Sittenwidrigkeit nach §
138 I BGB beim "wucherähnlichen" Rechtsgeschäft - Subjektive
Voraussetzungen und Widerlegung der Vermutung der verwerflichen Gesinnung
(Weiterführung von BGHZ 146, 298 = NJW 2001, 1127)
BGH, Urt. v. 19. Juli 2002 - V ZR 240/01 -
OLG München - LG Passau
Fundstelle:
NJW 2002, 3165
Zentrale Probleme:
Im Mittelpunkt der Entscheidung steht die
Widerlegung der Vermutung der "verwerflichen Gesinnung" beim
"wucherähnlichen" Rechtsgeschäft (s. dazu die ausf. Anm. zu
BGHZ 146, 298 = NJW 2001, 1127). Der BGH legt
dar, daß es an einer aus den objektiven Wertverhältnissen ableitbaren
Vermutung des Vorliegens der subjektiven Voraussetzungen der
Sittenwidrigkeit nach § 138 I BGB fehlen kann, wenn sich die Beteiligten
über die Wertverhältnisse informiert und um ein angemessenen
Leistungsverhältnis bemüht haben.
S. auch die Anm. zu BGH NJW 2000, 1254, BGH NJW 2002, 55
sowie BGH NJW 2003, 283.
©sl 2002
Amtl. Leitsatz:
Die im Fall des entgeltlichen Erwerbs
eines Grundstücks bei einem besonders groben Mißverhältnis zwischen
Leistung und Gegenleistung bestehende tatsächliche Vermutung für eine
verwerfliche Gesinnung des Begünstigten ist erschüttert, wenn sich die
Vertragsparteien in sachgerechter, eine Übervorteilung regelmäßig
ausschließender Weise um die Ermittlung eines den Umständen nach
angemessenen Leistungsverhältnisses bemüht haben.
Tatbestand:
Der 1924 geborene Kläger war Eigentümer
mehrerer Grundstücke, die zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehören
und von denen eines mit einem Wohnhaus und mit Wirtschaftsgebäuden bebaut
ist. Das Eigentum hatte der Kläger nach dem Tod seiner Ehefrau 1995 im
Wege der Erbfolge zu 3/4 erlangt und anschließend die Erbteile seiner
Miterben erworben. Mit notarieller Urkunde vom 6. Dezember 1996, teilweise
abgeändert durch Nachtragsurkunde vom 11. Dezember 1996, veräußerte der
Kläger, dessen Ehe kinderlos geblieben war, die Grundstücke nebst
landwirtschaftlichem Inventar sowie dem Milchkontingent an die Beklagten.
Als Barkaufpreis wurden 130.000 DM vereinbart. Außerdem ist unter dem
Abschnitt "Kaufpreis" in der Vertragsurkunde bestimmt, daß die Beklagten
die Zahlung einer wertgesicherten Leibrente von monatlich zunächst 1.450
DM, nach Zahlung von insgesamt 70.000 DM nur noch 500 DM, schulden und der
Kläger ein alleiniges und ausschließliches Wohnungsrecht an der Wohnung im
Hauptgebäude sowie ein Mitbenutzungsrecht an den
Gemeinschaftseinrichtungen und dem Garten erhält. Zur Sicherung dieser
Rechte wurden eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit und eine Reallast
bestellt. Die Beklagten übernahmen in der notariellen Urkunde ferner die
Kosten für die Beerdigung des Klägers und für die Pflege seines Grabes.
Sie wurden am 15. Juli 1997 als Eigentümer der Grundstücke in das
Grundbuch eingetragen.
