Schadensersatz aus c.i.c. auf das Erfüllungsinteresse aus einem nicht abgeschlossenen Vertrag


BGH, Urteil v. 24.6.1998 - XII ZR 126/96


Amtl. Leitsatz:

Nach den Regeln über das Verschulden bei Vertragsschluß kann ausnahmsweise das Interesse des Geschädigten an der Erfüllung eines nicht zustande gekommenen Vertrags zu ersetzen sein, wenn im Einzelfall feststeht, daß die Vertragspartner ohne das schuldhafte Verhalten statt des abgeschlossenen Vertrags einen anderen, für den Geschädigten günstigeren Vertrag abgeschlossen hätten (Fortführung von BGH, NJW 1988, 2234 = LM § 252 BGB Nr. 37; BGHZ 108, 200 [207 f] = NJW 1989, 3095 = LM Art. 38 EGBGB 1986 Nr. 2).



Fundstelle:

NJW 1998, 2900 f
vgl. dazu S. Lorenz NJW 1999, 1001 f;
BGH v. 6.4.2001 - V ZR 394/99 sowie BGH, Urteil vom 19.05.2006 - V ZR 264/05



Zentralproblem des Falles:

Wird jemand durch eine die Haftung aus c.i.c. begründende Verhaltensweise seines Vertragspartners zum Abschluß eines ihm ungünstigen Vertrags veranlaßt, stellt sich die Frage der Haftungsausfüllung. Sicherlich kann er nach § 249 S. 1 BGB die Auflösung des Vertrages verlangen (was die bekannten Konkurrenzprobleme zu §§ 123, 124 BGB in sich birgt, vgl. dazu z.B. Köhler, AT, § 14 Rn. 65 m.w.N.). Will er hingegen den Zustand erreichen, den er bei Abschluß des ihm günstigeren Vertrages erreicht hätte, so genügt es nach der vorliegenden Entscheidung nicht, daß er darlegt, selbst einen solchen Vertrag geschlossen zu haben, wenn er nicht getäuscht worden wäre. Er muß vielmehr auch darlegen und beweisen, daß die andere Partei ebenfalls zum Abschluß eines solchen Vertrags bereit gewesen wäre.
Der vorliegenden Entscheidung des BGH ist nachdrücklich Recht zu geben. Hinzuweisen ist aber auf einen inneren Widerspruch in der Rechtsprechung des BGH: Im Bereich des Kauf- und Werkvertragsrechts gibt dieser nämlich in ständiger Rechtsprechung dem fahrlässig getäuschten Käufer/Besteller anstelle des Anspruchs auf Befreiung vom abgeschlossenen Vertrag wahlweise das Recht, "so behandelt (zu) werden, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Vertrag zu einem günstigeren Preis abzuschließen". Der BGH betont hier gerade, daß es "dabei ... nicht auf den - hypothetischen und ohnehin kaum zu führenden - Nachweis an(kommt), ob auch der andere Teil sich damals mit einem Vertragsschluß unter diesen Bedingungen einverstanden erklärt hätte". Entscheidend sei vielmehr alleine, "wie sich der geschädigte Vertragspartner bei Kenntnis der ihm verschwiegenen Umstände verhalten hätte". Bei Abschluß des Kauf- oder Werkvertrags durch einen nicht entsprechend aufgeklärten Käufer/Besteller stelle deshalb der Betrag einen ersatzfähigen Schaden dar, um den der Käufer/Besteller im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben des Verkäufers/Werkunternehmers den Gegenstand bzw. die Werkleistung "zu teuer" erworben habe (so BGH NJW 1989, 1793, 1794 m.w.N.= JZ 1989, 592 f mit abl. Besprechungsaufsatz Tiedtke JZ 1989, 569 ff; ebenso bereits BGHZ 69, 53, 58; aus jüngerer Zeit vgl. etwa BGHZ 114, 87 ff = NJW 1991, 1819 ff (zum Werkvertrag); BGH NJW 1994, 663 ff).
Diese Rechtsprechung wird von der wohl h.M. zu Recht abgelehnt. Sie widerspricht schlicht dem in § 249 S. 1 BGB verankerten Grundsatz der Naturalrestitution und ist überdies auch mit § 463 BGB nicht zu vereinbaren. Richtig ist vielmehr auch in diesem Bereich das früher schon vom Reichsgericht und in der vorliegenden Entscheidung nunmehr wiederum vom BGH festgehaltene Erfordernis des Nachweises eines hypothetischen Vertragsabschlusses. Die vom BGH bisher vertretene Ansicht läuft nämlich in der Tat auf den in der vorliegenden Entscheidung zu Recht problematisierten Kontrahierungszwang hinaus und ist daher auch nicht etwa als richterliche Rechtsfortbildung hinnehmbar (Das hält Palandt-Heinrichs aaO § 276 BGB Rn. 102 für "vielleicht" möglich. Ähnlich Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I: Allgemeiner Teil, 14. Aufl. 1987, S. 113, wonach die mit einer doppelten Fiktion operierende Begründung der Rspr. "kaum haltbar" sei, das Ergebnis aber Zustimmung verdiene, weil es "der Sachlage gerecht werde").
S. auch BGH, Urteil vom 19.05.2006 - V ZR 264/05.


