Kündigung eines
Pachtvertrags über einen Nachlaßgegenstand als Verfügung i.S.v. § 2040 BGB:
Begriff der "Verfügung"; Verhältnis von § 2038 BGB zu § 2040 BGB,
Gesamthandsprinzip der Erbengemeinschaft
BGH, Urt. v. 28. April 2006 - LwZR 10/05
Fundstelle:
NJW 2007, 150
Amtl. Leitsatz:
Die Kündigung eines Pachtvertrags über zu einem Nachlass gehörende landwirtschaftliche Flächen ist eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand (Aufgabe von Senat, Beschl. v. 30. Januar 1951, V BLw 36/50, LM BGB § 2038 Nr. 1).
Zentrale Probleme:
Nach § 2040 BGB können Miterben über einen
Nachlaßgegenstand nur gemeinsam verfügen. Zur Erhaltung des Nachlasses
notwendige Maßnahmen kann nach § 2038 I BGB hingegen jeder Erbe alleine
treffen. Damit stellt sich die Frage, ob, wenn eine Verfügung über einen
Nachlaßgegenstand eine solche Maßnahme darstellt, § 2040 BGB oder § 2038 BGB
gilt.
Zunächst legt der BGH zu recht dar, daß die Kündigung eines Pachtvertrages
eine "Verfügung" darstellt. Als eine solche definiert man Rechtsgeschäfte
sind, durch die bestehende Rechte mit unmittelbarer Wirkung aufgehoben,
übertragen, belastet oder inhaltlich verändert werden. Damit ist die
Kündigung des Pachtvertrages zwar keine Verfügung über das verpachtete
Grundstück, wohl aber über die Rechte aus dem Pachtvertrag, die dadurch
aufgehoben werden.
Das Konkurrenzverhältnis zwischen § 2038 und § 2040 entscheidet der BGH
jetzt anders, als früher. Bisher hatte der BGH die Ansicht vertreten,
daß sich die Vorschrift des § 2038 BGB insgesamt nicht auf Verfügungen
bezieht, d.h. für diese die Sonderregelung des § 2040 Abs. 1 BGB gilt (BGHZ
38, 122, 124). Danach müssen Verfügungen über einen Nachlassgegenstand, auch
wenn sie zugleich Maßnahmen der ordnungsmäßigen Nachlassverwaltung nach §
2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB sind, von sämtlichen Miterben
gemeinschaftlich vorgenommen werden. Er deutet an, daran nicht mehr
festzuhalten, sondern immer dann § 2038 anzuwenden, wenn dadurch die auf den
Erhalt des Nachlassbestands gerichteten Interessen der anderen Miterben
nicht beeinträchtigt werden. Das wäre eine bedeutende Ausnahme vom
Gesamthandsprinzip der Erbengemeinschaft. Letztlich läßt er aber die Frage
offen, weil im Namen aller Miterben gehandelt wurde und offenbar auch
Vertretungsmacht gegeben war. Nunmehr ist sie entschieden:
BGH v. 11.11.2009 -
XII ZR 210/05.
©sl 2006
Tatbestand:
1
Die Kläger sind zusammen mit der unter Betreuung stehenden M.
W. , deren Betreuerin u.a. für den Bereich "Immobilienangelegenheiten" die
Klägerin zu 1 ist, Miterben des im Mai 1994 verstorbenen W. W.
(Erblasser). Dieser verpachtete dem Beklagten mit schriftlichem Vertrag vom
24. Januar 1991, geändert am 10. Januar 1993, ab dem 1. Oktober 1991 landwirtschaftlich genutzte Flächen für die Dauer von 12 Jahren. Nach § 2 Abs. 2
verlängert sich das Pachtverhältnis um 12 Jahre, wenn es nicht mit einer Frist
von 12 Monaten zum Pachtablauf gekündigt wird.
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Am 6. September 2002 erhielt der Beklagte ein von den Klägern unterzeichnetes und mit dem Absender "Erbengemeinschaft W. " versehenes
Schriftstück vom 15. August 2002 zugestellt, in welchem die Kündigung des
Pachtvertrags zum 30. September 2003 ausgesprochen wird. Mit Schreiben
vom 15. Juli 2003 forderten die Kläger den Beklagten - vergeblich - zur Herausgabe der Pachtflächen zum 30. September 2003 auf.
