Aufklärungspflicht des Gläubigers
gegenüber dem Bürgen über das Bürgschaftsrisiko?
BGH, Urteil v. 15.04.1997 - IX ZR 112/96
Amtliche Leitsätze
1. Ein Kreditinstitut braucht einen ausländischen
Bürgen vor oder bei Vertragsschluß grundsätzlich nicht
über das verbürgte Risiko aufzuklären, es sei denn, daß
das Kreditinstitut wegen besonderer Umstände des Einzelfalls davon
ausgehen muß, daß der ausländische Bürge über
sein Vertragsrisiko nicht hinreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse
nicht durchschaut. 2. Aus einer Arresthypothek kann auf Duldung
der Zwangsvollstreckung geklagt werden.
Fundstellen:
NJW 1997, 3230
WM 1997, 1045
BB 1997, 1273
ZIP 1997, 1058
LM § 276 (Fb) BGB Nr. 78
DB 1997, 1463
MDR 1997, 777
VersR 1997, 1011
Die kl. Sparkasse nimmt die bekl. Iranerin aus
einer Bürgschaft in Anspruch. Die Bekl. besuchte seit dem Jahre 1980
mehrmals ihren Vetter Dr. M in N., der aus dem Iran stammt und die deutsche
Staatsbürgerschaft erworben hat. Im August 1980 eröffnete die
Bekl. ein Sparkonto bei der Kl., die in Geschäftsverbindung mit Dr.
M stand. Am 8. 3. 1985 kauften Dr. M und seine Ehefrau ein Hausgrundstück
für 800000 DM. Der Kaufpreis sollte durch die Kl. finanziert werden.
Am 15. 3. 1985 unterzeichnete die Bekl., die von Dr. M begleitet wurde,
in den Geschäftsräumen der Kl. ein von dieser vorgelegtes, in
deutscher Sprache verfaßtes Bürgschaftsformular. Dessen Inhalt
hatte die Kl. vor der Unterschrift nicht erläutert oder übersetzt.
Nach der Urkunde verbürgte sich die Bekl. selbstschuldnerisch ohne
zeitliche oder betragsmäßige Begrenzung für alle bestehenden
und künftigen Forderungen der Kl. aus ihrer Geschäftsverbindung
mit Dr. M und seiner Ehefrau. Am 10. 4. 1985 gewährte die Kl. den
Hauptschuldnern ein Darlehen von 800000 DM. Die Kl., die den Hauptschuldnern
weitere Kredite gewährte, macht aus der Geschäftsverbindung eine
restliche Gesamtforderung von mindestens 278010,60 DM geltend. Von der
Bekl. hat die Kl. die Erfüllung einer Verbindlichkeit der Hauptschuldner
in Höhe von 251783,91 DM nebst Zinsen und Duldung der Zwangsvollstreckung
aus einer Arresthypothek über 255000 DM an einer Eigentumswohnung,
die die Bekl. Mitte des Jahres 1985 erwarb, begehrt. Diese Klageansprüche
sind vom LG voll und vom OLG bis auf einen Teil der Zinsforderung zuerkannt
worden; die im Berufungsverfahren erhobene Widerklage der Bekl., die Kl.
zur Bewilligung der Löschung der Hypothek zu verurteilen, ist abgewiesen
worden. Mit ihrer Revision erstrebte die Bekl. die Abweisung der Klage
und die Verurteilung der Kl. gemäß der Widerklage. Die Revision
hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur
Zurückverweisung der Sache.
Aus den Gründen:
I. Der Senat hat in seinem Urteil vom 27. 10. 1994
(NJW 1995, 190 = LM H. 2/1995 § 2 AGBG Nr. 16 = WM 1994, 2274, m.
zust. Anm. Bülow, EWiR 1995, 7; Moritz, WuB I F 1 a. - 2. 95; Meinhold-Heerlein,
WiB 1995, 298) in dieser Sache ausgeführt, der formularmäßige
Bürgschaftsvertrag der Parteien unterliege dem deutschen Recht und
sei nicht nach § 2 I AGBG, § 766 BGB unwirksam. Im Anschluß
daran hat das BerGer. eine rechtswirksame Bürgschaft der Bekl. (§§
765ff. . BGB) angenommen und dazu erwogen: Die Bürgschaft sei nicht
sittenwidrig. Sie enthalte keine überraschenden Regelungen. Die Bekl.
habe ihre Bürgschaftserklärung nicht wegen Irrtums wirksam angefochten,
weil sie nicht bewiesen habe, daß sie bei Vertragsschluß angenommen
habe, es handele sich um eine Unterschrift für eine Geldanlage auf
ihrem Sparkonto bei der Kl. Nach dem substantiierten, von der Bekl. nur
pauschal bestrittenen Vorbringen der Kl. sei davon auszugehen, daß
auf dem Girokonto der Hauptschuldner noch ein Debetsaldo von 278010,60
DM bestehe; dieser sei im wesentlichen darauf zurückzuführen,
daß von diesem Konto die Raten auf das Darlehen für den Hauskauf
abgebucht worden seien. Der Bürgschaftsforderung könne die Bekl.