Zum Sachverhalt:

Die Kl. ist Eigentümerin mehrerer landwirtschaftlicher Grundstücke. Zu diesem Grundbesitz gehören die Flurstücke .../1 und .../2, auf denen sich je eine Quelle befindet. Der geschiedene Ehemann der Kl. hat früher eine Mühle betrieben. Das Quellwasser wurde zunächst lediglich benutzt, um die Mühlräder anzutreiben. Später hat sich herausgestellt, daß es Mineralwasserqualität hat. Seither wird das Wasser in Flaschen gefüllt und verkauft. Die Kl. hat ihrem geschiedenen Ehemann während der Ehe ein lebenslanges unentgeltliches Nießbrauchsrecht an beiden Flurstücken eingeräumt mit der ausdrücklichen Erlaubnis, sie langfristig zu vermieten. Ihr geschiedener Ehemann hat beide Grundstücke bis zum Jahr 2018 an die bekl. GmbH verpachtet. Gesellschafter der  Bekl. sind der geschiedene Ehemann der Kl. und ein ehelicher Sohn, der zugleich Geschäftsführer ist. Zunächst wurde nur der Brunnen auf dem Flurstück .../2 zur Gewinnung von Mineralwasser ausgebeutet. Etwa im Jahre 1989 stellt sich bei einer Laboruntersuchung heraus, daß das dort gewonnene Wasser nicht mehr als hochwertiges Mineralwasser geeignet war. Dagegen ist das Wasser aus dem auf dem Flurstück .../1 gelegenen Brunnen einwandfrei. Die Bekl. beschloß deshalb, die Produktion entsprechend umzustellen. Zur Fortsetzung der Produktion benötigte sie ein Bankdarlehen von ca. 300000 DM. Die Bank verlangte als Sicherheit eine entsprechende Grundschuld auf dem Flurstück . . ../2 und außerdem die Zustimmung der Kl. - der Eigentümerin der Grundstücke - zu dem vom Nießbraucher abgeschlossenen Mietvertrag. Die Bekl. entwarf daraufhin bezüglich der Grundstücke einen neuen Mietvertrag, der auf Vermieterseite die Kl. als Eigentümerin und ihren geschiedenen Ehemann als Nießbraucher aufführte und auf Mieterseite die Bekl. Dieser Entwurf eines Mietvertrags schloß ausdrücklich beide Flurstücke ein und sah vor, daß jeder der beiden Vermieter für jede aus den beiden Flurstücken gewonnene Flasche 0,15 Pfennig erhalten sollte. Die Kl. übergab diesen Vertragsentwurf einem Rechtsanwalt zur Prüfung. Der Rechtsanwalt war nicht darüber informiert, daß in Zukunft der Brunnen auf dem Flursrück .../1 ausgebeutet werden sollte, und sah deshalb keine Veranlassung, dieses Flursrück in die vertragliche Regelung einzubeziehen. Er teilte der Bekl. mit Schreiben vom 20. 4. 1989 mit, er habe den ihm übersandten Mietvertrag entsprechend korrigiert. Die von dem Rechtsanwalt korrigierte Fassung wurde dann von den Beteiligten unterschrieben. Die unterschriebene Fassung des Vertrags sieht eine Beteiligung der Vermieter nur an den mit Wasser aus dem Flurstück .../2 abgefüllten Flaschen von Die von der Bank geforderte Grundschuld wurde unter Mitwirkung der Kl. eingetragen und der Darlehensbetrag von 300 000 DM an die Bekl. ausgezahlt. Die Bekl. zahlte an die Kl. für die Jahre 1990 bis 1993 insgesamt 44430,13 DM. Mit Anwaltsschreiben vom 13.4.1993 beanstandete die Kl. die angegebene Anzahl der abgefüllten Flaschen. Mit Schreiben vom 15. 10. 1993 teilte die Bekl. der Kl. mit, sie fördere inzwischen nur noch Wasser aus dem Flurstück .../1, das nicht Gegenstand des Mietvertrags sei. Sie sei nicht verpflichtet, über die auf diesem Flurstück geförderte Menge Auskunft zu erteilen, Seither zahlte die Bekl. nichts mehr.
Die Kl. hat Stufenklage erhoben mit dem Antrag, Auskunft zu erteilen über die auf beiden Flurstücken geförderten Mengen, die Angaben an Eides statt zu versichern und entsprechend der erteilten Auskunft 0,15 Pfennig pro Flasche an sie zu zahlen unter Berücksichtigung der bereits gezahlten Beträge. Sie vertritt die Ansicht, der unterschriebene Vertrag sei dahin auszulegen, daß auch für das auf dem Flurstück .../1 geförderte Wasser eine Vergütung zu zahlen sei. Außerdem macht sie geltend, der Geschäftsführer der Bekl. - ihr Sohn - habe ihr vor Unterzeichnung des Vertrags arglistig verschwiegen, daß die Bekl. in Zukunft nur noch auf dem Flurstück .../1 Wasser gewinnen wolle. Statt dessen habe er seinem Bruder W gegenüber erklärt, nach dem Vertrag könne die Kl. langfristig nur Einkünften rechnen, wenn sie in die Eintragung der Grundschuld einwillige. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. harte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Kl. die Stufenklage weiter; jedoch nur wegen des auf dem Flurstück .../1 geförderten Wassers. Die Revision war erfolgreich und führte im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Sache an das BerGer.

