Rechtsfolgen der Haftung
aus culpa in contrahendo (§§ 280 I, 311 II, 241 II BGB) bei der Verletzung
von Aufklärungspflichten: Kein Kausalitätsnachweis bei "Minderung" durch
c.i.c.; kein Anspruch auf Abschluss/Anpassung eines Vertrages ohne
Kausalitätsnachweis; falsa demonstratio und "Kalkulationsirrtum";
Voraussetzungen einer Vertragsanpassung nach § 242 BGB wegen erkannten und
ausgenutzten (Motiv)Irrtums
BGH, Urteil vom 19.05.2006
- V ZR 264/05
Fundstelle:
BGHZ 168, 35
Amtl. Leitsatz:
a) Nach einer Verletzung
von Aufklärungspflichten bei Vertragsverhandlungen steht dem Geschädigten
kein Anspruch auf Anpassung des Vertrags zu. Er hat lediglich das Recht, an
dem für ihn ungünstigen Vertrag festzuhalten und den verbliebenen
Vertrauensschaden zu liquidieren.
b) Zur Berechnung dieses Restvertrauensschadens ist der Geschädigte so zu
behandeln, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den
Vertrag zu einem niedrigeren Preis abzuschließen; ihm ist dann der Betrag zu
ersetzen, um den er den Kaufgegenstand zu teuer erworben hat. Auf den
Nachweis, dass die andere Vertragspartei sich darauf eingelassen hätte,
kommt es dabei nicht an.
c) Als Folge einer Verletzung von Aufklärungspflichten bei Vertragsschluss
kann der Geschädigte auch so zu stellen sein, als habe er mit dem anderen
Teil einen für ihn besseren Vertrag geschlossen. Das setzt aber voraus, dass
ein solcher Vertrag bei erfolgter Aufklärung zustande gekommen wäre, was der
Geschädigte darzulegen und zu beweisen hat.
Zentrale Probleme:
Es geht um in der sehr lehrreichen Entscheidung um
Grundfragen der Vertragsauslegung sowie um die Rechtsfolgen einer Haftung
aus culpa in contrahendo (§§ 280 I, 311 II, 241 II BGB). Vereinfacht läßt
sich der Sachverhalt wie folgt darstellen: Der Kl. veräußert an den Bekl.
(sämtliche) Geschäftsanteile an einem Unternehmen (das Trägergesellschaft
für ein bestimmtes Bauprojekt war). Für den Erwerb sollten der Klägerin von
den Beklagten als Gesamtschuldnern die Aufwendungen erstattet werden, die
sie bisher finanziert hatte. Diese werden in dem Vertrag auch genau
beziffert. Tatsächlich waren Sie aber zu niedrig bemessen, weil der für den
Kauf eines Grundstücks angesetzte Betrag um ca. 1 Mio DM zu niedrig
angesetzt war. Die Kl.
macht diese Differenz jetzt geltend.
Der BGH verneint zunächst das Zustandekommen eines Vertrags zum erhöhten
Preis (s. unter II. 1). Ähnlich wie in den Fällen des
Kurswertirrtums (s. dazu die Anm. zum "Rubel-Fall"
RGZ 105, 406 ff m.w.N.) fragt sich
der Senat zunächst, ob man nicht bereits im Wege der Auslegung zur
Vereinbarung der höheren Gegenleistung kommt (falsa demonstratio), weil
nicht zu einem bestimmten Preis, sondern zu einer bestimmten
Kalkulationsgrundlage kontrahiert wurde und die Summenangabe nur eine
unschädliche übereinstimmende Falschbezeichnung ist. Dies wird zu Recht
abgelehnt: I.d.R ist die Berechnungsgrundlage nicht Gegenstand der
vertraglichen Einigung und kann auch nicht (als einseitiges Motiv) zum
Gegenstand der Willenserklärung erhoben werden, weil sie den anderen Teil
nicht zu interessieren braucht, weil für ihn nur der Endpreis als solcher
von Bedeutung ist. So kann insbesondere in den Fällen des sog.
"Kurswertirrtums" (z.B. Verkauf eines Wertpapiers zu einem bestimmten Preis
in der Annahme, es handele sich um den Börsenkurs) nicht ein Vertragsschluß
zum tatsächlichen Tageskurs bzw. die Anfechtbarkeit wegen Inhaltsirrtums
bejaht werden. (vgl. dazu auch die Anm. zu
RGZ
101, 107 ff ("Silber-Fall"), zu
BGH
NJW 1998, 3192 ff = BGHZ 139, 177
sowie BGH
NJW 1981, 1551).
