Darmstadt ZIP 1980, 113, 114;
wohl auch OLG Celle BB 1967, 778 f.).
12 Uneinigkeit besteht hingegen darüber, ob sich an dieser Beurteilung etwas
ändert, wenn die Flasche zwar nicht einem bestimmten Hersteller, wohl aber
einer geschlossenen Herstellergruppe zugeordnet werden kann (für einen
Eigentumsübergang z.B. bei der "Brunneneinheitsflasche": OLG Köln ZIP 1980,
1098, 1099 f.; LG Darmstadt aaO; Hellmann aaO; Klinger aaO S. 244 f.;
Martinek aaO S. 272; dagegen: OLG Stuttgart aaO; OLG München GRUR 1980,
1010, 1011 f.; OLG Köln NJW-RR 1988, 373, 374; Kollhosser/ Bork aaO S. 912
ff.; Schäfer/Schäfer aaO S. 659 f.; Baur, ZIP 1980, 1101). Dies bedarf hier
keiner Entscheidung.
13 b) Bei den von der Klägerin verwendeten Flaschen handelt es sich um
individualisierte Flaschen, an denen der Kunde - wenn er den Flascheninhalt
kauft - kein Eigentum erwirbt. Durch die in die Flaschen der Klägerin
eingeprägte Bezeichnung "GG-Pool" unterscheiden sich deren Flaschen objektiv
von allen anderen auf dem deutschen Markt vertriebenen Flaschen und lassen
ihre Herkunft von einem bestimmten Hersteller erkennen. Anders als die
Beklagte offenbar meint, ist es darüber hinaus nicht erforderlich, dass die
Flaschen mit Hilfe des angebrachten Herkunftszeichens - auch nach Ablösung
des Etiketts -von jedem Dritten der Klägerin zugeordnet werden können. Aus
der bisherigen Rechtsprechung, der sich die h.M. (vgl. z.B. Kollhosser/Bork
aaO S. 911; Martinek aaO S. 268 f.) angeschlossen hat, ergibt sich das
Gegenteil. So hat das OLG Köln (ZIP 1980, 1096 f.) die Bodenprägung "F", der
Bundesgerichtshof (Urt. v. 26. November 1953 - IV ZR 139/53 aaO) sogar den -
durch das abgefüllte eisenhaltige Wasser entstandenen - Belag in einer
Einheitsflasche als Individualisierungsmerkmal genügen lassen.
14 Einem Eigentumserwerb an den Flaschen im Vertragsverhältnis der Klägerin
zu ihren Großhändlern stehen bereits die AGB der Klägerin (Nr. 8) entgegen,
aus denen sich eindeutig ergibt, dass die Klägerin ihr Eigentum an den von
ihr in den Verkehr gebrachten Flaschen behalten und es gerade nicht auf ihre
Vertragspartner übertragen will. Auch auf den weiteren Handelsstufen vom
Großhändler zum Zwischen-/Einzelhändler und von diesem zum Endkunden wird
ein Eigentumserwerb an den Flaschen weder ausdrücklich vereinbart noch
ergibt er sich aus den Umständen oder der Interessenlage. Abgesehen von der
gesonderten Abrechnung des Pfandes wird gerade aus der individuellen
Kennzeichnung der Flaschen der Wille des Herstellers erkennbar, die Flaschen
zurück zu bekommen und sie deshalb nur zur vorübergehenden Benutzung und
nicht zu Eigentum zu überlassen (BGH, Urt. v. 10. April 1956 - I ZR 165/54
aaO; Kollhosser/Bork aaO S. 911; Soergel/Habersack aaO § 1204 Rdn. 33).