keinen Schadensersatzanspruch wegen eines Verschuldens der Kl. bei Vertragsschluß
entgegenhalten; der Vortrag der Bekl. biete keinen Anhaltspunkt dafür,
daß Mitarbeiter der Kl. einen Irrtum der Bekl. über das Bürgschaftsrisiko
veranlaßt haben könnten. Diese Ausführungen halten einer
rechtlichen Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
1. Die Revision macht unter Bezugnahme auf das
Senatsurteil vom 29. 2. 1996 (BGHZ 132, 119 =
NJW 1996, 1467 = LM H. 9/1996 § 765 BGB Nr. 107 = WM 1996, 762) -
zur Blankobürgschaft - geltend, die Bürgschaft der bekl. Iranerin
genüge nicht der Form des § 766 BGB und sei deswegen unwirksam
(§ 125 S. 1 BGB). Die Bürgin, die - dies ist unstreitig - weder
der deutschen Sprache mächtig sei noch lateinische Schrift lesen könne,
habe das in deutscher Sprache verfaßte Bürgschaftsformular unterzeichnet,
ohne Kenntnis von den formbedürftigen Bürgschaftsumständen
erlangt zu haben. Dies stehe dem Fall gleich, daß ein Bürge
eine Blankounterschrift leiste und einen anderen mündlich zur Ergänzung
der Urkunde ermächtige. Ansonsten könne die Vorschrift des §
766 BGB den Bürgen nicht mehr schützen und verliere ihre Warnfunktion.
Insoweit kann der Revision nicht gefolgt werden. Die Bekl. hat kein Blankett,
sondern eine vollständige Urkunde unterschrieben. Zwar hat die Bekl.
von den darin enthaltenen Bürgschaftsmerkmalen und von der damit verbundenen
Haftung keine Kenntnis erlangt. Dies ist aber darauf zurückzuführen,
daß die Bekl. die Warnfunktion der ihr vorgelegten Bürgschaftsurkunde
mißachtet hat, indem sie diese unterzeichnet hat, ohne zuvor vom
Inhalt der Urkunde Kenntnis zu nehmen (Senat, NJW 1995, 190 = LM H. 2/1995
§ 2 AGBG Nr. 16 = WM 1994, 2274 (2276)). Dies war ihr in zumutbarer
Weise möglich. Sie wurde damals von ihrem der deutschen Sprache und
Schrift kundigen Vetter, der ihr als Dolmetscher diente, begleitet; dieser
hätte ihr auf eine Bitte hin die auf einer DIN-A 4-Seite befindlichen,
übersichtlich gegliederten und auch für einen Rechtsunkundigen
hinreichend verständlichen Vertragsbedingungen übersetzen können.
Dieser Fall ist anders als derjenige einer Blankobürgschaft mit mündlicher
Ermächtigung zur Ergänzung der Urkunde.
2. a) Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand
hat das BerGer. eine Sittenwidrigkeit der Bürgschaft gem. § 138
I BGB im Ergebnis zu Recht verneint, selbst wenn die Bekl. sich für
alle bei Vertragsschluß bestehenden und für zukünftige
Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin aus der Geschäftsverbindung
mit der Kl. verbürgt haben sollte. Dabei können zugunsten der
Bekl., deren Vetter einer der beiden Hauptschuldner ist, die Grundsätze
entsprechend angewendet werden, die der Senat für die Beurteilung
der Rechtswirksamkeit von Ehegattenbürgschaften entwikelt hat (BGH,
NJW 1996, 513 = LM H. 4/1996 § 138 (Bc) BGB Nr. 85 = WM 1996, 53;
NJW 1996, 1274 = LM H. 6/1996 § 765 BGB Nr. 104 = WM 1996, 519; BGHZ
132, 328 = NJW 1996, 2088 = LM H. 9/1996 § 765 BGB Nr. 108; NJW 1997,
1003 = LM H. 5/1997 § 765 BGB Nr. 114, z. Veröff. in BGHZ bestimmt).
Die 1935 oder 1936 geborene Bekl., die die objektiven und subjektiven Voraussetzungen
einer Sittenwidrigkeit des Bürgschaftsvertrags darzulegen und zu beweisen
hat (BGH, NJW 1996, 513 = LM H. 4/1996 § 138 (Bc) BGB Nr. 85 = WM
1996, 53 (55)), hat schon nicht behauptet, daß die Bürgschaftsverpflichtung
ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit überschreite. Nach eigenem
Vorbringen hatte die Bekl. etwa 600000 DM zur Verfügung, die aus dem
Iran stammten. Bei Abschluß des Bürgschaftsvertrags hatte die
Bekl. nach der Zeugenaussage ihres Vetters und Hauptschuldners im Arrestverfahren
ein Sparguthaben von etwa 500000 DM bei der Kl.; davon erwarb die Bekl.
Mitte 1985 eine Eigentumswohnung. Die Bekl. hat es hingenommen, daß
der Hauptschuldner aufgrund einer unbeschränkten Vollmacht von ihrem
Guthaben 1988 300000 DM und später 70000 DM zur Erfüllung eigener
Verbindlichkeiten verwendete. Sollte die Bekl. noch eine finanzielle Überforderung
darlegen, so wäre bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit zu berücksichtigen,
daß der Hauptschuldner Gynäkologe mit entsprechendem Einkommen
ist, von dem eine Tilgung seiner Schulden gegenüber der Kl. zu erwarten
war (vgl. BGH, NJW 1996, 1274 = LM H. 6/1996 § 765 BGB Nr. 104 = WM
1996, 519 (522)). Außerdem steht nicht fest, daß die Bekl.
