Recht am eigenen Bild
bei Personen der Zeitgeschichte; Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht
und Pressefreiheit; Bereicherungsanspruch und Schadensersatzanspruch in
Lizenzanalogie bei unerlaubten Ausnutzen des Werbewerts eines Prominenten
("Günther Jauch")
BGH, Urteil vom 11. März
2009 - I ZR 8/07
Fundstelle:
NJW 2009, 3032
S. auch
BGH v. 31.5.2012 - I ZR
234/10.
Amtl. Leitsatz:
a) Beschränkt sich der eine
Bildveröffentlichung begleitende Text in einer Presseveröffentlichung
darauf, einen beliebigen Anlass für die Abbildung einer prominenten Person
zu schaffen, lässt die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen
Meinungsbildung nicht erkennen. In diesem Fall muss das
Veröffentlichungsinteresse der Presse hinter dem Schutz des
Persönlichkeitsrechts, etwa des Schutzes am eigenen Bildnis, zurücktreten,
wenn der Eingriff in dieses Recht hinreichend schwer wiegt.
b) Bei der Abwägung zwischen dem Schutz des durch eine Bildveröffentlichung
Betroffenen und dem von der Presse wahrgenommenen Informationsinteresse der
Allgemeinheit fehlen schutzwürdige Belange des Presseorgans, wenn die
Veröffentlichung ausschließlich den Geschäftsinteressen des Presseorgans
dient, weil das Bildnis der prominenten Person nur verwendet wird, um deren
Werbewert auszunutzen.
c) Zu den Voraussetzungen, unter denen mit dem Bildnis einer prominenten
Person auf dem Titelbild einer Zeitschrift geworben werden darf.
Tatbestand:
1 Der Kläger, Günther Jauch, moderiert die wöchentlich ausgestrahlte
Fernsehsendung "Wer wird Millionär?". Der Kläger und die Fernsehsendung sind
in der Öffentlichkeit sehr bekannt.
2 Die Beklagte gab am 9. Juni 2005 das Rätselheft "S. Sonderheft Rätsel und
Quiz" heraus. Auf dem Titelblatt ist der Kläger mit der Textzeile abgebildet
"Günther Jauch zeigt mit 'Wer wird Millionär?', wie spannend Quiz sein
kann". Das Titelblatt ist nachstehend verkleinert wiedergegeben:
3 Der Kläger hat die Beklagte
abgemahnt, die daraufhin eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben
hat. Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung
einer fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von mindestens 100.000 € und auf
Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten von 2.111,78 € in Anspruch
genommen. Er hat die Auffassung vertreten, ohne seine Einwilligung sei die
Verwendung seines Bildnisses rechtswidrig gewesen. Sie habe ausschließlich
den kommerziellen Werbeinteressen der Beklagten gedient. Der Textzeile und
damit der Veröffentlichung seines Bildnisses fehle ein redaktioneller
Gehalt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
4 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Hamburg AfP 2006, 391). Die
Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben (OLG Hamburg GRUR-RR 2007,
142).
5 Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger
seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
6 I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe wegen der
beanstandeten Veröffentlichung seines Bildnisses kein Zahlungsanspruch aus §
823 BGB, §§ 22, 23 KUG und aus § 812 BGB zu. Dazu hat es ausgeführt:
7 Die angegriffene Bildberichterstattung sei gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG
auch ohne Einwilligung des Klägers rechtmäßig. Bei der erforderlichen
Abwägung der widerstreitenden Interessen habe die Pressefreiheit gegenüber
dem Recht des Klägers am eigenen Bildnis und dem Recht an der kommerziellen
Nutzung seines Bildnisses Vorrang.
