Gerichtsstand für Klagen aus
culpa in contrahendo für den Abbruch von
Vertragsverhandlungen: Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ (jetzt: EuGVVO), vertrags-(bzw.
verordnungs-)autonome Auslegung der Begriffe "Vertrag" und "unerlaubte
Handlung"
EuGH, Urt. v. 17.9.2002, Rs. C-334/00 (Fonderie
Officine Meccaniche Tacconi SpA ./. Heinrich Wagner Sinto Maschinenfabrik GmbH -
HWS - )
Fundstellen:
NJW 2002, 3159
EuZW 2002, 655
Zentrale Probleme:
Die Entscheidung behandelt grundsätzliche Fragen
der internationalen Zuständigkeit im Rahmen des Europäischen Gerichtsstands- und
Vollstreckungsübereinkommens (EuGVÜ). Es geht um die Frage, ob es sich bei einem
(italienischem Recht unterliegenden) Schadensersatzanspruch wegen Abbruchs von
Vertragsverhandlungen um einen vertraglichen oder einen deliktischen Anspruch
i.S. des EuGVÜ handelt.
Beachte: Das EuGVÜ ist zum 1.3.2002 durch die VO EG Nr. 44/2001 des Rates
über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) ersetzt worden. Art. 5 Nr. 3
EuGVÜ und Art. 5 Nr. 3 EuGVVO sind inhaltlich identisch und nahezu
wortlautgleich.
Zur Begründung der Zuständigkeit in den Fällen des § 661a BGB s.
EuGH
Urteil v. 11.7.2002 Rs. C-96/00 "Gabriel" = NJW 2002, 2697,
wo eine Klage "aus Vertrag" auch bezüglich einer gesetzlichen Verpflichtung aus
vovertraglichem Verhalten bejaht wurde, weil es im konkreten Fall zu einem
Vertragsschluß gekommen war.
Zur Haftung für den Abbruch von Vertragsverhandlungen im deutschen Recht
(nunmehr §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB) s.
BGH
NJW 1996, 1884.
©sl 2002
Urteilstenor:
Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, das dadurch
gekennzeichnet ist, dass es an von einer Partei gegenüber einer anderen bei
Vertragsverhandlungen freiwillig eingegangenen Verpflichtungen fehlt und dass
möglicherweise ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften, namentlich diejenige,
wonach die Parteien bei diesen Verhandlungen nach Treu und Glauben handeln
müssen, vorliegt, bilden bei einer Klage, mit der die vorvertragliche Haftung
des Beklagten geltend gemacht wird, eine unerlaubte Handlung oder eine
Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche
aus einer solchen Handlung im Sinne von Artikel 5 Nummer 3 des Übereinkommens
vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der
Fassung des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des
KönigreichsDänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien
und Nordirland, des Übereinkommens vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der
Republik Griechenland und des Übereinkommens vom 26. Mai 1989 über den
Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik den
Gegenstand des Verfahrens.
1. Die Corte suprema di cassazione hat mit
Beschluss vom 9. Juni 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 11. September
2000, gemäß dem Protokoll vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des
Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit
und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen durch den Gerichtshof drei Fragen nach der Auslegung von
Artikel 5 Nummern 1 und 3 dieses Übereinkommens (ABl. 1972, L 299, S. 32)
in der Fassung des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt
des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs
Großbritannien und Nordirland (ABl. L 304, S. 1 und - geänderter Text - S.
77), des Übereinkommens vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der
Republik Griechenland (ABl. L 388, S. 1) und des Übereinkommens vom 26.
Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen
Republik (ABl. L 285, S. 1) (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) zur
Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der
Gesellschaft italienischen Rechts Fonderie Officine Meccaniche Tacconi SpA
(im Folgenden: Tacconi) mit Sitz in Perugia (Italien) und der Gesellschaft
deutschen Rechts Heinrich Wagner Sinto Maschinenfabrik GmbH (im Folgenden:
HWS) mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland über die Gewährung von
Schadensersatz durch Tacconi an HWS als Ersatz des Schadens, der Tacconi
dadurch entstanden sein soll, dass HWS gegen die bei den
Vertragsverhandlungen bestehenden Verpflichtungen zum Handeln nach Treu
und Glauben verstoßen habe.
Rechtlicher Rahmen
Brüsseler Übereinkommen
3. Artikel 2 Absatz 1 des Brüsseler Übereinkommens lautet:
Vorbehaltlich der Vorschriften dieses Übereinkommens sind Personen, die
ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, ohne
Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu
verklagen.
