Voraussetzungen und
Grenzen der Analogie: Keine analoge Anwendung von § 505 I Nr. 2
(Widerrufsrecht bei Ratenlieferungsverträgen) auf Dienstleistungsverträge
(hier: Pay-TV-Abonnementvertrag)
BGH, Urt. v. 13. März
2003 - I ZR 290/00 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Fundstelle:
NJW 2003, 1932
Amtl. Leitsatz:
Dem Verbraucher steht
beim Abschluß eines Pay-TV-Abonnementvertrages kein Widerrufsrecht
aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB
(früher: § 2 Nr. 2 VerbrKrG) in Verbindung mit § 355 BGB zu.
Zentrale Probleme:
Im Mittelpunkt der Entscheidung steht die str.
und vom BGH zuletzt offengelassene Frage der analogen Anwendung von § 2
Nr. 2 VerbrKrG und des seit der Schuldrechtsreform an dessen Stelle
tretenden § 505 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB auf Dienstleistungsverträge (im
konkreten Fall auf „Pay-TV-Abonnementsverträge“; zur Nichtanwendung auf
Werkverträge s. jetzt auch BGH v. 22.12.2005 - VII ZR 183/04). Der (nach § 13 Abs. 2
Nr. 3 UWG bzw. § 3 UKlaG klagebefugte) Verbraucherschutzverband nahm einen
Pay-TV-Sender auf Unterlassung in Anspruch, Abonnementsverträge ohne
Belehrung über ein Widerrufsrecht des Verbrauchers abzuschließen. Die
entscheidende Frage war damit, ob einem Verbraucher beim Abschluß eines
Pay-TV-Abonnementvertrages ein vom jeweiligen Vertriebssystem
unabhängiges, d.h. allein vertragsgegenstandsbezogenes Widerrufsrecht
zusteht.
Da die Begründetheit einer solchen auf § 1 UWG gestützten
Unterlassungsklage, die auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, voraussetzt,
daß das entsprechende Verhalten nicht nur in der Vergangenheit, sondern
auch nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht einen Verstoß
gegen § 1 UWG darstellt, hatte der BGH hier die Frage des Bestehens eines
Widerrufsrechts sowohl nach bisherigem Recht (§ 3 Nr. 2 VerbrKrG), als
auch nach dem seit dem 1.1.2002 geltenden „neuen“ Schuldrecht (§ 505 Abs.
1 S. 1 Nr. 2 BGB) zu entscheiden. Es dürfte sich damit wohl um die erste
Entscheidung des BGH zum reformierten Schuldrecht handeln. Im Bereich der
Integration des bisherigen VerbrKrG in die §§ 491 ff BGB wurden allerdings
keine grundsätzlichen materiellen, wohl aber systematische Änderungen
vorgenommen: Die Übernahme des VerbrKrG erfolgte nämlich nicht en bloc,
sondern aufgeteilt in die Bereiche "Verbraucherdarlehensvertrag" (§§ 491
ff), "Finanzierungshilfen" (§§ 499 ff) und "Ratenlieferungsverträge" (§
505). Der Begriff des "Verbraucherkredits" ist als gesetzlicher Terminus
verschwunden. Der bisher in § 9 VerbrKrG geregelte Widerrufs- und
Einwendungsdurchgriff ist an vollkommen anderer Stelle, nämlich im
Zusammenhang mit den verbraucherschützenden Widerrufsrechten in den §§
358, 359 normiert. Die vorliegend relevante Widerrufsregelung des § 505
Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB hat freilich wörtlich § 2 Nr. 2 VerbrKrG übernommen,
wonach bei einem Vertrag zwischen Unternehmer und einem Verbraucher,
welcher „die regelmäßige Lieferung von Sachen gleicher Art zum Gegenstand
hat“, ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB besteht. Da es sich bei einem
Pay-TV-Abonnementsvertrag um einen Vertrag über eine Dienstleistung
handelt (die mit ihm verbundene Lieferung einer Programmzeitschrift läßt
der BGH als bloße Nebenleistung zu recht unberücksichtigt), stellt sich
die bisher vom BGH offen gelassene (BGH NJW 2002, 3100), von der wohl h.M.
aber verneinte Frage der analogen Anwendbarkeit von § 505 Abs. 1 S. 1 Nr.