Aus den Gründen:

 1. Das BerGer. führt aus, der von den Parteien unterzeichnete Vertrag könne nach seinem eindeutigen Wortlaut und nach der Vorgeschichte nicht dahin ausgelegt werden, daß die Kl. auch wegen des auf dem Flurstück ./1 geförderten Wassers Zahlungen erhalten solle. Diese tatrichterliche Auslegung des Vertrags ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch hingenommen.
Weiter führt das BerGer. aus, unterstelle man den Vortrag der KL als richtig, stehe der Kl. ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß zu. Ein solcher Schadensersatzanspruch sei aber regelmäßig nur auf den Ersatz des sogenannten Vertrauensschadens gerichtet, also insbesondere auf die Befreiung von in dem abgeschlossenen Vertrag eingegangenen Verbindlichkeiten, auf den Ersatz nutzloser Aufwendungen usw. Dagegen könne die Kl. nicht verlangen, so gestellt zu werden, als sei der Vertrag mir dem Inhalt des ursprünglichen Vertragsentwurfs zustande gekommen. Zwar könne nach der Rechtsprechung des BGH der bei den Vertragsverhandlungen Geschädigte unter Umständen als Schadensersatz eine angemessene Vertragsanpassung verlangen, wenn der Vertrag infolge eines Verschuldens des Anspruchsgegners bei Vertragsschluß zu ungünstigen Bedingungen zustande gekommen sei, er aber dennoch an dem Vertrag festhalten wolle. Eine solche Vertragsanpassung komme aber nur in Betracht, wenn wegen des Verhaltens des Verpflichteten bei den Vertragsverhandlungen das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung gestört sei oder wenn - was hier nicht in Betracht komme - der Geschädigte wegen dieses Verhaltens Mehraufwendungen habe machen müssen. Die Gegenleistung, die die Kl. erhalten habe, könne zwar durch das Verhalten der Bekl. bei den Vertragsverhandlungen nachteilig beeinflußt worden sein, sie sei aber dennoch nicht unangemessen. Die Kl. habe nach dem Vertrag nur eine relativ geringwertige Leistung erbringen müssen. Sie habe lediglich darin eingewilligt, daß auf einem Grundstück, das sie wegen des eingetragenen Nießbrauchsrechts ohnehin auf Dauer nicht nutzen könne, eine Grundschuld eingetragen werde. Auf das durch die Grundschuld gesicherte Darlehen habe sie keine Zahlungen erbringen müssen. Bei dieser Sachlage habe die Kl. zumindest nicht dargelegt, daß die von ihr nach dem Vertrag zu erbringenden Leistungen durch die von der Bekl. bisher gezahlten 44430,12 DM nicht angemessen abgegolten seien.
Diese Ausführungen des BerGer halten nicht in allen Punkten einer rechtlichen Überprüfung stand.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des BerGer., eine Anpassung des Vertrags zugunsten der Kl. komme nicht in Betracht. Die diesbezüglichen Ausführungen des BerGer. stimmen überein mit der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGHZ 111, 75 [82] = NJW 1990, 1659 = LM § 276 [Fc] BGB Nr.18 m.w. Nachw,; BGHZ 69, 53 [58 f] =NJW 1977, 1536 = LM § 276 [Fc] BGB Nr. 5). Die im wesentlichen auf einer tatrichterlichen Beurteilung des BerGer beruhende Annahme, als angemessene Gegenleistung könne die Kl. jedenfalls nicht mehr verlangen, als die Bekl. ihr freiwillig gezahlt habe, ist revisionsrechtlich nicht angreifbar.