über ihre finanzielle Belastung durch die Bürgschaft hinaus durch
weitere, der Kl. zurechenbare Umstände in ihrer Entscheidungsfreiheit
beeinträchtigt worden ist. Ihre Behauptung, die Übernahme der
Bürgschaft beruhe auf Unerfahrenheit und mangelndem Urteilsvermögen
infolge fehlender Sprach- und Schriftkenntnis, hat die Bekl. bisher nicht
bewiesen. Die Kl. hat dagegen vorgebracht, die Bekl. sei vor Unterzeichnung
der Bürgschaftsurkunde durch ihren Vetter und Hauptschuldner über
Gegenstand und Tragweite der Bürgschaft unterrichtet worden; für
die Richtigkeit dieses Vortrags spricht die Aussage des Zeugen Dr. M (zu
einer anderen Beweisfrage). Die Bekl. hatte auch die Möglichkeit,
durch ihren Vetter und Hauptschuldner vor ihrer Verpflichtung deren Inhalt
zu erfahren. Sollte gemäß dem Vorbringen der Bekl. der Vetter
und Hauptschuldner das Angehörigenverhältnis und ein Dankesgefühl
- wegen Vermittlung einer schmerzlindernden Rückenoperation - mißbraucht
haben, so hat die Bekl. nicht dargelegt, daß die Kl. dies wußte
oder hätte wissen müssen. Falls die Kl., wie die Bekl. behauptet
hat, gegenüber dem Hauptschuldner eine Bürgschaft der Bekl. als
reine Formsache bezeichnet haben sollte, so hat die Bekl. doch nicht vorgetragen,
daß sich eine solche Verharmlosung des Risikos auf ihre Entschließung
ausgewirkt habe. Vielmehr hat sie vorgebracht, sie habe unterschrieben
aufgrund einer Erklärung des Hauptschuldners, es handele sich um eine
formale Unterschrift betreffend ihr Sparkonto bei der Kl.
b) Da davon auszugehen ist, daß die Bürgschaft
der Bekl. ein taugliches Sicherungsmittel ist, entfällt eine Änderung
des Bürgschaftsvertrags zugunsten der Bekl. gem. § 242 BGB (vgl.
BGH, NJW 1996, 2088 (2089f.) = LM H. 9/1996 § 765 BGB Nr. 108; NJW
1997, 1003 (1004) = LM H. 5/1997 § 765 BGB Nr. 114).
3. Die Revision rügt erfolglos die tatrichterliche
Feststellung, die Bekl. habe den behaupteten Irrtum bei der Unterzeichnung
der Bürgschaftsurkunde nicht bewiesen (§ 119 I Fall 1 BGB; vgl.
zur Beweislast BGH, WM 1959, 348 (349)). Dazu hat das BerGer. im einzelnen
ausgeführt: Der Behauptung der Bekl., sie habe angenommen, es handele
sich um eine Unterschrift für ihr Sparkonto, stehe die Aussage des
Zeugen Dr. M "diametral" entgegen. Danach habe die Bekl. gewußt,
daß sie eine Bürgschaftserklärung unterzeichne. Ob den
Bekundungen des Zeugen in allen Einzelheiten zu folgen sei, brauche nicht
entschieden zu werden. Selbst wenn man dem Zeugen trotz des durchaus glaubhaft
erscheinenden Inhalts seiner Aussage keinen Glauben schenken wollte wegen
seines wirtschaftlichen Interesses am Ausgang des Rechtsstreits, so habe
doch die Bekl. ihren angeblichen Irrtum nicht bewiesen.
a) Danach hat das BerGer. entgegen der Ansicht
der Revision nicht auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen abgestellt,
obwohl der mit der Beweisaufnahme beauftragte Richter seinen persönlichen
Eindruck vom Zeugen nicht in der Niederschrift vermerkt hatte (vgl. BGH,
NJW 1991, 1302 = BGHRZPO § 286 - Zeugenbeweis 1; NJW 1991, 1180 =
LM § 286 (B) ZPO Nr. 79 = BGHRZPO § 286 I - Beweiswürdigung
1). Vielmehr hat das BerGer. die Richtigkeit der Zeugenaussage letztlich
dahingestellt sein lassen, weil auch dann die Bekl. den ihr obliegenden
Beweis nicht geführt habe. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu
beanstanden. Daran ändert es nichts, daß das BerGer. ohne nähere
Begründung die Aussage für "durchaus glaubhaft" gehalten hat.
b) Erfolglos macht die Revision geltend, das BerGer.
habe rechtsfehlerhaft eine Vernehmung der Bekl. als Partei gem. §
448 ZPO nicht erwogen und durchgeführt. Die Vernehmung einer Partei
zu ihrem eigenen Vorbringen setzt voraus, daß das Ergebnis der Beweisaufnahme
nicht ausreicht, die richterliche Überzeugung von der Richtigkeit
der Behauptung zu begründen, dafür aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit
besteht. Ob der Tatrichter von der Möglichkeit des § 448 ZPO
Gebrauch macht, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Das
RevGer. kann nur prüfen, ob er dieses sachgemäß ausgeübt,
die Ermessensgrenzen überschritten oder es überhaupt versäumt
hat, von dem Ermessen Gebrauch zu machen (BGH, NJW-RR 1988, 962 = LM §
242 (Bd) BGB Nr. 31 = FamRZ 1988, 482 (485); BGHRZPO § 448 - Ermessensgrenzen
3; NJW 1989, 3222 = LM § 448 ZPO Nr. 7). Das BerGer. hat hinreichend
deutlich zum Ausdruck gebracht, daß es einen von der Bekl. behaupteten
Irrtum bei Vertragsschluß nicht als wahrscheinlich angesehen hat.