Der Kläger macht geltend, der zwischen ihm und den Beklagten geschlossene
Vertrag sei wegen Wuchers, in jedem Falle aber wegen Sittenwidrigkeit
nichtig. Er hat behauptet, der Wert der Grundstücke und des Inventars habe
sich auf mindestens 800.000 DM belaufen, während die Beklagten für die von
ihnen geschuldeten Leistungen über die 130.000 DM für den Barkaufpreis
hinaus nur noch weitere 270.000 DM hätten aufwenden müssen. Die Beklagten
hätten ausgenutzt, daß er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses physisch und
psychisch nicht in der Lage gewesen sei, sachgerechte Entscheidungen zu
treffen. Mit dem Hauptantrag hat der Kläger von den Beklagten - jeweils
Zug um Zug gegen Rückzahlung des Barkaufpreises und bereits gezahlter
Leibrenten in Höhe von zusammen 164.800 DM - verlangt, seiner
Wiedereintragung als Eigentümer der Grundstücke im Wege der
Grundbuchberichtigung zuzustimmen, hilfsweise, die Grundstücke an ihn
aufzulassen. Das Landgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht insoweit die
Klage abgewiesen, die Beklagten jedoch auf den Hilfsantrag zur
Rückauflassung verurteilt. Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihr
Ziel vollständiger Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die
Zurückweisung der Revision und erstrebt mit der Anschlußrevision die
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagten beantragen
die Zurückweisung der Anschlußrevision.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht bejaht ein grobes Mißverhältnis zwischen der Leistung
des Klägers und der Gegenleistung der Beklagten. Es stehe allerdings nicht
fest, daß die Beklagten einen Mangel an Urteilsvermögen und eine
erhebliche Willensschwäche des Klägers ausgebeutet hätten. Trotz der
Zeugenaussage des ihn behandelnden Arztes sei nicht auszuschließen, daß
der Kläger in dem Bestreben, die Nachfolge in sein Vermögen zu regeln,
seine körperlichen und seelischen Beschwerden überwunden und den Vertrag
mit den Beklagten bei ausreichendem Urteilsvermögen geschlossen habe. Die
Nachtragsbeurkundung zeige, daß der Kläger nicht nur in der Lage gewesen
sei, das Ergebnis der Beurkundung zu kontrollieren, sondern auch seine
Interessen habe durchsetzen können. Der zwischen den Parteien geschlossene
Kaufvertrag sei jedoch als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB
nichtig. Das besonders grobe Mißverhältnis zwischen Leistung und
Gegenleistung lasse den Schluß auf eine verwerfliche Gesinnung der
Beklagten zu. Gestützt werde diese Schlußfolgerung namentlich durch den
Umstand, daß es dem Kläger in einer Position der Verhandlungsschwäche und
bei zugleich eingeschränkter körperlicher und psychischer
Leistungsfähigkeit nicht gelungen sei, sich von den Wertvorstellungen, die
Grundlage der Erbauseinandersetzung gewesen seien, zu lösen. Von den
Beklagten sei diese eingeengte Position des Klägers zu ihrem Vorteil
ausgenutzt worden.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
II.
Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Auffassung des
Berufungsgerichtes, die Voraussetzungen eines wucherähnlichen, nach § 138
Abs. 1 BGB nichtigen Geschäfts seien gegeben. Die vom Berufungsgericht
bislang getroffenen Feststellungen tragen diese Annahme nicht, weshalb das
Berufungsurteil, soweit es die Verurteilung der Beklagten auf den
Hilfsantrag betrifft, der Aufhebung unterliegt (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.).
1. Allerdings verkennt das Berufungsgericht bei Prüfung des
Bereicherungsanspruchs (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB), der Gegenstand des
Hilfsantrags ist, im Ansatz die ständige Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes nicht. Danach kann ein auf den entgeltlichen Erwerb
eines Grundstücks gerichtetes Rechtsgeschäft, das den Wuchertatbestand des
§ 138 Abs. 2 BGB nicht in allen Punkten erfüllt, auch dann gegen die guten
Sitten verstoßen und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn ein
auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und
weitere Umstände hinzutreten, insbesondere der Begünstigte aus
verwerflicher Gesinnung gehandelt hat (vgl. nur Senat,
BGHZ 146, 298, 301).