2 auf Dienstleistungsverträge allgemein oder Pay-TV-Verträge im
Besonderen. Der BGH verneint beides mit überzeugenden Gründen, wobei er
lehrbuchartig die grundsätzlichen methodischen Fragen der Analogie
darlegt. Eine solche setzt nach anerkannten Grundsätzen der Methodenlehre
das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke sowie die Vergleichbarkeit
des zu beurteilenden Sachverhalts mit dem vom Gesetzgeber geregelten
Sachverhalt voraus. Der BGH verneint bereits das Vorliegen einer
Regelungslücke. Der Gesetzgeber habe sich sowohl beim Vorläufer beider
Regelungen, dem AbzG, als auch bei § 2 Nr. 2 VerbrKrG bewußt auf Verträge
über die Lieferung von Sachen beschränkt. Schon die enumerative Aufzählung
von Widerrufstatbeständen spräche gegen eine unbewußte Regelungslücke.
Allein die Tatsache, daß die ratio des § 505 Abs. 1 Nr. 2 BGB, der Schutz
vor dem übereilten Eingehen langfristiger Zahlungsverpflichtungen, auch
bei Verträgen über Dienstleistungen zutreffe, ermögliche damit noch nicht
eine Analogie. Dies gälte insbesondere angesichts der Tatsache, daß ein
Widerrufsrecht einen schwerwiegenden Eingriff in den Grundsatz „pacta
sunt servanda“ darstelle, der auch aus Rechtssicherheitsgründen nicht
im Wege einer Analogie ausgeweitet werden darf. In der Tat wäre es dann in
keiner Weise einsichtig, eine solche Analogie auf
Pay-TV-Abonnementsverträge zu beschränken, sondern eine solche müßte
konsequent auch auf Mietverträge, Internetserviceproviderverträge etc.
ausgedehnt werden. Eine analoge Anwendung von Widerrufstatbeständen würde
damit die Grenze erlaubter richterlicher Rechtsfortbildung auch dann
durchbrechen, wenn es sich um ein rechtspolitisch begründetes Anliegen
handeln sollte (so bereits zum Problem der analogen Anwendung des HWiG -
jetzt § 312 BGB - auf arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge eingehend BAG
NJW 1994, 1021 ff).
Fazit:
-
Verträge über Dienstleistungen unterliegen
als solche keinem vertragstypenbezogenen Widerrufsrecht. Ein
Widerrufsrecht kann sich bei finanzierten Dienstleistungsverträgen nur
mittelbar über den Widerrufsdurchgriff (§ 358 Abs. 2 BGB) und im übrigen
nur aus einer besonderen Vertriebsform, also beim Vertragsschluß in
einer „Haustürsituation“ (§ 312 BGB) oder im Fernabsatz (§ 312b BGB)
ergeben. Vor dem übereilten eingehen überlanger Vertragsbindung schützen
insoweit allein §§ 138, 309 Nr. 9 BGB.