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Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat der auf Herausgabe der
Flächen an sämtliche Miterben gerichteten Klage stattgegeben. Die Berufung
des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, verfolgt der
Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
4
Zum einen hält das Berufungsgericht die Kündigung des Pachtvertrags
durch die Kläger für wirksam, obwohl sie nicht von allen Miterben ausgesprochen worden sei. Zwar sei die Kündigung eine Verfügung über einen Nachlass-
gegenstand, die grundsätzlich von allen Miterben gemeinschaftlich vorgenommen werden müsse. Aber als Geschäft der ordnungsmäßigen Verwaltung des
Nachlasses habe sie wirksam von den Klägern ohne Mitwirkung der weiteren
Miterbin erklärt werden können. Zum anderen meint das Berufungsgericht, dass
die Kündigungserklärung für sämtliche Mitglieder der Erbengemeinschaft abgegeben worden sei. Deshalb habe das Pachtverhältnis am 30. September 2003
geendet; der Beklagte sei zu der Herausgabe sämtlicher Pachtflächen verpflichtet.
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Das hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
II.
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1. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass die Kläger berechtigt
seien, mit der Klage von dem Beklagten die Herausgabe der Pachtflächen an
sämtliche Miterben zu verlangen. Denn nach § 2039 Satz 1 Alternative 2 BGB
kann jeder Miterbe die Leistung an alle Erben fordern. Dagegen erhebt die Revision auch keine Einwände.
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2. Ebenfalls zu Recht sieht das Berufungsgericht die von den Klägern
ausgesprochene Vertragskündigung als Verfügung über einen Nachlassgegenstand im Sinne von § 2040 Abs. 1 BGB an.
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a) In der Praxis sind Pachtverträge über landwirtschaftliche Flächen
- ebenso wie Mietverträge über Grundstücke und Räume - mit Verlängerungsklausel häufig anzutreffen. Diese Verträge verlängern sich automatisch auf be-
stimmte oder unbestimmte Zeit, wenn sie nicht zu dem vereinbarten Vertragsende gekündigt werden. Unterbleibt die Kündigung, wird das Vertragsverhältnis
mit demselben Inhalt fortgesetzt; lediglich die Laufzeit verändert sich. Die Identität des damit in die Zukunft verlängerten Vertrags bleibt erhalten (BGHZ 150,
373, 375 m.w.N. für einen Mietvertrag). Die von den Klägern in der Revisionserwiderung vertretene Auffassung, ihre Kündigungserklärung sei rechtlich als
Ablehnung des in dem ursprünglichen Vertrag enthaltenen befristeten Angebots
zu werten, den als möglich vorgesehenen neuen Vertrag abzuschließen, ist
somit unzutreffend. Daraus folgt, dass die Vertragsbeendigung zum Ende der
- noch nicht verlängerten - Laufzeit nur durch eine rechtzeitige Kündigung herbeigeführt werden kann (a.A. RGZ 86, 60, 62).
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b) Diese Kündigung ist eine Verfügung im Sinne von § 2040 Abs. 1 BGB.
Denn der allgemeine Verfügungsbegriff, nach welchem Verfügungen Rechtsgeschäfte sind, durch die bestehende Rechte mit unmittelbarer Wirkung aufgehoben, übertragen, belastet oder inhaltlich verändert werden
(siehe nur BGHZ 101, 24, 26), gilt auch für diese Vorschrift (AnwK-BGB/Ann, § 2040
Rdn. 4; Bamberger/Roth/Lohmann, BGB, § 2040 Rdn. 3; Erman/W. Schlüter,
BGB, 11. Aufl., § 2040 Rdn. 1; MünchKomm-BGB/Heldrich, 4. Aufl., § 2040
Rdn. 4; Soergel/M. Wolf, BGB, 13. Aufl., § 2040 Rdn. 2; Staudinger/Werner,
BGB [2002], § 2040 Rdn. 5). Deshalb ist u.a. die Ausübung von Gestaltungsrechten wie die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses eine Verfügung
(AnwK-BGB/Ann, aaO, Rdn. 5; Bamberger/Roth/Lohmann, aaO; MünchKommBGB/Heldrich, aaO, Rdn. 8; Soergel/M. Wolf, aaO, Rdn. 3). Das gilt auch für die
Kündigung eines Pachtvertrags über ein Nachlassgrundstück durch eine Erbengemeinschaft als Verpächterin (Staudinger/Werner, aaO, Rdn. 6 m.w.N.).
