NJW 1991, 2340
LM § 23 (F) BGB Nr. 51
MDR 1991, 729
VersR1991, 559
Vgl. auch BGH NJW 1979,
598
1. Kosten von Besuchen naher Angehöriger
bei stationärem Krankenhausaufenthalt des Verletzten (Fahrtkosten
einschließlich eventueller Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwand,
Verdienstausfall) sind nur dann seinen nach § 823 I BGB zu ersetzenden
Heilungskosten zuzuordnen, wenn die Besuche medizinisch notwendig und die
Aufwendungen unvermeidbar sind. Verdienstausfall oder der Ausfall im Haushalt
der Angehörigen ist nur zu ersetzen, wenn der Ausfall nicht durch
Vor- oder Nacharbeit aufgefangen werden kann. Darüber hinausgehende
Fortkommensnachteile sind nicht erstattungsfähig (Eingrenzung der
Senatsrechtsprechung, zuletzt BGHZ 106, 28 = NJW 1989, 766 = LM §
243 (A) BGB Nr. 85; NJW 1990, 1037 = LM § 242 (Bf) BGB Nr. 18 = VersR
1989, 1308 m. w. Nachw.).
2. Zur Begründungspflicht des Tatrichters
für die Bemessung des Schmerzensgelds.
Der Kl. nimmt die Bekl. aus Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
in Anspruch. Der damals knapp 6jährige Kl. erlitt am 17. 5. 1986 beim
Spielen auf dem im Eigentum der Bekl. stehenden unbebauten Baugrundstück
einen Unfall, bei dem er ganz erheblich verletzt wurde. Er geriet unter
einen auf dem Grundstück lagernden etwa 1,20 m breiten und 750 kg
schweren Betonring. Das Grundstück war zum Unfallzeitpunkt frei zugänglich.
Der Kl. hat bei dem Unfall u. a. einen doppelten Beckenbruch und einen
Abriß der Harnröhre davongetragen. Miktionsbeschwerden sind
infolge einer Schädigung des Schließmuskels verblieben. Ob und
inwieweit sonstige Dauerschäden zu erwarten sind, ist noch ungewiß.
Mit der Klage hat der Kl. ein beziffertes Schmerzensgeld von 50000 DM sowie
ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld geltend gemacht, für das
er von einem Mindestbetrag von ebenfalls 50000 DM ausgegangen ist. Darüber
hinaus verlangt er von den Bekl. Ersatz von Fahrt-, Verpflegungsmehr- und
Übernachtungskosten anläßlich der Besuche seiner Eltern
im Krankenhaus in Höhe von insgesam 12209,10 DM (6463,10 DM + 5246
DM + 500 DM) sowie Ersatz von Verdienstausfall seines Vaters in Höhe
von 40800 DM und 9768 DM als Wertersatz für den Ausfall seiner Mutter
im Haushalt während der Zeit ihrer Besuche im Krankenhaus. Für
von der Krankenkasse nicht erstattete Kosten privatärztlicher ambulanter
Behandlungen hat der Kl. 1759,56 DM, an Nebenkosten hat er eine Pauschale
von 500 DM verlangt. Weiter hat er Feststellung der gesamtschuldnerischen
Verpflichtung der Bekl. zum Ersatz des weiteren materiellen und immateriellen
Schadens begehrt.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung
des Kl. hatte nur insoweit Erfolg, als das OLG dem auf Ersatz des zukünftigen
materiellen und immateriellen Schadens gerichteten Feststellungsantrag
stattgegeben sowie dem Kl. ein Schmerzensgeld von 25000 DM und eine Unkostenpauschale
von 200 DM zugesprochen hat. Die Revision des Kl. war teilweise erfolgreich.
Die Sache wurde zurückverwiesen, soweit die unbezifferte Schmerzensgeldklage
sowie die bezifferte Klage in Höhe von 38968,66 DM abgewiesen worden
war.