Es hat nämlich ausgeführt, die Aussage des Zeugen Dr. M stehe
diesem Vorbringen der Bekl. "diametral" entgegen und diese habe keinen
weiteren Beweis angeboten. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Entgegen der Ansicht der Revision, die auf das Urteil des EGMR vom 27.
. 10. 1993 (NJW 1995, 1413) verweist, ist der Grundsatz der Waffengleichheit
der Parteien eines Zivilprozesses nicht verletzt worden. Das BerGer. hat
zu der Behauptung der Bekl., sie habe sich bei Unterzeichnung der Urkunde
über deren Inhalt geirrt, nicht einen Zeugen der Kl., sondern allein
den von der Bekl. benannten Dr. M vernommen. Dieser hat das Vorbringen
der Bekl. nach rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung nicht
bestätigt. Weitere Beweisanträge hat die Bekl. nicht gestellt.
4. Vergeblich beanstandet die Revision die Ansicht
des BerGer., die Kl. habe bei Abschluß des Bürgschaftsvertrags
keine Aufklärungspflicht gegenüber der Bekl. verletzt. Ein Schadensersatzanspruch
aus einem Verschulden der Kl. bei Vertragsschluß, mit dem die Inanspruchnahme
aus der Bürgschaft abgewehrt werden könnte (vgl. BGH, WM 1966,
944 (945); NJW 1994, 2146 = LM H. 9/1994 § 765 BGB Nr. 94/95 = WM
1994, 1064 (1066)), steht der Bekl. nicht zu. Nach ständiger Rechtsprechung
des Senats obliegen dem Gläubiger gegenüber dem künftigen
Bürgen grundsätzlich keine Sorgfaltspflichten, insbesondere keine
Pflicht zur Aufklärung über das Bürgschaftsrisiko, weil
dieses allgemein bekannt ist und außerdem durch die erforderliche
Schriftform (§ 766 BGB) offengelegt wird. Solange der Gläubiger
insoweit nicht durch den künftigen Bürgen befragt wird, kann
er davon ausgehen, daß dieser sich über die für seine Entschließung
maßgeblichen Umstände, insbesondere auch über die Wahrscheinlichkeit
seiner Inanspruchnahme, ausreichend unterrichtet hat. Eine Ausnahme von
diesem Grundsatz gilt dann, wenn der Bürgschaftsgläubiger durch
sein Verhalten und auch für ihn erkennbar einen Irrtum des Bürgen
über dessen erhöhtes Risiko veranlaßt hatte. Ist dies nicht
der Fall, so ist der Gläubiger grundsätzlich nicht verpflichtet,
die eigene Einschätzung des Risikos zu offenbaren oder sich über
den Wissensstand des künftigen Bürgen zu unterrichten (BGH, NJW-RR
1986, 210 = WM 1986, 11 (12); NJW 1988, 3205 (3206) = LM § 765 BGB
Nr. 55; BGHZ 125, 206 (218) = NJW 1994, 1278 = LM H. 9/1994 § 765
BGB Nr. 91; BGH, WM 1994, 1064).
a) Diese Grundsätze muß auch ein ausländischer
Bürge gegen sich gelten lassen. Bei der Anbahnung eines Vertrags hat
eine Partei dem anderen Teil nur diejenigen entscheidungserheblichen Umstände
mitzuteilen, über die dieser eine Aufklärung nach dem Grundsatz
von Treu und Glauben im Rechtsverkehr (§ 242 BGB) redlicherweise erwarten
darf (BGH, NJW 1970, 653 (655) = LM § 276 (Fb) BGB Nr. 5; NJW-RR 1986,
210 = WM 1986, 11 (12); NJW-RR 1992, 1005 = LM H. 10/1992 § 123 BGB
Nr. 75 = WM 1992, 1016 (1017)). Danach besteht keine regelmäßige
Pflicht einer Partei, von sich aus - ungefragt - einen anderen vor oder
bei Vertragsschluß über das damit verbundene Risiko zu unterrichten.
Jedermann darf grundsätzlich davon ausgehen, daß sich sein künftiger
Vertragspartner selbst über die Umstände, die für seine
Vertragsentscheidung maßgeblich sind, sowie über Art und Umfang
seiner Vertragspflichten im eigenen Interesse Klarheit verschafft hat.
