Zuwendungen an Stiftungen als
pflichtteilsbeeinträchtigende Schenkungen - Abgrenzung von Schenkung und
Treuhand, Ergänzungsanspruch gegen den Beschenkten (§§ 2325, 2329, 818 BGB);
bereicherungsrechtlicher Vermögensvorteil bei Schaffung einer "res sacra"
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 249/02
Fundstelle:
NJW 2004, 1382
BGHZ 157, 178
s. dazu auch die Anm. zu BGH v. 14.2.2007 -
IV ZR 258/05
Amtl. Leitsatz:
Endgültige unentgeltliche Zuwendungen an Stiftungen (hier: Stiftung Dresdner
Frauenkirche) in Form von Zustiftungen oder freien oder gebundenen Spenden
sind pflichtteilsergänzungspflichtige Schenkungen i.S. der §§ 2325, 2329
BGB.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt als Alleinerbin ihres 1998 verstorbenen Vaters
Pflichtteilsergänzung gemäß § 2329 Abs. 1 BGB.
Die Beklagte ist eine 1994 errichtete rechtsfähige Stiftung bürgerlichen
Rechts. In ihrer Satzung ist unter anderem folgendes festgelegt:
Stifter sind die Evangelisch-Lutherische Kirche Sachsens, der Freistaat
Sachsen und die Stadt Dresden (§ 1). Stiftungszweck ist der Wiederaufbau und
spätere Erhalt der Dresdner Frauenkirche als kulturelles Denkmal, Stätte
gottesdienstlicher Nutzung sowie Veranstaltungsort von Symposien, Vorträgen,
Konzerten und Ausstellungen (§ 2). Das Stiftungsvermögen besteht aus dem von
der Landeskirche übertragenen 99jährigen Erbbaurecht an der Frauenkirche
Dresden, einem von den Stiftern eingebrachten Stiftungskapital und Spenden
und sonstigen Zuwendungen, soweit sie zur Bildung von Stiftungskapital
bestimmt werden (§ 3). Bei der Vermögensverwaltung ist der Bestand des
Stiftungsvermögens ungeschmälert zu erhalten und getrennt von anderen
Vermögen zu halten; Spenden und sonstige Zuwendungen können, wenn vom
Geldgeber nichts anderes bestimmt ist, im Rahmen der steuerlich zulässigen
Grenzen dem Stiftungskapital zugeführt werden (§ 4). Ihre Aufgaben erfüllt
die Beklagte aus Erträgen des Stiftungskapitals, dem Stiftungskapital selbst
und Spenden und sonstigen Zuwendungen, soweit sie nicht dem Stiftungskapital
zugeführt werden (§ 5).
Der Erblasser wandte der Beklagten im Rahmen der sogenannten Aktion
Stifterbrief im April 1995 4,44 Mio. DM zu, wofür ihm ideell die Turmspitze
des Treppenhauses A zugeordnet und ein Stifterbrief ausgestellt wurde, und
im Mai 1997 weitere 260.000 DM. Außerdem setzte er ihr ein Vermächtnis von
300.000 DM aus, das nach seinem Tod ausgezahlt wurde.
Die Klägerin gibt den ihr hinterlassenen Nachlaß einschließlich erhaltener
Schenkungen mit 1.309.522,57 DM an. Aus dem daraus zusammen mit den der
Beklagten zugeflossenen Beträgen ermittelten Gesamtnachlaß von 6.309.522,57
DM beziffert sie ihren Pflichtteil mit 3.154.761,29 DM.
