NJW 2000, 1179
Amtl. Leitsätze:
1. Zur Haftung aus einer widerrufenen und sodann
ergänzten Blankobürgschaft für später aufgenommene
Kredite.
2. Verbürgt ein Handlungsbevollmächtigter,
der eine GmbH anstelle eines Geschäftsführers leitet, von ihm
aufgenommene Kredite an die Gesellschaft, um ein gewinnversprechendes Geschäft
zu fördern und seinen Arbeitsplatz zu sichern, so ist die Bürgschaft
nicht allein deswegen sittenwidrig, weil sie den Bürgen bei Vertragsschluss
ungewöhnlich stark belastet.
3. Die formularmäßige Globalbürgschaft
eines Handlungsbevollmächtigten, der anstelle eines Geschäftsführers
eine GmbH leitet und für diese die verbürgten Kredite aufnimmt,
ist grundsätzlich nicht nach §§ 3, 9 AGBG unwirksam.
Zum Sachverhalt:
Die kl. Bank nimmt den Bekl. als Bürgen in
Anspruch. Dazu legt sie ein vom Bekl. unterschriebenes Formular über
eine "unbegrenzte Bürgschaft" vor, das maschinenschriftliche Einfügungen
der N-GmbH als "Hauptschuldner" (im Folgenden: GmbH, Gesellschaft oder
Hauptschuldnerin) und des Bekl. als "Bürgen" sowie die handschriftliche
Angabe "München, den 20. 1. 1992" enthält. Die Kl. räumte
der GmbH, deren Gesellschafter der frühere Geschäftsführer
S und der Vater des Bekl. waren, im Juli 1990 auf dem Kontokorrentkonto
Nr. . . .74 einen Kredit von 60000 DM ein. Am 29. 1. 1991 wurde S als Geschäftsführer
abberufen. Danach führte der Bekl. als Handlungsbevollmächtigter
die Geschäfte der GmbH. Nach Verhandlungen mit dem Bekl. im Dezember
1991 sagte die Kl. zu, eine Überziehung des Kredits durch die GmbH
bis zu 100 000 DM zu dulden. Während dieser Verhandlungen übergab
der Bekl. der Kl. eine formularmäßige Blankobürgschaft,
die diesen Kredit sichern sollte. Ende 1991 betrug die Kreditschuld 70000
DM. Am 7. 1. 1992 schrieb der Bekl. der Kl. unter anderem Folgendes:
"Die Außerkraftsetzung Ihrer Zusage wurde
uns erst heute telefonisch auf Nachfrage zur Kenntnis gegeben. Die Ihnen
bei Ihrem Besuch im guten Glauben auf den zu errichtenden Kreditrahmen
übergebene Blankobürgschaft widerrufe ich bis auf weiteres, hoffe
jedoch, dass für die Gesellschaft eine finanziell tragbare Regelung
erreicht werden kann."
In der Folgezeit verhandelte der Bekl. mit der
Kl. über weitere Kredite für die GmbH, insbesondere zur Durchführung
von Verträgen mit der B. Am 16. 1. 1992 teilte die Kl. dem Bekl. mit,
dass "weitere Inanspruchnahmen für das Projekt B" unter anderem eine
unbegrenzte Bürgschaft des Bekl. voraussetzten. Mit Schreiben vom
9. 3. 1992 gewährte die Kl. der GmbH auf dem Unterkonto Nr... .00
einen Betriebsmittelkredit von 120 000 DM und auf dem weiteren Unterkonto
Nr. .. .01 ein Darlehen von 150 000 DM zur "Projektfinanzierung für
Aufträge der Firma B"; als Sicherheit wurde unter anderem eine unbegrenzte,
unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft des Bekl. verlangt. Dieser
unterzeichnete dieses Schreiben, sandte es der Kl. zurück und erteilte
ihr eine Selbstauskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse.