8 Angesichts seines hohen Bekanntheitsgrades müsse der Kläger jedenfalls im
Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung die Veröffentlichung seines
Bildnisses hinnehmen. Zwar fehle ein informierender Beitrag über den Kläger
im Heftinneren, auf den das Titelblatt hinweisen könnte. Die Titelseite des
Rätselhefts enthalte aber in der Bildunterschrift eine Berichterstattung
über den Kläger, die ein bestehendes Informationsinteresse befriedige. Der
Kläger werde namentlich vorgestellt und seine Funktion als Moderator
bezeichnet. Die Quizsendung werde darüber hinaus knapp charakterisiert und
bewertet. Die Berichterstattung trage deshalb, wenn auch in relativ
bescheidenem Umfang, zur Meinungsbildung bei. Sie werde durch das Bildnis
des Klägers veranschaulicht. Zugleich werde durch die Abbildung des
Kreuzworträtsels als Hintergrundmontage eine Verbindung der vom Kläger
moderierten Quizsendung zu anderen Rätsel- und Quizspielen hergestellt.
9 Diese dem Bereich der Pressefreiheit unterliegende Aussage verdiene
gegenüber dem Recht des Klägers am eigenen Bildnis den Vorrang, weil
angesichts der Prominenz des Klägers und seiner regelmäßigen Präsenz im
Fernsehen ein überragendes Informations- und Unterhaltungsinteresse der
Öffentlichkeit bestehe. Dieses sei darauf gerichtet, über die regelmäßig
laufende Sendung und die Einschätzung ihres Unterhaltungswerts durch andere
Medien informiert zu werden. Der äußerst geringe Informationswert der
Berichterstattung werde durch die überragende Prominenz des Klägers und den
Bekanntheits-grad der genannten Quizsendung ausgeglichen. Der durch die
Abbildung des Klägers auf der Titelseite geschaffene Kaufanreiz beziehe sich
dabei auf das Presseerzeugnis selbst. Er entstehe insbesondere wegen des
inhaltlichen Zusammenhangs zwischen der Tätigkeit des Klägers und dem Inhalt
des Hefts. Gegenstand des Rätselhefts sei die Unterhaltung und Vermittlung
von Informationen durch Ratespiele. Danach liege es nicht fern, in dem Heft
auch über die Produkte anderer Medien zu berichten, die gleichfalls Quiz-
oder Ratespiele zum Gegenstand hätten und sie mit deren Protagonisten zu
bebildern. Die Gestaltungsfreiheit der Presse gebiete es, dass dies von dem
Abgebildeten auch auf dem Titelblatt eines Rätselhefts hingenommen werden
müsse.
10 Umstände, die für eine Unzulässigkeit der Abbildung im Hinblick auf § 23
Abs. 2 KUG sprechen könnten, seien nicht ersichtlich.
11 II. Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des
angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache in die
Berufungsinstanz. Dem Kläger steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung
einer fiktiven Lizenzgebühr und Erstattung der außergerichtlichen
Anwaltskosten nach § 823 Abs. 1 BGB, §§ 22, 23 KUG und § 812 Abs. 1 Satz 1
Fall 2 BGB zu.
12 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die angegriffene
Bildveröffentlichung auf dem Titelblatt des Rätselhefts "S. Sonderheft
Rätsel und Quiz" ohne Einwilligung des Klägers rechtswidrig. Die Revision
rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft die
Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG bejaht hat. Es hat bei der
gebotenen Interessenabwägung im Streitfall dem Recht des Klägers am eigenen
Bildnis zu Unrecht nicht den Vorrang vor dem Recht der Beklagten auf Presse-
und Meinungsfreiheit eingeräumt.
13 a) Im rechtlichen Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht
allerdings davon ausgegangen, dass die Prüfung, ob das Bildnis des Klägers
auf dem Titelblatt des Rätselhefts als Bildnis aus dem Bereich der
Zeitgeschichte i.S. von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ohne seine Einwilligung
verbreitet werden darf, eine Abwägung zwischen dem Recht des Abgebildeten
nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG und dem Recht der
Presse aus Art. 10 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG erfordert.
