Verschulden bei
Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo): Haftungsvoraussetzungen (§§
280 I, 311 II, 241 II BGB) und Haftungsausfüllung, Beweislast; Teilvergütung
bei fristloser Kündigung von Dienstverträgen gem. §§ 627, 628 BGB
BGH, Urteil vom 8. November
2007 - IX ZR 5/06
Fundstelle:
NJW 2008, 1307
BGHZ 174, 186
Amtl. Leitsatz:
1. Wird eine
Anwaltssozietät häufig von dem Gegner der Partei, die ihr ein neues Mandat
anträgt, beauftragt, so muss sie auch dann auf diesen Umstand hinweisen,
wenn ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang mit den vom Gegner
erteilten Aufträgen nicht besteht.
2. Ist der Anwalt von Anfang an nicht bereit, den Mandanten auch gerichtlich
gegenüber dem Gegner zu vertreten, so hat er dies ungefragt zu offenbaren.
3. Steht fest, dass der Anwalt seine vorvertragliche Aufklärungspflicht über
Mandatsbeziehungen seiner Sozietät zum Gegner der Partei oder über Grenzen
seiner Vertretungsbereitschaft verletzt hat, so spricht der Beweis des
ersten Anscheins dafür, dass das Mandat nicht erteilt worden wäre, wenn der
Mandant das Auftragsverhältnis alsbald nach entsprechender Kenntnis beendet.
Zentrale Probleme:
Ein sehr lehrreicher Fall zur Haftung aus c.i.c., der
(schon wegen seiner auch praktischen Bedeutung) zu Recht für BGHZ vorgesehen
ist: Ein Anwalt hatte ein Mandat übernommen und dieses später niedergelegt,
weil die Gegenpartei ein "guter Kunde" der eigenen Kanzlei war, die man sich
nicht vergraulen wollte. Die Klägerin verlangt jetzt nicht nur das gezahlte
Honorar zurück (was sich auch aus § 628 I 2 BGB hätte ergeben können),
sondern Schadensersatz in Höhe der durch die Beauftragung eines anderen
Anwalts neu, d.h. jetzt doppelt entstehenden Gebühren. Der Senat leitet
einen solchen Anspruch aus der Verletzung einer vorvertraglichen
Aufklärungspflicht her und hat sich dabei insbesondere mit Kausalitäts- und
Nachweisfragen zu beschäftigen (s. dazu auch die Anm. zu
BGHZ 168, 35, 39 m.w.N.). Im Mittelpunkt steht
dabei die Vermutung aufklärungspflichtigen Verhaltens (BGH NJW 2002, 2703),
die der Senat hier auch auf Hinweispflichten überträgt: Es besteht ein
Beweis des ersten Anscheins, daß sich der Gläubiger bei gehöriger Aufklärung
bzw. korrektem Hinweis "vernünftig" verhalten hätte.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Die Klägerin hatte die beklagten Anwälte im Jahre 2002 mit der Wahrnehmung
ihrer Interessen gegenüber der Bank (fortan: Bank) beauftragt. Einzelheiten
sind zwischen den Parteien streitig. Der für die Klägerin tätige
Rechtsanwalt Dr. F. (fortan: der Beklagte) verlangte und erhielt ein Honorar
von 500 € netto pro Stunde. Im März 2003 stand die Erwirkung einer
einstweiligen Verfügung im Raum. Der Beklagte fertigte einen Entwurf,
erklärte dann aber, er könne nicht vor Gericht für die Klägerin tätig
werden. In einem Schreiben vom 4. April 2003 heißt es dazu wörtlich:
"Ich bedauere sehr, dass wir in diesen Druck geraten sind. Der Unterzeichner
selbst hat zwar gute Kontakte zur Bank, die auch zunächst genutzt werden
konnten, hätte aber keinerlei Probleme gehabt, die Bank als Klagegegner auch
kräftig anzufassen. Aber der Partner, Herr Dr. T. , vertritt ständig die
Bank in hiesigen Oberlandesgerichtsprozessen (II. Instanz) und hat die
unverhohlene Aufforderung seitens der Bank, Rechtsabteilung, erhalten, T.