2. Nicht zu beanstanden ist ferner, daß das Berufungsgericht den zwischen
den Parteien geschlossenen Vertrag als ein auf Leistungsaustausch
gerichtetes Rechtsgeschäft angesehen hat. Eine gemischte Schenkung, von
der die Revision ausgehen will, setzt eine Einigung der Parteien über die
teilweise Unentgeltlichkeit voraus (BGHZ 82, 274, 281; BGH, Urt. v. 6.
März 1996, IV ZR 374/94, NJW-RR 1996, 754, 755). Eine solche Einigung
verneint das Berufungsgericht frei von Rechtsfehlern. Die Revision
verweist nicht auf Vorbringen in den Tatsacheninstanzen, das eine andere
Feststellung tragen könnte. Vielmehr ist im Gegenteil eine Schenkung
selbst nach dem Tatsachenvortrag auszuschließen, den die Revision anführt.
Die Beklagten sollen danach nämlich ein Schenkungsangebot des Klägers
ausdrücklich abgelehnt haben, worauf sich die Parteien auf einen Kauf
einigten und sich unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bemühten, einen
angemessenen Kaufpreis auszuhandeln.
3. Mit Erfolg rügt die Revision hingegen, daß das Berufungsgericht
verfahrensfehlerhaft (§ 286 ZPO) keine Feststellungen zum Wert der
Gegenleistung der Beklagten getroffen hat, obwohl dieser Umstand im
Hinblick auf die Prüfung eines auffälligen Mißverhältnisses der
wechselseitigen Leistungen entscheidungserheblich ist. Schon deshalb kann
das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
4. Darüber hinaus ist auch die Feststellung des Berufungsgerichtes, die
Beklagten hätten bei Abschluß des Kaufvertrages mit verwerflicher
Gesinnung gehandelt, nicht frei von Rechtsfehlern.
a) Der Senat hält unverändert daran fest, daß für die Sittenwidrigkeit
eines wucherähnlichen Geschäfts auch subjektive Merkmale entscheidend
sind. Für die Annahme, diese Voraussetzung sei zugunsten eines der "laesio
enormis" des gemeinen Rechts entsprechenden Ergebnisses aufgegeben (so
Flume, ZIP 2001, 1621; anders aber Lorenz, Anm. zu LM § 138 [D] Nr. 3;
Bork, JZ 2001, 1138, 1139), gibt auch das Urteil des Senats vom 19.
Januar 2001 (BGHZ 146, 298) keine Grundlage.
Die Entscheidung befaßt sich im Gegenteil gerade mit der Frage, welche
objektiven Umstände den Schluß auf das subjektive Merkmal der
verwerflichen Gesinnung zulassen. Eine solche Schlußfolgerung ist aufgrund
eines besonders groben Äquivalenzmißverhältnisses selbst dann möglich,
wenn der Begünstigte keine Kenntnis von den Wertverhältnissen hatte
(Senat, aaO, 303). Es handelt sich jedenfalls um eine
beweiserleichternde tatsächliche Vermutung, die vom Tatrichter im Bereich
der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist. Die Voraussetzungen für die
Anwendung dieser Regel sind zwar im vorliegenden Fall erfüllt, die
tatsächliche Vermutung kann aber durch besondere Umstände erschüttert sein
und damit nicht die Schlußfolgerung auf eine verwerfliche Gesinnung
eröffnen. Solche Umstände können sich namentlich aus sachgerechten, eine
Übervorteilung regelmäßig ausschließenden Bemühungen zur Ermittlung eines
den Umständen nach angemessenen Leistungsverhältnisses ergeben, wie etwa
bei einem (fehlerhaften) Verkehrswertgutachten als Grundlage der
Kaufpreisbemessung (Senat, BGHZ 146, 298, 305;
Urt. v. 21. März 1997, V ZR 355/95, WM 1997, 1155, 1156).