14 aa) Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit Einwilligung des
Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon macht § 23 Abs. 1
KUG Ausnahmen. Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dürfen Bildnisse aus dem
Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet
werden, es sei denn, die Verbreitung verletzt berechtigte Interessen des
Abgebildeten nach § 23 Abs. 2 KUG. Ein Bildnis aus dem Bereich der
Zeitgeschichte umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer
Bedeutung, sondern liegt bereits vor, wenn es einen Bezug zu Fragen von
allgemeinem gesellschaftlichem Interesse aufweist (BGH, Urt. v.
14.10.2008 - VI ZR 272/06, GRUR 2009, 86 Tz. 10 = NJW 2009, 754). Die
Presse kann aufgrund der Presse- und Meinungsfreiheit innerhalb der
gesetzlichen Grenzen nach publizistischen Kriterien darüber entscheiden, was
sie im öffentlichen Interesse für berichtenswert hält (BVerfGE 120, 180,
196; BGH GRUR 2009, 86 Tz. 11). Zu dem verfassungsrechtlichen Schutz der
Pressefreiheit gehört auch die Abbildung von Personen (BVerfG NJW 2005,
3271, 3272; BVerfGE 120, 180, 196).
15 bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfordert die
Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG eine Abwägung zwischen den Rechten des
Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG und
den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG.
Abzuwägen sind unter Berücksichtigung der Wertungen der §§ 22, 23 KUG das
Informationsinteresse der Allgemeinheit und die Pressefreiheit gegenüber dem
Interesse des Abgebildeten am Schutz seiner Persönlichkeit und seiner
Privatsphäre. Der Beurteilung ist ein normativer Maßstab zugrunde zu
legen, der den widerstreitenden Interessen ausreichend Rechnung trägt (BGHZ
178, 275 Tz. 13 ff.; 178, 213 Tz. 8 ff.; BGH GRUR 2009, 86 Tz. 8 ff.).
16 b) Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das
Berufungsgericht bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen dem Schutz
des Persönlichkeitsrechts des Klägers aus Art. 8 EMRK, Art. 1 Abs. 1, Art. 2
Abs. 1 GG im Streitfall keinen Vorrang gegenüber dem Recht der Presse aus
Art. 10 Abs. 1 EMRK, Art. 5 Abs. 1 GG eingeräumt hat. Es hat dem von der
Presse wahrgenommenen Informationsinteresse der Allgemeinheit an der in der
Bildunterschrift enthaltenen Berichterstattung rechtsfehlerhaft zu großes
Gewicht beigemessen.
17 aa) Bei der Gewichtung des Informationsinteresses der Allgemeinheit
kommt dem Informationswert der Abbildung und der sie begleitenden
Berichterstattung eine entscheidende Bedeutung zu.
18 (1) Zu Recht hat das Berufungsgericht in die Ermittlung des
Informationswerts der Bildveröffentlichung die Bildunterschrift einbezogen.
Dem in Rede stehenden Bild des Klägers kommt nicht schon als solchem eine
für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage zu. Gegenteiliges hat
das Berufungsgericht nicht festgestellt und wird auch von der
Revisionserwiderung nicht geltend gemacht. Der Informationswert der
Bildberichterstattung ist deshalb im Kontext der dazugehörigen
Wortberichterstattung zu ermitteln (BVerfGE 120, 180, 206; BGHZ 171, 275
Tz. 23 m.w.N.). Auch eine Bildunterschrift enthält eine
Wortberichterstattung, selbst wenn in dem fraglichen Presseerzeugnis eine
weitere Berichterstattung fehlt. Die Bildunterschrift wird im
vorliegenden Fall vom Durchschnittsleser wahrgenommen. Maßgeblich ist die
Wahrnehmung der Leser bei der Lektüre der Zeitschrift und nicht die Sicht
eines potentiellen Käufers in der Verkaufssituation in Buchläden und am
Zeitschriftenkiosk oder bei einer verkleinerten Wiedergabe des Rätselheftes
in einer Werbeanzeige.