Aus den Gründen:
I. 1. Das BerGer. ist von der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
(§ 823 I BGB) durch die Bekl. ausgegangen:
Der Zustand des Grundstücks der Bekl. habe
objektiv durch die Lagerung des Betonrings, der gegen ein Fortrollen nur
unzureichend durch leicht zu beseitigende Keile gesichert gewesen sei,
für die Kinder eine Gefahrenquelle dargestellt. Die Gefahr, die von
dem ungenügend gesicherten Betonring ausgegangen sei, habe die Verletzung
des Kl. bewirkt und sei für die Bekl. vorhersehbar gewesen. Das Grundstück
sei frei zugänglich gewesen. Es sei von dem benachbarten, von den
Eltern des Kl. gemieteten Wohngrundstück durch eine Gartentür
zu erreichen gewesen, zudem habe das Grundstück über eine Stichstraße
und auch von der an ihm vorbeiführenden Straße aus erreicht
werden können. Der hier angebrachte Zaun sei beschädigt gewesen,
das Grundstück deswegen zur damaligen Zeit auch zum Abstellen von
Kraftfahrzeugen benutzt worden.
2. Als Schmerzensgeld hat das BerGer. 25000 DM
unter Hinweis auf ein nicht sehr hoch einzustufendes Verschulden der Bekl.
für angemessen erachtet. Dem stehe nicht entgegen, daß der Streitwert
für die Schmerzensgeldklage in erster Instanz durch einen von ihm
als BeschwGer. bestätigten Beschluß auf 100000 DM festgesetzt
worden sei. Der Streitwert habe nach den Vorstellungen des Kl. bemessen
werden müssen.
3. Die rechtlichen Voraussetzungen für einen
Ersatzanspruch wegen des Ausfalls der Mutter des Kl. im Haushalt lägen
nicht vor. Für die restlichen nicht zuerkannten Schadenspositionen
hat das BerGer. den Kl. für darlegungs- bzw. beweisfällig gehalten.
II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen
der Revision nicht durchweg stand.
1. Zutreffend sind die Ausgangserwägungen,
mit denen das BerGer. zu einer Haftung der Bekl. nach § 823 I BGB
gelangt ist. Jeder Grundstückseigentümer muß wirksame und
auf Dauer angelegte Schutzmaßnahmen ergreifen, um Kinder vor den
Folgen ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit zu schützen, wenn ihm
bekannt ist oder sein muß, daß sie - trotz Verbots - sein Grundstück
zum Spielen benutzen, und die Gefahr besteht, daß sie sich an dort
befindlichen gefährlichen Gegenständen zu schaffen machen und
dabei Schaden erleiden können (vgl. Senat, VersR 1973, 621 (622);
NJW 1975, 108 = LM § 823 (Dc) BGB Nr. 95 = VersR 1975, 88 (89)). Die
vom BerGer. getroffenen Feststellungen rechtfertigen die Annahme der Verletzung
dieser Verkehrssicherungspflicht durch die Bekl. Sie haben nicht in Abrede
gestellt, gewußt zu haben, daß Kinder häufig auf dem in
Rede stehenden Grundstück spielten und auf den dort befindlichen Gegenständen
herumkletterten. Sie konnten auch erkennen, daß der dem Kl. später
zum Verhängnis gewordene Betonring auf ihrem Grundstück so aufgestellt
und so unzureichend gesichert war, daß er trotz seines großen
Gewichts auch von Kindern, wie geschehen, zum Rollen gebracht werden und
dabei für sie sehr gefährlich werden konnte. Damit lag es nicht
fern, daß Kinder - ungeachtet solcher Gefahren - den geradezu dazu
einladenden Betonring auf diese Weise mit in ihr Spiel einbezogen.
2. Im Ergebnis zu Recht hat das BerGer. von den
geltend gemachten materiellen Schadenspositionen Ersatz für den Verdienstausfall
des Vaters des Kl. und für den Ausfall seiner Mutter im Haushalt in
vollem Umfang versagt. Dagegen tragen die Ausführungen des BerGer.
die völlige Aberkennung von Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwand und
Übernachtungskosten sowie der privatärztlichen Behandlungskosten
nicht.
