Transposition nach
Statutenwechsel im Internationalen Privatrecht: Dingliches Recht nach
ausländischem Statut vs. numerus clausus-Prinzip im deutschen Sachenrecht
("Autohypothek-Fall")
BGH, Urteil v. 11.03.1991 - II ZR 88/90
(Hamm)
Fundstellen:
NJW 1991, 1415
LM § 936 BGB Nr. 1
s. auch BGHZ 39, 173
Amtl. Leitsätze:
1. Wird im Inland ein im Ausland zugelassenes gebrauchtes Kraftfahrzeug
verkauft, dann hat sich der Käufer grundsätzlich die Kraftfahrzeugpapiere
im Original (hier: italienische carta di circolazione mit dem zugehörigen
foglio complementare) vorlegen zu lassen, um sich - notfalls unter
Einschaltung eines sprachkundigen Fachmanns - darüber zu vergewissern, daß
er nach dem Inhalt der ausländischen Papiere unbelastetes Eigentum
erwerben kann.
2. Eine in Italien wirksam bestellte Autohypothek ist in der
Bundesrepublik Deutschland anzuerkennen, wenn das Fahrzeug endgültig im
Inland verbleiben soll; hinsichtlich der Verwertung eines solchen
besitzlosen Pfandrechts gelten die für das Sicherungseigentum entwickelten
Regeln entsprechend.
Zum Sachverhalt:
Der Italiener S kaufte am 24. 9. 1987 von seinem Landsmann C dessen am
17. 6. 1986 in das öffentliche Register in R. eingetragenen Pkw Ferrari
208 Turbo. Nach der Behauptung der Kl. hat S, um den Kaufpreis bezahlen zu
können, bei ihr einen Kredit aufgenommen und an dem Fahrzeug eine Hypothek
in Höhe von 82083000 Lire - das entspricht rund 110000 DM - bestellt.
Diese ist zu einem bisher nicht geklärten Zeitpunkt in dem sogenannten
foglio complementare eingetragen worden. Bei diesem Dokument handelt es
sich um ein als "costituisce parte integrante" bezeichnetes Zusatzblatt
zur carta di circolazione, das eine Zulassungsbescheinigung darstellt. In
den foglio complementare wird bei einem Neufahrzeug der Ersteigentümer
eingetragen; Eigentumsübertragungen und andere Umschreibungen werden in
einer eigenen Spalte unten links, hypothekarische Belastungen des
Fahrzeuges unten rechts vermerkt. S schaffte den Ferrari nach Deutschland
und bot ihn, vor dem Eingang des Frankfurter Messegeländes abgestellt, zum
Kauf an. Dort wurde die Bekl., welche die zu dieser Zeit stattfindende
Internationale Automobilausstellung besuchte, auf das Fahrzeug aufmerksam
und kaufte es schließlich für 75000 DM. Die Verkaufsverhandlungen wurden
nicht mit S, sondern mit dessen Landsmann und angeblichem Verwandten P
geführt. Da die Bekl. keine Erfahrungen in der Abwicklung der Formalitäten
eines solchen in Italien zugelassenen Wagens hatte, beauftragte sie die v.
X-GmbH mit dem Ankauf des Wagens für sie. Diese Firma verfuhr entsprechend
und ließ sich von P auch die italienischen Papiere vorlegen. Sie erledigte
alle Formalitäten bei Zoll und Zulassungsstelle und sorgte dafür, daß der
Bekl. der Ferrari mit deutscher Zulassung übergeben wurde. Mit der Klage
verfolgt die Kl. ihr Hypothekenrecht und verlangt die Herausgabe des
Wagens mit dem Ziel der Verwertung desselben und der Befriedigung ihrer
Forderungen aus dem Verkaufserlös.