Damit stellt sich die Frage einer Haftung aus
c.i.c., die hier nur im Zusammenhang mit der Haftungsausfüllung diskutiert
wird, d.h. die Haftungsbegründung (Verletzung einer Aufklärungspflicht über
die Höhe der getätigten Aufwendungen) wird
unterstellt (s. unter II. 2). Hier wiederholt der BGH
zunächst seine "Minderungsrechtsprechung", wonach im Falle einer
Aufklärungspflichtverletzung der Geschädigte im Wege des Ersatzes des
Vertrauensschadens das "Zuviel gezahlte" zurückverlangen kann, d.h. es wird
gefragt, zu welchem niedrigeren Preis er den Vertrag ohne die
Aufklärungspflichtverletzung abgeschlossen hätte, ohne daß es darauf ankäme,
ob sich der andere Teil auf einen solchen Vertrag eingelassen hätte (s. dazu
die Anm. zu BGH
NJW 1998, 2900 f sowie zuletzt
BGH NJW 2001, 2875). Hier geht es
aber nicht um eine solche "Minderung", sondern darum, einen
Erfüllungsanspruch aus einem (so) nicht abgeschlossenen Vertrag geltend zu
machen. Hierzu muß, wie der BGH betont, der Geschädigte positiv nachweisen,
daß es ihm ohne die Aufklärungspflichtverletzung gelungen wäre, den Vertrag
zu diesem (höheren) Preis abzuschließen (s. zur Kritik an dieser
Unterscheidung die Anm. zu BGH
NJW 1998, 2900 f sowie Lorenz NJW 1999. 1001). Den
Widerspruch versucht der BGB argumentativ dadurch aufzulösen, daß er in der
"Minderung" (also im Anspruch auf Rückzahlung des zuviel Gezahlten) gerade
keine Vertragsanpassung, sondern lediglich eine "Berechnung des
Vertrauensschadens" sieht. Das kann angesichts von § 249 I BGB, der auch für
die Haftung aus c.i.c. gilt, so nicht überzeugen. Zur gleichen Rechtslage
bei der deliktischen Haftung aus § 826 BGB s. BGH v.
6.7.2021 - VI ZR 40/20.
Auch unter dem Gesichtspunkt von § 242 BGB wegen eines erkannten und
ausgenutzten Motivirrtums verneint der Senat ein Recht zur Vertragsanpassung
(unter II.3.). Das ist sicher konsequent, denn hierbei
handelt es sich letztlich um nichts anderes um eine Haftung aus
vorvertraglichem Verschulden.
S. dazu auch
BGH v. 19.1.2018 - V ZR 256/16 .
©sl 2006
Tatbestand:
Die Klägerin,
eine mit den Immobilienaktivitäten des Konzerns befasste Tochtergesellschaft
der B. gesellschaft B. , verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern im
Zusammenhang mit einem Projektübernahmevertrag über die aufgrund dieses
Vertrags geleisteten Zahlungen hinaus Zahlung weiterer 511.291,88 €. Einer
Tochtergesellschaft der Klägerin gehörten die Geschäftsanteile der Ba. GmbH
- Bau-, Sanierung-, Stadtentwicklungsprojekte (fortan Ba. ), deren
Mitgeschäftsführer der Beklagte zu 3 bis zu seinem Ausscheiden war. Er
leitete in dieser Eigenschaft eine Niederlassung der Ba. in R. .
Die Ba. plante und entwickelte seit 1999 zwei Nahversorgungszentralen in N.
und H. . Beide Vorhaben wurden federführend von dem Beklagten zu 3 betreut.
Objektgesellschaft für das Vorhaben in N. ist die Beklagte zu 1, die für das
Vorhaben in N. ein bebautes Grundstück zum Preis von 1,6 Mio. DM erwarb. Die
Beklagte zu 1 wurde dabei durch den Beklagten zu 3 vertreten.
Infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten kam es zu einer Umstrukturierung im
Konzern der Klägerin, in deren Verlauf die Ba. liquidiert wurde. Der
Beklagte zu 3 wurde am 9. Oktober 2001 als Geschäftsführer dieser
Gesellschaft abberufen, sein Geschäftsführervertrag zum 31. März 2002
gekündigt. Die Klägerin kam mit dem Beklagten zu 3 überein, dass dieser das
Projekt in N. übernimmt und auf eigene Rechnung fertig stellt. Dazu sollte
er die Beklagte zu 1 erwerben. Außerdem sollte die Beklagte zu 2 als
Komplementärin in die Beklagte zu 1 eintreten. Für den Erwerb sollten der
Klägerin von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Aufwendungen erstattet
werden, die sie finanziert hatte. In einem Kauf- und Abtretungsvertrag vom
21./26. März 2002, an dem unter anderen die Klägerin und die Beklagten
beteiligt waren, heißt es dazu:
„ § 3
(1) Da die .. und die T. GmbH & Co KG über keine eigene Mittel verfügen,
sind die Projekte … und N. in der Vergangenheit durch die I. -/Ba.