Es ist im allgemeinen nicht rechtliche Aufgabe des Vertragsgegners, gegenüber
dem anderen Teil die Nachteile und Gefahren zu verdeutlichen, die mit den
Pflichten aus dem beabsichtigten Vertrag verbunden sind, und diese bei
einem gegenseitigen Vertrag gegen die Vorteile abzuwägen. Nur ausnahmsweise
kann eine Aufklärungs- und Warnpflicht nach Treu und Glauben dann
bestehen, wenn wegen besonderer Umstände des Einzelfalls davon auszugehen
ist, daß der künftige Vertragspartner nicht hinreichend unterrichtet
ist und die Verhältnisse nicht durchschaut (vgl. BGH, NJW 1991, 693
= LM § 276 (Cc) BGB Nr. 27 = BB 1991, 155; NJW 1996, 1206 (1207) =
LM H. 6/1996 § 276 (F) BGB Nr. 1). Dies gilt auch bei einem Vertragsschluß
mit einem Ausländer. Aus dessen Sicht hat die Vorlage einer Urkunde
zur Unterschrift Warnfunktion in dem Sinne, daß von ihm eine rechtlich
bedeutsame Erklärung erwartet wird. Nutzt er eine zumutbare Möglichkeit,
sich Kenntnis von ihrem Inhalt zu verschaffen, nicht, so muß er das
mit der Unterzeichnung der ungelesenen Urkunde verbundene Risiko tragen,
daß der Inhalt der Urkunde nicht seinen Vorstellungen entspricht
(vgl. BGHZ 87, 112 (114f.) = NJW 1983, 1489 = LM § 1 AbzG Nr. 15;
BGH, NJW 1995, 190 = LM H. 2/1995 § 2 AGBG Nr. 16 = WM 1994, 2274
(2276)).
b) Auch die Kl. durfte bei Vertragsschluß
annehmen, daß die bekl. Iranerin sich im eigenen Interesse Gewißheit
über alle wesentlichen Einzelheiten einer Bürgschaft für
ihren Vetter und dessen Ehefrau verschafft hatte. Die Kl. ist nach ihrem
Vorbringen damals davon ausgegangen, daß die Bekl. zumindest durch
ihren Vetter - diesen hat die Kl. zunächst für den Bruder der
Bekl. gehalten -, der ihr Vertrauen genoß, unterrichtet worden war.
Obwohl dieser ebenfalls aus dem Iran stammt, war von ihm eine im großen
und ganzen zutreffende Aufklärung zu erwarten, weil er seit vielen
Jahren in Deutschland lebte, hier Medizin studiert hatte und als Arzt arbeitete,
der deutschen Sprache und Schrift mächtig war, die deutsche Staatsbürgerschaft
erworben hatte und in langer, vielfältiger Geschäftsverbindung
mit der Kl. stand, mit deren Hilfe er nach dem unbestrittenen Vorbringen
der Bekl. bereits drei Eigentumswohnungen gekauft hatte. Daran ändert
es nichts, daß die Bekl. für den Vetter - und seine Ehefrau
- bürgen sollte. Aus dem Vorbringen der Bekl. ergibt sich kein Anhaltspunkt
dafür, daß die Kl. vor oder bei Vertragsschluß damit rechnen
mußte, die Bekl. werde durch ihren Vetter bezüglich der Bürgschaft
getäuscht. Danach hätte sich die Kl. nicht vor Vertragsschluß
nach dem Wissensstand der Bekl. erkundigen müssen, wenn ihr der Hauptschuldner
eine vollständige, von der Bekl. unterschriebene Bürgschaftsurkunde
überbracht hätte. Dies ist nicht deswegen anders, weil die Bekl.
in den Geschäftsräumen der Kl. die ihr vorgelegte Bürgschaftsurkunde
unterschrieben hat. Die Mitarbeiter der Kl. wußten nach deren Vorbringen
damals zwar, daß die Bekl. eine Angehörige des Hauptschuldners
aus dem Iran war, dort gewöhnlich lebte und der geschäftliche
Umgang mit ihr "Übersetzungshilfen" erforderte. Da die Bekl. aber
bei Vertragsschluß durch ihren Vetter begleitet wurde, dessen sie
sich als Dolmetscher zu bedienen pflegte, hatte diese die Möglichkeit,
die Mitarbeiter der Kl. nach dem Inhalt der vorgelegten Urkunde zu fragen.
Außerdem hätte sich die Bekl. vor ihrer Unterschrift eine Übersetzung
der Urkunde verschaffen und Rechtsrat einholen können. Nach alledem
hätte die Bekl. im eigenen Interesse die uneingeschränkte Kenntnis
der Bedeutung ihrer Unterschrift in zumutbarer Weise erlangen und damit
ihre volle Entscheidungsfreiheit wahren können, hat aber davon keinen
Gebrauch gemacht.
5. Die Revision beruft sich jedoch mit Erfolg
auf die vom Senat - zeitlich nach seinem ersten Revisionsurteil in dieser
Sache - entwickelte sog. "Anlaß"-Rechtsprechung zu §§ 3,
9 AGBG in Bürgschaftssachen (BGHZ 130, 19 = NJW 1995, 2553 = LM H.
11/1995 § 765 BGB Nr. 99-101; BGHZ 132, 6 = NJW 1996, 924 = LM H.