-
Als Ausnahmevorschriften sind
Widerrufstatbestände i.d.R. nicht analogiefähig (zu den Voraussetzungen
einer Analogie s. auch BGH NJW 2003, 2601 ff). Auch das im
Zusammenhang mit allen verbraucherschützenden Widerrufsrechten normierte
Umgehungsverbot (§§ 312 f S. 2, 487 S. 2, 506 S. 2 BGB) kann nicht dazu
dienen, vom Gesetzgeber als abschließend normierte Widerrufstatbestände
auszuweiten (so aber etwa OLG Frankfurt NJW 1994, 1806 f; OLG Dresden
NJW 1995, 1164). Zwar wird man angesichts der Existenz des
Umgehungsverbots nicht von einem vollständigen Verbot teleologischer
Auslegung von Widerrufstatbeständen ausgehen können, jedoch verbietet es
deren enumerativer Charakter, neue Widerrufstatbestände zu schaffen,
selbst wenn die Schutzbedürftigkeit in der jeweiligen Situation
derjenigen des gesetzlichen Tatbestands in nichts nachstehen sollte. Das
verlangt auch die Rechtssicherheit, denn ein Unternehmer muß wissen,
wann er den Verbraucher über ein Widerrufsrecht zu belehren hat. Eine
vorsorgliche Belehrung könnte nämlich, wenn ein Widerrufsrecht
tatsächlich nicht besteht, zur Annahme eines vertraglich vereinbarten
Rücktrittsrechts führen (s. BGH NJW 1982, 2313 f). Daß der BGH durch die
strikte und wohl begründete Ablehnung einer Analogie einen „Dammbruch“
in den Grundsatz der Vertragstreue verhindert hat, kann nicht genug
gelobt werden.
©sl 2003
Tatbestand:
Die Beklagte betreibt den
Pay-TV-Sender "P. ". Sie schloß mit Kunden Verträge über ein "P.
"-Abonnement, ohne eine Widerrufsbelehrung zu erteilen. Abonnenten
erhielten auf fernmündliche Bestellung eine schriftliche Erklärung, daß
der Vertrag geschlossen worden sei, einen - im Eigentum der Beklagten
verbleibenden - Decoder, der es ermöglichte, das weit überwiegend
verschlüsselt ausgestrahlte Fernsehprogramm des Senders auf dem Bildschirm
wahrnehmbar zu machen, sowie eine monatlich erscheinende
Programmzeitschrift. Die zumindest einjährige Laufzeit des Abonnements,
das zur Zahlung
eines monatlichen Entgelts
verpflichtete, verlängerte sich um ein weiteres Jahr, wenn der Vertrag
nicht zuvor mit einer Frist von sechs Wochen gekündigt wurde.
Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und
Verbraucherverbände hat die Ansicht vertreten, die Beklagte verhalte sich
wettbewerbswidrig, wenn sie mit Kunden Abonnementverträge schließe, ohne
sie gemäß § 7 Abs. 2 VerbrKrG über ein Widerrufsrecht zu belehren. Auf
diese Verträge sei § 2 Nr. 2 VerbrKrG jedenfalls entsprechend anzuwenden.
Dieser gelte nicht nur für Verträge über Sachlieferungen, sondern für alle
Verträge, die dem Verbraucher über einen längeren Zeitraum verteilte
Bindungen auferlegten. Die Leistungen der Beklagten seien - auch wegen der
regelmäßigen Lieferung der Programmzeitschrift - mit den Leistungen bei
einem Zeitschriftenabonnement vergleichbar.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln
zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken
des Wettbewerbs den Abschluß eines P. -Abonnements mit Analogdecoder
(Laufzeit zunächst ein Jahr) und mindestens monatlicher Zusendung einer
Programm-Vorschau schriftlich zu bestätigen, wenn die auf den
Vertragsabschluß gerichtete Willenserklärung des Kunden ausschließlich
telefonisch abgegeben wurde und in bezug auf den o.a. Vertrag keine dem
Verbraucherkreditgesetz genügende Widerrufsbelehrung ausgehändigt wurde.
Die Beklagte hat dagegen vorgebracht, die Vorschrift des § 2 VerbrKrG
beziehe sich nur auf die Lieferung von Sachen und sei auf Verträge über
Dienstleistungen, wie sie von ihr angeboten würden, weder unmittelbar noch
entsprechend anwendbar.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Hamburg WRP 2000, 650 = ZIP
2000, 974).