3. Zu Recht macht die Revision aber geltend, das BerGer. habe mit unzutreffender Begründung einen Anspruch der Kl. auf das Erfüllungsinteresse des von der Bekl. entworfenen, aber nicht zustande gekommenen Vertrags verneint. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des BerGer, der Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß sei grundsätzlich auf Ersatz des sogenannten negativen Interesses gerichtet. Das bedeutet, daß der Geschädigte so zu stellen ist, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte. Das BerGer. übersieht, daß dies u. U. - ausnahmsweise - bedeuten kann, daß nach den Grundsätzen über das Verschulden bei Vertragsschluß das Interesse an der Erfüllung eines nicht zustande gekommenen Vertrags zu ersetzen ist. Das gilt dann, wenn ohne das schuldhafte Verhalten ein anderer, für den Geschädigten günstigerer Vertrag zustande gekommen wäre Dies hat schon das RG mehrfach entschieden (vgl.z. B. RGZ 97, 336 [339]; 159, 33 [57]), und der BGH hat diese Rechtsprechung fortgeführt (BGHZ 108, 200 [207 f] = NJW 1989, 3095 = LM Art. 38 EGBGB 1986 Nr.2 m. Nachw.; BGH, NJW 1988, 2234 = LM § 252 BGB Nr. 37 = ZIP 1988, 505 = BGHR BGB § 252 S. 2 Aufklärungspflicht 1; vgl. auch Emmerich, in: MünchKomm, 3. Aufl., Vorb. § 275 Rdnrn. 202 f.;  Palandt/Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 276 Rdnr. 101).
Unproblematisch sind Fälle, in denen ohne das schuldhafte Verhalten ein Vertrag zu den von dem Geschädigten angestrebten, für ihn günstigeren Bedingungen mit einem Dritten zustande gekommen wäre (BGH, NJW 1988, 2234 = LM § 252 BGB Nr. 37; Erman/Battes, BGB, 9. Aufl., § 276 Rdnr. 124; Emmerich, in: MünchKomm, Vorb. § 275 Rdnrn. 202 f.; Palandt/Heinrichs, § 276 Rdnr. 101). Nichts anderes gilt nach der Rechtsprechung des BGH jedoch, wenn ohne das schädigende Verhalten mit demselben Vertragspartner ein Vertrag zu anderen, für den Geschädigten günstigeren Bedingungen zustande gekommen wäre. So hat der BGH z. B. entschieden, daß eine Versicherungsgesellschaft, die sich als Verschulden bei Vertragsschluß nach § 278 BGB zurechnen lassen muß, ihr Versicherungsvertreter habe den Versicherungsnehmer nicht darauf hingewiesen, daß durch die von ihm empfohlene Versicherung ein für den Versicherungsnehmer bedeutsames Risiko ohne Zusatzversicherung nicht abgedeckt sei, den Versicherungsnehmer so stellen muß, als sei der Versicherungsvertrag einschließlich der Zusatzversicherung abgeschlossen worden (BGHZ 108, 200 [207f.] = NJW 1989, 3095 = LM Art. 38 EGBGB 1986 Nr. 2).