b) Dies hat das Berufungsgericht nicht beachtet, als es von einem
besonders groben Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung auf die
verwerfliche Gesinnung der Beklagten geschlossen hat. Zu Recht rügt die
Revision, daß von dem Berufungsgericht entgegen § 286 ZPO das - unter
Beweisantritt gestellte und vom Kläger bestrittene - Vorbringen der
Beklagten zu den Umständen des Vertragsschlusses nicht berücksichtigt
worden ist. Hiernach soll der Kläger ihnen, den Beklagten, zunächst eine
Schenkung angeboten haben, um so - dem Wunsch seiner verstorbenen Ehefrau
entsprechend - Erhalt und Fortführung des Hofes zu sichern. Sie hätten die
Schenkung jedoch nicht annehmen wollen, worauf der Kläger einen
Rechtsanwalt seines Vertrauens gebeten habe, einen für alle akzeptablen
Kaufpreis vorzuschlagen. Unter Mitwirkung dieses Rechtsanwalts sei dann
auf der Grundlage des vom Kläger selbst genannten und für die
Erbauseinandersetzung zugrunde gelegten Nachlaßwerts von 500.000 DM sowie
unter Berücksichtigung bereits aus dem Erbe getätigter Schenkungen und
Zahlungen die von ihnen geschuldete Gegenleistung ermittelt worden.
Gelingt den beweisbelasteten Beklagten (vgl.
Senat, BGHZ 146, 298, 305) hierfür der Beweis, so ist für die Annahme
einer verwerflichen Gesinnung der Beklagten kein Raum. Selbst wenn der
Kläger nur unter dem Zwang der Verhältnisse oder bei Vorliegen eines der
in § 138 Abs. 2 BGB genannten Merkmale, insbesondere unter
Beeinträchtigung seiner Entscheidungsfreiheit aus gesundheitlichen
Gründen, einen ungünstigen Vertrag abgeschlossen haben sollte, hätten sich
die Beklagten der Einsicht dieses Umstands nicht leichtfertig
verschlossen. Die Beklagten haben den gesamten Umständen nach die
erforderliche Sorgfalt nicht in ungewöhnlich großem Maße dadurch verletzt,
daß sie schon einfachste, naheliegende Überlegungen unterlassen und das
nicht beachtet haben, was im gegebenen Fall jedem einleuchten mußte (vgl.
BGHZ 10, 14, 16; 89, 153, 161). Wegen des keineswegs unvernünftigen Motivs
des Klägers, insbesondere aber wegen der Beratung durch einen Rechtsanwalt
seines Vertrauens und der aus ihrer Sicht vernünftigen und
nachvollziehbaren Ermittlung des Kaufpreises nach dem Nachlaßwert, konnten
die Beklagten, ohne sich dem Vorwurf der Leichtfertigkeit auszusetzen,
nicht davon ausgehen, daß sich der Kläger nur wegen einer Zwangslage oder
einer vergleichbaren Schwächesituation auf das Geschäft mit ihnen einließ.
Zwar will das Berufungsgericht ersichtlich davon ausgehen, daß es dem
Kläger gelungen war, bei der Auseinandersetzung mit den anderen Erben
einen deutlich zu niedrigen Nachlaßwert zugrunde zu legen, Anhaltspunkte
dafür, daß dies den Beklagten auch nur hätte bekannt sein müssen, sind
indes nicht festgestellt.
III.
Auf die Anschlußrevision des Klägers ist das angefochtene Urteil auch
insoweit aufzuheben, als es die Abweisung der Klage im Hauptantrag zum
Gegenstand hat.
1. Die unselbständige Anschlußrevision ist zulässig. Ihrer akzessorischen
Natur ist bereits dann Rechnung getragen, wenn sie in einem unmittelbaren
rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem von der Revision
erfaßten Streitgegenstand steht (BGHZ 148, 156, 159). Dies zumindest ist
vorliegend der Fall, weil Anschlußrevision und Revision den Haupt- bzw.