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das
landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen (OLG Hamburg
OLG-Rep 2001, 114).
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision, deren Zurückweisung
die Beklagte beantragt.
Entscheidungsgründe:
A. Der Klageantrag ist
hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger wendet sich mit
seinem Antrag - wie aus seinem Klagevorbringen hervorgeht - nur dagegen,
daß die Beklagte mit Verbrauchern Pay-TV-Abonnementverträge abschließt,
ohne eine Belehrung über ein Widerrufsrecht zu erteilen. Fallgestaltungen,
bei denen zwar eine Widerrufsbelehrung erteilt wird, diese aber den
gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht, sind nicht Gegenstand der
Klage. Bei dieser Sachlage macht die Verweisung auf das
Verbraucherkreditgesetz den Klageantrag nicht unbestimmt.
B. Das Berufungsgericht
hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Beklagte zur Erteilung einer
Widerrufsbelehrung nicht verpflichtet war.
I. Das Berufungsgericht
hat die Ansicht vertreten, die Beklagte handele nicht wettbewerbswidrig im
Sinne des § 1 UWG, wenn sie Pay-TV-Abonnementverträge formlos und ohne
Widerrufsbelehrung schließe, weil das Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG)
auf solche Verträge nicht anwendbar sei. Eine unmittelbare Anwendung des §
2 Nr. 2 i.V. mit § 7 Abs. 2 VerbrKrG scheide aus, weil der
Abonnementvertrag, der den Zugriff auf das Fernsehprogramm von "P. "
ermögliche, nicht die Lieferung von Sachen, sondern die Erbringung von
Dienstleistungen betreffe.
Eine entsprechende Anwendung des § 2 VerbrKrG komme nicht in Betracht,
weil das Gesetz, das die erfaßten Geschäfte enumerativ aufzähle, insoweit
keine planwidrige Regelungslücke enthalte. Gegen die Annahme, daß der
Gesetzgeber bei der Fassung des § 2 VerbrKrG die Möglichkeit einer
Einbeziehung gleichgelagerter Dienstleistungsgeschäfte nicht bedacht habe,
sprächen eine Reihe von Anhaltspunkten. Nach der Ersetzung des
Abzahlungsgesetzes durch das Verbraucherkreditgesetz habe § 2 VerbrKrG die
Rechtsstellung des Verbrauchers nach § 1c AbzG zwar beibehalten, aber
nicht verbessern sollen. Schon das Abzahlungsgesetz habe kaufvertragliche
Geschäfte betreffend den Erwerb von Sachen und solche dienst- oder
werkvertraglicher Art unterschiedlichen Regelungen unterworfen.
Die Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung
der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den
Verbraucherkredit (ABI. Nr. L 42/48 v. 12.2.1987), die durch das
Verbraucherkreditgesetz umgesetzt worden sei, habe bei Dienst- oder
Werkverträgen, die nicht in Zusammenhang mit den in § 2 VerbrKrG genannten
Geschäften stünden, nicht ein Widerrufsrecht und eine Belehrungspflicht
vorgeschrieben.
Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit, die behauptete Regelungslücke im
Rahmen der geplanten Neuregelung des Verbraucherkreditrechts zu schließen,
bisher nicht wahrgenommen.
II.
Diese Beurteilung wird von der Revision ohne Erfolg angegriffen.
1. Der Kläger ist gemäß
§ 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG (in der seit dem 1. Juli 2000 geltenden Fassung) für
den geltend gemachten Anspruch aus § 1 UWG klagebefugt, da er in die Liste
qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist (vgl. auch
BGH, Urt. v. 31.10.2002 - l ZR 132/00, GRUR 2003, 252, 253 = WRP 2003, 266
- Widerrufsbelehrung IV).