-Gruppe, insbesondere die Ba. GmbH und die I. I. und B. AG [d. i. die
Klägerin], finanziert worden. Die von der I. -/Ba. -Gruppe finanzierten
Beträge sind in Anlage 3 aufgeführt; sie belaufen sich für das Projekt
N. auf EURO 3.475.554,49 und …
(2) Die in Abs. 1 genannten Verbindlichkeiten der … und der T. GmbH & Co
KG gegenüber der I. -/Ba. -Gruppe sind nebst 5% Zinsen p. a. ab dem
Stichtag auf das in Abschnitt I § 4 Abs. 2 genannte Konto der Ba.
Objekt- und Baubetreuung GmbH als Zahlstelle zu überweisen, die die
weitere Verteilung an die kreditgebenden Gesellschaften der I. -/Ba.
-Gruppe übernimmt. Für die entsprechenden Zahlungspflichten der … und
der T. GmbH & Co KG übernehmen die Käufer die gesamtschuldnerische
Mithaftung.“
In der erwähnten Anlage 3 dieses
Vertrags wird der von der Klägerin vorfinanzierte Grundstückkaufpreis für
das Objekt N. mit 306.775,13 € angegeben. Tatsächlich hatte die Klägerin
jedoch den gesamten Kaufpreis in Höhe von 1,6 Mio. DM (= 818.067,01 €)
vorfinanziert. Die Differenz ist Gegenstand der auf Verschulden bei
Vertragsschluss gestützten Klage.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie
abgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Oberlandesgericht zugelassene
Revision der Klägerin, mit welcher diese die Wiederherstellung des
erstinstanzlichen Urteils anstrebt.
Entscheidungsgründe:
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht der Klägerin der geltend
gemachte Anspruch schon deshalb nicht zu, weil sie nicht den Nachweis
erbracht habe, dass die Beklagten bereit gewesen wären, das Objekt auch zu
dem höheren Kaufpreis zu übernehmen. Dem Geschädigten sei das Interesse an
der Erfüllung des nicht zustande gekommenen Vertrags nur zu ersetzen, wenn
im Einzelfall feststehe, dass die Vertragspartner ohne das schuldhafte
Verhalten statt des abgeschlossenen einen anderen, für den Geschädigten
günstigeren Vertrag geschlossen hätten. Diesen Nachweis habe die Klägerin
weder geführt noch in beachtlicher Weise angetreten. Er sei nur bei Kauf-
und Werkverträgen entbehrlich, wenn eine Aufklärung des Käufers oder
Bestellers über Mängel unterblieben sei und dieser im Ergebnis zu teuer
erworben habe. In solchen Fällen sei der Erwerber nach der sog.
Minderungsrechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch ohne einen
entsprechenden Nachweis so zu stellen, als habe er einen entsprechend
niedrigeren Erwerbspreis vereinbart. Damit sei der vorliegende Fall aber
nicht zu vergleichen.
II. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen
Prüfung stand.
1. Aus dem Kauf- und Abtretungsvertrag 21./26. März 2002 ergibt sich ein
weitergehender Zahlungsanspruch der Klägerin nicht.
a) Die Vorinstanzen sind beide unausgesprochen davon ausgegangen, dass die
Beklagten aus Nr. II § 3 Abs. 2 des Vertrags nur den in Absatz 1 dieser
Vertragsbestimmung bezifferten Betrag zu zahlen haben. Mit der von der
Revision aufgeworfenen Frage, ob sich hieraus im Wege der Auslegung ein
weitergehender Zahlungsanspruch ableiten lässt, haben sie sich nicht befasst.
Dies kann der Senat nachholen, da die Feststellung weiterer für die
Auslegung dieser Vertragsbestimmung heranzuziehender Umstände nicht zu
erwarten ist.
b) Die Auslegung ergibt, dass keine Verpflichtung der Beklagten zur
Erstattung der von der Klägerin tatsächlich aufgewandten Kosten besteht,
sondern nur eine Verpflichtung zur Zahlung des in Absatz 1 der
Vertragsbestimmung und in Anlage 3 zu dem Vertrag bezifferten Betrags.
aa) Nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt besagt Nr. II § 3 Abs. 1 und 2
des Vertrags, dass die Beklagten für die Übernahme des Projekts in N.