Die Hauptschuldnerin wurde im September 1993 wegen Vermögens-losigkeit
im Handelsregister gelöscht. Am 9. 2. 1994 kündigte die Kl. die
Kredite zum 14. 2. 1994. Zu diesem Zeitpunkt bestanden Kredit-schulden
auf dem Unterkonto mit der Endnummer 00 in Höhe von 150161,40 DM und
auf dem Unterkonto mit der Endnummer 01 in Höhe von 190 628,31 DM.
Aus dem "Gesamtsaldo" abzüglich 20204 DM aus der Verwertung einer
Lebensversicherung des Bekl. hat die Kl. gegen den Bekl. einen Teilbetrag
von 100 000 DM nebst Zinsen geltend gemacht sowie Ersatz von 86,25 DM verlangt,
die für die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Bekl. aufgewendet wurden.
LG und OLG haben der Klage stattgegeben. Die Revision
war erfolgreich und führte zur Auffiebung des Berufungsurteils und
zur Zurückverweisung der Sache.
Aus den Gründen:
I. Das Berufungsurteil lässt nicht erkennen,
auf welche der Einzelforderungen aus den Konten das BerGer. den hauptsächlichen
Teilanspruch von 100 000 DM zuerkannt hat. Die Kl. hat in der Revisionsverhandlung
- in zulässiger Weise (vgl. BGHZ 11, 192 [194ff.] = NJW 1954, 757
= LM § 253 ZPO Nr. 8) - klargestellt, dass sie mit dem Klageanspruch
in erster Linie eine Forderung aus dem Konto mit der Endnummer 74, hilfsweise
aus dem Unterkonto mit der Endnummer 00 und äußerst hilfsweise
aus dem Unter-konto mit der Endnummer 01 geltend macht(§ 253 II Nr.
2 ZPO).
In den Vorinstanzen hat die Kl. ihren Klageanspruch
allerdings allein auf eine Teilforderung aus den Unterkonten gestützt.
Der entsprechende Streitgegenstand liegt den folgenden Ausführungen
zugrunde. Im weiteren Berufungsverfahren kann die Kl. noch erläutern,
dass auch eine Forderung aus dem Konto mit der Endnummer 74 Streitgegenstand
sei. Möglicherweise ist ein Sollsaldo aus diesem Konto auf das Unterkonto
mit der Endnummer 00, das einen Betriebsmittelkredit betraf, übernommen
worden.
II. 1. Das BerGer. ist zu Recht davon ausgegangen,
dass der Inanspruchnahme des Bekl. aus der behaupteten Bürgschaft
nicht schon die Löschung der Hauptschuldnerin im Handelsregister wegen
Vermögenslosigkeit entgegensteht (BGHZ 82, 323 [326 f.] = NJW 1982,
875 = LM § 398 BGB Nr. 41).
2. Die Revision rügt jedoch mit Erfolg die
tatrichterliche Feststellung, die Kl. nehme den Bekl. nicht aus einer Blankobürgschaft,
die formunwirksam wäre (§§ 125 S. 1, 766 S. 1 BGB; BGHZ
132, 119 [122ff.] = NJW 1996, 1467 = LM H. 9/1996 § 765 BGB Nr. 107),
in Anspruch.
Dazu hat das BerGer. ausgeführt: Der Vortrag
des Bekl., nicht zu wissen, wie es zu dem Datum auf der Bürgschaftsurkunde
gekommen sei, sei eine prozessual unzulässige Erklärung mit Nichtwissen
zum Vorbringen der Kl., der Bekl. habe die Bürgschaftsurkunde am 20.
1. 1992 in ihren Geschäftsräumen mit Datum und Unterschrift versehen.
Nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde stammten die Angaben
des Ortes und des Datums sowie die Unterschrift von der selben Hand. Soweit
das LG ausgeführt habe, der Bekl. räume nunmehr ein, die Bürgschaft
vermutlich selbst auf den 20. 1. 1992 datiert zu haben, habe dieses zu
Recht angenommen, dass sich der Bekl. dann die Blankounterschrift wieder
zu eigen gemacht habe.