nicht gegen die Bank vertreten zu dürfen. Das macht übrigens die Bank mit
allen größeren Kanzleien, die sie regelmäßig mit Umsätzen "versorgt". Wir
werden sicher in dieser Frage in der Kanzlei eine auch für die Zukunft
einheitliche Haltung herstellen müssen, die wir aber derzeit, da sich das
Problem noch nicht konkret ergeben hatte, mit Ausnahme bei T. , klären
müssen. Ich habe nicht die Möglichkeit, dem noch relativ jungen Kollegen Dr.
T. praktisch den stärksten Umsatzbringer zu vergraulen, obwohl wir aufgrund
unserer Mittelstandsmission auf Dauer nicht an der Kursentscheidung
vorbeikommen werden."
2 Die Klägerin, die bereits Honorar von insgesamt 22.003,50 € an die
Beklagten gezahlt hatte, kündigte das Mandat. Im vorliegenden Prozess
verlangt sie Schadensersatz in Höhe von insgesamt 47.527,54 €. Dazu hat sie
behauptet, sie hätte das Mandat nicht erteilt, wenn der Beklagte von Anfang
an offengelegt hätte, dass sein Sozius regelmäßig für die Bank tätig sei
oder er die Klägerin vor Gericht nicht vertreten wolle oder könne. Sie, die
Klägerin, hätte dann nicht die überhöhte Vergütung von 500 € netto pro
Stunde zahlen müssen und auch keinen eigenen Aufwand in gleicher Höhe für
die erforderlichen Zuarbeiten und Teilnahme an Besprechungen gehabt. Durch
den Anwaltswechsel seien überdies im nunmehr anhängigen Rechtsstreit der
Bank gegen sie an den Beklagten gezahlte Gebühren nochmals entstanden. Die
beklagten Anwälte haben behauptet, zunächst sei nicht absehbar gewesen, dass
es zu einem Rechtsstreit kommen werde. Sie seien bereit gewesen, auch
gerichtlich für die Klägerin tätig zu werden. Nachdem sich der
Geschäftsführer der Klägerin jedoch unmittelbar an die Bank gewandt und
deren Mitarbeiter grob beleidigt habe, hätten sie einen Vorwand gesucht, das
Mandat - das mehrere Angelegenheiten umfasst habe - zu beenden.
3 Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat
zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Ein Anspruch auf Rückzahlung der
Vergütung folge nicht aus § 628 Abs. 2 BGB, weil die Klägerin keinen
Ver-frühungsschaden geltend mache. In Betracht komme vielmehr ein Anspruch
aus § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 346 BGB oder aus § 812 Abs.
1 Satz 2 Fall 1 BGB. Da es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch
handele, werde ein eventueller Anspruch aus vorvertraglicher
Pflichtverletzung nicht verdrängt.
6 Der Beklagte habe jedoch keine Pflichtverletzung begangen. Er sei nicht
verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass sein Sozius die Bank
regelmäßig vor dem zuständigen Oberlandesgericht vertrete. Dafür, dass ihm
die gemäß § 43a Abs. 1 BRAO erforderliche Unabhängigkeit gefehlt habe, gebe
es keine Anhaltspunkte. Er sei auch nicht wegen widerstreitender Interessen
gemäß § 43a Abs. 4 BRAO, § 356 StGB an der Übernahme des Mandats gehindert
oder zu einem Hinweis verpflichtet gewesen; denn der Sozius des Beklagten
sei nicht für die Bank gegen die Klägerin tätig geworden.
7 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch der
Klägerin gegen die Beklagten aus § 311 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB (culpa in
contrahendo) nicht verneint werden.