3.475.554,49 € zahlen sollen. Die Klägerin wollte zwar erreichen, dass ihr
für die Übernahme des Projekts in N. der ihr tatsächlich entstandene Aufwand
ersetzt wird. Dieses Ziel kommt in Nr. II § 3 Abs. 1 Satz 1 der
Vertragsbestimmungen auch andeutungsweise zum Ausdruck. Die Parteien haben
es aber hierbei nicht belassen. Sie haben die Ermittlung dieses Aufwands
nicht späterer Klärung überlassen. Dieser ist vielmehr in der Anlage 3 des
Vertrags zusammengestellt und durch Verweis auf diese Anlage in Absatz 1
Satz 2 Halbsatz 1 der Klausel auch verbindlich festgelegt worden. Dies
ergibt sich daraus, dass ohne jede Einschränkung auf die Anlage verwiesen
und der sich hieraus ergebende Gesamtbetrag als derjenige Betrag in dem
Vertragstext bezeichnet wird, auf den sich die zu erstattenden Aufwendungen
belaufen. Das lässt keinen Raum für die nachträgliche Geltendmachung in der
Anlage vergessener Positionen. Maßgeblich ist daher, was die Revision auch
nicht in Abrede stellt, der in Absatz 1 Satz 2 der Vertragsbestimmung und in
der Anlage 3 bestimmte Gesamtbetrag für das Projekt N. .
bb) Diese Angabe kann entgegen der Ansicht der Revision auch nicht als
unschädliche Falschbezeichnung für den von der Klägerin angestrebten
Zahlungsbetrag verstanden werden.
(1) Zwar geht ein von dem objektiven Erklärungsinhalt einer Formulierung
übereinstimmend abweichendes Verständnis der Vertragsparteien nach §§ 133,
157 BGB dem objektiven Erklärungsinhalt vor (falsa demonstratio non nocet:
Senatsurt. v. 20. November 1987, V ZR 171/86, NJW-RR 1988, 265;
v. 7.
Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038, 1039;
RGZ 99, 147, 148). Dazu
reicht es aus, wenn die eine Vertragspartei ihrer Erklärung einen von dem
objektiven Erklärungsinhalt abweichenden Inhalt beimisst und die andere dies
erkennt und hinnimmt (Senatsurt. v. 20. November 1992, V ZR 122/91, NJW-RR
1993, 373; Urt. v. 7. Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038, 1039; RGZ
66, 427, 429). So liegt es hier nicht. Die Parteien haben in die
Vertragsklausel den Betrag übernommen, der sich für das Projekt N. aus der
Anlage 3 ergab. Dass die Parteien eine andere als die dem Vertrag als Anlage
3 beigefügte Anlage gemeint haben, zeigt die Revision nicht auf.
(2) Die Klägerin hat vielmehr bei der Berechnung ihrer Aufwendungen statt
des gesamten Kaufpreises für das Projektgrundstück in N. von 1,6 Mio. DM nur
den in dem Kaufvertrag für den Grund und Boden ausgewiesenen Betrag von
600.000 DM angesetzt. Ein solcher Berechnungsfehler kann zwar unter dem
Gesichtspunkt einer versehentlichen Falschbezeichnung unschädlich sein.
Das setzt aber voraus, dass die betragsmäßig festgelegte
Zahlungsverpflichtung nach den von den Parteien getroffenen Vereinbarungen
das Ergebnis der Addition bestimmter Einzelposten (OLG Frankfurt am Main
WM 2001, 565) oder einer in dem Vertrag festgelegten Methode zur
Berechnung dieser Verpflichtung (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., §
119 Rdn. 20; Wieser NJW 1972, 708, 711; vgl. auch BGHZ 154, 276, 281 f.)
sein soll (Staudinger/Singer, BGB [2004], § 119 Rdn. 54; Fleischer
RabelsZ 65 (2001) S. 263, 268).