19 (2) Die Gewichtung des Informationsinteresses der Allgemeinheit anhand
des Informationswerts der Berichterstattung ist nicht aufgrund der
Pressefreiheit ausgeschlossen. Zum Kern der Pressefreiheit gehört zwar, dass
die Presse innerhalb der gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum
besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien
entscheiden kann, was durch das öffentliche Interesse an Berichterstattung
beansprucht wird (BGHZ 178, 213 Tz. 15 m.w.N.). Im Hinblick auf Art. 5 Abs.
1 Satz 3 GG verbietet sich auch eine inhaltliche Bewertung des Beitrags auf
seinen Wert und seine Seriosität (BVerfGE 120, 180, 206). Entscheidend -
und im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigen - ist aber, in welchem
Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung
erbringen kann. Das Recht der Presse, nach publizistischen Kriterien
selbst über Gegenstand und Inhalt ihrer Berichterstattung zu entscheiden,
befreit nicht von der Abwägung mit den geschützten Rechtspositionen
derjenigen, über die berichtet wird. Das Selbstbestimmungsrecht der
Presse erfasst nicht die Entscheidung, wie das Informationsinteresse im Zuge
der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern zu gewichten und der Ausgleich
zwischen den betroffenen Rechtsgütern herzustellen ist (BVerfGE 120,
180, 205; BGHZ 171, 275 Tz. 20).
20 (3) Für die Abwägung ist von maßgebender Bedeutung, ob die Presse im
konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und
sachbezogen erörtert und damit den Informationsbedarf des Publikums erfüllt
und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt (BGH GRUR 2009, 86 Tz.
15 m.w.N.). Ausgangspunkt der Beurteilung ist nicht der Bekanntheitsgrad der
Person, über die berichtet wird, sondern der Informationswert der
Berichterstattung. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit
ist, umso mehr muss das Schutzinteresse dessen, über den informiert wird,
hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten.
Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso
schwerer, je geringer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist. Dabei
ist nicht ausgeschlossen, dass je nach Lage des Falles für den
Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des
Betroffenen von Bedeutung sein kann (BGHZ 178, 213 Tz. 18; zur Namensnennung
BGH, Urt. v. 5.6.2008 - I ZR 96/07, GRUR 2008, 1124 Tz. 17 = NJW 2008, 3782
- Zerknitterte Zigarettenschachtel; Urt. v. 5.6.2008 - I ZR 223/05, WRP
2008, 1527 Tz. 18 - Schau mal, Dieter). Auch bei einer Berichterstattung
über bekannte Personen müssen danach der Informationswert der
Berichterstattung anhand ihres Bezugs zur öffentlichen Meinungsbildung
ermittelt und der Pressefreiheit abwägend die beeinträchtigenden Wirkungen
für den Persönlichkeitsschutz gegenübergestellt werden (BVerfGE 120, 180,
208). Beschränkt sich der die Bildveröffentlichung begleitende Bericht
darauf, einen beliebigen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu
schaffen, lässt die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen
Meinungsbildung nicht erkennen. Insofern muss das Veröffentlichungsinteresse
nicht nur hinter dem Schutz der Privatsphäre zurücktreten (BVerfGE 120, 180,
207; BGH, Urt. v. 3.7.2007 - VI ZR 164/06, GRUR 2007, 902 Tz. 12 = NJW 2008,
749; Urt. v. 1.7.2008 - VI ZR 243/06, GRUR 2008, 1024 Tz. 23 = NJW 2008,
3138), sondern allgemein hinter dem Schutz des Persönlichkeitsrechts, etwa
des Schutzes am eigenen Bildnis, wenn der Eingriff in dieses Recht
hinreichend schwer wiegt.
21 bb) Der Informationswert der Abbildung des Klägers und der
Bildunterschrift ist im vorliegenden Fall derart gering, dass ein
schützenswerter Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung nicht erkennbar
ist.