2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch
aus § 1 UWG zu.
a) Ein Unternehmer, der einen Verbraucher als Vertragspartner nicht über
ein Widerrufsrecht belehrt, das diesem nach den gesetzlichen Vorschriften
zusteht, handelt grundsätzlich wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG
(vgl. BGH, Urt. v. 11.4.2002 - l ZR 306/99, GRUR 2002, 720 = WRP 2002, 832
- Postfachanschrift; Urt. v. 4.7.2002 - I ZR 55/00, GRUR 2002, 1085, 1087
f. = WRP 2002, 1263 - Belehrungszusatz, jeweils m.w.N.). Ein
Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung einer Pflicht zur Belehrung
über ein Widerrufsrecht setzt, wenn er - wie hier - auf
Wiederholungsgefahr gestützt ist, zum einen voraus, daß ein solcher
Verstoß stattgefunden hat, und zum anderen, weil der Unterlassungsanspruch
in die Zukunft gerichtet ist, daß die Belehrungspflicht in entsprechenden
Fällen nach der im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechtslage
fortbesteht. Beide Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
b) Entgegen der Ansicht des Klägers unterlag die Beklagte zur Zeit der
letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht beim Abschluß von
Pay-TV-Abonnementverträgen in Fällen, in denen nur der Kunde seine
Vertragserklärung fernmündlich abgegeben hat, keiner Pflicht zur Belehrung
über ein Widerrufsrecht. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden,
daß der damals noch geltende § 2 VerbrKrG in solchen Fällen nicht
anwendbar war.
Nach dem gegenwärtigen Rechtszustand gilt nichts anderes. Die
Vorschrift des § 2 VerbrKrG ist wie das Verbraucherkreditgesetz insgesamt
durch Art. 6 Nr. 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom
26. November 2001 (BGBI. l S. 3138, SchuldRModG) aufgehoben worden. An
ihre Stelle ist ohne für den Streitfall wesentliche Änderungen § 505 BGB
getreten (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 62. Aufl., §505 Rdn. 1), der dem
Verbraucher ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB einräumt.
aa) Eine unmittelbare
Anwendung des § 2 Nr. 2 VerbrKrG (nunmehr § 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB)
scheidet aus, weil sich diese Vorschrift nur auf die Lieferung von Sachen
gleicher Art bezieht.
Das Programmangebot der Beklagten hat - wie bereits das Berufungsgericht
zutreffend dargelegt hat - Dienstleistungscharakter. Die Beklagte
bietet den Abonnenten die Möglichkeit, ihr Fernsehprogramm, das sie an
eine breite Öffentlichkeit ausstrahlt, gegen ein nach Zeitabschnitten
bemessenes Entgelt zu nutzen. Der zur Entschlüsselung der Programmsignale
erforderliche Decoder wird mietweise zur Verfügung gestellt. Die
regelmäßige Übersendung der Programmzeitschrift ist eine typische
Nebenleistung, die an der Rechtsnatur des Abonnementvertrages insgesamt
nichts ändert.
bb) Das Berufungsgericht hat weiterhin zu Recht entschieden, daß § 2
Nr. 2 VerbrKrG (§ 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) auf Dienstleistungsverträge
der vorliegenden Art auch nicht entsprechend anwendbar ist.
Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige
Regelungslücke enthält (vgl. dazu BGHZ 149, 165, 174; Larenz/Canaris,
Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 194 ff.; Canaris,
Festschrift für Bydlinski, 2002, S. 47, 82 ff.) und der zu beurteilende
Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand
vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, daß angenommen werden
kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich
von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlaß der
herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis
gekommen (vgl. BGHZ 105, 140, 143; 110, 183, 193; 120, 239, 252). Beide
Voraussetzungen sind nach § 2 VerbrKrG in Fällen der vorliegenden Art
nicht gegeben (h.M.; vgl. OLG Dresden ZIP 2000, 830, 833;
MünchKomm.BGB/Ulmer, 3. Aufl., § 2 VerbrKrG Rdn. 4; Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt,
Verbraucherkreditgesetz, 2. Aufl., § 2 Rdn. 9; Staudinger/Kessal-Wulf,
BGB, Bearb. 2001, § 2 VerbrKrG Rdn. 8; Laukemann, WRP 2000, 624, 626 ff.;
vgl. auch v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, Verbraucherkreditgesetz,
2. Aufl., §2 Rdn. 4; a.A. LG Koblenz VuR 1998, 266, 267; Erman/Rebmann,
BGB, 10. Aufl., § 2 VerbrKrG Rdn. 4; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., § 2
VerbrKrG Rdn. 11; Schmittmann, MMR 2000, 711; vgl. weiter - de lege
ferenda - Mankowski, VuR 2001, 112, 113 f.; ders., K&R 2001, 365, 366 f.;
offengelassen in BGH, Urt. v. 10.7.2002-VIII ZR
199/01, NJW 2002, 3100, 3101).
(1) Der Ausschluß von
Verträgen über Dienstleistungen aus dem Regelungsbereich des § 2 VerbrKrG
(§ 505 BGB) stellt keine planwidrige Regelungslücke des Gesetzes dar.
Die Vorschrift des § 2 VerbrKrG enthält eine enumerative Aufzählung
der Tatbestände, bei denen eine Widerrufsbelehrung nach § 7 VerbrKrG
vorgeschrieben ist. Schon dies spricht gegen die Annahme einer
Regelungslücke (vgl. Staudinger/Kessal-Wulf aaO § 2 VerbrKrG Rdn. 7).
Die Vorschrift ist zudem mit der Begründung eines Widerrufsrechts nicht
nur eine Ausnahme vom Grundsatz der Vertragsfreiheit, sondern auch
innerhalb des Verbraucherkreditgesetzes, das Kreditverträge zum Gegenstand
hat, ein Fremdkörper (vgl. dazu Soergel/Häuser aaO § 2 VerbrKrG Rdn. 1;
Mankowski, K&R 2001, 365).
Die Gesetzesgeschichte des § 2 VerbrKrG spricht ebenfalls gegen die
Annahme, die Unanwendbarkeit der Vorschrift auf Dienstleistungsverträge
stelle eine planwidrige Regelungslücke dar. Dazu hat das Berufungsgericht
bereits zutreffend ausgeführt, daß die Einfügung dieser Vorschrift in das
Verbraucherkreditgesetz lediglich dem Zweck diente, eine Verschlechterung
des Verbraucherschutzes im Verhältnis zum früheren Abzahlungsgesetz zu
verhindern (vgl. dazu die Stellungnahme des Bundesrates zu Art. 1 des
Regierungsentwurfs eines Gesetzes über Verbraucherkredite, zur Änderung
der Zivilprozeßordnung und anderer Gesetze, BT-Drucks. 11/5462 S. 35;
MünchKomm.BGB/Ulmer aaO § 2 VerbrKrG Rdn. 1; Mankowski, K&R 2001, 365).
Das Abzahlungsgesetz war nach der zu ihm ergangenen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes grundsätzlich nur auf Kaufverträge über bewegliche
Sachen anwendbar. Eine ausdehnende Anwendung dieses Sondergesetzes auf
anders geartete Verträge wurde mit der Begründung abgelehnt, dem stehe der
sozialpolitische Zweck des Gesetzes entgegen, den bei Ratenzahlungskäufen
(bzw. bei längerfristigen Bezugsbindungen) besonders gefährdeten Käufer
beweglicher Sachen zu schützen. Das Risiko, daß ein Interessent den
Werbemethoden geschulter Vertriebsberater unterliege und sich zu einem
übereilten, ihn längerfristig bindenden Vertragsabschluß bereitfinde,
bestehe im Geschäftsleben allgemein, ohne daß daraus - falls Zahlung in
Teilbeträgen vereinbart sei - stets die Anwendung abzahlungsrechtlicher
Bestimmungen hergeleitet werden könnte (vgl. BGHZ 87, 112, 115 f., 120;
105, 374, 377 f. - Präsentbücher; vgl. weiter BGHZ 97, 351, 360; BGH, Urt.
v. 25.5.1983 - VIII ZR 51/82, NJW 1983, 2027).