15 c) Anders als die Beklagte meint, verliert die Klägerin nicht deshalb ihr
Eigentum, weil sie "freiwillig" auch fremde Flaschen zurücknimmt und den
Pfandbetrag von 0,15 € auch für solche Flaschen erstattet. Zum einen hat
sich die Klägerin darauf berufen, dass der Großhandel nicht bereit sei, vor
Rücklieferung ihrer Getränkekästen Fremdflaschen auszusortieren und ihr
selbst aus organisatorischen Gründen wegen der täglich bei ihr
zurücklaufenden Leergutmenge ein Aussortieren der Fremdflaschen bei
Anlieferung nicht möglich sei. Zum anderen würde die Klägerin auch bei
"freiwilliger" Rücknahme fremder Flaschen das Eigentum an ihren
gekennzeichneten Flaschen nicht verlieren. Anders als in der von der
Revisionserwiderung herangezogenen Entscheidung des OLG Celle (BB 1967, 778
f.) verwendet die Klägerin das in ihren Besitz gelangende fremde Leergut
nicht, sondern lässt es vor der erneuten Befüllung ihrer Flaschen
aussortieren. Ebenso wenig steht der Umstand einem Verbleib des Eigentums
bei der Klägerin entgegen, dass die Klägerin mehrere Großhändler beliefert
und diese deshalb möglicherweise nicht in der Lage sind, der Klägerin
dieselben Flaschen zurückzugeben, die sie von ihr erhalten haben.
Großhändler und Weiterverkäufer sind auch bei Annahme einer leiheähnlichen
Gebrauchsüberlassung ohne Eigentumsübergang schuldrechtlich nur
verpflichtet, der Klägerin eine entsprechende Anzahl ihrer Flaschen
zurückzugeben (vgl. z.B. Kollhosser/Bork aaO S. 911).
16 d) Das Eigentum der Klägerin an den von ihr in den Verkehr gebrachten
Flaschen ist nicht untergegangen, weil die Beklagte von dem jeweiligen
Großhändler bei Übergabe dieser Flaschen zusammen mit ihrem eigenen Leergut
gutgläubig das Eigentum an den Flaschen der Klägerin erworben hat. Ein
gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten (§ 932 BGB) scheitert am fehlenden
guten Glauben der Beklagten bzw. der in ihrem Vertriebssystem mit der
Annahme des Leerguts beauftragten Personen. Für die Beklagte und die von ihr
eingeschalteten Personen war wegen der besonderen Kennzeichnung der Flaschen
der Klägerin auch bei nur durchschnittlicher Aufmerksamkeit jedenfalls
erkennbar, dass der Großhandel ihr Leergut nicht sortenrein zurücklieferte
und auch zur Übertragung des Eigentums an den Mehrwegflaschen der Klägerin
nicht berechtigt war (vgl. BGH, Urt. v. 10. April 1956 - I ZR 165/54
aaO).
17 2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass dem
auf Herausgabe der Flaschen gerichteten Feststellungsbegehren ebenso wie dem
Unterlassungsbegehren der Klägerin ein Recht der Beklagten zum Besitz und
darüber hinaus die Befugnis entgegen stehe, über die Flaschen der Klägerin
zu verfügen und im Gegenzug auf die Erstattung des erhobenen Pfandbetrages
zu verzichten.
18 a) Die Beklagte hat gegenüber der Klägerin kein Recht zum Besitz an den -
entleerten - Flaschen der Klägerin. Ein solches Besitzrecht hat die - nicht
in vertraglichen Beziehungen zur Klägerin stehende - Beklagte weder von der
Klägerin selbst erlangt noch konnte es ihr von den Großhändlern verschafft
werden, die das Leergut der Klägerin bei ihr angeliefert haben. Denn diese
Großhändler hatten selbst an den leeren Flaschen der Klägerin kein Recht zum
Besitz, das sie an die Beklagte weitergeben konnten und durften. Standen sie
außer zu der Beklagten auch in vertraglicher Beziehung zur Klägerin, ergibt
sich ihr mangelndes Besitzrecht an den leeren Flaschen und die fehlende
Befugnis zur Besitzüberlassung an die Beklagte unmittelbar aus den AGB der
Klägerin, nach deren Nummer 8 der Abnehmer verpflichtet ist, Leergut
unverzüglich an die Klägerin zurückzugeben. War dies nicht der Fall, hatten
die Großhändler ebenfalls kein - gegenüber der Klägerin wirksames - Recht
zum Besitz. Dieses konnten sie nicht von Dritten herleiten. Alle in der
Vertriebskette der Klägerin stehenden Personen, denen der Besitz von dem
jeweils höherstufigen Besitzer bis zum Großhändler überlassen wurde, sind
der Klägerin gegenüber nicht zum Besitz an deren leeren Flaschen berechtigt,
weil ihnen die - nach den vertraglichen Vereinbarungen der Klägerin zur
unverzüglichen Herausgabe der leeren Flaschen verpflichteten - Großhändler
ein solches Besitzrecht nicht verschaffen konnten. Ist die Zwischenperson
dem Eigentümer nicht - mehr - zum Besitz berechtigt, kann der Eigentümer
gem. § 986 Abs. 1 S. 2 BGB Herausgabe an sich selbst verlangen
(Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. § 986 Rdn. 7 f.; Münch-KommBGB/Medicus 4.