8 a) Der Beklagte hätte die Klägerin vor Annahme des Mandats darauf
hinweisen müssen, dass sein Sozius regelmäßig für die Bank tätig war.
9 aa) Durch die Annahme des Mandats hat der Beklagte nicht gegen das Verbot
verstoßen, widerstreitende Interessen zu vertreten (§ 43a BRAO). Dieses
Verbot, auf dessen Einhaltung der Mandant grundsätzlich nicht verzichten
kann (BVerfG NJW 2003, 2520, 2521), betrifft nur die Vertretung in derselben
Rechtssache (vgl. auch § 3 Abs. 1 BORA). Darum ging es hier nicht.
10 bb) Eine Offenbarungspflicht hat der Bundesgerichtshof weiter für den
Fall angenommen, dass der Rechtsanwalt während des Mandatsverhältnisses in
einer anderen Sache einen Dritten gegen den Mandanten vertrat, weil der
Mandant in der Regel darauf vertraute, dass der von ihm beauftragte Anwalt
nur seine Interessen und nicht auch gleichzeitig die Interessen Dritter
gegen ihn wahrnehme (BGH, Urt. v. 7. Juni 1984 - III ZR 37/83, NJW 1985,
41). So lag der Fall hier ebenfalls nicht. Der Sozius des Beklagten war
nicht für Dritte gegen die Klägerin tätig. Die Rechtssachen, in denen er die
Bank vertrat, hatten mit der Klägerin nichts zu tun. Gegenteiliges hat die
Klägerin jedenfalls nicht vorgetragen.
11 cc) Über die bisher entschiedene Fallgestaltung hinaus hat ein
Rechtsanwalt jedoch auch offenzulegen, dass er oder ein anderes Mitglied
seiner So-zietät den Gegner der Person, welche ihm ein neues Mandat anträgt,
häufig in Rechtsangelegenheiten vertritt, und zwar unabhängig davon, ob ein
tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang zu dem neuen Mandat besteht.
12 (1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter
in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO). Als unabhängiges Organ der
Rechtspflege hat er die Aufgabe, sich um sachgerechte Konfliktlösungen zu
bemühen, vor Gericht zu Gunsten seines Mandanten den Kampf um das Recht zu
führen und diesen möglichst vor Fehlentscheidungen zu seinen Lasten zu
bewahren. Die Wahrnehmung anwaltlicher Aufgaben setzt den unabhängigen,
verschwiegenen und nur den Interessen des eigenen Mandanten verpflichteten
Rechtsanwalt voraus (BVerfG NJW 2003, 2520, 2521). Davon geht jeder
Rechtssuchende aus, der einem Rechtsanwalt die Schließung eines
Anwaltsvertrages anträgt. Nimmt der Anwalt das Mandat an, erklärt er aus
verobjektivierter Sicht des Mandanten, auf die es ankommt (§§ 133, 157 BGB),
diesen Anforderungen gerecht werden zu wollen, also seine Bereitschaft,
fortan die Interessen des Mandanten ohne Rücksicht auf die gegenläufigen
Interessen der anderen Seite umfassend zu vertreten.