22 Das Berufungsgericht hat im Ansatz zutreffend den Informationswert aus
der Bildunterschrift im Zusammenhang mit der Abbildung des Klägers auf dem
Titelblatt des Rätselheftes ermittelt. Dabei hat es den Aussagegehalt der
Bildunterschrift berücksichtigt und angenommen, dass der Informationswert
äußerst gering ist. Rechtsfehlerhaft hat es allerdings nicht den
Informationswert in den Mittelpunkt seiner Erörterung gestellt, sondern zu
Unrecht wegen des hohen Bekanntheitsgrades des Klägers auf ein von der
Meinungs- und Pressefreiheit umfasstes, auf die belanglose Meldung bezogenes
Informationsinteresse der Allgemeinheit geschlossen.
23 Selbst bei einem großzügigen Maßstab ist der Informationswert der
Bildunterschrift - auf die mangels eines weiteren redaktionellen Beitrags
allein abzustellen ist - für die Allgemeinheit vorliegend derart gering,
dass er nicht darüber hinausgeht, einen Anlass für die Abbildung des
prominenten Klägers zu schaffen. Die Bildunterschrift enthält lediglich eine
belanglose Mitteilung. Sie hat keinerlei Nachrichtenwert mit
Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende
Sachdebatte. Sie erschöpft sich in der gerade wegen des sehr hohen
Bekanntheitsgrades des Klägers und der von ihm moderierten Quizsendung "Wer
wird Millionär?" bereits allgemein bekannten Information, dass der Kläger
die Sendung moderiert und diese spannend ist. Weitere Informationen über
den Kläger oder die Quizsendung werden nicht vermittelt. Die Abbildung steht
auch nicht in deutlichem Zusammenhang mit einer eigenen Leistung des
Klägers, nur weil sowohl das Rätselheft als auch die von dem Kläger
moderierte Sendung Ratespiele zum Gegenstand haben. Denn bei dem Rätselheft
handelt es sich um eine im Verhältnis zum Kläger fremde Leistung (hierzu
BGH, Urt. v. 1.10.1996 - VI ZR 206/95, GRUR 1997, 125, 127 -
Künstlerabbildung in CD-Einlegeblatt). Die Veröffentlichung des Bildnisses
des Klägers im Kontext mit der Bildunterschrift enthält damit in Abwägung
mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers keinen schützenswerten
Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung.
24 c) Die Revision macht zu Recht geltend, dass das Berufungsgericht bei der
Interessenabwägung dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers zu
geringes Gewicht beigemessen hat. Es hat den Werbecharakter der
Bildnisveröffentlichung nicht hinreichend gewürdigt.
25 aa) Bei der Beurteilung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts des
Abgebildeten als Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der
Allgemeinheit ist die Intensität des in Rede stehenden Eingriffs zu
berücksichtigen, die sich auch auf eine ungewollte Vereinnahmung für fremde
kommerzielle Werbeinteressen beziehen kann.
26 Der Schutz des Persönlichkeitsrechts umfasst nicht nur die
Privatsphäre als Kernbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Hier
können die Eingriffe besonders schwer wiegen. Wesentlicher Bestandteil des
Persönlichkeitsrechts ist darüber hinaus die Entscheidung, ob und in welcher
Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt werden soll
(BGHZ 169, 340 Tz. 19 - Rücktritt des
Finanzministers). Das schutzwürdige Informationsinteresse fehlt bei
Werbeanzeigen, wenn sie ausschließlich den Geschäftsinteressen des mit der
Abbildung werbenden Unternehmens dienen. Dies ist insbesondere der Fall,
wenn das Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte nur verwendet wird, um
den Werbewert der prominenten Persönlichkeit auszunutzen und auf das
beworbene Produkt überzuleiten. Dagegen ist der Anwendungsbereich des § 23
Abs. 1 Nr. 1 KUG eröffnet, wenn die Werbeanzeige neben dem Werbezweck auch
einen Informationsgehalt für die Allgemeinheit aufweist (BGH, Urt. v.