a) Das Recht der unerlaubten Handlung folgt dem
Grundsatz, daß nur, wer in seinen durch die Haftungsnorm geschützten
Interessen beeinträchtigt ist, und nur für die ihm selbst hieraus
erwachsenden Schadensfolgen Ersatz verlangen kann. Für Vermögensnachteile,
die nur "mittelbar" aus dem Eingriff in Schutzgüter eines anderen
erwachsen, schuldet der Schädiger nur in den vom Gesetz zugelassenen
Ausnahmefällen der §§ 844, 845 BGB Schadensersatz. Darüber
hinaus hat der BGH in gefestigter Rechtsprechung aufgrund wertender Betrachtung
wegen ihrer engen Verbundenheit mit den Heilungskosen des Verletzten ausnahmsweise
die Kosten für Besuche nächster Angehöriger am Krankenbett
des Verletzten als dessen Gesundheitsschaden für erstattungsfähig
angesehen (zuletzt Senat, BGHZ 106, 28 (30) = NJW 1989, 766 = LM §
249 (A) BGB Nr. 85 = VersR 1989, 188; NJW 1990, 1037 = LM § 242 (Bf)
BGB Nr. 18 = VersR 1989, 1308 (1309); jeweils m. w. Nachw.).
b) An dieser Rechtsprechung hält der erkennende
Senat im Grundsatz fest, zumal sich die Praxis seit langem auf sie eingestellt
hat. Allerdings bedarf es, weil - abgesehen von den im Gesetz ausnahmsweise
auch Dritten gewährten Ansprüchen (§§ 844, 845 BGB)
- der deliktische Ersatzanspruch des Verletzten gegen den Schädiger
grundsätzlich auf einen Ausgleich für dem Verletzten selbst entstandenen
Schaden geht, für den Ersatzanspruch bei Aufwendungen der genannten
Art der Abgrenzung gegenüber solchen Aufwendungen, die ausschließlich
durch die Person des Besuchers ihr entscheidendes Gepräge erhalten.
Vor allem reicht allein eine vermögensmäßige Betroffenheit
des Dritten nicht aus. Es liegt auf der Hand, daß ein Ersatz von
vornherein ausgeschlossen ist, wenn es um Besuche anderer Personen als
naher Angehöriger geht, die aus gesellschaftlicher oder ähnlicher
Verpflichtung den Verletzten besuchen. Der Ersatz auch solcher Aufwendungen
aufgrund des Schadensereignisses liegt außerhalb des Schutzzwecks
der Deliktsnorm. Eine Begrenzung der Erstattungsfähigkeit von Kosten
für Krankenbesuche besteht aber auch für Aufwendungen von Personen,
die zum Kreis der "nahen Angehörigen" gehören. Stets muß
auch hier beachtet werden, daß diese Kosten, weil sie den Verletzten
nicht selbst wirtschaftlich belasten, wegen der genannten Begrenzung der
Deliktshaftung nur aus besonderen Sachgründen ausnahmsweise dem Schädiger
als Einbußen des Verletzten entgegengehalten werden können,
damit nicht auf diesem Weg entgegen dem Gesetz ein Einfallstor für
bloße Vermögensschäden von durch die unerlaubte Handlung
nur "mittelbar" Betroffenen geöffnet wird.
Die Rechtsprechung hat deshalb die Erstattungsfähigkeit
stets auf den Kreis "nächster" Angehöriger und auf Besuche während
des stationären Krankenhausaufenthalts des Verletzten beschränkt.
Nur diese Aufwendungen können bei wertender Betrachtung als für
die Gesundung des Verletzten nicht nur nützliche, sondern mit den
Heilungskosten eng verbundene Kosten gegenüber dem Aufwand abgegrenzt
werden, der den Angehörigen durch die Erkrankung des Verletzten rechtlich
oder tatsächlich entsteht und der als Schaden nur "mittelbar" Betroffener
nach deliktischen Grundsätzen nicht zu ersetzen ist. Darüber
hinaus können im Interesse einer sich am Gesetz orientierenden Abgrenzung
auch die Besuchskosten nächster Angehöriger nur erstattungsfähig
sein, wenn und soweit diese Besuche für die Gesundung des Patienten
nach seiner Befindlichkeit medizinisch notwendig sind. Der Ersatz hat sich
ferner auf die unvermeidbaren Kosten zu beschränken. Krankenbesuche
aufgrund der engen persönlichen Verbundenheit ohne diese herausgehobene
medizinische Notwendigkeit sind ungeachtet ihrer Erwünschtheit auch
für das psychische und physische Befinden des Patienten selbst bei
nächsten Angehörigen nicht erstattungsfähig. Entsprechendes
muß für die Höhe der Aufwendungen gelten, soweit sie über
das Unvermeidbare hinausgehen. Insoweit kann die Erstattungsfähigkeit
sich nicht allein an dem allgemeinen Maßstab der §§ 249
ff. BGB orientieren; die Grenzen sind wegen der prinzipiellen Beschränkung
des Deliktsrechts auf den "unmittelbar" Verletzten enger zu ziehen. Soweit
der erkennende Senat in früheren Entscheidungen gelegentlich einen
großzügigeren Standpunkt vertreten hat, hält er hieran
nicht länger fest.