6/1996 § 765 BGB Nr. 105 = WM 1996, 436; NJW 1996, 1470 = LM H. 8/1996
§ 767 BGB Nr. 31/32 = WM 1996, 766; NJW 1996, 2369 = LM H. 10/1996
§ 765 BGB Nr. 109 = WM 1996, 1391). In seinem ersten Revisionsurteil
vom 27. 10. 1994 (NJW 1995, 190 = LM H. 2/1995 § 2 AGBG Nr. 16 = WM
1994, 2274 (2277)) hat der Senat ausgeführt, die Frage, ob eine Bürgenhaftung
der Bekl. gem. §§ 3, 4 AGBG auf den Kredit für den Hauskauf
der Hauptschuldner zu beschränken sei, stelle sich beim derzeitigen
Sachstand nicht, weil die Bekl. ihr ursprüngliches Vorbringen, sie
habe bei Unterzeichnung des Bürgschaftsformulars angenommen, daß
sie für die Rückzahlung dieses Darlehens - in Höhe von 800000
DM - bürgen solle, aufgegeben habe. Damit ist nicht zum Ausdruck gebracht
worden, die weite Zweckerklärung der Bürgschaft, die sich auf
alle bei Vertragsschluß bestehenden und auf künftige Verbindlichkeiten
der Hauptschuldner erstreckt, werde nicht durch § 3 AGBG vom Vertragsinhalt
ausgenommen. Selbst wenn dies anders zu werten sein sollte, so ist der
Senat im Rahmen seiner allgemein geänderten Rechtsauffassung nicht
an sein erstes Urteil in dieser Sache gebunden (vgl. GmS-OBG, BGHZ 60,
392 (397f.) = NJW 1973, 1273; BGHZ 132, 6 = NJW 1996, 924 = LM H. 6/1996
§ 765 BGB Nr. 105 = WM 1996, 436 (437)). Das BerGer. ist in seinem
angefochtenen Urteil vom 9. 6. 1996 auf die damals schon eingeleitete neue
Rechtsprechung des Senats nicht eingegangen. Es hat lediglich ausgeführt,
die Voraussetzungen des § 3 AGBG lägen nicht vor, weil die Regelungen
im Bürgschaftsformular nicht überraschend seien.
a) Die Bekl. hat sich für alle bestehenden
und künftigen Ansprüche der Kl. gegen Dr. M und seine Ehefrau
aus ihrer Geschäftsverbindung verbürgt. Diese Bürgschaft
vom 15. 3. 1985 wurde übernommen im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang
mit dem Erwerb eines Hausgrundstücks durch die beiden Hauptschuldner
am 8. 3. 1985 und mit der Finanzierung des Kaufpreises von 800000 DM durch
die Kl. gemäß "Schuldschein" der Hauptschuldner vom 10. 4. 1985.
Unstreitig hatten die Hauptschuldner damals weitere Verbindlichkeiten gegenüber
der Kl., nach der Behauptung der Bekl. möglicherweise u.a. aus der
Finanzierung der Kaufpreise für drei Eigentumswohnungen. Nach der
Bürgschaftsübernahme hat die Kl. den Hauptschuldnern ein weiteres
Darlehen von 400000 DM gewährt. Nach dem Vorbringen der Kl. hat sich
die Bekl. "für sämtliche Verbindlichkeiten" verbürgt; insoweit
hat sich die Kl. auf das Zeugnis des Hauptschuldners Dr. M berufen. Nach
dessen Zeugenaussage - zu einer anderen Beweisfrage - sollte die Bekl.
nur den Kredit zur Finanzierung des Hauskaufs verbürgen; in diesem
Sinne hatte sich der Zeuge auch in seiner "eidesstattlichen Versicherung"
vom 4. 7. 1991 und in seiner Aussage im Arrestverfahren geäußert.
Nach ihrem ursprünglichen Vorbringen hat die Bekl. den Kredit für
den Hauskauf der Hauptschuldner verbürgt, nach ihrem späteren
Vortrag hat sie keine Bürgschaft übernommen und besteht keine
Forderung der Kl. gegen die Hauptschuldner mehr. Danach hätte das
BerGer. feststellen müssen, ob Anlaß der Bürgschaft nur
die Sicherung des Kredits für den Hauskauf oder aber - gemäß
dem Klagevortrag - aller weiteren damals bestehenden und der künftigen
Verbindlichkeiten der Hauptschuldner aus ihrer Geschäftsverbindung
mit der Kl. war. Diese hat darzulegen und zu beweisen, daß die Bürgschaft
die geltend gemachte Hauptschuld umfaßt (§ 767 I 1 BGB; vgl.
BGH, NJW 1996, 1470 = LM H. 8/1996 § 767 BGB Nr. 31/32 = WM 1996,
766 (769)). Sollte die Bekl. nur den Kredit für den Hauskauf verbürgen,
so wäre die formularmäßige Erstreckung der Bürgschaft
auf alle übrigen bestehenden und auf künftige, bei Vertragsschluß
für die Bekl. unabsehbare und von ihr nicht zu verhindernde Verbindlichkeiten
der Hauptschuldner überraschend gem. § 3 AGBG und nicht Vertragsbestandteil
geworden (vgl. BGHZ 126, 174 (176ff.) = NJW 1994, 2145 = LM H. 10/1994
§ 765 BGB Nr. 96; BGHZ 130, 19 (24ff.) = NJW 1995, 2553 = LM H. 11/1995
§ 765 BGB Nr. 99-101; BGHZ 132, 6 = NJW 1996, 924 = LM H. 6/1996 §
765 BGB Nr. 105 = WM 1996, 766 (437); BGH, NJW 1996, 1470 = LM H. 8/1996
§ 765 BGB Nr. 31/32 = WM 1996, 766 (769f.)). Außerdem wiche
die Erweiterung der Bürgenhaftung über den objektiven Anlaß
der Verbürgung hinaus vom gesetzlichen Leitbild des § 767 I 3
BGB ab und wäre gem. § 9 AGBG unwirksam (vgl. BGHZ 130, 19 (31ff.)