13 (2) Wird ein Anwalt oder dessen Sozius häufig für eine bestimmte Partei
tätig, kann aus der Sicht anderer Mandanten fraglich sein, ob die
entgegengesetzten eigenen Interessen mit gleichem Nachdruck vertreten werden
wie gegenüber einem dem Anwalt völlig gleichgültigen Gegner. Häufige
Aufträge derselben Partei können zu wirtschaftlicher Abhängigkeit oder zu
einer besonderen Identifizierung mit deren Angelegenheiten führen und die
Fähigkeit des Anwalts, sich in der gebotenen umfassenden, nur den Interessen
des Auftraggebers verpflichteten Art und Weise für einen Gegner der Partei
einzusetzen, beeinträchtigen. Ob der Anwalt selbst sich in der Lage sieht,
die ihm aus einem Anwaltsvertrag obliegenden Pflichten trotz der
Mandatsbeziehungen zum Gegner uneingeschränkt zu erfüllen, ist dabei nicht
von ausschlaggebender Bedeutung. Sieht er Schwierigkeiten, wird er die
Übernahme des Mandats ablehnen. Aber auch wenn er sich die Übernahme des
Mandats zutraut, muss er die Tatsache der häufigen Mandate des Gegners
offenlegen. Bei Verhandlungen über den Abschluss eines Vertrages besteht
regelmäßig die Verpflichtung, den anderen Teil über Umstände aufzuklären,
die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sein können (BGHZ 71,
386, 396). Häufiges Tätigwerden für den Gegner ist aus den genannten Gründen
ein derartiger Umstand. Der Anwalt kann den Hinweis mit der Erklärung
verbinden, dass die Aufträge des Gegners keinen Einfluss auf ihn hätten und
der sachgerechten Bearbeitung des Mandates nicht im Wege stünden, wenn er
sich dessen sicher ist. Der Mandant kann sich dieser Einschätzung
anschließen und den Auftrag erteilen. Er muss jedoch in die Lage versetzt
werden, die Entscheidung, ob er einen häufig für den Gegner tätigen Anwalt
mandatieren will, eigenverantwortlich und rechtzeitig zu treffen. Da er in
aller Regel nicht wissen wird, welche anderweitigen Mandate der Anwalt hat,
muss dieser die erforderlichen Hinweise auch ungefragt geben.
14 b) War der Beklagte - wie die Klägerin behauptet - aus Rücksicht
gegenüber der Bank von vornherein nicht bereit, die Klägerin
erforderlichenfalls auch vor Gericht zu vertreten, musste er dies vor
Annahme des Mandats erst recht offenbaren. Ein uneingeschränktes Mandat
umfasst regelmäßig auch die Vertretung vor Gericht. Der Mandant kann
regelmäßig davon ausgehen, dass der Anwalt, der ihn berät und
außergerichtlich vertritt, auch eine Klage oder eine Klageerwiderung für ihn
fertigt, einreicht und in der mündlichen Verhandlung für ihn auftritt. Ein
Rechtsanwalt, der ein ihm angebotenes Mandat nur eingeschränkt übernehmen
kann (§ 78 ZPO) oder will, muss deshalb seine Vorbehalte offen legen, damit
der Mandant entscheiden kann, ob er den Auftrag selbst unter diesen
Voraussetzungen erteilen will. Grund der Hinweispflicht ist auch in diesem
Zusammenhang die Abweichung des Vertragsinhalts vom Leitbild des den
Interessen des Mandanten unabhängig von denjenigen des Gegners
verpflichteten Rechtsanwalts. Hinzu kommen noch die gebührenrechtlichen
Folgen eines eingeschränkten Mandats, die zusätzliche Kosten für den
Mandanten bedeuten und deshalb ebenfalls eine Hinweispflicht begründen: Bei
einem Anwaltswechsel entfällt die Möglichkeit der Anrechnung nach § 118 Abs.
2 BRAGO (jetzt: KV RVG Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4); bleibt der bisherige Anwalt
Korrespondenzanwalt und wird zusätzlich ein Prozessanwalt beauftragt,
entsteht zusätzlich die Gebühr nach § 52 BRAGO (jetzt: KV RVG Nr. 3400).
Diese Mehrkosten muss der Mandant in seine Entscheidung, diesen oder einen
anderen Rechtsanwalt zu beauftragen, einbeziehen können.
III.
15 Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als
richtig (§ 561 ZPO). Insbesondere kann der Klägerin durch die
Pflichtverletzung des Beklagten ein von den beklagten Anwälten zu
ersetzender Schaden entstanden sein.