c) Zu den von der Revision gerügten Schadenspositionen
bedeutet dies im einzelnen:
aa) Zu den mit den Besuchen im Krankenhaus zwangsläufig
verbundenen Aufwendungen gehören insbesondere die Fahrtkosten, allerdings
nur für die wirtschaftlichste Beförderungsart und auch sonst
nur im Rahmen wirtschaftlicher Notwendigkeit. Soweit das BerGer. diese
Kosten als Schaden des Kl. nur in den Grenzen der Leistungen der Krankenkasse
anerkennen will, hält dies - wie die Revision zu Recht rügt -
vor § 287 ZPO nicht stand, solange das BerGer. nicht den Gründen
für eine Begrenzung der Kassenleistungen nachgeht und diese an den
aufgezeigten haftungsrechtlichen Kriterien mißt. Jedenfalls soweit
es auf die Zahl der durchgeführten Besuchsfahrten ankommt, reichen
die von dem Kl. vorgelegten Unterlagen als Grundlage für die Schadensfeststellung,
gegebenenfalls im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO, aus.
bb) Ausnahmsweise können die mit den Besuchen
verbundenen Übernachtungskosten ersetzt verlangt werden, soweit sie
unvermeidbar sind. Jedenfalls als Ausgangspunkt für eine Schätzung
nach § 287 ZPO genügen die vom Kl. vorgelegten Unterlagen auch
für diese Schadenspositionen.
cc) Der Verpflegungsaufwand nächster Angehöriger
beim Besuch des in einem auswärtigen Krankenhaus untergebrachten Verletzten
hängt in besonderem Maß von den individuellen Bedürfnissen
des Besuchers ab. Diese entscheiden darüber, ob tatsächlich ein
Verpflegungsmehraufwand gegenüber den auch sonst für die Beköstigung
anfallenden Kosten entsteht. Wegen der erforderlichen Abgrenzung zum nicht
ersatzfähigen Schaden des nur "mittelbar" Betroffenen ist deshalb
gerade hier eine Begrenzung der Ersatzfähigkeit auf den anders nicht
vermeidbaren Mehraufwand nötig. Nur ein solcher Mehraufwand kann noch
in einem inneren Zusammenhang mit den Aufwendungen für die Heilung
des Verletzten und damit als vom Schutzzweck des § 823 I BGB umfaßt
angesehen werden. Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt wird das BerGer.
- gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien - eine Schadensbemessung
nach § 287 ZPO vorzunehmen haben.
dd) Für den vom Kl. in Höhe von 40800
DM geltend gemachten Verdienstausfall des Vaters gilt folgendes: Der Senat
hat wiederholt ausgesprochen, daß zu den Besuchskosten, die als Heilbehandlungskosten
des Verletzten von dem Schädiger zu ersetzen sind, auch der dem Besucher
entstandene Verdienstausfall gehören kann, wobei allerdings die Schadensminderungspflicht
es
einem Selbständigen u. a. gebietet, in zumutbarem Umfang zeitlich
umzudisponieren (vgl. Senat, NJW 1985, 2757 = LM § 8 StVO 1970 Nr.
8 = VersR 1985, 784 (785) m. w. Nachw.). Auch die Erstattungsfähigkeit
dieser Einbußen ist indes begrenzt auf Nachteile, die mit dem erforderlichen
Heilungsaufwand für den Verletzten derart in einem inneren Zusammenhang
stehen, daß sie als eigentliche Besuchskosten zu qualifizieren sind;
wie etwa der Lohn- oder Gehaltsausfall des unselbständigen Arbeitnehmers
für Arbeitsstunden, für die eine Freistellung nur durch unbezahlten
Urlaub erfolgen kann und die auch nicht nachgeholt werden können,
oder der der Besuchszeit unmittelbar zuzurechnende und auf andere Weise
nicht aufzufangende Gewinnentgang des selbständigen Unternehmers.