Der Annahme, das Abzahlungsgesetz könne auf regelmäßig wiederkehrende oder
dauernd zu erfüllende Dienstleistungsverträge entsprechend angewendet
werden, stand weiter entgegen, daß dies die Vorschrift des § 1b Abs. 4
AbzG über den Widerruf bei gemischten Verträgen gegenstandslos gemacht
hätte.
(2) Für eine entsprechende Anwendung des § 2 VerbrKrG (§ 505 BGB) auf
Dienstleistungsverträge könnte nur der Zweck dieser Vorschrift sprechen.
Sie soll wie § 1c AbzG, an dessen Stelle sie getreten ist, den Verbraucher
davor schützen, sich unüberlegt und unter dem Druck der von der Gegenseite
aktiv geführten Vertragsverhandlungen mit einer Verpflichtung zu belasten,
die sich nach Dauer und Höhe erst in der Zukunft realisiert (vgl. BGH
NJW 2002, 3100, 3101 m.w.N.). Ein solches Schutzinteresse besteht bei
einer langfristigen Verpflichtung zur entgeltlichen Entgegennahme von
Dienstleistungen nicht anders als beim laufenden Bezug von Sachen. Eine
analoge Anwendung eines Gesetzes kann jedoch nicht schon damit begründet
werden, daß bei einem nicht geregelten Tatbestand auf selten eines
Beteiligten ein Interesse vorliegt, das demjenigen vergleichbar ist,
dessen Schutz der Gesetzgeber durch die Gesetzesvorschrift in deren
unmittelbarem Anwendungsbereich bezweckt hat. Eine solche
Betrachtungsweise würde die Interessen der anderen Beteiligten zu Unrecht
vernachlässigen (vgl. BGHZ 105, 140, 143; 110, 183, 193; 120, 239, 251
f.). Der Gesetzgeber hat in § 2 VerbrKrG (§ 505 BGB) - wie in der
Vorgängervorschrift des § 1c AbzG - gerade keinen allgemeinen
Rechtsgrundsatz aufgestellt, daß einem Verbraucher bei langfristigen
Verträgen mit laufenden Zahlungsverpflichtungen ein Widerrufsrecht zusteht
(vgl. MünchKomm.BGB/Ulmer aaO § 2 VerbrKrG Rdn. 4; Staudinger/Kessal-Wulf
aaO § 2 VerbrKrG Rdn. 7). Die wirtschaftliche Bindung des Verbrauchers
ist etwa bei langfristigen Mietverträgen meist stärker als bei
längerfristigen Verträgen über die Lieferung von Sachen; ein
Widerrufsrecht ist gleichwohl für Verträge dieser Art nicht vorgesehen.
Diese bewußte Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Verträge über die
Lieferung oder den Bezug von Sachen spricht gegen eine analoge Anwendung
im andersartigen Bereich der Dienstleistungen. Durch Analogie darf eine
vom Gesetzgeber als Ausnahme gewollte Regelung nicht zum allgemeinen
Prinzip erhoben werden (vgl. Canaris, Die Feststellung von Lücken im
Gesetz, 2. Aufl. 1983, S. 181).
(3) Eine auf Pay-TV-Abonnementverträge beschränkte entsprechende Anwendung
des § 2 Nr. 2 VerbrKrG (§ 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) kommt ebensowenig
in Betracht (a.A. Bülow, Verbraucherkreditrecht, 5. Aufl., § 505 BGB Rdn.
40 m.w.N.).
Eine solche auf einen einzelnen Sachverhalt bezogene Analogie wäre
bereits unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit nicht unbedenklich.