Diese Erwägungen werden dem Vorbringen der
Parteien nicht gerecht und stützen ohne die erforderliche Sachaufklärung
nicht die Annahme, der Bekl. habe sich formwirksam verbürgt (§
286 ZPO).
a) Die Kl. hat unter Beweisantritt behauptet:
Der Bekl. habe am 19. 12. 1991 eine Bürgschaftsurkunde blanko unterzeichnet.
Nach Widerruf dieser Bürgschaft mit Schreiben vom 7. 1. 1992 habe
sie - die Kl. - die Bürgschaftsurkunde dem Bekl. am 9. 1. 1992 zurückgegeben.
Am 20. 1. 1992 habe der Bekl. in ihren Geschäftsräumen diese
Bürgschaftsurkunde ausgefüllt und ihr übergeben. Bei Richtigkeit
dieses Vorbringens hat sich der Bekl. formwirksam verbürgt (§§
765, 766 BGB). Die Schriftform des § 766 S. 1 BGB ist dann eingehalten,
wenn die Bürgschaftsurkunde den Verbürgungswillen des Bürgen
sowie die Bezeichnung des Gläubigers, des Hauptschuldners und der
verbürgten Hauptschuld enthält. Nach dem Klagevortrag hat der
Bekl. das von ihm bereits unterschriebene und von der Kl. zurückgegebene
Bürgschaftsformular am 20. 1. 1992 wiederum der Kl. übergeben,
nachdem er entweder selbst die hand- und maschinen-schriftlichen Angaben
in diese Urkunde eingesetzt hatte oder nachdem die Kl. in Gegenwart und
mit Zustimmung des Bekl. die maschinenschriftlichen Einfügungen vorgenommen
hatte. In beiden Fällen hat der Bekl. der Kl. - unter Benutzung und
Ausfüllung eines früheren Blanketts - eine neue formwirksame
Bürgschaft erteilt, die die bis dahin fehlende Angabe des Hauptschuldners
enthält.
b) Der Bekl. hat vorgetragen, die Kl. habe seine
widerrufene Blankobürgschaft nicht zurückgegeben und bezüglich
der Hauptschuldnerin ohne sein Einverständnis ausgefüllt. Sollte
diese Behauptung des Bekl. richtig sein, so ist der Bürgschaftsvertrag
nichtig, weil die Bürgschaftserklärung nicht der Schriftform
des § 766 S. 1 BGB genügt (§ 125 S. 1 BGB; BGHZ
132, 119 [122ff.] = NJW 1996, 1467 = LM H. 9/ 1996 § 765 BGB Nr. 107).
Diese Form war nicht entbehrlich; die Bürgschaft. war für den
Bekl. kein Handelsgeschäft i.S. des § 350 HGB, auch wenn er damals
als Handlungsbevollmächtigter die GmbH - anstelle des abberufenen
Geschäftsführers - geleitet hat (vgl. BGHZ 121, 224 [228] = NJW
1993, 1126 = LM H. 7/1993 § 766 BGB Nr. 26). Von
den erforderlichen Angaben in der Bürgschaftsurkunde
fehlte in dem vom Bekl. blanko unterschriebenen Bürgschaftsformular
die Bezeichnung des Hauptschuldners. Aus dem Urkundeninhalt ergibt sich
kein ausreichender Anhaltspunkt für eine Auslegung, dass die vom Bekl.
damals geführte GmbH Hauptschuldnerin sein sollte (vgl. BGH, NJW 1989,
1484 = LM § 766 BGB Nr. 20 = WM 1989, 559 [560]; NJW 1995, 959 = LM
H. 6/1995 § 765 BGB Nr. 97 = WM 1995, 331). Dafür bietet auch
die formularmäßige Festlegung der verbürgten Hauptschuld
keinen hinreichenden Hinweis; die Sicherungsklausel erschöpft sich
darin, dass die. Bürgschaft für alle bestehenden und künftigen
Ansprüche der Kl. aus der Geschäftsverbindung "gegen den Hauptschuldner"
übernommen werden soll.