Landgericht und Berufungsgericht haben ihre Klage auf Pflichtteilsergänzung
in Höhe von 1.845.238,72 DM abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die
Klägerin ihr Klagebegehren - aus Kostengründen beschränkt auf 750.000 -
weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg und führt zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Nach dem Berufungsurteil (abgedruckt in NJW 2002, 3181 ff. = ZEV 2002,
415 f. = FamRZ 2003, 62 ff., mit Anm. Rawert, NJW 2002, 3151 ff. und
Muscheler, ZEV 2002, 417 f.) scheitert ein Anspruch der Klägerin an der
fehlenden Passivlegitimation der Beklagten. Der Erblasser habe ihr kein
Geschenk im Sinne von § 2329 Abs. 1 BGB gemacht, da sie durch seine
Zuwendung nicht in ihrem Vermögen bereichert worden sei. Sie habe lediglich
treuhänderisches Vermögen erhalten mit der Zweckbestimmung, dieses
unmittelbar zur Förderung des Stiftungszweckes - den Wiederaufbau der Kirche
- zu verwenden. Das führe - wie bereits das Reichsgericht im Falle von
Spenden an Anstalten oder Vereinigungen zur Verwendung ideeller Zwecke
erkannt habe (RGZ 62, 386 ff.) - als Durchgangseigentum nicht zu einer
beständigen Bereicherung des Sammlungsträgers. Die von der herrschenden
Meinung im Anschluß an RGZ 71, 140 ff. angenommene Bereicherung, wenn es
sich bei dem Spendenempfänger um eine juristische Person handele, überzeuge
bereits vom Ansatz her nicht. Die Frage einer Bereicherung entscheide sich
nicht an der Rechtspersönlichkeit des Empfängers, sondern an den
Auswirkungen der Zuwendung auf sein Vermögen.
Eine Bereicherung des Sammlungsträgers komme bei treuhänderischem
Sammelvermögen nur in Betracht, wenn die Zweckbestimmung der Spende in dem
Sinne nicht stark genug ausgeprägt sei, daß entweder der Sammlungszweck
nicht hinreichend konkretisiert sei oder eine untrennbare Vermischung
zwischen zweckgebundenem und nicht zweckgebundenem Vermögen stattgefunden
habe. Beides sei hier nicht der Fall. Satzungsgemäß sei der Sammlungszweck
vor der ersten Spende des Erblassers über den Stiftungszweck genau genug
festgelegt und die Trennung zwischen Stiftungsvermögen und an Spenden
zufließenden Stiftungsmitteln erreicht worden. Dementsprechend sei die
Beklagte bei der Sammlung und Mittelverwendung verfahren. Sie sei auch nicht
mittelbar über eine Wertsteigerung ihres Erbbaurechts nach Baufortschritt
beständig bereichert; ein solcher Vermögenszuwachs sei als Ertrag des
Stiftungsvermögens zu betrachten, der lediglich in mittelbarer Form - etwa
über Einnahmen aus Konzerten in den neu geschaffenen Räumlichkeiten -
zugleich wieder der Beklagten und damit dem Stiftungszweck zugute kommen
könnte.
Die Klägerin habe auch nicht entsprechend ihrem Hilfsvorbringen den
Treuhandauftrag ihres Vaters widerrufen können, da der Erblasser nach den
besonderen Umständen des Treuhandauftrages auf das Widerrufsrecht auch mit
Wirkung für seine Erbin verzichtet habe.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Der Erblasser hat der Beklagten 4,7 Mio. DM geschenkt.
1. Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß §§ 2325, 2329 Abs. 1 BGB setzen
voraus, daß der Erblasser dem in Anspruch genommenen Dritten eine Schenkung
im Sinne von § 516 BGB gemacht hat, d.h., eine Zuwendung, die den Empfänger
aus dem Vermögen des Gebers bereichert und bei der beide Teile darüber einig
sind, daß sie unentgeltlich erfolgt (allgemeine Ansicht vgl. nur BGHZ 59,
132, 135; so bereits auch Planck/Greiff, BGB 4. Aufl. [1930] § 2325 Anm.
2a). Im Ansatz zutreffend sieht das Berufungsgericht, daß hier eine
ergänzungspflichtige Schenkung nur angenommen werden kann, wenn der über die
gestifteten
Geldbeträge in Höhe von 4,7 Mio. DM ohne wirtschaftlichen Gegenwert erfolgte
Vermögensabfluß beim Erblasser zu einer materiell-rechtlichen, dauerhaften
und nicht nur vorübergehenden oder formalen Vermögensmehrung der Beklagten
geführt hat (vgl. nur MünchKomm/Kollhosser, BGB 3. Aufl. § 516 Rdn. 6, 8;
Soergel/Mühl/Teichmann, BGB 12. Aufl. § 516 Rdn. 8). Rechtsfehlerhaft nimmt
das Berufungsgericht jedoch an, daß der Erblasser nur Durchgangsvermögen
zugewandt habe, welches die Beklagte wirtschaftlich nicht habe bereichern
können.
2. Bereits der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts trifft nicht zu, der
Erblasser habe mit den gestifteten Beträgen treuhänderisch gebundenes
Vermögen übertragen wollen.