Auf die Berufung der Bekl. ist das im wesentlichen der Klage stattgebende
Urteil des LG abgeändert und die Klage abgewiesen worden. Die Revision der
Kl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
Das BerGer. hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - dahinstehen
lassen, ob der Kl. vor der Eigentumsübertragung an die Bekl. unter
Beachtung der nach dem einschlägigen italienischen Recht zu beachtenden
Förmlichkeiten eine Hypothek an dem Ferrari bestellt worden ist. Für die
Revisionsinstanz ist demnach hiervon auszugehen. Seine Annahme, die Bekl.
habe gutgläubig lastenfreies Eigentum an dem Ferrari erworben, hat das
BerGer. im wesentlichen damit begründet, daß der deutsche Käufer eines in
Italien zugelassenen Kraftfahrzeuges auch dann nicht gehalten sei,
Nachforschungen hinsichtlich der Befugnis des Veräußerers zu lastenfreier
Eigentumsübertragung anzustellen, wenn die ihm vorgelegten italienischen
Kraftfahrzeugpapiere den Verkäufer nicht als Berechtigten auswiesen; er
brauche nämlich der italienischen Sprache nicht kundig zu sein und auch
nicht zu wissen, daß in Italien an Kraftfahrzeugen Hypotheken bestellt
werden können. Dies beruht, wie die Revision mit Recht geltend macht, auf
Rechtsirrtum.
1. Zutreffend hat allerdings das BerGer. die Frage, ob die Bekl.
gutgläubig lastenfrei Eigentum an dem Ferrari erworben hat, anhand von §
936 BGB geprüft.
a) Dadurch, daß das mit der italienischen Autophypothek belastete
Fahrzeug nach Deutschland verbracht worden ist, ist ein Statutenwechsel
eingetreten. Deutsches Recht als das Recht des Lageorts der Sache ist
anzuwenden, wenn es um die Wirksamkeit der Eigentumsübertragung auf die
Bekl., um die Anerkennung dieses dem deutschen Recht fremden besitzlosen
Pfandrechts und um seine Wirkung geht (allg. M., vgl.
BGHZ 39, 173
(174 f.) = NJW 1963, 1200 = LM Art. 7 ff. EGBGB (Deutsches intern.
Privatrecht) Nr. 20; BGHZ 45, 95 (99 f.) = NJW 1966, 879 = LM Art. 7 ff.
EGBGB (Deutsches intern. Privatrecht) Nr. 29; BGHZ 100, 321 (326) = NJW
1987, 3077 = LM § 935 Nr. 3; Staudinger-Stoll, 12. Aufl., Internationales
SachenR, Rdnr. 57, 231 f.; Kreutzer, in: MünchKomm, 2. Aufl., Anh. I nach
Art. 38 EGBGB Rdnr. 12-15, 58). Soweit Stoll (Staudinger-Stoll, Rdnr.
216-219, 234) zum Teil eine abweichende Auffassung vertritt, betrifft dies
anders gelagerte Fallgestaltungen, in denen anders als im vorliegenden
Fall die Sache nicht endgültig im Gebiet des neuen Sachstatuts verbleiben
soll.
b) In Übereinstimmung mit der ständigen höchstrichterlichen
Rechtsprechung (BGHZ 39, 173 (176 f.) = NJW 1963, 1200 = LM Art. 7 ff.
EGBGB (Deutsches intern. Privatrecht) Nr. 20; BGHZ 45, 95 (97) = NJW 1966,
879 = LM Art. 7 ff. EGBGB (Deutsches intern. Privatrecht) Nr. 29; BGHZ
100, 321 (326) = NJW 1987, 3077 = LM § 935 BGB Nr. 3; ferner Kreutzer, in:
MünchKomm, Anh. I nach Art. 38 EGBGB Rdnrn. 62, 78 m. w. Nachw.) hat
das BerGer. darauf abgestellt, daß beim Statutenwechsel das deutsche Recht
die nach der ausländischen Rechtsordnung begründete dingliche Belastung
mit der sachenrechtlichen Prägung übernimmt, die sie unter der Herrschaft
des alten Statuts empfangen hat.
c) Die deutschem Recht fremde Autohypothek ist nach dem Statutenwechsel
anzuerkennen. Denn eine solche im Ergebnis wie ein besitzloses Pfandrecht
wirkende Hypothek ist mit der deutschen Sachenrechtsordnung nicht
unvergleichbar, ohne daß es darauf ankäme, ob es um eine
materiell-rechtliche Frage (so Staudinger-Stoll, Rdnr. 298) oder um die
Anwendung des ordre public (so Kreutzer, in: MünchKomm, Anh. I nach Art.