= NJW 1995, 2553 = LM H. 11/1995 § 765 BGB Nr. 99-101; BGHZ 132, 6
= NJW 1996, 924 = LM H. 6/1996 § 765 BGB Nr. 105 = WM 1996, 436 (437);
BGH, NJW 1996, 1470 = LM H. 8/1996 § 767 BGB Nr. 31/32 = WM 1996,
766 (768f.)); eine Formularbürgschaft erstreckt sich nur dann wirksam
auf künftige Ansprüche gegen den Hauptschuldner, wenn diese schon
bei Vertragsschluß nach Grund und Umfang klar und übersichtlich
umrissen sind (BGH, NJW 1996, 2369 = LM H. 10/1996 § 765 BGB Nr. 109
= WM 1996, 1391 (1392)). Sollte die Erweiterung der Bürgenhaftung
unwirksam sein, so bliebe der Bürgschaftsvertrag nach § 6 I,
II AGBG wirksam mit dem Inhalt, daß die Bekl. nur für die verbürgte
Darlehensverbindlichkeit der Hauptschuldner wegen des Hauskaufs haftete
(vgl. BGHZ 130, 19 (34ff.) = NJW 1995, 2553 = LM H. 11/1995 § 765
BGB Nr. 99-101). Verfassungsrechtliche Gründe hindern nicht eine Rückwirkung
der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den früher
geschlossenen, noch nicht abgewickelten Bürgschaftsvertrag; nach dem
Schutzzweck des AGB-Gesetzes trifft die Kl. das Risiko, daß und in
welchem Umfang ein Vertrag wirksam ist, der gemäß einem von
ihr verwendeten Formular zustande gekommen ist (vgl. BGHZ 132, 6 = NJW
1996, 924 = LM H. 6/1996 § 765 BGB Nr. 105 = WM 1996, 436 (437f.);
BGHZ 132, 119 = NJW 1996, 1467 = LM H. 9/1996 § 765 BGB Nr. 107 =
WM 1996, 762 (765f.)).
b) Für den Fall, daß die Bekl. nur
für die Darlehensverbindlichkeit der Hauptschuldner aus dem Hauskauf
haftet, hat die Kl. entgegen den Ausführungen des BerGer. bisher nicht
schlüssig dargelegt, daß der - von den Vorinstanzen zuerkannte
- hauptsächliche Klageanspruch auf Zahlung von 251783,91 DM unter
diese verbürgte Schuld fällt, wie die Revision zutreffend rügt.
Nach dem Klagevortrag handelt es sich um eine Teilforderung aus dem Girokonto
der Hauptschuldner Nr. ..., das nunmehr ein Soll von 278010,60 DM ausweist.
Die Kl. hat jedoch - unter Vorlage von Belegen - behauptet, der Hauskauf
der Hauptschuldner sei nicht über dieses Konto finanziert worden,
sondern über das Konto der Hauptschuldner Nr. ... und dieses habe
Ende 1992 mit einer Schuld von 144044,74 DM abgeschlossen. Dies deutet
darauf hin, daß dann nur eine solche Restschuld verbürgt ist
(§ 767 I 1 BGB). Die Kl. hat weiterhin vorgebracht, daß, nachdem
der Kredit auf dem letztgenannten Konto im April 1986 auf 1,2 Mio. DM erhöht
worden sei, die Raten auf das - erhöhte - Darlehen vereinbarungsgemäß
vom Konto Nr. ... abgebucht worden seien. Das BerGer. hat aber schon nicht
begründet, warum sich daraus nach seiner Ansicht ohne weiteres ergeben
soll, daß der Debetsaldo auf diesem Konto "im wesentlichen" die Rückführung
eines verbürgten Darlehens für den Hauskauf betreffen soll. Die
Schuld kann andere Ursachen haben. Außerdem richtet sich eine Haftung
der Bekl. für diesen Kredit nur nach seinem restlichen Bestand (§
767 I 1 BGB).
II. Da noch nicht feststeht, daß die Bekl.
den eingeklagten Anspruch verbürgt hat, ist das Berufungsurteil auch
insoweit aufzuheben, als die Bekl. verurteilt worden ist, die Zwangsvollstrekung
aus der zugunsten der Kl. eingetragenen Arresthypothek an ihrem Grundmiteigentumsanteil
zu dulden, und die Widerklage der Bekl., die Kl. zur Mitwirkung an der
Löschung dieser Hypothek zu verurteilen, abgewiesen worden ist.