Das ist hier nicht der Fall. Zwar sollte die in Nr. II § 3 Abs. 1 der
Vereinbarung bestimmte Summe das Ergebnis der Addition der in Anlage 3
aufgeführten Positionen sein. Diese Addition ist aber zutreffend. Falsch ist
der in der Anlage angesetzte Preis für das Grundstück. Welche Positionen in
die Anlage aufgenommen werden sollten und wie sie zu ermitteln sind, haben
die Parteien indessen weder in noch neben dem Vertrag vom 21./26. März 2002
verabredet. Der Beklagte hat die Anlage auch nicht als Ergebnis einer ihm
erkennbar gewordenen und von ihm hingenommenen Berechung der Klägerin
akzeptiert. Im Verlauf der Vertragsverhandlungen bestand zwar zunächst
grundsätzliches Einvernehmen darüber, dass der von der Klägerin
vorfinanzierte Aufwand bei der Übernahme des Projekts in N. ersetzt werden
sollte. Wie hoch dieser Aufwand war und aus welchen Einzelpositionen er sich
zusammensetzte, dazu hatten die Parteien aber, was die Revision nicht in
Abrede stellt, unterschiedliche Vorstellungen. Deshalb konnte sich die
Klägerin auch nicht mit ihrem Vorschlag durchsetzen, diese Kosten in dem
Vertrag nicht abschließend festzulegen, sondern erst nach Abschluss des
Vertrags verbindlich zu ermitteln. Die Parteien haben sich vielmehr in den
Verhandlungen auf die jetzt in Anlage 3 des Vertrags enthaltene Aufstellung
und den sich daraus ergebenden Gesamtbetrag geeinigt und diesen in dem
Vertrag verbindlich festgelegt. Dieser Betrag stellt sich deshalb nicht als
fehlerhafte Bezeichnung des Betrags dar, den die Klägerin hatte ermitteln
wollen, sondern als die zutreffende Angabe der Zahlungsverpflichtung, auf
die sich der Beklagte zu 3 einlassen wollte. Das schließt die Annahme einer
unschädlichen Falschbezeichnung aus (Staudinger/Singer, aaO, § 119 Rdn. 54
a. E.; Fleischer RabelsZ 65 [2004], 263, 272).
2. Auch aus dem Gesichtspunkt einer Pflichtverletzung
bei Vertragsverhandlungen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 und 311 Abs. 2 BGB)
kann die Klägerin Zahlung nicht verlangen.
a) Zweifelhaft ist schon, ob die Beklagten eine ihnen gegenüber der Klägerin
obliegende Pflicht zur Aufklärung verletzt haben.
aa) Zwar besteht auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Beteiligten
entgegengesetzte Interessen verfolgen, eine Pflicht, die andere
Vertragspartei über solche Umstände aufzuklären, die den von ihr verfolgten
Vertragszweck vereiteln und für ihren Entschluss zum Vertragsschluss von
wesentlicher Bedeutung sind, wenn sie eine solche Unterrichtung nach der
Verkehrsauffassung erwarten durfte (Senatsurt. v, 2. März 1979, V ZR 157/77,
NJW 1979, 2243; v. 25. Juni 1982, V ZR 143/81, WM 1982, 960, 961; Hagen/Brambring/Krüger/Hertel,
Der Grundstückskauf, 8. Aufl., Rdn. 210). Das ist aber gewöhnlich nur bei
Umständen der Fall, die die andere Vertragspartei nicht kennt und auch nicht
kennen kann (Senatsurt. v. 12. Januar 2001, V ZR 322/99, BGH-Report 2001,
362; Schmidt-Räntsch, ZfIR 2004, 569, 573) oder die sie nicht durchschaut
(BGH, Urt. v. 15. April 1997, IX ZR 112/96, NJW 1997, 3230, 3231; Senatsurt.
v. 15. März 2002, V ZR 293/00, unveröff., Umdruck S. 8).
bb) Weshalb der Kaufpreis für das Grundstück, auf dem das Objekt errichtet
werden sollte, zu den aufklärungspflichtigen Umständen gehören sollte,
erschließt sich im vorliegenden Fall nicht ohne weiteres. Er machte zwar
einen erheblichen Teil der für die Übernahme des Objekts durch die Beklagten
zu ersetzenden Aufwendungen aus. Er war der Klägerin aber genauso bekannt
wie dem Beklagten zu 3, weil sie den Vertrag genehmigen musste und ihr
damaliger Vorstandsvorsitzender diese Genehmigung erteilt hat. Zudem hat die
Klägerin den Kaufpreis selbst finanziert und gezahlt. Sie war deshalb in der
Lage, den dafür aufgewandten Betrag anhand ihrer eigenen
Buchhaltungsunterlagen zu ermitteln. Die Notwendigkeit einer genauen Prüfung
war ihr auch bewusst, da der Beklagte zu 3 darauf bestand, den zu
ersetzenden Aufwand in dem Vertrag verbindlich und abschließend festzulegen.