38 EGBGB Rdn. 63) geht. Einem nach französischem Recht an einem
Lastkraftwagen begründeten Registerpfandrecht hat der VIII. Zivilsenat (BGHZ
39, 173 = NJW 1963, 1200 = LM Art. 7 ff. EGBGB (Deutsches intern.
Privatrecht) Nr. 20) die Anerkennung in Deutschland nicht versagt. Seine
Ausführungen, daß mit Rücksicht auf die in der Bundesrepublik Deutschland
weit verbreitete Sicherungsübereignung das Faustpfandprinzip kein
international zwingendes Recht darstellt und im Ergebnis die Anerkennung
eines besitzlosen Pfandrecht an einer beweglichen Sache nicht zu
mißbilligenswerten und untragbaren Ergebnissen führt (BGHZ 39, 173 (176
f.) = NJW 1963, 1200 = LM Art. 7 ff. EGBGB (Deutsches intern. Privatrecht)
Nr. 20), gelten in gleicher Weise für die italienische Autohypothek. Ihrer
Funktion nach entspricht sie dem Sicherungseigentum nach deutschem Recht.
d) Nach den für das Sicherungseigentum entwickelten Regeln bestimmen sich
die Ansprüche der Kl., wenn es um die Verwertung der ihr bestellten
Kreditsicherheiten geht. Denn nach der herrschenden Transpositionslehre
(vgl. BGHZ 39, 173 (175) = NJW 1963, 1200 = LM Art. 7 ff. EGBGB (Deutsches
intern. Privatrecht) Nr. 20; BGHZ 45, 95 (97) = NJW 1966, 879 = LM Art. 7
ff. EGBGB (Deutsches intern. Privatrecht) Nr. 29; Kreutzer, in: MünchKomm,
Anh. I nach Art. 38 EGBGB Rdnr. 62; z. T. abweichend, i. Erg. aber zust.
Staudinger-Stoll, Rdnrn. 296 f.) können fremde dingliche Rechte nur
entsprechend "dem funktionsäquivalenten deutschen Sachenrechtstyp"
ausgeübt werden (Kreutzer, in: MünchKomm, Anh. I nach Art. 38 EGBGB Rdnr.
62).
[Anm.: vgl. nunmehr Art. 43 II EGBGB]
Danach kann die Kl., soweit sie Inhaberin einer Autohypothek nach
italienischem Recht ist, von der Bekl. die Herausgabe des Fahrzeugs zum
Zwecke der Verwertung verlangen. Zwar wird die Frage in der Literatur
nicht einheitlich beantwortet, inwieweit die Pfandrechtsbestimmungen
entsprechend herangezogen werden können, wenn es um die Verwertung von
Sicherungseigentum geht (vgl. Serick, Eigentumsvorbehalt und
Sicherungsübereignung, Bd. III (1970), § 38; Schreiber, JR 1984, 485
(488); Bülow, WM 1985, 373 u. 405). Einigkeit besteht aber darüber, daß
der Sicherungseigentümer zum Zwece der Verwertung die Herausgabe des
Sicherungsguts vom Sicherungsgeber fordern kann, wenn letzterer seine
Pflichten aus dem zugrundeliegenden Vertragsverhältnis nicht erfüllt
(Pikart, In: RGRK, 12. Aufl., § 930 Rdnr. 71; Serick, § 38 II 1b (S. 463
f.)).
2. Unzutreffend ist hingegen die Annahme des BerGer., die Bekl. habe
gutgläubig lastenfreies Eigentum an dem Ferrari erworben.
a) Allerdings kann der Revision nicht darin gefolgt werden, das BerGer.
habe seiner Entscheidung zu Unrecht zugrunde gelegt, daß S früher
Eigentümer des PKW gewesen sei. Die Kl. hat selbst unter Vorlage des
fortgeschriebenen foglio complementare vorgetragen, daß S von C das
Eigentum an dem Fahrzeug erworben habe. Anders hätte sie auch schwerlich -
wie sie behauptet und wie für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist -
sich von ihm wirksam eine Hypothek an dem Ferrari bestellen lassen können.