Fehlt eine nach § 766 S. 1 BGB erforderliche
Angabe in der Bürgschaftsurkunde, die nur mit einer Blankounterschrift
des Bürgen versehen ist, so kann nach dem - von der früheren
Rechtsprechung des BGH abweichenden - Senatsurteil vom 29.2.1996 (BGHZ
132, 119 [122ff.] = NJW 1996, 1467 = LM H. 9/1 996 § 765 BGB Nr. 107)
die Formvorschrift ihren Zweck, das Bürgschaftsrisiko dem
Bürgen vor der Bürgschaftserklärung vor Augen zu führen
und ihn vor einer übereilten Verpflichtung zu warnen, nur dann in
dem notwendigen Maße erfüllen, wenn der Bürge einen anderen
schriftlich zur Ergänzung der Urkunde bevollmächtigt oder
ermächtigt hat. Dies ist im vorliegenden Falle unstreitig nicht geschehen.
Verfassungsrechtliche Gründe stehen einer Rückwirkung der geänderten
höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die vom Bekl. behauptete Blankobürgschaft
nicht entgegen (vgl. BGHZ 132, 119 [122ff.] =
NJW 1996, 1467 = LM H. 9/1 996 § 765 BGB Nr. 107).
c) Die Erwägungen des BerGer. erübrigen
nicht die Beweisaufnahme darüber, ob der Bekl. eine Bürgschaftserklärung
erteilt hat, die die Bezeichnung des Hauptschuldners enthielt. Entgegen
der Wertung des BerGer. hat der Bekl. nicht vorgetragen, er wisse nicht,
wie es zu dem Datum gekommen sei. Vielmehr hat er im Berufungsverfahren
behauptet, die Kl. habe auch das Datum des 20. 1. 1992 eingesetzt. Soweit
der Bekl. damit sein entsprechendes Vorbringen in den Vor-instanzen geändert
haben sollte, kann das BerGer. dies bei der Würdigung eines Beweisergebnisses
berücksichtigen (BGH, GRUR 1995, 700 [701]). Er hat auch den Klagevortrag
zum Zustandekommen eines Bürgschaftsvertrags nicht mit Nichtwissen
bestritten, sondern eine rechtserhebliche Gegendarstellung vorgebracht.
Soweit das BerGer. sich den Ausführungen
des LG angeschlossen hat, der Bekl. habe sich in seinem Vorbringen "die
zuvor widerrufene Blankobürgschaft noch einmal ausdrücklich zu
eigen gemacht", hat es wohl an eine Genehmigung des Bürgschaftsvertrags
gedacht (vgl. §§ 179, 181, 184 BGB). Es kann dahinstehen, ob
eine solche Genehmigung rechtswirksam wäre (dafür Keim, NJW 1996,
2274 [2275 f.]; dagegen G. Fischer, JuS 1998, 205 [208]). Jedenfalls ist
eine solche Wertung des Vortrags des Bekl., der sich in erster Linie auf
eine Formunwirksamkeit der Bürgschaft beruft, verfehlt.
d) Die Klärung der Streitfrage, ob der Bekl.
der Kl. die vorgelegte Bürgschaftserklärung unter Angabe des
Hauptschuldners erteilt hat, ist auch nicht aus anderen Gründen entbehrlich.