Ob sich unter diesen Umständen ein Wissensvorsprung des Beklagten zu 3 als
Grundlage seiner Aufklärungspflicht damit begründen lässt, dass er die für
das Projekt zuständige Niederlassung der Ba. geleitet hat, ist zweifelhaft,
bedarf indes keiner Entscheidung.
b) Auch bei Annahme einer Pflichtverletzung könnte die Klägerin von den
Beklagten jedenfalls nicht Ersatz des Erfüllungsinteresses verlangen, das
sie hier geltend macht.
aa) Nach einer Pflichtverletzung bei Vertragsverhandlungen kann die
geschädigte Vertragspartei grundsätzlich nur Ersatz des Vertrauensschadens
verlangen (BGHZ 114, 87, 94; 142, 51, 62; BGH, Urt. v. 6. Juni 2000, XI
ZR 235/99, ZfIR 2001, 286, 288; Senatsurt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99,
NJW 2001, 2875, 2876). Der Geschädigte ist danach so zu stellen, wie er
bei Offenbarung der für seinen Vertragsentschluss maßgeblichen Umstände
stünde (Senatsurt. v. 8. Oktober 1993, V ZR 146/92, NJW-RR 1994, 76, 77;
v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2876). Wäre der Vertrag
infolge der Pflichtverletzung nicht oder zu anderen Bedingungen zustande
gekommen, steht dem Geschädigten entgegen der in der Literatur geteilten
(Erman/Kindl, BGB, 11. Aufl., § 311 Rdn. 43; MünchKomm-BGB/Emmerich, 4.
Aufl., § 311 Rdn. 242 f.; Palandt/Heinrichs, aaO, § 311 Rdn. 59) Annahme
des Berufungsgerichts kein Anspruch auf Anpassung des Vertrags zu. Die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs räumt ihm lediglich das Recht ein, an
dem für ihn ungünstigen Vertrag festzuhalten. Geschieht das, reduziert sich
der zu ersetzende Vertrauensschaden auf die berechtigten Erwartungen des
Geschädigten, die durch den zustande gekommenen Vertrag nicht befriedigt
werden (Stoll JZ 1999, 95; Anm. zu BGH, Urt. v.
24. Juni 1998, XII ZR 126/96, JZ 1999, 93 = NJW 1998, 2900; ders.
Festschrift für Riesenfeld [1983] S. 275, 284 f.). Es geht dann nicht
darum, den Vertrag an die neue Situation anzupassen, sondern nur darum, den
so reduzierten Vertrauensschaden zu berechnen (trotz missverständlicher
Formulierung in der Sache ebenso BGH, Urt. v. 24.
Juni 1998, XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900).
Das geschieht bei einem Kaufvertrag in der Weise, dass der Geschädigte so
behandelt wird, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen,
den Vertrag zu einem niedrigeren Preis abzuschließen (BGHZ 69, 53, 58; Urt.
v. 11. Februar 1999, IX ZR 352/97, NJW 1999, 2032, 2034;
Senatsurt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001,
2875, 2876). Schaden ist danach der Betrag, um den der Geschädigte den
Kaufgegenstand zu teuer erworben hat (BGHZ 114, 87, 94; Senatsurt.
v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2876). Da es nur um die
Bemessung des verbliebenen Vertrauensschadens und nicht um die Frage einer
Anpassung des Vertrags geht, braucht der Geschädigte auch nicht
nachzuweisen, dass sich der Vertragspartner auf einen Vertragsschluss zu
einem niedrigeren Preis eingelassen hätte (BGHZ 69, 53, 58; 114, 87, 94;
Senat, Urt. v. 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690;
Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875,
2876; a. M. AnwKomm-BGB/Krebs, § 311 Rdn. 82 f.; Lorenz NJW 1999, 1001).
Die Liquidation eines ihr verbliebenen Restvertrauensschadens strebt die
Klägerin aber nicht an. Sie will nicht an dem geschlossenen Vertrag
festhalten, sondern so gestellt werden, als wäre es ihr gelungen, mit den
Beklagten einen Vertrag abzuschließen, der sie verpflichtet, ihr den
gesamten Kaufpreis für das Projektgrundstück zu erstatten. Sie macht damit
nicht ein Vertrauens-, sondern ihr Erfüllungsinteresse geltend.
bb) Der als Folge einer Pflichtverletzung bei Vertragsschluss zu
ersetzende Schaden kann unter besonderen Umständen zwar auch ein solches
Erfüllungsinteresse umfassen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass bei
erfolgter Aufklärung ein für den Geschädigten günstigerer Vertrag zustande
gekommen wäre (BGHZ 108, 200, 207 f.; Urt. v.