Gerade wenn es - wie hier - um die Wirksamkeit von Verträgen geht,
sind die betroffenen Unternehmen in besonderer Weise auf feste
Rahmenbedingungen angewiesen.
Entscheidend ist aber, daß der Gesetzgeber für solche Verträge trotz der
Erörterung dieser Frage in Rechtsprechung und Literatur bis zum
gegenwärtigen Zeitpunkt kein Widerrufsrecht des Verbrauchers eingeführt
hat, obwohl er die gesetzliche Regelung, um deren entsprechende Anwendung
es geht, wiederholt geändert hat. Durch Art. 6 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes
über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur
Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBI. l S. 897,
905) wurde der Eingangssatz des § 2 VerbrKrG geändert. Durch das Gesetz
zur Modernisierung des Schuldrechts wurde das Verbraucherkreditgesetz
aufgehoben und § 2 VerbrKrG ohne wesentliche Änderungen durch § 505 BGB
ersetzt (vgl. oben unter B.ll.2.b). Diese Gesetzesgeschichte spricht
dafür, daß der Gesetzgeber die Einbeziehung von Pay-TV-Abonnementverträgen
in die für Ratenlieferungsverträge geltenden Regelungen nicht als sinnvoll
angesehen hat.
(4) Aus dem Vorstehenden folgt, daß einer entsprechenden Anwendung des
§ 2 VerbrKrG (§ 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) auch der in Art. 20 Abs. 3 GG
angeordnete Vorrang des Gesetzes entgegensteht, der als Element des
Rechtsstaatsprinzips zugleich das Maß an Rechtssicherheit gewährleistet,
das im Interesse der Freiheitsrechte unerläßlich ist (vgl. BVerfGE 82,
6, 12 = NJW 1990, 1593 m.w.N.). Eine Rechtsfortbildung im Wege der
Analogie muß deshalb ausscheiden, wo den gesetzlichen Regelungen nur ein
gegenteiliger Wille des Gesetzgebers entnommen werden kann und ein
wesentliches Interesse daran besteht, Verträge unter sicheren gesetzlichen
Rahmenbedingungen schließen zu können.
c) Der Klageantrag kann auch nicht mit einem Verstoß gegen § 3 des
Fernabsatzgesetzes begründet werden. Diese Vorschrift, an deren Stelle
nach der Aufhebung des Fernabsatzgesetzes (durch Art. 6 Nr. 7 SchuldRModG)
§ 312d BGB getreten ist, galt zur Zeit der im Verfahren beanstandeten
Verletzungshandlung noch nicht; eine Erstbegehungsgefahr ist nicht
festgestellt.
3. Im Hinblick darauf, daß das mit dem Klageantrag beanstandete Verhalten
nicht gegen § 2 Nr. 2 VerbrKrG (§ 505 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB) verstößt,
kann offenbleiben, ob der Beklagten schon deshalb kein Vorwurf unlauteren
Wettbewerbshandelns gemacht werden könnte, weil diese sich für ihre
Rechtsansicht auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut berufen konnte und
entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung nicht ergangen war
(vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 11.10.2001 - l ZR 172/99, GRUR 2002, 269, 270
= WRP 2002, 323 - Sportwetten-Genehmigung; vgl. weiter OGH ÖBI. 2001, 261
- Hausdruckerei; Doepner, Festschrift für Helm, 2002, S. 47, 61 f.; v.
Ungern-Sternberg, Festschrift für Erdmann, 2002, S. 741, 749).
III.
Aus dem Vorstehenden folgt, daß der Kläger seinen Klageantrag auch
nicht auf §§ 2, 3 UKlaG (früher: §§ 22, 22a AGBG) stützen kann.
C. Die Revision gegen das
Berufungsurteil war danach auf Kosten des Klägers zurückzuweisen (§ 97
Abs. 1 ZPO).
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