Treuhandverhältnisse sind dadurch gekennzeichnet, daß die dem Treuhänder
nach außen eingeräumte Rechtsmacht im Innenverhältnis zum Treugeber durch
eine schuldrechtliche Treuhandabrede beschränkt ist (vgl. Palandt/Heinrichs,
BGB 63. Aufl. Überblick vor § 104 Rdn. 25; Palandt/Bassenge, aaO § 903 Rdn.
33). In Fällen sogenannter fiduziarischer Treuhand verliert der Treugeber
mit der Vollrechtsübertragung zwar seine Verfügungsmacht, der Treuhänder
bleibt aber schuldrechtlich gebunden, das Eigentumsrecht nur nach Maßgabe
der Treuhandvereinbarung auszuüben, und ist nach Erledigung des
Treuhandzweckes zur Rückübereignung des Treuguts verpflichtet (vgl. BGHZ
124, 298, 303; 11, 37, 43; RGZ 153, 366, 369).
Daß der Erblasser sich bei seinen Geldzuwendungen in diesem Sinne eine
Rechtsmacht im Verhältnis zur Empfängerin vorbehalten hat, ist weder
festgestellt noch sonst ersichtlich. Zwar war die Beklagte gehalten, die
Gelder zu Stiftungszwecken - zusätzlich konkretisiert durch den Inhalt des
Stifterbriefes - zu verwenden. Das verlieh dem Erblasser aber keine
weitergehenden Rechte im Sinne eines Treuhandverhältnisses. Die für
Treuhandverhältnisse typischen Merkmale – wirtschaftliches Eigentum des
Treugebers am Treuhandvermögen, das jedenfalls aus wichtigem Grund stets
gegebene Kündigungsrecht des Treugebers (§ 671 Abs. 3 BGB), die Möglichkeit
des Vermögensrückfalls bei Insolvenz des Treugebers (§§ 115, 80 InsO i.V.
mit § 667 BGB) - treffen auf Spenden der vorliegenden Art gerade nicht zu
(vgl. Rawert, aaO 3152)
3. a) Gegen eine Schenkung und für ein Auftragsverhältnis gegebenenfalls
mit treuhänderischem Einschlag spräche allerdings eine Zuwendung von
Vermögen allein zu dem Zweck, es zugunsten anderer zu verwenden. Wer so
bedacht wird, wird nicht beschenkt, sondern beauftragt (Reuter, Die
unselbständige Stiftung, in: von Campenhausen/Kronke/Werner [Hrsg.],
Stiftungen in Deutschland und Europa S. 203, 220).
Nach den festgestellten Umständen kommt jedoch bereits eine bloße
Beauftragung nicht in Betracht, bei der die Beklagte als Empfängerin der
Geldzuwendungen nur als Mittels- und Durchgangsperson anzusehen wäre, die
diese nur vorübergehend für den eigentlichen Bedachten verwahrt und ihm nach
Schluß der Sammlung aushändigt (vgl. RGZ 71, 140, 144). Die Beklagte
verwandte die Mittel nach dem Willen des Geldgebers ausschließlich für sich
selbst, so wie es in ihrer Satzung festgelegt ist (vgl. RGZ 70, 15, 17 f.:
Ausstattung eines Vereins mit Vermögen zu dem von der Satzung bestimmten
Zweck).
b) Eine schenkungsrechtliche Bereicherung ist ferner immer dann
anzunehmen, wenn die Vermögensübertragung endgültig sein soll, d.h. selbst
dann Bestand hat, wenn die Erfüllung des Stiftungszweckes unmöglich wird.
Dagegen ist ein Treuhandverhältnis bei stiftungszweckgebundenen
Vermögenszuwendungen anstelle etwa einer Schenkung unter Auflage nur in
Betracht zu ziehen, wenn das Treugut am Ende des Auftrages nicht beim
Beauftragten verbleibt, sondern an den Auftraggeber oder an Dritte
herauszugeben ist (Reuter, aaO).