24. Juni 1998, XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901; RGZ 97, 336, 339;
159, 33, 57; MünchKomm-BGB/Emmerich, aaO, § 311 Rdn. 240; Palandt/Heinrichs,
aaO, § 311 Rdn. 58). Dann kann der Geschädigte verlangen, so gestellt zu
werden, wie wenn er diesen günstigeren Vertrag geschlossen hätte. Das
aber hat der Geschädigte darzulegen und zu beweisen (BGH,
Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901). Auf
diesen Nachweis kann entgegen der Ansicht der Revision, die sich dazu auf
Schrifttum stützen kann (vgl. Erman/Kindl, aaO, § 311 Rdn. 43 a. E.), auch
nicht mit Rücksicht auf die dargestellte sog. Minderungsrechtsprechung des
Bundesgerichtshofs verzichtet werden. Es geht in dieser Konstellation nicht
um die Berechnung des tatsächlich eingetretenen Vertrauensschadens, sondern
um die Feststellung, ob der Geschädigte durch die Pflichtverletzung einen
Erfüllungsschaden erlitten hat, weil ihm ein günstigerer Vertrag entgangen
ist. Davon kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Wäre die
aufklärungspflichtige Vertragspartei ihrer Pflicht nachgekommen, hätte sie
die andere auf ihren Irrtum aufmerksam gemacht und diese einen höheren Preis
gefordert. Die aufklärungspflichtige Partei ist indes auch nach erfolgter
Aufklärung nicht gehindert, den eigenen Erwerbsentschluss mit Rücksicht auf
den höheren Preis zu überdenken und ggf. auch von dem Erwerb Abstand zu
nehmen. Sie mag im Einzelfall den Vertrag auch zu für sie ungünstigeren
Bedingungen geschlossen haben. Das aber hat der Geschädigte darzulegen und
ggf. zu beweisen. An beidem fehlt es.
Die Klägerin verweist zwar darauf, dass der Beklagte zu 3 das von ihm als
Niederlassungsleiter entwickelte Projekt in N. nicht verloren geben wollte
und über eine Kreditzusage verfügte, die auch den tatsächlich gezahlten
Kaufpreis für das Grundstück abdeckte. Das besagt aber nichts darüber, wie
die Verhandlungen verlaufen wären, wenn der Beklagte zu 3 die Klägerin auf
den Irrtum bei der Berechnung ihrer Aufwendungen für das Projektgrundstück
hingewiesen hätte. Zum einen hat der Beklagte zu 3 nach seinem von der
Revision zitierten Schreiben vom 3. August 2001 für die Fortführung des
Projekts nicht nur die Möglichkeit gesehen, es von der Klägerin zu
übernehmen, sondern auch eine Möglichkeit, sein privates Interesse bei der
Stadt anzumelden, wie es dort heißt. Zum anderen hat die Klägerin in den
Vertragsverhandlungen ihr wesentliches Gestaltungsziel, nämlich eine der
Nachberechnung zugängliche Festlegung der Erstattungspflicht der Beklagten,
gegen den Beklagten zu 3 nicht durchsetzen können. Selbst die
Vertragsbestandteil gewordene Anlage hat der Beklagte zunächst nicht
akzeptiert. Was ihn hätte veranlassen sollen, eine wesentlich weitergehende
Erstattungsverpflichtung einzugehen, hat die Klägerin auch unter
Berücksichtigung ihrer Verhandlungssituation nicht substantiiert dargelegt.
Jedenfalls hat sich das Berufungsgericht von der Richtigkeit ihrer
Darstellung nicht überzeugen können. Diese tatrichterliche Würdigung ist im
Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar und in diesem Rahmen nicht
zu beanstanden.
3. Der Klägerin steht schließlich auch kein Anspruch
auf Vertragsanpassung nach § 242 BGB zu.
a) Zutreffend geht die Revision allerdings davon aus, dass sich die
Beteiligten an Vertragsverhandlungen redlich zu verhalten und nach Treu und
Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§ 242 BGB) auch die
Interessen der anderen Beteiligten zur berücksichtigen haben (BGHZ 60, 221,
224; Urt. v. 4. Oktober 1979, VII ZR 11/79, NJW 1980, 180). Das kann auch
dazu verpflichten, die andere Vertragspartei auf einen Irrtum aufmerksam zu
machen (BGHZ 139, 177, 184; BGH, Urt. v. 4. Oktober 1979, VII ZR 11/79, NJW
1980, 180; Urt. v. 19. Dezember 1985, VII ZR 188/84, NJW-RR 1986, 569).