Angesichts des übereinstimmenden Vortrags beider Parteien hat das BerGer.
deswegen mit Recht seiner Beurteilung als unstreitig zugrunde gelegt, daß
S Eigentümer des Ferrari war, als dieser der Bekl. verkauft worden ist.
b) Im übrigen wendet sich die Revision mit Recht gegen das angefochtene
Urteil. Das BerGer. hat zu geringe Anforderungen an den gutgläubigen
lastenfreien Erwerb eines ausländischen Kraftfahrzeugs gestellt und das
Parteivorbringen nicht vollständig gewürdigt.
aa) Abgesehen davon, daß das BerGer. seine Auffassung entgegen § 286 I 2
ZPO nicht begründet hat, die nach italienischem Recht bestehende
Möglichkeit, ein Auto hypothekarisch zu belasten, sei in Deutschland
weitgehend unbekannt, kann der deutsche Käufer eines in Italien
zugelassenen Kraftfahrzeuges aus dieser etwaigen Unkenntnis für sich
nichts herleiten. Ebensowenig kann er sich entgegen der dem angefochtenen
Urteil zugrundeliegenden Annahme darauf berufen, ihm seien die
italienischen Zulassungsvorschriften unbekannt und er könne die in
italienischer Sprache abgefaßten Dokumente des gekauften Fahrzeuges
mangels entsprechender Sprachkenntnisse nicht verstehen. Dies liefe im
Ergebnis darauf hinaus, daß der Käufer eines im Ausland angemeldeten
Wagens weniger Vorsicht walten lassen müßte, als wenn er ein in
Deutschland zugelassenes Fahrzeug erwerben würde. Letzerem, dem auch ohne
genaue Kenntnis der rechtlichen Voraussetzungen und Folgen einer
Sicherungsübereignung bewußt sein muß, daß Kraftfahrzeuge oftmals als
Sicherheit für einen bei ihrer Anschaffung gewährten Kredit dienen,
obliegt es im Hinblick auf § 932 II BGB, sich zumindest die
Kraftfahrzeugpapiere vorlegen zu lassen, um die Berechtigung des
Veräußerers überprüfen zu können. Unterläßt er schon dies, so ist nach
gefestigter Meinung in Rechtsprechung und Literatur der Vorwurf der grob
fahrlässigen Unkenntnis begründet (BGH, LM § 932 BGB Nr. 17; WM 1963,
1186; LM § 932 Nr. 23 ; WM 1967, 562 (563); NJW 1975, 735 = LM § 366 HGB
Nr. 13 = WM 1975, 362 (363); NJW-RR 1987, 1456 (1457) = LM § 142 BGB Nr.
8; Reinking-Eggert, Der Autokauf, 4. Aufl., Rdnrn. 1204-1207 m. w. Nachw.;
Quack, in: MünchKomm, 2. Aufl., § 932 Rdnrn. 37, 48; Staudinger-Wiegand,
BGB, 12. Aufl., § 932 Rdnrn. 63, 145; Erman-Schmidt-Kessel, BGB, 8. Aufl.,
§ 932 Rdnr. 11). Über diese Prüfung hinaus sind beim Kauf eines
Auslandsfahrzeugs im Inland schon deshalb gesteigerte Anforderungen zu
stellen, weil ausländische Kfz-Papiere rechtlich anders ausgestaltet sein
und unter Umständen auch über mögliche dingliche Belastungen des Fahrzeugs
nach ausländischem Recht Auskunft geben können. Der Käufer hat sich daher
darüber zu vergewissern, daß er nach dem Inhalt der vorgelegten
ausländischen Kfz-Papiere - unbelastetes - Eigentum an dem Kraftwagen
erwerben kann. Hierzu hat er notfalls die Hilfe eines sprachkundigen und
mit den in Italien geltenden Regeln vertrauten Fachmanns in Anspruch zu
nehmen. Erfüllt dieser die Anforderungen der gebotenen Prüfung nicht, dann
geht die Nachlässigkeit dieser Hilfsperson nach § 166 II BGB zu Lasten des
inländischen Käufers (vgl. Staudinger-Wiegand, § 932 Rdnr. 97; Quack, in:
MünchKomm, § 932 Rdnr. 49).