Die vom Bekl. unterschriebene Urkunde begründet nach § 416 ZPO
den vollen Beweis dafür, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen
vom Bekl. abgegeben worden sind. Dieser hat jedoch mit seiner Behauptung,
er habe die Urkunde blanko unterschrieben und diese sei von der Kl. nachträglich
zumindest hinsichtlich des Hauptschuldners ohne seinen Willen ergänzt
worden, die Echtheit des Urkundentextes bestritten. Diese Echtheit hat
grundsätzlich die Kl. zu beweisen, die sich auf die Urkunde beruft
(§ 440 1 ZPO; vgl. BGHZ 104, 172 [176] = NJW 1988, 2741 = LM §
292 ZPO Nr. 3; BGH, NJW 1986, 3086 = LM § 416 ZPO Nr. 4).
Im vorliegenden Fall begründet § 440
II ZPO keine - vom Bekl. durch Beweis des Gegenteils zu widerlegende (§
292 ZPO) - Vermutung dafür, dass der über der Unterschrift
des Bekl. stehende Urkundentext echt ist, also vom Bekl. stammt oder mit
seinem Willen dort steht. Diese Vorschrift gilt auch für eine Blankounterschrift
und einen - vom Bekl. behaupteten - Blankettmissbrauch (BGHZ 104, 172 [176]
= NJW 1988, 2741 = LM § 292 ZPO Nr. 3; BGH, NJW 1986, 3086 [3087]
= LM § 416 ZPO Nr. 4; NJW-RR 1989, 1323). Zwischen den Parteien ist
es jedoch unstreitig, dass die vorgelegte Bürgschaftsurkunde hinsichtlich
des Hauptschuldners ergänzt worden ist, nachdem die Urkunde vom Bekl.
im Dezember 1991 mit seiner Blankounterschrift versehen und diese durch
den Widerruf vom 7. 1. 1992 gegenstandslos gemacht worden war. In einem
solchen Fall liegt nicht der Rechtsschein vor, der die Vermutung des §
440 II ZPO begründet (vgl. i.d.S. BGH, WM 1965, 1062 [1063]; BayObLG,
DNotZ 1985, 220 [2221). Nach dem Vortrag der Kl. hat der Bekl. nicht das
frühere, inzwischen gegenstandslose Blankett wiederverwendet, sondern
ihr - unter Benutzung und nach Ausfüllung des bereits unterschriebenen
Formulars - eine neue Bürgschaftserklärung erteilt. Das hat die
Kl. zu beweisen (vgl. BGH, NJW 1995, 2161 [2162] = LM H. 10/1995 §
767 BGB Nr. 28; NJW 1998, 2815 = LM H. 2/ 1999 § 765 BGB Nr. 128 =
WM 1998, 1675 [1676]).
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung obliegt
dem Bekl. nicht die Beweislast, weil die Vertragsurkunde grundsätzlich
die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Abreden für
sich hat. Diese Vermutung hat derjenige zu widerlegen, der die inhaltliche
Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Urkunde behauptet. Darum
geht es aber hier nicht. Vielmehr streiten die Parteien darüber, ob
zwischen ihnen ein Bürgschaftsvertrag zustande gekommen ist (vgl.
BGH, NJW-RR 1989, 1323 [1324]).
e) Sollte die Kl. nicht beweisen können,
dass der Bekl. ihr gemäß ihrem Vorbringen bei der Besprechung
der Parteien am 20. 1. 1992 eine neue Bürgschaftserldärung erteilt
hat, so wird das BerGer. die - bisher im Rechtsstreit nicht erörterte
- Frage zu prüfen haben, ob sich der Bekl. ausnahmsweise nach Treu
und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf den Formmangel berufen darf (vgl.
(BGHZ 132, 119 [128 f.] = NJW 1996, 1467 = LM
H. 9/1 996 § 765 BGB Nr. 107) m.w. Nachw.).
III. 1. Sollte der Bekl. eine formwirksame Bürgschaft übernommen haben oder trotz Formunwirksamkeit an seine Bürgschaftserklärung nach Treu und Glauben gebunden sein, so verstößt der Bürgschaftsvertrag entgegen der Ansicht der Revision nicht gegen die guten Sitten (§ 138 I BGB).
Das BerGer. hat angenommen, die Bürgenhaftung habe den Bekl. mit Rücksicht auf sein Einkommen ungewöhnlich stark belastet. Dennoch fehle ein strukturelles Ungleichgewicht im Sinne ungleicher Verhandlungsstärke, weil der Bekl. als Handlungsbevollmächtigter die Hauptschuldnerin seit der Abberufung des Geschäftsführers am 29. 1. 1991 verantwortlich geführt habe und für ihn als Geschäftsmann das persönliche Bürgschaftsrisiko erkennbar gewesen sei.