Es besteht kein Anhalt, daß die Geldzuwendungen des Erblassers nicht im
Sinne eines endgültigen Vermögenstransfers erfolgen sollten. Eine Rückgabe-
bzw. Weitergabeverpflichtung scheidet aus. Der Beklagten sollten die Beträge
in jedem Fall verbleiben, sei es um ihre Wiederaufbaumittel zu verstärken
oder sei es nach entsprechender Verwendung über die fortgeschrittene
Restaurierung der Kirche. Der Heimfall an den Grundstückseigentümer nach
Ablauf des Erbbaurechts betrifft die Unumkehrbarkeit der
Vermögensübertragung nicht. Gerade der endgültige Ausschluß von
Rückgabepflichten stützt die Annahme einer Schenkung; mit einer bloß
treuhänderischen Zuwendung im Rahmen eines Auftragsverhältnisses ist das
nicht zu vereinbaren. Auch bei Zuwendungen mit festgelegtem Spendenzweck
will sich der Zuwendende seines Vermögens endgültig entäußern (Rawert, aaO).
Das Berufungsgericht geht insoweit ebenfalls von einer abschließenden
Vermögensübertragung aus, als es für das von ihm zugrunde gelegte
Auftragsverhältnis nach den gegebenen Spendenumständen annimmt, der
Erblasser habe auf das ihm aus § 671 Abs. 1 BGB grundsätzlich zustehende
Widerrufsrecht konkludent verzichtet. Ob ein solcher Verzicht hier möglich
war, kann offenbleiben (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1971 - VII ZR 310/69 -
WM 1971, 956). Der Geberseite sollten auch danach keine Befugnisse
verbleiben, um die vollzogenen Geldzuwendungen anschließend noch
beeinflussen zu können. Für die Annahme von Treuhandabsprachen, die einer
unumkehrbaren Vermögensübertragung entgegenstehen könnte, gibt es insgesamt
keine Grundlage. Endgültige unentgeltliche Zuwendungen der vorliegenden Art
an bereits existierende Stiftungen - sei es als stiftungskapitalerhöhende
Zustiftungen, sei es als zum zeitnahen Einsatz für die Stiftungszwecke
gedachte freie oder gebundene Spenden - werden daher zu Recht dem
Schenkungsrecht, bei gebundenen Spenden unter entsprechender
Bindungsauflage, unterworfen (LG Baden-Baden ZEV 1999, 152; Rawert, ZEV
1996, 161, 163; Muscheler, aaO 417). Einer genauen Festlegung der hier vom
Erblasser gewählten Zuwendungsart (Spende oder Zustiftung) bedarf es für die
geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht.
4. Eine Bereicherung der Beklagten läßt sich auch nicht mit Blick auf die
vom Berufungsgericht herangezogene reichsgerichtliche Rechtsprechung zur
Behandlung von Spenden für gemeinnützige Zwecke, gleichviel ob sie an
juristische oder natürliche Personen erfolgen, in Zweifel ziehen.
Bereits in einer früheren Entscheidung hat das Reichsgericht in allen
Fällen, in denen der Erblasser einen Teil seines Vermögens schon bei
Lebzeiten zu Stiftungszwecken an physische oder juristische Personen hergab,
die Vorschriften der §§ 2325 ff. BGB angewendet und nur eine entsprechende
Anwendung auf die Dotierung einer Stiftung näher begründet (RGZ 54, 399
ff.). Die vielfach unterschiedlich verstandene Entscheidung RGZ 62, 386 ff.
(vgl. nur Reuter, aaO und MünchKomm/Kollhosser, aaO Rdn. 8 einerseits sowie
Staudinger/Cremer, BGB [1995] § 516 Rdn. 22, 23 andererseits) steht dazu
nicht in Widerspruch. Auch darin wird für "die Bereicherung des Beschenkten
eine endgültige, materielle, nicht bloß eine formale" gefordert (aaO 390)
und fiduziarisches Eigentum angenommen, "wo der Eigentümer obligatorisch
verpflichtet ist, es nur in bestimmter Richtung zu gebrauchen, es, nachdem
der Zweck der fiduziarischen Übertragung erreicht ist, wieder zurück- oder
an einen Dritten herauszugeben" (aaO 391). Letzteres hatte das Reichsgericht
allerdings nach den Feststellungen des dortigen Berufungsgerichts bei einem
vom Empfänger mit Spendenmitteln auf fremden (städtischen) Grund und Boden
errichteten Gebäude (Kolumbarium) gebilligt. Die weitere Rechtsprechung des
Reichsgerichts bestätigt im Grundsatz, daß Zuwendungen zur Erreichung
bestimmter Zwecke als Schenkungen behandelt werden, sofern sie nicht der
Empfänger als bloße Durchgangs- oder Mittelsperson in vollem Umfang an
Dritte weitergeben muß (vgl. RGZ 70, 15 ff.; 71, 140 ff.; 105, 305 ff.; 112,
210 ff.).
5. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus der vom Berufungsgericht
herausgestellten Trennung von Stiftungsvermögen der Beklagten und den ihr
zufließenden Stiftungsmitteln einerseits und aus der satzungsgemäßen
Verwendung der Zuwendungen andererseits.
a) Richtig ist zwar, daß gemäß § 3c der Satzung Spenden und sonstige
Zuwendungen zum Stiftungsvermögen gehören, soweit sie zur Bildung von
Stiftungskapital bestimmt werden, was hier nach der Zweckbestimmung durch
den Geldgeber - Wiederaufbau einer Turmspitze - gemäß § 4 Abs. 5b nicht in
Betracht kam. Das Berufungsgericht übersieht indes, daß die Geldbeträge mit
ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung dem gemäß § 3a der Satzung zum
Stiftungsvermögen gehörenden Erbbaurecht untrennbar zugeflossen sind.
b) Fehl geht die Überlegung, mit der das Berufungsgericht einen die Beklagte
bereichernden Vermögenszuwachs durch den jeweiligen Baufortschritt auf bloß
mittelbare durch mit den geschaffenen Räumlichkeiten noch zu
erwirtschaftende Einnahmen reduziert wissen will. Die Frauenkirche ist über
das Erbbaurecht an dem Grundstück der bedeutendste Teil des
Stiftungsvermögens. Die bestimmungsgemäße Investition in das Kirchengebäude
ist daher nichts anderes als die Verwendung von Spenden und sonstigen
Zuwendungen für diesen aus einem Sachwert bestehenden wichtigsten Teil des
Vermögens. Eine solche Verwendung kann die entsprechende Bereicherung des
Zuwendungsempfängers nicht in Frage stellen (vgl. Muscheler aaO 417; Soergel/Mühl/Teichmann
aaO). Denn dies bedeutet nicht lediglich einen für fiduziarisches Vermögen
sprechenden Durchgangserwerb der Beklagten, sondern eine Verwendung für
eigene ihr Vermögen mehrende Zwecke. Das unterliegt nach allgemeiner Ansicht
dem Schenkungsrecht; die Eigenschaft des Empfängers als juristische Person
ist unter diesem Gesichtspunkt dafür allerdings ohne entscheidende Bedeutung
(vgl. Bamberger/Roth/Gehrlein, BGB 2003 § 516 Rdn. 5; MünchKomm/Kollhosser,
aaO; Staudinger/Cremer, aaO). Die Betrachtungsweise des Berufungsgerichts
hätte zudem - worauf Muscheler zutreffend hinweist (aaO 418) - die so nicht
aufzulösende Ungereimtheit zur Folge, daß in Fällen unwirksamer Zuwendung
eine Kondiktion des Geldgebers ausscheiden müßte, weil der Empfänger nicht
bereichert und ein Drittbereicherter nicht vorhanden ist.
c) Einer Bereicherung der Beklagten kann auch nicht - wie die
Revisionserwiderung meint - entgegengehalten werden, daß es sich bei der
Frauenkirche nach kirchenrechtlicher Widmung um eine sogenannte "res sacra"
handelt, die zwar in privatrechtlichem Eigentum steht, aufgrund ihrer
Widmung zu Zwecken des Kultus aber in ihrer Verkehrsfähigkeit als
öffentliche Sache beschränkt sei. Bei gebotener wirtschaftlicher
Betrachtungsweise kommt der mit den aus Spendenmitteln finanzierten
Wiederaufbaumaßnahmen eingetretenen Werterhöhung, die auch die
Revisionserwiderung einräumt, nicht bloß "theoretische Bedeutung" zu.