4. Artikel 5 Nummern 1 und 3 des Brüsseler Übereinkommens bestimmt:
Eine Person, die ihren Wohnsitz in dem
Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann in einem anderen
Vertragsstaat verklagt werden:
1. wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des
Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung
erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;
...
3. wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer
unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer
solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht
des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist.
Nationales Recht
5. Nach Artikel 1337 des Codice civile haben die Parteien bei den
Vertragsverhandlungen und beim Vertragsschluss nach Treu und Glauben zu
handeln.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
6. Tacconi erhob am 23. Januar 1996 beim Tribunale Perugia Klage
gegen HWS, mit der sie begehrte, festzustellen, dass zwischen HWS und dem
Leasingunternehmen B. N. Commercio e Finanza SpA (im Folgenden: BN) kein
Vertrag über den Kauf einer Formanlage geschlossen worden war, über die BN
und Tacconi mit Zustimmung von HWS bereits einen Leasingvertrag
geschlossen hatten. Nach Ansicht von Tacconi war der Vertrag zwischen HWS
und BN deshalb nicht zustande gekommen, weil HWS den Verkauf
ungerechtfertigt verweigert und somit gegen ihre Pflicht, nach Treu und
Glauben zu handeln, verstoßen habe. Dadurch habe HWS die berechtigten
Erwartungen von Tacconi enttäuscht, die auf den Abschluss des Vertrages
vertraut habe. Tacconi beantragte daher, HWS zum Ersatz des gesamten ihr
entstandenen Schadens zu verurteilen, den sie auf 3 000 000 000 ITL
bezifferte.
7. In ihrer Klagebeantwortung erhob HWS die Einrede der Unzuständigkeit
der italienischen Gerichte wegen des Bestehens einer Schiedsklausel,
hilfsweise wegen Anwendung von Artikel 5 Nummer 1 des Brüsseler
Übereinkommens. In der Sache beantragte sie, die Klage abzuweisen, äußerst
hilfsweise und im Wege der Widerklage, Tacconi zur Zahlung von 450 248,36
DM zu verurteilen.
8. Mit am 16. März 1999 zugestelltem Schriftsatz beantragte Tacconi bei
der Corte suprema di cassazione gemäß dem Vorabentscheidungen über die
Zuständigkeit betreffenden Artikel 41 des Codice di procedura civile,
festzustellen, dass für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits die
italienischen Gerichte zuständig sind. Sie trug vor, zwischen HWS und ihr
sei keine Einigung erzielt worden, da sie auf jedes Angebot eine mit
diesem nicht übereinstimmende Antwort erhalten habe. Demgemäß hafte HWS
wegen vorvertraglicher Haftung aus Artikel 1337 des Codice civile, und
nach Artikel 5 Nummer 3 des Brüsseler Übereinkommens sei als Ort, an dem
das schädigende Ereignis eingetreten ist, auch der Ort anzusehen, an dem
sich die Vermögensverminderung des Geschädigten verwirkliche. Der Schaden,
um den es im Ausgangsverfahren gehe, sei jedoch in Perugia eingetreten, wo
Tacconi ihren Sitz habe.
9. In seinem Vorlagebeschluss vertritt das nationale Gericht die
Auffassung, die besondere Zuständigkeitsregel des Artikels 5 Nummer 1 des
Brüsseler Übereinkommens scheine nicht auf die vorvertragliche Haftung
anwendbar zu sein, da diese nicht aus der Nichterfüllung einer
vertraglichen Verpflichtung resultiere. Eine solche Verpflichtung bestehe
angesichts des Fehlens eines Vertragsschlusses im Ausgangsverfahren nicht.
10. Die Corte suprema di cassazione hält daher zur Klärung dieser
Zuständigkeitsfrage eine Auslegung des Brüsseler Übereinkommens für
erforderlich; demgemäß hat sie das Verfahren ausgesetzt und dem
Gerichtshof folgende Fragen zur Vorentscheidung vorgelegt:
1. Bilden bei einer Klage, mit der die
vorvertragliche Haftung des Beklagten geltend gemacht wird, eine
unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung
gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den
Gegenstand des Verfahrens (Artikel 5 Nummer 3 des Brüsseler
Übereinkommens)?
2. Bei Verneinung dieser Frage: Bilden bei einer solchen Klage ein
Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens
(Artikel 5 Nummer 1 des Brüsseler Übereinkommens), und, wenn ja, welches
ist die Verpflichtung?