1.10.1996 - VI ZR 206/95, GRUR 1997, 125, 126 = NJW 1997, 1152 -
Bob-Dylan-CD; BGHZ 169, 340 Tz. 15 - Rücktritt des
Finanzministers). Der begleitende Text darf sich aber nicht darauf
beschränken, nur irgendeinen Anlass für die Abbildung zu schaffen (BVerfGE
120, 180, 206 f.).
27 bb) Das Berufungsgericht hat das Gewicht des Werbecharakters der
Bildnisveröffentlichung auf dem Titelblatt des Rätselhefts im Verhältnis zum
Informationsgehalt der Berichterstattung unzureichend berücksichtigt.
28 Es hat in diesem Zusammenhang in die Abwägung nur einbezogen, dass das
Titelblatt in seiner Werbefunktion als Bestandteil der Zeitschrift geschützt
ist. Zutreffend ist zwar, dass die eigene Werbung für ein Presseerzeugnis
ebenso wie das Presseerzeugnis selbst den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
genießt (BGHZ 151, 26, 30 f. - Marlene Dietrich II). Enthält das
Presseerzeugnis eine dem Schutz der Pressefreiheit unterliegende
Bildberichterstattung über eine prominente Person, darf auch mit deren
Bildnis auf dem Titelblatt geworben werden (BGH, Urt. v. 14.3.1995 - VI ZR
52/94, NJW-RR 1995, 789, 790 - Chris Revue). Erschöpft sich die
Berichterstattung aber nur darin, einen Anlass für die Abbildung einer
prominenten Person auf dem Titelblatt zu schaffen, weil ein Beitrag zur
öffentlichen Meinungsbildung nicht erkennbar ist, begrenzt das allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten nicht nur die Berichterstattung,
sondern auch die Werbung für das Presseerzeugnis.
29 cc) Durch die Verwendung des Bildnisses auf dem Titelblatt hat die
Beklagte über eine bloße Aufmerksamkeitswerbung hinaus den Werbe- und
Imagewert des Klägers ausgenutzt.
30 Die Bildunterschrift führt nicht zu einer Zuordnung der Abbildung des
Klägers zu einem Zeitgeschehen, über das zusammen mit dem Bildnis informiert
wird. Die Beklagte hat durch die Abbildung auf dem Titelblatt des
Rätselhefts vielmehr die Person des Klägers als Vorspann für die Anpreisung
des Rätselhefts vermarktet.
31 Das Berufungsgericht hat angenommen, der Leser habe bei der Betrachtung
des Titelblatts nicht den Eindruck, der Kläger empfehle den Kauf des Heftes.
Hiergegen wendet sich die Revision mit der Begründung, durch die Aufmachung
des Titelblatts nehme das angesprochene Publikum an, der Kläger preise als
Fachmann das Rätselheft der Beklagten an. Ob die Annahme des
Berufungsgerichts den Angriffen der Revision standhält, ist zweifelhaft. Die
Frage kann aber offenbleiben. Die Ausnutzung des Image- oder Werbewerts der
prominenten Person setzt nicht zwingend voraus, dass durch die Aufmachung
des Bildes der Eindruck entsteht, die prominente Person identifiziere sich
mit dem beworbenen Produkt, preise es an oder empfehle es. Entscheidend ist,
ob die Darstellung bei dem Leser eine gedankliche Beziehung zwischen dem
Abgebildeten und dem beworbenen Produkt herstellt (vgl. BGH NJW-RR 1995,
798, 790 - Chris Revue; zum Namensrecht BGHZ 30, 7, 13 - Catharina Valente).
Geht es dem Werbenden nicht auch um die Befriedigung des Bedürfnisses der
Allgemeinheit an der Darstellung bekannter Persönlichkeiten, sondern
ausschließlich darum, durch ein unmittelbares Nebeneinanderstellen der Ware
und der abgebildeten Person das Interesse der Öffentlichkeit an der Person
und deren Beliebtheit auf die Ware zu übertragen, rechtfertigt dies nicht
die einwilligungsfreie Nutzung des Bildnisses (vgl. BGHZ 20, 345, 352 - Paul
Dahlke).