16 1. Der Geschädigte einer schuldhaften Pflichtverletzung bei
Vertragsverhandlungen hat Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens (§ 280
Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB). Er ist so zu stellen, wie er bei Offenbarung der
für seinen Vertragsschluss maßgeblichen Umstände gestanden hätte (BGHZ
168, 35, 39).
17 2. Die Klägerin hat behauptet, sie hätte dem Beklagten das Mandat nicht
erteilt, wenn sie gewusst hätte, dass er sie in etwaigen
Rechtsstreitigkeiten mit der Bank nicht vertreten würde, so dass die
Einschaltung eines anderen oder eines weiteren Rechtsanwalts erforderlich
werden würde. Dann hätte sie die abgerechneten Stundenhonorare nicht
bezahlen müssen; wenn - wie die Klägerin ebenfalls behauptet hat - die
Beratung sich auf denselben Gegenstand bezog wie der Prozess, welchen die
Bank gegen sie angestrengt hat, wären die anfallenden gesetzlichen
Beratungsgebühren auf die Prozessgebühr angerechnet worden. Der objektive
Wert der Beratungen des Beklagten kann dann nicht in die Schadensberechnung
eingestellt werden, wenn sie von dem neu zu beauftragenden Rechtsanwalt
nochmals erbracht werden und von der Klägerin bezahlt werden mussten. Sie
sind dann für den Auftraggeber wertlos geworden. Der Senat hat bereits
entschieden, dass der Rechtsanwalt nach einer durch sein vertragswidriges
Verhalten veranlassten Kündigung seinen Vergütungsanspruch für bereits
erbrachte Beratungsleistungen verliert, wenn ein neuer Anwalt bestellt
werden muss, für den die gleichen Gebühren nochmals entstehen (BGH, Urt. v.
30. März 1995 - IX ZR 182/94, NJW 1995, 1954; v. 17. Oktober 1996 - IX ZR
37/96, NJW 1997, 188, 189). Gleiches gilt im Rahmen eines
Schadensersatzanspruchs nach § 311 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB. Den Betrag, um
den das zwischen den Parteien ausgehandelte Honorar die gesetzlichen
Gebühren übersteigt, können die beklagten Anwälte erst recht nicht
verlangen. Die Gebührenvereinbarung ist darauf zurückzuführen, dass der
Beklagte und nicht irgendein anderer Anwalt mandatiert worden ist. Die
Entscheidung, den Beklagten zu beauftragen, beruht nach dem
revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vorbringen der Klägerin gerade auf
dessen Pflichtverletzung.
IV.
18 Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der
Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Für die erneute
Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgende rechtlichen
Gesichtspunkte hin:
19 1. Darlegungs- und beweispflichtig für die vorvertragliche
Pflichtverletzung und für die haftungsbegründende Kausalität, also das
Entstehen eines durch die Pflichtverletzung herbeigeführten
Vermögensnachteils ist, die Klägerin. Gleiches gilt für die
haftungsausfüllende Kausalität. Die Klägerin hat darzulegen und zu beweisen,
dass sie bei vollständiger und rechtzeitiger Aufklärung über die
regelmäßigen Mandate der Bank den streitigen Anwaltsauftrag nicht erteilt
hätte. Neben der Beweiserleichterung des § 287 ZPO kann der Beweis auch
durch die Regeln des Beweises des ersten Anscheins erleichtert werden, etwa
dann, wenn nach der Lebenserfahrung nur eine bestimmte Entscheidung des
Mandanten in Betracht gekommen wäre. Die Regeln, die der Senat für
Beratungspflichtverletzungen entwickelt hat (vgl. grundlegend BGHZ 123,
311), gelten auch für die Verletzung vorvertraglicher Hinweispflichten.