Ein Bürgschaftsvertrag ist grundsätzlich
dann gem. § 138 1 BGB nichtig, wenn der Bürge sich in einem Umfang
verpflichtet, der seine gegenwärtigen und künftig zu erwartenden
Vermögensverhältnisse übersteigt, und durch weitere, dem
Gläubiger zurechenbare Umstände - insbesondere durch Beeinträchtigung
der Entscheidungsfreiheit - zusätzlich so erheblich belastet wird,
dass ein unerträgliches Ungleichgewicht zwischen den Vertragspartnern
hervorgerufen wird (BGHZ 132, 328 [329 f.] =
NJW 1996, 2088 = LM H. 9/1996 § 765 BGB Nr. 108; BGHZ 136, 347
[350 f.] = NJW 1997, 3372 = LM H. 5/1998 § 765 BGB Nr. 120; BGHZ 137,
329 [332 f.] = NJW 1998, 597 = LM H. 5/1998 § 765 BGB Nr. 121). Ist
Hauptschuldnerin eine Gesellschaft, die aus wirtschaftlicher Sicht einem
Angehörigen des Bürgen gehört, so kann dieser sich in einer
für Verwandten- oder Ehegattenbürgschaften typischen Konfliktlage
befinden (BGHZ 137, 329 [336] = NJW 1998, 597 = LM H. 5/1998 § 765
BGB Nr. 121).
Bürgen Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter
für Verbindlichkeiten "ihrer" Gesellschaft, so wird die Bürgschaft
in der Regel nicht sittenwidrig sein, weil ein solcher Bürge die Entstehung
von Gesellschaftsschulden beeinflussen kann (BGH, NJW 1996, 1341 = LM H.
6/1996 § 765 BGB Nr. 106 = WM 1996, 588 [592]).
a) Die Bürgschaft mag den Bekl. im maßgeblichen
Zeitpunkt des Vertragsschlusses ungewöhnlich stark belastet haben.
Nach eigenem Vorbringen konnte der Bekl. aber für einen erheblichen
Teil der Kredite von insgesamt 270 000 DM, die er für die GmbH zu
einem Zinssatz von 13,5% jährlich aufgenommen hat, einstehen.
Nach seinem Vortrag hat er der Kl. bei den Vertragsverhandlungen eine Selbstauskunft erteilt, aus der sich monatliche Einkünfte von 6900 DM, ein Barvermögen von 8000 DM, der Rückkaufswert einer Versicherung von 16000 DM sowie an Verbindlichkeiten ein Ratenkredit von 50000 DM und ein Darlehen von 50000 DM für den Kauf des Pkw ergaben. Vom pfändungsfreien Teil seines monatlichen Einkommens konnte er über die monatlichen Kreditzinsen hinaus noch erhebliche Tilgungsleistungen erbringen.
b) Umstände, die den Bürgen bei Vertragsschluss
zusätzlich belastet haben und der Kl. als Gläubigerin zuzurechnen
sind, hat das BerGer. nicht festgestellt. Der Bekl. hat nicht geltend gemacht,
eine emotionale Bindung an seinen Vater, der Gesellschafter der Hauptschuldnerin
war, habe ihn unabhängig von wirtschaftlichen Überlegungen zur
Bürgschaftsübernahme veranlasst. Vielmehr hat den Bekl. dazu
unstreitig ein besonderes Interesse an dem gewinnversprechenden Projekt
"B" verleitet.
Die Revision macht geltend, der Bekl., der bei
der GmbH monatlich 5000 DM netto verdiente, habe mit der Aufnahme der verbürgten
Kredite für die Gesellschaft seinen Arbeitsplatz sichern wollen. Insoweit
kann dem Bekl. aber keine ausweglose Zwangslage bei Vertragsschluss zugebilligt
werden. Es war damals die freie Entscheidung des geschäftserfahrenen
Bekl., ob er als derjenige, der die Geschäfte der Gesellschaft anstelle
eines Geschäftsführers leitete, mit von ihm verbürgten Krediten
die GmbH und damit seinen Arbeitsplatz, möglicherweise - wie geschehen
- nur kurzfristig, festigte oder ob er das damit für ihn verbundene
Risiko nicht übernahm.