3. Bei Verneinung der Frage: Ist auf eine solche Klage die allgemeine
Zuständigkeitsregel des Wohnsitzes des Beklagten anzuwenden?
Zur ersten Frage
11. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob
bei einer Klage, mit der die vorvertragliche Haftung des Beklagten geltend
gemacht wird, eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer
unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen
Handlung im Sinne von Artikel 5 Nummer 3 des Brüsseler Übereinkommens den
Gegenstand des Verfahrens bilden.
Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen
12. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes (Urteile vom
27. September 1988 in der Rechtssache 189/87, Kalfelis, Slg. 1988, 5565,
vom 26. März 1992 in der Rechtssache C-261/90, Reichert und Kockler, Slg.
1992, I-2149, und vom 17. Juni 1992 in der Rechtssache C-26/91, Handte,
Slg. 1992, I-3967) machen Tacconi und die Kommission geltend, da die
vorvertragliche Haftung nicht auf von einer Partei gegenüber einer anderen
freiwillig eingegangene Verpflichtungen zurückgehe, habe sie eine
unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung
gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung zum
Gegenstand.
13. Tacconi vertritt die Ansicht, es sei völlig klar, dass im
vorvertraglichen Stadium, also vor Abschluss des Vertrages, keine
vertraglichen Bindungen bestünden, die gegenseitige Verpflichtungen der
Parteien begründen könnten.
14. Die Kommission führt aus, unter Zugrundelegung der
Rechtsprechung des Gerichtshofes lasse sich der allgemeine Grundsatz
aufstellen, dass für alle vom Brüsseler Übereinkommen erfassten Klagen,
mit denen die Haftung des Beklagten festgestellt werden solle, jedenfalls
einer der beiden besonderen Gerichtsstände des Artikels 5 Nummern 1 und 3
des Brüsseler Übereinkommens gegeben sei.
15. Streitigkeiten auf dem Gebiet der vorvertraglichen Haftung fielen in
den Anwendungsbereich von Artikel 5 Nummer 3 des Brüsseler Übereinkommens,
da zum einen eine Klage, mit der die vorvertragliche Haftung des Beklagten
geltend gemacht werde, per definitionem eine Klage auf Feststellung der
Haftung des Beklagten sei und da zum anderen sich diese Haftung nicht auf
vom Beklagten gegenüber dem Kläger freiwillig eingegangene
Verpflichtungen, sondern auf mehr oder weniger spezifische
Verhaltenspflichten gründe, die den in vorvertraglichen Beziehungen
stehenden Parteien von außen auferlegt seien.
16. HWS vertritt demgegenüber die Ansicht, die vorvertragliche Haftung sei
anderer Natur als die deliktische oder die quasi-deliktische Haftung.
Diese treffe alle Personen, die gegen die allgemeine Regel, dass die
Schädigung anderer verboten sei, verstießen und so genannte absolute
Rechte verletzten.
17. Aus vorvertraglicher Haftung könne jedoch nur eine Person in Anspruch
genommen werden, die zum Geschädigten in einer besonderen Beziehung stehe,
nämlich derjenigen, die aus Vertragsverhandlungen folge. Im Unterschied zu
den Grundsätzen, die für die deliktische oder die quasi-deliktische
Haftung gälten, könne daher bei der Beurteilung der vorvertraglichen
Haftung der Inhalt der Vertragsverhandlungen nicht außer Betracht bleiben.
18. Da zudem im Ausgangsverfahren auch Artikel 5 Nummer 1 des Brüsseler
Übereinkommens unanwendbar sei - denn die Klage von Tacconi beruhe auf der
Annahme, dass ein Vertrag nicht zustande gekommen sei -, sei die
vorvertragliche Haftung weder eine deliktische oder quasi-deliktische
Haftung noch eine vertragliche Haftung, so dass für die Entscheidung des
Ausgangsrechtsstreits nach der allgemeinen Bestimmung des Artikels 2 des
Brüsseler Übereinkommens die deutschen Gerichte zuständig seien.
Würdigung durch den Gerichtshof
19. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung
(siehe Urteile vom 22. März 1983 in der Rechtssache 34/82, Peters, Slg.