Dagegen sind darüber hinausgehende Fortkommensnachteile, die sich
aus der Belastung der Erwerbstätigkeit mit den Krankenbesuchen ergeben,
nicht mehr den von der Deliktshaftung erfaßten Heilungskosten des
Verletzten selbst zuzurechnen, da andernfalls diese Haftung entgegen dem
Gesetz zu einer Einstandspflicht für den Schaden des nur mittelbar
betroffenen Besuchers selbst ausufern würde.
Im vorliegenden Fall ist der Verdienstausfall
des Vaters nach der Behauptung des Kl. dadurch entstanden, daß er
außerhalb seines festen Angestelltenverhältnisses eine freiberufliche
Tätigkeit, die dem Aufbau einer eigenen Praxis als Wirtschaftsprüfer
und Steuerberater habe dienen sollen, wegen der Besuche nicht habe ausüben
können. Einbußen, wie sie hier geltend gemacht werden, gehören
nicht zum ersatzfähigen Schaden des Kl. Es kann dahinstehen, ob es
für seine Gesundung medizinisch überhaupt notwendig war, den
Vater auch in den Zeiten, die er für die Einrichtung einer eigenen
Praxis benötigte, bei sich zu haben. Nachteile, die wie hier dadurch
entstehen, daß der Betroffene infolge der Einschränkung seiner
zeitlichen Dispositionen durch die Krankenbesuche sein Geschäft erst
zu einem späteren Zeitpunkt aufbauen oder vergrößern kann,
können ebensowenig als Besuchskosten im erörterten Sinn qualifiziert
werden wie auf solche Störungen zurückzuführende Erschwernisse
oder Einbußen im beruflichen Weiterkommen. Solche Vermögenssschäden
sind deliktsrechtlich nicht ersetzbare Drittschäden.
ee) Auch die durch die Krankenbesuche entgangene
Tätigkeit der den Haushalt versorgenden Mutter muß hier außer
Betracht bleiben. Anders als in dem Fall, der dem von der Revision zitierten
Senatsurteil vom 10. 10. 1989 (NJW-RR 1990, 34 = LM § 843 BGB Nr.
44 = VersR 1989, 1247) zugrundelag, werden vorliegend nicht Aufwendungen
für eine pflegerische Betreuung des Kl. geltend gemacht, die nach
§ 843 BGB als dessen Mehrbedarf erstattungsfähig wären.
Vielmehr verlangt der Kl. Ersatz für verlorene Arbeitszeit seiner
Mutter im Haushalt durch die Besuche bei ihm. Auch insoweit kann - nach
den erörterten Grundsätzen für die Qualifizierung entgangener
Arbeitszeit als erstattungsfähige Besuchskosten - deliktischer Schadensersatz
schon dann nicht in Betracht kommen, wenn die Besuchszeit von der Hausfrau
vor- oder nachgearbeitet werden kann. Dies war ersichtlich hier der Fall,
da die Besuche ohne die Einstellung einer Ersatzkraft möglich gewesen
sind.
ff) Soweit das BerGer. einen Schadensersatzanspruch
des Kl. wegen der privatärztlichen Behandlungskosten verneint hat,
stellen die Ausführungen des BerGer. unter Verkennung der Bedeutung
des § 287 ZPO an den Nachweis der Zurechenbarkeit dieser Aufwendungen
zu strenge Anforderungen. Die Erstattungsfähigkeit von privatärztlichen
Behandlungskosten bei einem gesetzlich krankenversicherten Verletzten hängt
von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Senat, VersR 1970, 129
(130); NJW-RR 1989, 670 = LM § 249 (A) BGB Nr. 84 = VersR 1989, 54
(56)). Entscheidend ist, ob die privatärztliche Behandlung aus der
Sicht eines verständigen Menschen in der Lage des Geschädigten
erforderlich erschien. Maßstab für die Beurteilung ist dabei
insbesondere die Art der Verletzung und der Lebensstandard des Verletzten.
Diese Gesichtspunkte hat das BerGer. nicht berücksichtigt. Insbesondere
ist es nicht auf die Behauptung des Kl. eingegangen, daß die privatärztliche
Behandlung in einer "Spezialklinik" von Ärzten empfohlen worden sei.
gg) Daß das BerGer. dem Kl. wegen der besonderen
Umstände des Einzelfalls eine Unkostenpauschale von nur 200 DM zugebilligt
hat, läßt Rechtsfehler zum Nachteil des Kl. nicht erkennen.