2. Vergeblich wendet sich die Revision auch gegen
die Ansicht des BerGer., die formularmäßige Globalbürgschaft
sei nicht nach §§ 3, 9 AGBG unwirksam.
Dazu hat das BerGer. ausgeführt: Im vorliegenden
Fall sei die weite Zweckerklärung in der Bürgschaftsurkunde nicht
unwirksam, weil sich derjenige verbürgt habe, der wie ein Geschäftsführer
die Geschäfte der Hauptschuldnerin geführt habe. Der Bekl. habe
Einfluss auf Art und Höhe der Kreditverbindlichkeiten der Hauptschuldnerin
gehabt. Er habe die Entwicklung der Hauptschuld gekannt und hätte
deswegen die Bürgschaft rechtzeitig kündigen können, wenn
er eine Ausdehnung des Bürgschaftsrisikos hätte vermeiden wollen.
Da der Bekl. die Lage kontrolliert und beherrscht habe, sei er einem Geschäftsführer
gleichzustellen.
a) Dagegen macht die Revision zunächst geltend,
die umfassende Sicherungsklausel sei nach § 3 AGBG nicht Vertragsbestandteil
geworden. Bei Bürgschaftsübernahme hätten die Kreditverbindlichkeiten
der Hauptschuldnerin nur 70000 DM und der verhandelte Kreditrahmen 100
000 DM zur Überbrückung eines Liquiditätsengpasses betragen.
Der Bekl. sei wie ein Kommanditist insoweit schutzbedürftig, weil
er damals als Handlungsbevollmächtigter nicht habe erwarten können,
künftig Art und Höhe der Verbindlichkeiten der GmbH beeinflussen
zu können. Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden.
Nach § 3 AGBG werden Bestimmungen in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen so ungewöhnlich
sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen
braucht, nicht Vertragsbestandteil. Überraschend in diesem Sinne ist
eine solche Regelung dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners
deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise
nicht zu rechnen braucht (BGHZ 130, 19 [24 ff.] = NJW 1995, 2553 = LM H.
11/1995 § 765 BGB Nrn. 99- 101 m. w. Nachw.). Bürgt ein Geschäftsführer,
Allein- oder Mehrheitsgesellschafter, der Art und Höhe der Verbindlichkeiten
"seiner" Gesellschaft beeinflussen kann, für deren Schulden, so wird
er in der Regel durch eine umfassende formularmäßige Zweckerklärung
seiner Bürgschaft nicht überrascht (BGHZ 130, 19 [30] = NJW 1995,
2553 = LM H. 11/1995 § 765 BGB Nrn. 99-101).
Unstreitig ist die vorgelegte Bürgschaftsurkunde
erst nach dem Widerruf der Blankobürgschaft am 7. 1. 1992 vervollständigt
worden. Nach eigenem Vorbringen, hat der Bekl. in der Folgezeit bis zum
16. 1. 1992 mehrmals mit der Kl. über einen Kredit zur Fortführung
des Projekts "B" verhandelt, wobei "ein Kreditvolumen von 250 000 DM ...
avisiert worden sei; darauf bezieht sich das Schreiben der Kl. an den Bekl.
vom 16. 1. 1992 über "weitere Inanspruchnahmen für das Projekt
B", die unter anderem von einer unbegrenzten Bürgschaft des Bekl.
abhängig gemacht worden ist. Danach ging es zu diesem Zeitpunkt nicht
nur um einen Kreditrahmen von 100 000 DM zur Verbesserung der Liquidität.
Vielmehr sind damals nach dem Vorbringen des Bekl. künftige, von ihm
zu verbürgende Kredite der Kl. an die GmbH, die am 9. 3. 1992 eingeräumt
worden sind, nach ihrem Grund und ihrem wesentlichen Umfang ausreichend
umrissen worden.