An seiner in dem Beschluss vom 30. Januar 1951 (V BLw 36/50, LM BGB
§ 2038 Nr. 1) vertretenen gegenteiligen Auffassung hält der Senat nicht fest.
Denn eine solche Kündigung ist zwar keine Verfügung über das verpachtete
Grundstück, wie der Senat dort richtig ausgeführt hat, wohl aber eine Verfügung
über die Rechte aus dem Pachtvertrag wie die ebenfalls zu dem Nachlass gehörende Pachtzinsforderung
(Soergel/M. Wolf, aaO, Rdn. 3). Auch sie gehört zu
den Rechten, auf die sich eine Verfügung im Sinne von § 2040 Abs. 1 BGB beziehen kann
(MünchKomm-BGB/Heldrich, aaO, Rdn. 4). Durch die Kündigung
des Vertrags wird das Recht aufgehoben, denn der Anspruch der Erbengemeinschaft auf Zahlung des Pachtzinses erlischt.
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3. Offen bleiben kann, ob das Berufungsgericht - wie die Revision meint -
rechtsfehlerhaft davon ausgeht, dass die Kündigung eines Pachtvertrags als
Maßnahme der ordnungsmäßigen Nachlassverwaltung auch ohne Mitwirkung
sämtlicher Miterben wirksam sei.
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a) Nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB ist jeder Miterbe den anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmä-
ßigen Verwaltung des Nachlasses erforderlich sind. Solche Maßregeln können
mit Stimmenmehrheit beschlossen werden (§ 2038 Abs. 2 BGB i.Vm. § 745
Abs. 1 BGB), bedürfen also nicht der Zustimmung sämtlicher Miterben. Ob
daraus folgt, dass eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand, die zugleich
eine Maßnahme der ordnungsmäßigen Nachlassverwaltung ist (vgl. dazu BGH,
Urt. v. 28. September 2005, IV ZR 82/04, NJW 2006, 439, 440), entgegen dem
in § 2040 Abs. 1 BGB enthaltenen Erfordernis der Einstimmigkeit wirksam ist,
wenn sie nicht von sämtlichen Mitgliedern der Erbengemeinschaft vorgenommen wird, ist umstritten.
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aa) Das Schrifttum spricht sich teilweise für einen Vorrang der Regelung
des § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB vor der des § 2040 Abs. 1 BGB aus;
danach sollen mehrheitlich beschlossene Maßnahmen der ordnungsmäßigen
Verwaltung des Nachlasses auch Verfügungsgeschäfte darüber ohne Beachtung des Einstimmigkeitsprinzips erlauben (AnwK-BGB/Ann, aaO, Rdn. 13;
Jauernig/Stürner, BGB, 11. Aufl., § 2040 Rdn. 2; Soergel/M. Wolf, aaO, § 2038
Rdn. 5; Frank, Erbrecht, 3. Aufl., § 19 Rdn. 19; Leipold, Erbrecht, 15. Aufl.,
Rdn. 736; Muscheler, ZEV 1997, 222, 230 f.; Schopp, ZMR 1967, 193).
13
bb) Überwiegend wird jedoch angenommen, dass auch für Verfügungen
über einen Nachlassgegenstand, die zugleich Maßnahmen der ordnungsmäßigen Nachlassverwaltung sind, die Vorschrift des § 2040 Abs. 1 BGB gilt; danach müssen solche Verfügungen von sämtlichen Miterben gemeinschaftlich
vorgenommen werden (Bamberger/Roth/Lohmann, aaO, Rdn. 2; Erman/Schlüter, aaO, Rdn. 3; MünchKomm-BGB/Heldrich, aaO, Rdn. 3; Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Aufl., § 2040 Rdn. 1; Staudinger/Werner, aaO,
§ 2038 Rdn. 40 und § 2040 Rdn. 1, 18; Bartholomeyczik, FS Reinhardt, 1972,
S. 13, 30 ff.; Brox, Erbrecht, 21. Aufl., Rdn. 507; Lange/Kuchinke, Erbrecht,
5. Aufl., § 43 IV 1; Olzen, Erbrecht, 2. Aufl., Rdn. 986; Schlüter, Erbrecht,
15. Aufl., Rdn. 685).
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cc) Vereinzelt wird die Ansicht vertreten, dass Verfügungen über einen
Nachlassgegenstand als Maßnahmen ordnungsmäßiger Nachlassverwaltung
mit Stimmenmehrheit vorgenommen werden können, wenn dadurch das nach
§ 2040 Abs. 1 BGB geschützte Recht der anderen Miterben nicht wesentlich
beeinträchtigt wird (BGB-RGRK/Kregel, 12. Aufl., § 2040 Rdn. 2; Johannsen,
WM 1970, 573, 576).