1. Für den Fall, daß ein Zahlungsanspruch
gegen die Bekl. zuerkannt wird, hat das BerGer. zu Recht angenommen, daß
der Arresthypothek eine "latente Verwertungsfunktion" zukomme und deswegen
die Kl. auf Duldung der Zwangsvollstreckung klagen könne (§ 932
ZPO mit §§ 1114, 1147, 1184-1186, 1190 I, III BGB). Die im Wege
des Arrests eingetragene (Höchstbetrags-)Sicherungshypothek (§
932 ZPO mit §§ 1184, 1185, 1190 I, III BGB) bietet dem Gläubiger
noch keine Befriedigungsmöglichkeit, sondern sichert nur rangwahrend
seine - noch nicht titulierte - Forderung in der Höhe ihrer Feststellung
im Hauptprozeß. Deswegen ist die Arresthypothek zu unterscheiden
von der Zwangshypothek, die eine Zwangsvollstreckung in ein Grundstück
ermöglicht (§§ 866-870 ZPO), sobald der Gläubiger gegen
den Eigentümer einen Titel auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen
der zuerkannten Forderung erlangt hat (§ 1147 BGB; vgl. BGH, NJW 1966,
2009 = LM § 776 BGB Nr. 1; BGHZ 130, 347 = NJW 1995, 2715 (2717) =
LM H. 1/1996 GesO Nr. 11). Ein rechtskräftiger Titel über die
Arrestforderung hat nicht zur Folge, daß aus der Arresthypothek kraft
Gesetzes eine Zwangshypothek wird. In der Regel kann der Arrestgläubiger,
nachdem er einen Titel über die gesicherte Forderung erwirkt hat,
seine Arresthypothek in eine Zwangshypothek - mit dem Rang der Arresthypothek
- umwandeln lassen, und zwar entweder durch Einigung (§§ 877,
1186 BGB) oder im Vollstreckungswege (vgl. §§ 867 I, 932 II ZPO)
auf Antrag gegenüber dem Grundbuchamt unter Vorlage des Schuldtitels,
der die Einigung und Eintragungsbewilligung des Grundeigentümers ersetzt,
jeweils in Verbindung mit der Eintragung in das Grundbuch (KG, OLGZ 1944
(1925), 177; OLG Frankfurt a.M., Rpfleger 1975, 103; Thumm, in: RGRK, 12.
Aufl., § 1186 Rdnr. 3; Palandt/Bassenge, BGB, 56. Aufl., § 1186
Rdnr. 3; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 932 Rdnr. 14; Heinze,
in: MünchKomm-ZPO, 1992, § 932 Rdnr. 14). Könnte aus der
Arresthypothek nicht auf Duldung der Zwangsvollstreckung gem. § 1147
BGB geklagt werden (so LG Zwickau, LZ 1931, 530; Staudinger/Scherübl,
BGB, 12. Aufl., § 1147 Rdnr. 46; Rosenberg, Lehrb. d. ZPR, 9. Aufl.,
§ 213 Anm. II 2c), so entfiele die Umschreibungsmöglichkeit auf
Grund des persönlichen Titels grundsätzlich nach Veräußerung
des mit der Arresthypothek belasteten Grundstücks (Nicklisch, AcP
169 (1969), 124 (126ff.)). Eine solche Sicherungslücke besteht dagegen
nicht, wenn mit Nicklisch (AcP 169 (1969), 124 (132ff.)) angenommen wird,
daß die Arresthypothek einen Duldungsanspruch gegen den jeweiligen
Eigentümer gewähre. Diese Ansicht hat in Rechtsprechung und Schrifttum
Zustimmung gefunden (OLG Celle, WM 1985, 547 (548); LG Zweibrücken,
NJW-RR 1995, 512; ; Stein/Jonas/Grunsky, § 932 Rdnr. 3; Heinze, in:
MünchKomm-ZPO, § 932 Rdnrn. 2, 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
ZPO, 55. Aufl., § 932 Rdnr. 7; Thomas/Putzo, ZPO, 19. Aufl., §
932 Rdnr. 1; Rosenberg/Gaul/Schilken, ZwangsvollstreckungsR, 10. Aufl.,
§ 78 Anm. II 3c; Schuschke/Walker, Vollstreckung u. vorläufiger
Rechtsschutz II, 1995, § 932 Rdnr. 11). Der Senat schließt sich
ihr an. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß die Arrestvollziehung
in Grundstücke dingliche Wirkung im Sinne eines Pfandrechts haben
müsse (Mot. zum BGB III, 1888, 626f.; vgl. Nicklisch, AcP 169 (1969),
124 (129ff.)). Dies läßt darauf schließen, daß der
Arrestgläubiger einerseits keine sofortige Verwertungsbefugnis erhalten,
andererseits aber bei Veräußerung des Grundstücks nicht
schutzlos sein soll. Als Sicherungshypothek ist die Arresthypothek davon
abhängig, daß die gesicherte Forderung besteht; insoweit wird
ein guter Glaube nicht geschützt (§§ 1137, 1184, 1185 BGB).
Der Eigentümer kann einem Duldungsanspruch aus der Arresthypothek
entgegenhalten, die gesicherte Forderung bestehe nicht oder nicht in voller
Höhe. Der Gläubiger muß dann den Bestand der Arrestforderung
beweisen (vgl. BGH, NJW 1986, 53). Danach droht keine Gefahr einer vorzeitigen
Befriedigung des Arrestgläubigers.
2. Der mit der Widerklage verfolgte Löschungsanspruch
ist insoweit begründet, als der gesicherte Anspruch ungerechtfertigt
sein sollte (§§ 812, 894 mit §§ 875, 876 BGB).