1983, 987, Randnrn. 9 und 10, Reichert und Kockler, Randnr. 15, und Handte,
Randnr. 10) die Begriffe Vertrag und unerlaubte Handlung im Sinne von
Artikel 5 Nummern 1 und 3 des Brüsseler Übereinkommens autonom auszulegen
sind, wobei in erster Linie die Systematik und die Zielsetzungen des
Übereinkommens berücksichtigt werden müssen. Diese Begriffe lassen sich
daher nicht als bloße Verweisungen auf das innerstaatliche Recht des einen
oder anderen betroffenen Vertragsstaats verstehen.
20. Nur eine solche autonome Auslegung kann nämlich die einheitliche
Anwendung des Brüsseler Übereinkommens sicherstellen, zu dessen Zielen es
gehört, die Zuständigkeitsregeln für die Gerichte der Vertragsstaaten zu
vereinheitlichen und den Rechtsschutz für die in der Gemeinschaft
niedergelassenen Personen dadurch zu verbessern, dass ein Kläger ohne
Schwierigkeiten festzustellen vermag, welches Gericht er anrufen kann, und
einem verständigen Beklagten erkennbar wird, vor welchem Gericht er
verklagt werden kann (vgl. Urteile vom 20. März 1997 in der
Rechtssache C-295/95, Farrell, Slg. 1997, I-1683, Randnr. 13, und vom 19.
Februar 2002 in der Rechtssache C-256/00, Besix, Slg. 2002, I-1737,
Randnrn. 25 und 26).
21. Wie der Gerichtshof festgestellt hat, bezieht sich der Begriff
unerlaubte Handlung im Sinne von Artikel 5 Nummer 3 des Brüsseler
Übereinkommens auf alle Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des
Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag im Sinne von
Artikel 5 Nummer 1 des Übereinkommens anknüpfen (Urteile Kalfelis,
Randnr. 18, Reichert und Kockler, Randnr. 16, und vom 27. Oktober 1998 in
der Rechtssache C-51/97, Réunion européenne u. a., Slg. 1998, I-6511,
Randnr. 22).
22. Außerdem verlangt zwar Artikel 5 Nummer 1 des Brüsseler
Übereinkommens nicht den Abschluss eines Vertrages, doch ist für die
Anwendung dieser Bestimmung gleichwohl die Feststellung einer
Verpflichtung unerlässlich, da sich die Zuständigkeit des nationalen
Gerichts dann, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den
Gegenstand des Verfahrens bilden, nach dem Ort bestimmt, an dem die
Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.
23. Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der
Begriff Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag im Sinne des Artikels 5
Nummer 1 des Brüsseler Übereinkommens nicht so verstanden werden, dass er
eine Situation erfasst, in der es an einer von einer Partei gegenüber
einer anderen freiwillig eingegangenen Verpflichtung fehlt (Urteile
Handte, Randnr. 15, und Réunion européenne u. a., Randnr. 17).
24. Den Akten ist jedoch nicht zu entnehmen, dass irgendeine von HWS
gegenüber Tacconi freiwillig eingegangene Verpflichtung bestanden hätte.
25. Unter den Umständen des Ausgangsverfahrens könnte sich die
Verpflichtung zum Ersatz des Schadens, der durch einen ungerechtfertigten
Abbruch der Verhandlungen verursacht worden sein soll, nur aus einem
Verstoß gegen Rechtsvorschriften ergeben, namentlich diejenige, wonach die
Parteien bei Vertragsverhandlungen nach Treu und Glauben handeln müssen.
26. Somit ist festzustellen, dass die Haftung, die sich gegebenenfalls
daraus ergeben könnte, dass der in der im Ausgangsverfahren erhobenen
Klage bezeichnete Vertrag nicht geschlossen wurde, nicht vertraglicher
Natur sein kann.
27. Nach alledem ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass
unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, das dadurch
gekennzeichnet ist, dass es an von einer Partei gegenüber einer anderen
bei Vertragsverhandlungen freiwillig eingegangenen Verpflichtungen fehlt
und dass möglicherweise ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften, namentlich
diejenige, wonach die Parteien bei diesen Verhandlungen nach Treu und
Glauben handeln müssen, vorliegt, bei einer Klage, mit der die
vorvertragliche Haftung des Beklagten geltend gemacht wird, eine
unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung
gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung im Sinne von
Artikel 5 Nummer 3 des Brüsseler Übereinkommens den Gegenstand des
Verfahrens bilden.
Zur zweiten und zur dritten Frage
28. Da die erste Frage bejaht worden ist, sind die weiteren Fragen des
vorlegenden Gerichts nicht zu beantworten.
Kosten
29. Die Auslagen der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof
abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des
Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem
vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist
daher Sache dieses Gerichts. |