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dd) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezieht sich die
Vorschrift des § 2038 BGB insgesamt nicht auf Verfügungen; für die gilt vielmehr die Sonderregelung des § 2040 Abs. 1 BGB (BGHZ 38, 122, 124). Danach müssen Verfügungen über einen Nachlassgegenstand, auch wenn sie
zugleich Maßnahmen der ordnungsmäßigen Nachlassverwaltung nach § 2038
Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB sind, von sämtlichen Miterben gemeinschaftlich
vorgenommen werden.
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b) Gegen die Richtigkeit der zuerst genannten Auffassung, die generell
von einem Vorrang der Regelung des § 2038 Abs.1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB vor
der des § 2040 Abs. 1 BGB ausgeht, bestehen Bedenken. Gibt man nämlich
das Einstimmigkeitsprinzip für jede einer ordnungsmäßigen Verwaltung entsprechende Verfügung über einen Nachlassgegenstand auf, beschränkt das
den Anwendungsbereich der Vorschrift des § 2040 Abs. 1 BGB auf die wenigen
Fälle einer nicht ordnungsmäßigen Nachlassverwaltung. Allein die Ordnungsmäßigkeit scheint jedoch kein geeignetes Kriterium für die Entscheidung darüber zu sein, ob eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand - entgegen
dem Gesetzeswortlaut - nicht von allen Miterben gemeinschaftlich vorgenommen werden muss. Maßgeblich erscheint vielmehr, ob die mit Stimmenmehrheit
vorgenommene Verfügung den mit dem Einstimmigkeitsprinzip verfolgten
Zweck wahrt.
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c) Deshalb ist es ebenfalls zweifelhaft, ob die von dem überwiegenden
Teil des Schrifttums und von dem Bundesgerichtshof vertretene Ansicht zutrifft,
auch Verfügungen im Rahmen ordnungsmäßiger Nachlassverwaltung müssten
immer von sämtlichen Miterben gemeinschaftlich vorgenommen werden. Auch
sie berücksichtigt nicht ausreichend den mit der Vorschrift des § 2040 Abs. 1
BGB verfolgten Zweck. Im Übrigen hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf Anfrage mitgeteilt, dass er an seiner in BGHZ 38, 122, 124 veröffentlichten Entscheidung, in der er generell die Anwendbarkeit der Vorschrift des
§ 2038 BGB auf Verfügungen über Nachlassgegenstände verneint hat, nicht
mehr festhält.
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d) Viel spricht deshalb für die Auffassung, dass Verfügungen über einen
Nachlassgegenstand als Maßnahmen ordnungsmäßiger Nachlassverwaltung
wirksam mit Stimmenmehrheit vorgenommen werden können, wenn dadurch
die auf den Erhalt des Nachlassbestands gerichteten Interessen der anderen
Miterben nicht beeinträchtigt werden (ähnlich BGB-RGRK/Kregel, aaO;
Johannsen, aaO). Denn sie steht in Einklang mit dem Zweck der Vorschrift des
§ 2040 Abs. 1 BGB.
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aa) Er besteht darin, jeden Miterben (und die Nachlassgläubiger) vor einer Entwertung des Nachlasses zu schützen (AnwK-BGB/Ann, aaO, Rdn. 1;
Bamberger/Roth/Lohmann, aaO, Rdn. 1; MünchKomm-BGB/Heldrich, aaO,
Rdn. 1 - jeweils m.w.N. -). Dem widerspricht es zum einen, das Einstimmigkeitsprinzip für Verfügungen aufzugeben, mit denen eine Entwertung des Nachlasses verbunden ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob solche Verfügungen
zugleich Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung sind (verneinend
Soergel/M. Wolf, aaO, § 2040 Rdn. 1), die nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB mit Stimmenmehrheit beschlossen werden können. Entscheidend
ist allein, dass diese Verfügungen die Interessen der anderen Miterben an der
Sicherung des Nachlassbestands beeinträchtigen. Dem Zweck der Vorschrift
widerspricht es aber zum anderen auch, für jede Verfügung das Einstimmigkeitsprinzip zu verlangen, selbst wenn sie nicht zu einer Nachlassentwertung
führt. Denn in diesem Fall wird das Sicherungsinteresse der Miterben nicht
nachteilig berührt.