Geschieht das nicht, wird der Irrtum der anderen Vertragspartei vielmehr
treuwidrig ausgenutzt, so führt dies aber nur dazu, dass diese
Vertragspartei die irrende Vertragspartei nicht an ihrer Vertragserklärung
festhalten darf, sondern aus einem gleichwohl zustande gekommenen Vertrag
entlassen muss (BGHZ 46, 268, 273; 139, 177, 184; BGH, Urt. v. 4.
Oktober 1979, VII ZR 11/79, NJW 1980, 180; Urt. v. 20. März 1981, V ZR
71/80, NJW 1981, 1551, 1552 [Senat]; Urt. v. 13. Juli 1995, VII ZR 142/94,
NJW-RR 1995, 1360). Das aber strebt die Klägerin nicht an.
b) Sie verlangt von den Beklagten vielmehr, an dem Vertrag festzuhalten und
den Umfang der danach zu erstattenden Aufwendungen unter Berichtigung ihres
Kalkulationsfehlers zu erhöhen. Ein solcher Anspruch lässt sich nur unter
besonderen, hier aber nicht gegebenen Umständen auf § 242 BGB stützen.
aa) Solche Umstände können etwa anzunehmen sein, wenn die eine
Vertragspartei sich die unrichtige Kalkulation der anderen soweit zu eigen
gemacht hat, dass eine Verweigerung der Anpassung gegen das Verbot des
widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) verstieße (Urt.
v. 13. Juli 1995, VII ZR 142/94, NJW-RR 1995, 1360; Palandt/Heinrichs, aaO,
§ 119 Rdn. 21a a. E.). Entsprechendes kann gelten, wenn beide Parteien einen
bestimmten Berechnungsmaßstab zur Grundlage ihrer Vereinbarung gemacht haben
(BGHZ 46, 268, 273; BGH, Urt. v. 13. Juli 1995, VII ZR 142/94, NJW-RR 1995,
1360). So liegt es hier nicht. Die Parteien hatten, wie ausgeführt,
unterschiedliche Vorstellungen über Inhalt und Umfang der Anlage 3 und haben
sich schließlich auf ihren Vertragsbestandteil gewordenen Inhalt geeinigt.
Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagten an
dieser Vereinbarung festhalten.
bb) Eine Vertragspartei kann auch verpflichtet sein, einer Erhöhung ihrer
versehentlich zu niedrig angesetzten Zahlungspflichtung zuzustimmen, wenn
mit dem Vertrag ein gemeinsames, über den Leistungsaustausch hinausgehendes
Ziel verfolgt wird, das nur bei Zugrundelegung der richtigen
Kalkulationsgrundlagen zu erreichen ist (Senatsurt. v. 19. November 1971, V
ZR 103/69, NJW 1972, 152, 153 f.; v. 20. März 1981, V ZR 71/80, NJW 1981,
1551, 1552). Das gemeinsame Ziel, das die Parteien hier verfolgt haben, mag
die Verwirklichung des Projekts in N. gewesen sein, aus dem sich die
Klägerin wegen der wirtschaftlichen Bedrängnis, in die sie geraten war,
zurückziehen wollte. Zweifelhaft ist aber schon, ob dazu eine Übernahme des
Projekts von der Klägerin zwingend erforderlich war oder die Fortführung des
Projekts auch auf andere Weise erreichbar gewesen wäre. Jedenfalls ließ sich
die Übernahme des Projekts auch mit der tatsächlich vereinbarten niedrigeren
Erstattungspflicht der Beklagten erreichen. Das zeigt sich nicht zuletzt
daran, dass die Klägerin nicht ihre Entlassung aus dem Vertrag, sondern
lediglich eine ergänzende Zahlung anstrebt.
cc) Fehlen solche Umstände, kommt eine Vertragsanpassung nach Treu und
Glauben nur in Betracht, wenn feststeht, dass die andere Vertragspartei den
Vertrag auch mit dem berichtigten Inhalt abgeschlossen hätte (Senatsurt.
v. 20. März 1981, V ZR 71/80, NJW 1981, 1551, 1552; BGH, Urt. v. 13. Juli
1995, VII ZR 142/94, NJW-RR 1995, 1360). Das ist aber, wie ausgeführt, nicht
der Fall.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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