Anerkannt ist zum einen, daß eine Bereicherung, also die Erlangung eines
Vermögensvorteils, nicht dadurch ausgeschlossen ist, daß das Erlangte nicht
hauptsächlich für einen wirtschaftlichen Zweck, sondern kirchlichen
Bedürfnissen dienstbar gemacht werden soll (RGZ 71, 140, 142:
Mittelverwendung für ein Gotteshaus mit dazugehöriger Pfarrwohnung). Zum
anderen läßt eine mit kirchenrechtlicher Widmung verbundene Beschränkung der
Verkehrsfähigkeit den für die Bereicherung maßgeblichen Wertzuwachs nicht
entfallen. Der wirtschaftliche Wert hängt nicht von der aktuellen freien
Verfügbarkeit für die Beklagte als privatrechtliche Erbbauberechtigte ab.
Vielmehr bleibt die Bereicherung in Gestalt der mit den Spendenmitteln
errichteten Bausubstanz erhalten, auch wenn der Beklagten die Umsetzung des
Kirchenbauwerks in Geld insgesamt oder in Teilen, im jetzigen Bauzustand
oder nach Vollendung des Bauwerks so nicht möglich ist. Durch die Widmung
zur "res sacra" verliert ein Gebäude nicht seinen meßbaren wirtschaftlichen
Wert. Damit ist auch dem Einwand der Revisionserwiderung aus § 818 Abs. 3
BGB die Grundlage entzogen, mit Bezahlung der Baumaßnahmen sei die Beklagte
nicht mehr bereichert, weil eine Kirche keinen Verkehrswert besitze.
6. Schließlich ist die vom Berufungsgericht vorgenommene rechtliche
Einordnung derartiger unentgeltlicher Zuwendungen nicht mit dem Zweck der
Pflichtteilsergänzungsbestimmungen zu vereinbaren. Diese sollen eine
Aushöhlung des Pflichtteilsrechts durch lebzeitige Rechtsgeschäfte des
Erblassers verhindern. Ohne den Schutz der §§ 2325, 2329 BGB liefe das
Pflichtteilsrecht Gefahr, seine materielle Bedeutung weitgehend zu
verlieren, da der Erblasser es über lebzeitige Schenkungen in der Hand
hätte, Nachlaß und Pflichtteilsansprüche zu schwächen (vgl. statt aller
Staudinger/Olshausen aaO Vorbem. zu §§ 2325 ff. Rdn. 5 ff. m.w.N.).
Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß der Senat Tendenzen zur
Verschiebung der Grenzen, die das Pflichtteilsrecht zum Schutz von Ehe und
Familie der Testierfreiheit setzt, immer wieder entgegengetreten ist (BGHZ
116, 167, 174 f.). Die Verfolgung gemeinnütziger ideeller Zwecke kann eine
solche Verschiebung nicht rechtfertigen, wie die Revisionserwiderung meint.
Aus der Sicht des Pflichtteilsberechtigten ist der Erfolg einer Schenkung
und einer Spende zu Stiftungszwecken wirtschaftlich gleich (Rawert, NJW
2002, 3151, 3153; vgl. dazu auch Mugdan, Materialien zum BGB V. Band S.
7633). Es ist im Ergebnis nichts anderes als der Versuch, auf diese Weise
einen erheblichen Teil des Nachlaßvermögens zum Nachteil des
Pflichtteilsberechtigten an einen anderen weiterzuleiten. Daß im Einzelfall
die Motive durchaus anerkennenswert sein mögen und die als gemeinnützig
gedachte Vermögensverschiebung im allgemeinen Interesse liegen kann, ist für
die damit einhergehende Pflichtteilsverkürzung ohne Belang. Solche Eingriffe
in das Pflichtteilsrecht, so sie denn rechtspolitisch wünschenswert
erscheinen, sind dem Gesetzgeber vorbehalten.
Auch über die Rechtsfigur der "res sacra" ist das nicht zu erreichen.
Dadurch würde allenfalls der Kreis der Zuwendungsempfänger eingeschränkt.
Die Gefahren für eine nachhaltige Aushöhlung des gesetzlich festgelegten
Pflichtteilsrechts blieben dieselben. Drittschützende Normen, die wie die §§
2325, 2329 BGB Schenkung voraussetzen, könnten auf diese Weise umgangen
werden, der Schutz des Pflichtteilsberechtigten ginge verloren.
III. Die Geldzuwendungen des Erblassers sind nach alledem
pflichtteilsergänzungspflichtige Schenkungen. Die Sache ist daher an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die - aus seiner Sicht
folgerichtig - unterbliebenen Feststellungen zu der Aktivlegitimation der
Klägerin und dem Nachlaßwert nachholen kann.
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