Der Bekl. ist auch durch die weitere Entwicklung
nicht überrascht worden. Nach dem vorinstanzlichen Vorbringen der
Parteien hat er als Handlungsbevollmächtigter (§ 54 HGB) - anders
als ein Kommanditist (vgl. § 170 HGB; BGHZ 130, 19 [30] = NJW 1995,
2553 = LM H. 11/1995 § 765 BGB Nrn. 99-101) - gleichsam wie ein Alleingeschäftsführer
mit Zustimmung der Gesellschafter (vgl. dazu BGH, WM 1969, 43; WM 1978,
1046 [1047]) die Geschäfte der GmbH geführt und diese vertreten;
dementsprechend hat er auch den Kreditvertrag vom 9. 3. 1992 für die
GmbH mit der Kl. geschlossen. Soweit die Revision erstmals in der Revisionsverhandlung
geltend gemacht hat, dem Bekl. habe gem. § 54 II HGB die Befugnis
zur Kreditaufnahme gefehlt, können die Parteien dies im weiteren Berufungsverfahren
klarstellen.
Falls der Bekl. dennoch behaupten will, die umfassende Zweckerklärung der Bürgschaft gehe über das Ergebnis seiner Verhandlungen mit der Kl. hinaus, hat er dafür keinen Beweis angetreten, obwohl er insoweit die Beweislast trägt (vgl. BGH, NJW 1995, 1674 = LM H. 9/1995 § 1191 BGB Nr. 55 = WM 1995, 790 [791]).
b) Entgegen der Ansicht der Revision ist die formularmäßige
Erstreckung der Bürgenhaftung auf die beiden geltend gemachten Verbindlichkeiten
aus dem Kreditvertrag vom 9. 3. 1992 nicht nach § 9 AGBG unwirksam.
Im vorliegenden Falle entfällt eine unangemessene Benachteiligung
schon deswegen, weil der Bekl. aufgrund seiner Verhandlungen mit der Kl.
Art und Umfang der von ihm verbürgten künftigen Kredite kannte
(vgl. BGH, NJW 1998, 2815 = LM H. 2/ 1999 § 765 BGB Nr. 128 = WM 1998,
1675).
Außerdem wird der Bekl. durch die umfassende
Zweckerklärung seiner formularmäßigen Bürgschaft nicht
in seinen schutzwürdigen Belangen unbillig beeinträchtigt, weil
er als Handlungsbevollmächtigter anstelle eines Geschäftsführers
die GmbH tatsächlich geleitet und vertreten hat. Dementsprechend hat
er den Kreditvertrag für die Gesellschaft mit der Kl. geschlossen,
aus dem die beiden verbürgten Verbindlichkeiten stammen. Geschäftsführer
einer GmbH sind - ebenso wie deren Allein- oder Mehrheitsgesellschafter
- insoweit nicht schutzwürdig, weil sie regelmäßig Art
und Höhe der von ihnen verbürgten Gesellschaftsverbindlichkeiten
beeinflussen und eine Ausdehnung ihres Bürgschaftsrisikos vermeiden
können, indem sie vor der Entstehung neuer Gesellschaftsschulden ihre
Bürgschaft rechtzeitig kündigen (BGHZ 130, 19 [30] = NJW 1995,
2553 = LM H. 11/1995 § 765 BGB Nrn. 99-101; BGHZ 132, 6 [9] = NJW
1996, 924 LM H. 6/1996 § 765 BGB Nr. 105; BGH, NJW 1996, 3205; NJW
1998, 894 = LMH. 5/1998§ 138 [Bb] BGB Nr.84 = WM 1998, 235, insoweit
nicht abgedr. in BGHZ 137, 292; NJW 1999, 3195 = WM 1999, 1761). Maßgeblich
ist, dass der Bekl. die tatsächliche Entscheidungsbefugnis hatte,
obwohl er nicht die rechtliche Stellung eines Geschäftsführers
besaß. Er hätte die Inanspruchnahme aus seiner Bürgschaft
verhindern können, wenn er den Kreditvertrag nicht abgeschlossen oder
vor der Kreditaufnahme seine Bürgschaft gekündigt hätte.