Aufl. § 986 Rdn. 25). Anders als die Revisionserwiderung offenbar meint,
ändert sich an der Herausgabeverpflichtung der Beklagten auch dann nichts,
wenn der - auch in Vertragsbeziehung zur Klägerin stehende - Großhändler bei
Übergabe der Flaschen an die Beklagte seinen (Fremd-)Besitz an den leeren
Flaschen der Klägerin aufgegeben und der Beklagten Eigenbesitz verschafft
hat. Die - unbefugte - Überlassung des Besitzes an die Beklagte verschafft
dieser kein eigenes Besitzrecht gegenüber der Klägerin.
19 b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es der Beklagten
nicht freigestellt, ob sie die Flaschen an die Klägerin herausgeben oder
aber den Pfandbetrag verfallen lassen will. Dem steht das - an den leeren
Flaschen fortbestehende - Eigentum der Klägerin entgegen (vgl. oben II
1). Anders als das Berufungsgericht meint, fehlt für eine - den
Herausgabeanspruch der Klägerin einschränkende - einvernehmliche Abrede
zwischen allen am Vertriebssystem der Klägerin Beteiligten jegliche
Grundlage. Dem Begriff der "Pfandflasche" kann nach dem objektiven
Empfängerhorizont ein derartiges vom Berufungsgericht bejahtes "Wahlrecht"
keineswegs entnommen werden. Dem steht der mit der Erhebung eines
Flaschenpfandes verfolgte Zweck entgegen. Das Pfand soll bei den - von der
Klägerin verwendeten - individualisierten Mehrwegflaschen, die beim Verkauf
des Getränkes Eigentum des Herstellers bleiben und den Abnehmern - aufgrund
eines leiheähnlichen Vertrages - nur zum vorübergehenden Gebrauch überlassen
werden, gerade die Rückgabe der Flaschen an den Eigentümer sicherstellen.
Dass der Endverbraucher, wenn er nach Leerung des Flascheninhalts eine
Mehrwegflasche der Klägerin nicht in ihr Vertriebssystem zurückführt, nicht
befürchten muss, auf Herausgabe der Flasche in Anspruch genommen zu werden,
beruht auf dem Charakter des Getränkevertriebs als Massengeschäft. Dieser
Umstand rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, jedenfalls dem Endverbraucher
sei von der Klägerin eine derartige "Ersetzungsbefugnis" eingeräumt. Aus den
AGB der Klägerin, die ihre unmittelbaren Vertragspartner ausdrücklich zur
unverzüglichen Rückgabe der Flaschen verpflichten, ergibt sich das
Gegenteil. Diese Regelung lässt - ebenso wie die Zielrichtung des
Flaschenpfandes - keinen Raum für die Annahme, die Klägerin biete den
Besitzern ihrer - entleerten - Pfandflaschen an, diese gegen Verfall des
eingesetzten Pfandgeldes zu Eigentum zu erwerben und wie ein Eigentümer über
sie zu verfügen. Vielmehr steht der Klägerin als Eigentümerin ein
Herausgabeanspruch zu; ebenso kann sie sich gegen die Vernichtung der als
ihr Eigentum gekennzeichneten Flaschen wehren (BGH, Urt. v. 26. November
1953 - IV ZR 139/53 aaO; BGH, Urt. v. 10. April 1956 - I ZR 165/54 aaO für
die Fremdbefüllung der Flaschen; Kollhosser/Bork aaO S. 912; Schäfer/Schäfer
aaO S. 658; a.A. wohl Baur aaO S. 1102, der wohl jedenfalls dem
Endverbraucher eine Ersetzungsbefugnis zubilligt).