Hilfsantrag einer auf denselben Lebenssachverhalt gestützten Klage zum
Gegenstand haben (vgl. BGHZ aaO, 164 f; ähnlich auch BGH, Urt. v. 30.
April 2001, II ZR 322/99, NJW-RR 2001, 1177, 1178). Soweit der
Entscheidung des Senats vom 26. Januar 2001 (V ZR 462/99, Umdruck S. 13,
insoweit in BGHReport 2001, 450 nicht abgedruckt) anderes entnommen werden
könnte, wird daran nicht festgehalten.
2. Ohne Erfolg rügt die Anschlußrevision eine Unvollständigkeit der
Entscheidungsgründe insoweit, als sich das Berufungsgericht mit dem
Hauptantrag des Klägers befaßt. Aufgrund welcher Erwägungen das
Berufungsgericht die Klage im Hauptantrag für nicht begründet erachtet,
kann vielmehr den Entscheidungsgründen entnommen werden. Dort ist nämlich
ausgeführt, die Ausbeutung eines Mangels an Urteilsvermögen und einer
erheblichen Willensschwäche des Klägers könne nicht festgestellt werden.
Dies bezieht sich zweifelsfrei auf die subjektiven
Tatbestandsvoraussetzungen des Wuchers (§ 138 Abs. 2 BGB), aus dem der
Kläger seinen Hauptantrag mit dem Ziel der Grundbuchberichtigung
herleitet.
3. Dagegen sind dem Berufungsgericht bei seiner Würdigung der erhobenen
Beweise Rechtsfehler unterlaufen.
a) Allerdings hat das Berufungsgericht entgegen der weiteren Rüge der
Anschlußrevision bei Würdigung der Aussage des (sachverständigen) Zeugen
Dr. N. nicht gegen § 398 Abs. 1, § 523 ZPO a.F. verstoßen. Zwar ist
hiernach die erneute Vernehmung eines Zeugen erforderlich, wenn das
Berufungsgericht dessen protokollierte Aussage anders verstehen oder
werten will als die Vorinstanz (st. Rechtspr., s. nur BGH, Urt. v. 3.
April 2001, XI ZR 223/00, NJW-RR 2001, 1430 m.w.N.). Im vorliegenden Fall
ist das Berufungsgericht jedoch nicht im geschilderten Sinne von der
Einschätzung des erstinstanzlichen Gerichts abgewichen. Es hat lediglich
den Bekundungen des Zeugen keine entscheidenden Erkenntnisse entnehmen
können, weil der Kläger sich gegenüber dem Zeugen nicht zu den Problemen
bei der Nachfolge in sein Vermögen geäußert hatte. Dem Berufungsgericht
hat danach der objektive Beweiswert der als wahr unterstellten Aussage des
Zeugen Dr. N. nicht ausgereicht, um die Beweisfrage zu bejahen. Unter
diesen Umständen war eine Wiederholung der Beweisaufnahme entbehrlich
(vgl. BGH, Urt. v. 12. November 1991, VI ZR 369/90, NJW 1992, 741, 742;
Urt. v. 2. Juni 1999, VIII ZR 112/98, NJW 1999, 2972, 2974).
b) Die Würdigung der Aussage des Zeugen Dr. N. durch das Berufungsgericht
verstößt auch nicht gegen die Denkgesetze. Das Berufungsgericht hat nicht
etwa, wie die Anschlußrevision meint, aus dem Umstand, daß der Kläger mit
dem ihn behandelnden Arzt keine Gespräche über seine Vermögensnachfolge
führte, den Schluß gezogen, er habe seine physische und psychische
Schwäche überwunden. Vielmehr ist das Berufungsgericht nur davon
ausgegangen, daß die Aussage des Zeugen mangels solcher Unterredungen ein
ausreichendes Urteilsvermögen des Klägers bei Regelung seiner
Vermögensfragen nicht ausschließen könne.