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bb) Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass Praktikabilitätsgründe wie das Interesse an einer zügigen Verwaltungsführung und an
einer größeren Beweglichkeit der Erbengemeinschaft im Geschäftsverkehr es
generell erforderten, der Regelung in § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB den
Vorrang vor der in § 2040 Abs. 1 BGB einzuräumen (anders Soergel/M. Wolf,
aaO, § 2040 Rdn. 1; Muscheler, ZEV 1997, 220, 330 f.). Diese Auffassung mag
im Einzelfall zutreffen, etwa für Verfügungen, die im Rahmen der Nachlassverwaltung als Geschäfte des täglichen Lebens anzusehen sind und sich nicht
nachteilig auf die Werthaltigkeit des Nachlasses auswirken. Führen sie jedoch
zu einer Verminderung des Nachlassbestands, müssen Praktikabilitätsgründe
hinter den Schutzzweck der Vorschrift des § 2040 Abs. 1 BGB zurücktreten.
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cc) Auch der Gesichtspunkt, dass die Erbengemeinschaft nicht unnötig in
einen Rechtsstreit mit ihren Gläubigern hineingezogen werden solle, die aus mit
Stimmenmehrheit wirksam geschlossenen Verträgen auf Leistung klagen könnten (vgl. dazu BGH, Urt. v. 15. Oktober 1997, IV ZR 327/96, WM 1998, 659,
660), spricht nicht generell für den Vorrang der Regelung in § 2038 Abs. 1
Satz 2 Halbsatz 1 BGB vor dem Einstimmigkeitsprinzip nach § 2040 Abs. 1
BGB (anders AnwK-BGB/Ann, § 2040 Rdn. 13). Für den vorliegenden Fall erlangt er bereits deshalb keine Bedeutung, weil der Kündigung des Pachtvertrags kein Verpflichtungsgeschäft zugrunde liegt, aus dem ein Dritter Erfüllung
verlangen kann.
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dd) Die in der Vorschrift des § 2040 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommende gesamthänderische Bindung der Miterben spricht andererseits nicht
zwingend für die Notwendigkeit, Verfügungen über Nachlassgegenstände immer gemeinschaftlich vorzunehmen (anders Staudinger/Werner, aaO, § 2040
Rdn. 1). Die Regelungen in § 2038 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 i.V.m. § 745 BGB zeigen, dass der Gesetzgeber das Gesamthandsprinzip nicht strikt durchgehalten,
sondern für die Fälle der ordnungsmäßigen und der dringend notwendigen
Nachlassverwaltung Ausnahmen davon zugelassen hat. Dass diese nur bei
Verpflichtungsgeschäften, nicht aber bei Verfügungen zum Tragen kommen
sollen, ist jedenfalls dann nicht einsichtig, wenn sich die Verfügungen nicht
nachteilig auf den Nachlassbestand auswirken.
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e) Für die Entscheidung dieses Rechtsstreits kommt es indes nicht
darauf an, welcher der genannten Auffassungen letztlich der Vorzug zu geben
ist. Denn nach der Auslegung des Schreibens der Kläger vom 15. August 2002
durch das Berufungsgericht, gegen die die Revision keine erheblichen Rügen
erhebt und an die der Senat deshalb gebunden ist, wurde die Kündigungserklärung für sämtliche Mitglieder der Erbengemeinschaft abgegeben; die Kläger
hätten durch die Bezeichnung "Erbengemeinschaft W. " hinreichend deutlich und für den Beklagten erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass die Erklärung für sämtliche hinter der Gemeinschaftsbezeichnung stehende Personen
abgegeben werden sollte. Somit haben alle Miterben, wobei M. W.
von der Klägerin zu 1 vertreten wurde, gemeinschaftlich über die zu dem Nachlass gehörende Pachtzinsforderung verfügt, indem sie sie zum Erlöschen gebracht haben. Diese Verfügung ist nach § 2040 Abs. 1 BGB wirksam.
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4. Der Pachtvertrag mit dem Beklagten endete deshalb am 30. September 2003. Der Beklagte ist nach §§ 596 Abs. 1, 985 BGB zur Herausgabe der
Pachtflächen an sämtliche Mitglieder der Erbengemeinschaft verpflichtet.
IV.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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