20 c) Ohne Erfolg beruft sich die Revisionserwiderung darauf, nach dem
Vortrag der Beklagten könne nicht davon ausgegangen werden, dass die
Beklagte im Besitz von Flaschen der Klägerin sei oder sich jemals im Besitz
solcher Flaschen befunden habe. Diese Gegenrüge (§ 286 ZPO) geht fehl.
21 Für das Revisionsverfahren ist das aus dem Berufungsurteil ersichtliche -
unstreitige - Parteivorbringen i.S. von § 559 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legen,
zu dem auch der in Bezug genommene Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils
gehört. Dieses aus dem Berufungsurteil ersichtliche Parteivorbringen
erbringt nach § 314 ZPO Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der
Berufungsinstanz. Dieser Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll, nicht
jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden (BGHZ 140, 335,
339). Eine etwaige Unrichtigkeit derartiger tatbestandlicher Darstellungen
im Berufungsurteil kann ebenso wie eine solche des Tatbestandes des
erstinstanzlichen Urteils nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO
behoben werden (st.Rspr. vgl. Sen.Urt. v. 8. Januar 2007 - II ZR 334/04, NZG
2007, 428, 429; Musielak/Ball, 5. Aufl. § 559 ZPO Rdn. 15).
22 Nach dem - danach für das Revisionsverfahren gem. §§ 314, 559 ZPO
bindenden - Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils "lässt die Beklagte die
aus dem Handel zurücklaufenden Flaschen von Drittunternehmen in Frankreich
zerschreddern". Dies bedeutet, dass die Beklagte die tatsächliche Gewalt
über diese Flaschen erlangt und darüber entscheidet, wie mit ihrem - nicht
sortenreinen, auch Flaschen der Klägerin enthaltenden - Leergut verfahren
werden soll.
23 III. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht jedoch einen
Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Vernichtung ihrer Flaschen
verneint.
24 Einem solchen Anspruch steht entgegen, dass der Klägerin durch die
Vernichtung ihrer Flaschen kein - über das im Falle der Nichterfüllung der
Rückgabepflicht verfallene Pfand hinausgehender - Vermögensschaden
entstanden ist. Vielmehr ist der - von ihr selbst behauptete -
wirtschaftliche Wert ihrer von der Beklagten zerstörten Flaschen in Höhe von
0,0865 € je Flasche sogar deutlich geringer als der ihr für jede Flasche bei
Abgabe zugeflossene Pfandbetrag in Höhe von 0,15 €. Diesen Betrag, den sie
im Falle der Rückgabe ihres Leergutes auch der Beklagten zu vergüten
verpflichtet gewesen wäre, weil die Kennzeichnung ihrer Flaschen als
Pfandflaschen das Angebot an jedermann beinhaltet, ihre Flaschen gegen
Erstattung des gezahlten Pfandes zurückzunehmen (vgl.
Sen.Urt. v. 9. Juli 2007 - II ZR 232/05), muss sie sich auf den durch
den Verlust der Flaschen entstandenen Schaden anrechnen lassen (BGH, Urt. v.
26. November 1953 - IV ZR 139/53 aaO a.E.). Hiergegen kann die Klägerin
nicht mit Erfolg einwenden, ihr Pfandkonto sei ausgeglichen, weil sie ihren
Großhändlern für die bei ihr angelieferten Fremdflaschen Pfand ausbezahlt
habe. Dieser Vorgang steht mit der Schaden verursachenden Zerstörung ihrer
Flaschen ebenso wenig in dem erforderlichen adäquaten Ursachenzusammenhang
wie mit ihrer Verpflichtung, dem jeweiligen Besitzer ihrer Flaschen bei
deren Rücklieferung den sich aus dem Flaschenetikett ergebenden Pfandbetrag
zu erstatten. |