bb) Den hiernach zu stellenden Anforderungen ist die Bekl. nicht gerecht
geworden.
Da sie den Ferrari nicht selbst erworben, sondern hierzu die - lediglich
aus Gründen der einfacheren zollrechtlichen Abwicklung als Verkäuferin
auftretende - Firma v. X eingeschaltet hat, kommt es auf das Verhalten von
deren Mitarbeitern an. Ihnen ist allein aus grober Fahrlässigkeit
unbekannt geblieben, daß S zu lastenfreier Übertragung des Eigentums an
dem Ferrari nicht berechtigt war (§§ 936 II, 932 II BGB). Sie haben sich
nämlich entweder die italienischen Kraftfahrzeugpapiere nur unvollständig
vorlegen lassen oder sie jedenfalls nicht in der gebotenen Form geprüft.
Sollte v. X sich lediglich die carta di circolazione hat vorlegen lassen,
deren Original sich jetzt im Besitz der Bekl. befindet, war dies nicht
ausreichend. Diese Bescheinigung ist lediglich ein Zulassungsnachweis
entsprechend dem deutschen Kraftfahrzeugschein, gibt jedoch keinerlei
Auskunft über die Eigentumsverhältnisse oder die Berechtigung zu
lastenfreier Eigentumsübertraung. Selbst wenn Herr v. X - wie er angegeben
hat - dieses Dokument für eine Art Kraftfahrzeugbrief gehalten haben
sollte, konnte er sich hier auf seinen guten Glauben nicht stützen. Denn
diese carta ist auf den Namen des ersten Eigentümers C ausgestellt und
enthält keinen Hinweis auf die Berechtigung des durch P vertretenen, als
Verkäufer auftretenden S.
Hat sich Herr v. X dagegen außerdem den foglio complementare in Photokopie
mit den ausschließlich den Voreigentümer C, S jedoch nicht betreffenden
Eintragungen vorlegen lassen - was das BerGer. als unstreitig darstellt -,
dann hat er ebenfalls infolge grober Fahrlässigkeit die fehlende
Berechtigung des S verkannt. Mit einer Photokopie anstelle der Originale
durfte er sich keinesfalls zufriedengeben. Allein aufgrund der
Originalpapiere - notfalls nach Übersetzung und Einholung weiterer
Auskünfte - konnte er sicher sein, von dem Berechtigten unbelastetes
Eigentum für seine Auftraggeberin erwerben zu können. Grob fahrlässig war
es ferner, daß Herr v. X diesem Dokument nach seinen Angaben keine
Bedeutung beigemessen hat. Schließlich ist der Vorwurf grober
Fahrlässigkeit auch deswegen begründet, weil auch in diesem Papier
lediglich der Voreigentümer C verzeichnet war.
Es entspricht ständiger, vom BerGer. nicht beachteter Rechtsprechung, daß
beim Gebrauchtwagenkauf immer dann Anlaß zu weitergehenden Nachforschungen
besteht ("Verdachtsituation"), wenn Veräußerer und in den Papieren
verzeichneter Eigentümer nicht identisch sind (BGH, NJW 1975, 735 = LM §
366 HGB Nr. 13 = WM 1975, 362 (363); NJW-RR 1987, 1456 (1457) = LM § 142
BGB Nr. 8; Reinking-Eggert, Rdnr. 1214 m. w. Nachw.). Erst recht sind
solche Erkundigungen erforderlich, wenn weitere Umstände bestehen, die
gegen die Berechtigung des Veräußerers sprechen (vgl. Quack, in: MünchKomm,
§ 932 aaO Rdnrn. 32 ff. m. w. Nachw.; Staudinger-Wiegand, § 932 Rdnr.