In der Literatur wird dagegen teilweise unter Berufung auf Stoll (in: Festschr. f. v. Caemmerer, S.435 [445 f.]) eingewandt, diese Rechtsprechung laufe zumindest im wirtschaftlichen Ergebnis auf die Begründung eines unzulässigen Kontrahierungszwangs hinaus (so Erman/Battes, § 276 Rdnr. 124 und Staudinger/Löwisch, BGB, 13. Aufl. [1995], Vorb. § 276 f. Rdnr. 75). Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Es ist zumindest fraglich, ob sie sich auf Stoll berufen kann (vgl. z. B. Stoll, in: Festschr. f. v. Caemmerer S. 461 [462]), wo es zutreffend heißt, die Haftung für culpa in contrahendo trete "in solchen Fällen an die Stelle einer nicht konstruierbaren Vertragshaftung"). Richtig ist, daß man bei der Bemessung des Schadensersatzes wegen Verschuldens bei Vertragsschluß nicht ohne weiteres davon ausgehen darf, der Schädiger sei, wenn es nicht zu der Täuschung gekommen wäre, bereit gewesen, den Vertrag zu anderen, dem Geschädigten günstigeren Bedingungen abzuschließen. Hierzu war der Schädiger nicht verpflichtet. Es bestand insofern kein Kontrahierungszwang. Es gibt aber Falle, in denen aufgrund besonderer Umstände zuverlässig festgestellt werden kann, daß der Vertrag ohne die Täuschung unter denselben Vertragspartnern zu anderen, für den Getäuschten günstigeren Bedingungen zustande gekommen wäre. In solchen Fällen wäre es nicht gerechtfertigt, dem Geschädigten einen Anspruch auf das Erfüllungsinteresse des wegen der Täuschung nicht zustande gekommenen Vertrags zu versagen. Das BerGer. hat sich - von seinem Standpunkt aus zu Recht - nicht mit der Frage befaßt, ob sich die Bekl. ohne die von dem BerGer. unterstellte Täuschungshandlung vertraglich verpflichtet hätte, der Kl. auch für das auf dem Flursrück .../1 geförderte Wasser eine Vergütung zu zahlen. Schon der unstreitige Sachverhalt spricht deutlich für diese Annahme. Die Kl. hatte gegenüber der Bekl. nicht nur eine starke Verhandlungsposition, weil die Bekl. auf die Mitwirkung der Kl. angewiesen war, um den benötigten Bankkredit zu erhalten. Die Kl. hatte bereits einen von der Bekl. entworfenen Vertragsentwurf in Händen, nach dem sie auch an den Erträgen des Flurstücks ../1 beteiligt werden sollte. Es spricht alles dafür, daß sie diesen Vertrag ohne auf Korrekturen zu bestehen unterschrieben hätte, wenn die Bekl. bzw. deren Geschäftsführer -  ihr Sohn -  sie pflichtgemäß darüber aufgeklärt hätte, daß in Zukunft Mineralwasser nur noch aus dem Flurstück .../1 gewonnen werden könne. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß die Bekl. den von ihr entworfenen Vertrag dann nicht ebenfalls unterschrieben hätte. Ein Anspruch der Kl. auf das Erfüllungsinteresse des von der Bekl. entworfenen, nicht zustande gekommenen Vertrags kommt deshalb in Betracht.
4. Das Berufungsurteil kann deshalb mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, selbst abschließend zu entscheiden (§ 565 III ZPO), schon weil das BerGer. den tatsächlichen Vortrag der Kl. zu einer arglistigen Täuschung bei den Vertragsverhandlungen unterstellt und hierzu keine Feststellungen getroffen hat. Die Sache muß an das BerGen zurilckverwiesen werden, damit es die notwendigen Feststellungen nachholen kann.



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