Im vorliegenden Fall könnte das Verhalten der Klägerin nach Erhalt des
Schreibens vom 3. April 2003 Rückschlüsse auf ihr Verhalten im Falle eines
rechtzeitigen Hinweises auf die Mandate der Bank und die fehlende
Bereitschaft der beklagten Anwälte, die Interessen der Klägerin vor Gericht
gegenüber der Bank wahrzunehmen, erlauben. Wenn die Klägerin das Mandat
alsbald nach Erhalt der relevanten Informationen gekündigt hat, spricht der
Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie das Mandat bei vollständiger
Aufklärung gar nicht erst erteilt hätte.
20 2. Den beklagten Anwälten könnte gleichwohl ein nach den gesetzlichen
Gebühren zu berechnender Honoraranspruch verbleiben, wenn ihre Tätigkeit -
wie sie behaupten - auch andere Angelegenheiten betraf als diejenige, in der
später der Rechtsstreit geführt wurde. Unabhängig davon wird die Klägerin
ihre Schadensberechnung überprüfen müssen. Grundsätzlich kann der
Geschädigte einer culpa in contrahendo auch vergebliche Aufwendungen ersetzt
verlangen. Die eigene Arbeitsleistung des Geschädigten und seiner
Angestellten ist allerdings nur dann zu erstatten, wenn ihr ein Geldwert
zukommt und sie bei wertender Betrachtung vom Schadensersatz nicht
auszugrenzen ist (vgl. BGHZ 131, 220, 224 ff). Verwaltungsaufwand in eigenen
Angelegenheiten erfüllt diese Voraussetzung in der Regel nicht.
21 3. Als Grundlage eines Anspruchs der Klägerin auf Rückzahlung des
gezahlten Anwaltshonorars kommt weiter § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB in Betracht,
und zwar auch dann, wenn der Beklagte den Entschluss, die Klägerin nicht
gegenüber der Bank zu vertreten, erst nach Annahme des Mandats gefasst haben
sollte.
22 a) Gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB steht dem Rechtsanwalt ein
Honoraranspruch für erbrachte Leistungen dann nicht zu, wenn er die
Kündigung des Mandats durch vertragswidriges Verhalten veranlasst hat und
seine bis zur Kündigung erbrachten Leistungen infolge der Kündigung für den
Mandanten kein Interesse haben.
23 b) Ein vertragswidriges Verhalten im Sinne von § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB
setzt die schuldhafte Verletzung einer Vertragspflicht voraus (BGH, Urt. v.
30. März 1995, aaO). Hat der Beklagte - wie die Klägerin behauptet und wie
es im eingangs zitierten Schreiben vom 3. April 2003 heißt - die Klägerin
deshalb nicht vor Gericht vertreten, weil die Bank dies von ihm verlangte
und er um den Umsatz der Kanzlei fürchtete, hat er die aus dem
Anwaltsvertrag folgende Verpflichtung verletzt, die Interessen der Klägerin
gegenüber der Bank nach allen Seiten hin, gegebenenfalls auch gerichtlich,
wahrzunehmen. Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächlichen
Voraussetzungen des vertragswidrigen Verhaltens der Gegenseite ist
grundsätzlich der Dienstberechtigte, der sich auf § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB
beruft (BGH, Urt. v. 17. Oktober 1996, aaO). Die Weigerung des Beklagten,
die Klägerin vor Gericht gegen die Bank zu vertreten, steht als solche
allerdings fest. Es kann jetzt nur noch um die Frage gehen, ob der Beklagte
seinerseits aufgrund eines vertragswidrigen Verhaltens Grund zur Kündigung
des Mandats gehabt hätte. Insoweit trifft die beklagten Anwälte eine
sekundäre Darlegungslast.
24 c) Muss der Mandant infolge eines von seinem bisherigen Rechtsanwalt
verschuldeten Anwaltswechsel in der gleichen Angelegenheit nochmals Gebühren
zahlen, sind die bisherigen Beratungsleistungen für ihn regelmäßig nicht
mehr von Interesse (BGH, Urt. v. 30. März 1995, aaO; v. 17. Oktober 1996,
aaO).
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