145). Dies trifft auch im vorliegenden Fall zu: Das sehr wertvolle (vgl.
BGH, LM § 932 BGB Nr. 23), in Italien zugelassene Fahrzeug wurde in
Deutschland auf der Straße (vgl. BGH, NJW 1975, 735 = LM § 366 HGB Br, 13
= WM 1975, 362 (363)) von einem nicht näher legitimierten Verwandten des
angeblich Berechtigten und zu einem offenkundig günstigen Preis veräußert.
Dies alles mußte den Vertreter der Bekl. zu zusätzlichen Nachforschungen
veranlassen.
cc) Damit, daß v. X auch bei Vorlage der Originale dem foglio
complementare keine Beachtung geschenkt hätte, kann die Bekl. schon
deswegen nicht gehört werden, weil es auf die Ursächlichkeit der
unterlassenen, nach Lage des Falls aber erforderlichen Anstrengungen bei
der Beurteilung der Gutgläubigkeit nicht ankommt, vielmehr allein darauf
abzustellen ist, ob überhaupt die gebotenen Nachforschungen angestellt
worden sind (RGZ 143, 14 (18 f.); 147, 321 (331); Staudinger-Wiegand, §
932 Rdnr. 60; für die hier vorliegende Verdachtsituation auch: Quack, in:
MünchKomm, § 932 Rdnr. 47; offen geblieben BGHZ 77, 274 (279) = NJW 1980,
2245 = LM § 932 BGB Nr. 33; krit. Mormann, WM 1966, 2 (9)).
dd) Nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme hat das
BerGer. schließlich rechtsfehlerfrei der Bekl. die Berufung darauf
versagt, sie habe gutgläubig lastenfrei das Eigentum nicht von S, sondern
von der Firma v. X erworben. Dem steht die gesamte Abwicklung des
Geschäfts entgegen, bei dem von Anfang an klar war, daß die Bekl. den
Wagen zum Preise von 75000 DM kaufen wollte, die Firma v. X dagegen nur
zur technischen Abwicklung des Imports eingeschaltet war. Da folglich nur
ein Treuhand- und kein Verkehrsgeschäft i. S. von § 932 BGB vorgelegen
hat, hat das BerGer. mit Recht der von der Bekl. vorgelegten, von der
Firma v. X ausgestellten Kaufvertragsurkunde für die Frage des gutgläubig
lastenfreien Eigentumserwerbs keine Bedeutung beigemessen.
3. Der Senat beurteilt das Verhalten des von der Bekl. eingestellten
Stellvertreters als grob fahrlässig. Zwar ist die Einstufung der
Fahrlässigkeit als leicht oder grob auch bei § 932 II BGB grundsätzlich
eine tatrichterliche und der revisionsrechtlichen Prüfung weithin
entzogene Aufgabe (vgl. BGHZ 10, 14 = NJW 1953, 1139 = LM § 932 BGB Nr. 2;
BGH, LM § 932 BGB Nr. 17; LM § 932 BGB Nr. 23; differenzierend Quack, in:
MünchKomm, § 932 Rdnrn. 72 f.). Aufgrund der insoweit abschließenden
Feststellungen des BerGer. und des unstreitigen Sachverhalts kann der
Senat jedoch die gebotene rechtliche Würdigung selbst vornehmen. Nach den
oben dargelegten Umständen hat Herr v. X die im Verkehr mit im Ausland
zugelassenen Gebrauchtfahrzeugen erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlichem
Maße verletzt und das unbeachtet gelassen, was im gegebenen Fall jedem mit
der Abwicklung eines solchen Kaufs betrauten Fachmanns hätte einleuchten
müssen.
4. Damit das BerGer. die danach erforderlichen Feststellungen darüber
treffen kann, ob der Kl. vor der Eigentumsübertragung an die Bekl. wirksam
eine Autohypothek bestellt worden ist und ob und in welcher Höhe diese
noch besteht, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
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