c) Die Beweiswürdigung ist jedoch deshalb rechtsfehlerhaft, weil sich das
Berufungsgericht - was der Senat von Amts wegen zu prüfen hat - mit dem
Sachverhalt und den Beweisergebnissen nicht widerspruchsfrei
auseinandergesetzt hat (vgl. Senat, Urt. v. 9. Juli 1999, V ZR 12/98, NJW
1999, 3481, 3482; BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 238/91, NJW 1993,
935, 937). Bei Erörterung der subjektiven Voraussetzungen des Wuchers
gelangt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, der Kläger habe bei
Vertragsschluß seine Lage "vernünftig und sachgerecht" beurteilen können,
das "Ergebnis kontrolliert" und "hinreichend starken Willen" gehabt, seine
Interessen durchzusetzen. Das Berufungsgericht ist hiernach davon
ausgegangen, daß der Kläger nicht nur über genügende Willensstärke,
sondern auch über ausreichendes Urteilsvermögen verfügte, so daß eine
Schwächesituation im Sinne des Wuchertatbestandes ausgeschlossen war.
Damit läßt sich nicht vereinbaren, daß das Berufungsgericht bei Prüfung
des subjektiven Merkmals der Sittenwidrigkeit, für das die in § 138 Abs. 2
BGB genannten Umstände in ihren Auswirkungen auf die freie
Willensentschließung ebenfalls Bedeutung erlangen (vgl. Senat, BGHZ 146,
298, 302; Urt. v. 21. März 1997, V ZR 355/95, WM 1997, 1155, 1157),
feststellt, der Kläger habe sich wegen seiner "Position der
Verhandlungsschwäche" und seiner "zugleich eingeschränkten körperlichen
und psychischen Leistungsfähigkeit" nicht von den - nun für ihn
nachteiligen - Wertvorstellungen lösen können, die Grundlage der von ihm
betriebenen Erbauseinandersetzung gewesen seien. Dies besagt aber nichts
anderes, als daß der Kläger unfähig war, die Vor- und Nachteile des
Vertrages mit den Beklagten vernünftig zu bewerten, also - entgegen der
zuvor getroffenen Feststellung - doch ein Mangel an Urteilsvermögen
bestand (vgl. Staudinger/Sack, BGB [1996], § 138 Rdn. 209; Erman/Palm,
BGB, 10. Aufl., § 138 Rdn. 23).
IV.
Nach alledem ist das Berufungsurteil insgesamt aufzuheben. Die Sache ist
an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es unter Beachtung der
aufgezeigten rechtlichen Erwägungen die notwendigen Feststellungen treffen
kann. Hierbei wird das Berufungsgericht den Beweisangeboten der Beklagten
auf Vernehmung der Zeugen H. B. , E. K. , R. K. , Dr. F. und F. P.
nachgehen müssen. Können die Beklagten den ihnen obliegenden Beweis
erbringen, so wäre damit auch der Wuchertatbestand ausgeschlossen. Die
Beklagten waren sich dann nämlich einer etwaigen Schwächesituation des
Klägers jedenfalls nicht bewußt, so daß die subjektiven Voraussetzungen
des § 138 Abs. 2 BGB nicht erfüllt sind (vgl. Senat, Urt v. 24. Mai 1985,
V ZR 47/84, NJW 1985, 3006, 3007; BGH, Urt. v. 8. Februar 1994, XI ZR
77/93, NJW 1994, 1275). Angesichts der Rügen der Revision weist der Senat
für das weitere Verfahren ferner darauf hin, daß die Feststellungen zum
Wert der drei im Berufungsurteil erörterten Grundstücke frei von
Rechtsfehlern getroffen sein dürften. |