32 Die gedankliche Beziehung, die im vorliegenden Fall die Ausnutzung des
Werbe- und Imagewerts des Klägers begründet, liegt im inhaltlichen
Zusammenhang zwischen der - auf dem Titelblatt erwähnten - Tätigkeit des
Klägers und dem Inhalt des Rätselhefts. Dieser Zusammenhang wird durch die
Abbildung des Kreuzworträtsels als Hintergrundmontage zum im Vordergrund als
Blickfang abgebildeten Kläger betont. Der Kläger wird als Moderator einer
Rätselsendung in Beziehung zu dem ihm fremden Rätselheft gesetzt (zur zwar
branchengleichen, aber "fremden" Leistung BGH GRUR 1997, 125, 126 -
Künstlerabbildung in CD-Einlegeblatt). Seine Kompetenz und Popularität
sollen auf das Rätselheft übertragen werden. Diesen Zusammenhang
unterstreicht die Bildunterschrift, indem sie den Kläger und seine beliebte
Quizsendung benennt und das Quiz als spannend bezeichnet, wobei sie damit
sowohl die vom Kläger moderierte Quizsendung als auch andere Quiz- und
Ratespiele - und damit auch das Rätselheft - in die Aussage einbezieht.
33 d) Die gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers
und der Pressefreiheit der Beklagten ergibt, dass dem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht des Klägers der Vorrang zukommt. Der
Informationswert der Bildunterschrift ist derart gering, dass ein
schützenswerter Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung in Abwägung mit dem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers insbesondere wegen der
Ausnutzung seines Image- und Werbewerts nicht erkennbar ist. Dem Recht am
eigenen Bildnis des Klägers gebührt der Vorrang vor dem
Veröffentlichungsinteresse der Beklagten. Aus diesem Grunde liegt kein dem §
23 Abs. 1 Nr. 1 KUG unterfallendes Bildnis der Zeitgeschichte vor. Die
Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers ohne seine Einwilligung war
daher unzulässig.
34 2. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung einer fiktiven
Lizenzgebühr aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB zu. Die unbefugte
kommerzielle Nutzung seines Bildnisses stellt einen Eingriff in den
vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts am eigenen Bild wie auch
des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar und begründet grundsätzlich -
neben dem Verschulden voraussetzenden Schadensersatzanspruch - einen
Anspruch aus Eingriffskondiktion auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr (BGH,
Urt. v. 1.12.1999 - I ZR 226/97, GRUR 2000, 715, 716 = NJW 2000, 2201 - Der
blaue Engel; BGHZ 169, 340 Tz. 12 - Rücktritt
des Finanzministers). Dem Kläger steht darüber hinaus ein
Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu, der ebenfalls auf Zahlung
der üblichen Lizenzgebühr gerichtet ist (vgl.
BGHZ 169, 340 Tz. 12 - Rücktritt des Finanzministers). Das für diesen
Anspruch notwendige Verschulden liegt vor. Die Beklagte hat zumindest
fahrlässig gehandelt. Sie hat sich mit der Veröffentlichung der Abbildung
des Klägers als Blickfang auf dem Titelblatt ihres Rätselhefts, dem außer in
der Bildunterschrift ein redaktioneller Beitrag über den Kläger fehlt,
erkennbar im Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem sie eine
von ihrer Einschätzung abweichende Beurteilung in Betracht ziehen musste.
35 Da die Veröffentlichung des Bildes unzulässig war, steht dem Kläger auch
ein Anspruch auf Zahlung der vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten zu.
36 III. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig -
keine Feststellungen zur Höhe der geltend gemachten Ansprüche getroffen. Die
Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das die hierzu
erforderlichen Feststellungen nachzuholen hat. |