Die Revision hat hierzu auch keine weiteren Ausführungen gemacht.
3. Zu Recht rügt die Revision, daß
das Berufungsurteil hinsichtlich der Höhe des zuerkannten Schmerzensgeldes
nicht den Anforderungen des § 287 ZPO entspricht.
a) Zwar kommt dem Tatrichter bei der Ermittlung
des angemessenen Schmerzensgeldes ein erheblicher Freiraum zu. Seine Beurteilung
kann in aller Regel nicht schon deshalb beanstandet werden, weil sie als
zu reichlich - oder was hier in Betracht kommt - als zu dürftig erscheint.
Dem freien tatrichterlichen Ermessen sind allerdings Grenzen gesetzt: Es
muß das Bemühen um eine angemessene Beziehung der Entschädigung
zu Art und Dauer der Verletzungen unter Berücksichtigung aller für
die Höhe des Schmerzensgeldes maßgeblichen Umstände erkennen
lassen und darf nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze
verstoßen. Zur Überprüfung auf die Einhaltung dieser Grenzen
hat der Tatrichter die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung
darzulegen (st. Rspr.; zuletzt vgl. Senat, NJW 1989, 773 = LM § 847
BGB Nr. 77 = VersR 1988, 943 m. w. Nachw.).
b) Die Revision bemängelt zu Recht, daß
das BerGer. sich nicht ausreichend mit den für die Bemessung des Schmerzensgeldes
maßgeblichen Umständen auseinandergesetzt hat. Dies gilt insbesondere
mit Blick auf seinen zur Streitwertfestsetzung ergangenen Beschluß
vom 21. 8. 1989 - 17 W 2238/89 -. Dort war mit umfassender Begründung
von einem Schmerzensgeld-Kapitalbetrag von 100000 DM ausgegangen worden.
Nachdem der Kl. selbst Beschwerde gegen den auf 100000 DM lautenden Streitwertbeschluß
des LG eingelegt und das BerGer. dennoch den Betrag als für den Streitwert
angemessen erachtet hatte, waren die hierfür maßgeblichen Erwägungen
- entgegen den Ausführungen im Berufungsurteil - nicht mehr nur solche
des Kl., sondern auch die des BerGer. Es hätte daher, ohne allerdings
an diesen Betrag letztlich gebunden zu sein, jedenfalls in dem angefochtenen
Urteil ansatzweise erkennen lassen müssen, was es trotz unveränderter
Bemessungsgrundlagen zu seiner doch stark abweichenden Bewertung im Berufungsurteil
erwogen hat. Kommt es ohne Veränderung der tatsächlichen Umstände
zu erheblichen Abweichungen zwischen der früheren und der späteren
richterlichen Schmerzensgeldbemessung, ist es nicht nur ein Gebot der Offenheit
gegenüber der Partei, sondern auch eine verfahrensrechtliche Pflicht,
die wesentlichen Abwägungsgesichtspunkte wenigstens ansatzweise darzulegen.
Nur so kann nämlich das RevGer. überprüfen, ob das BerGer.
seine frühere Wertung als außerhalb des Rahmens liegend erkannt
oder ob es geglaubt hat, beide Bemessungen lägen innerhalb des dem
Tatrichter zur Verfügung stehenden Freiraums (vgl. Senat, NJW
1989, 773 = LM § 847 BGB Nr. 77 = VersR 1988, 943). Wegen der hierzu
fehlenden Ausführungen kann das Berufungsurteil daher insoweit gem.
§ 287 ZPO keinen Bestand haben. Die Aufhebung des Ausspruchs zu dem
Schmerzensgeldbegehren des Kl. insgesamt bedeutet freilich nicht, daß
das BerGer. mit ausreichender Begründung nicht wiederum zur Abweisung
der unbezifferten Schmerzensgeldklage kommen kann.
4. In dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang
war die Sache deshalb zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das
BerGer. zurückzuverweisen. Dies erhält damit zugleich auch Gelegenheit,
zur Klarstellung der Rechtskraft die von dem bezifferten Schmerzensgeldanspruch
erfaßten Beeinträchtigungen deutlich zu benennen und hierbei
insbesondere darzulegen, welche der sich zukünftig etwa verwirklichenden
Beeinträchtigungen durch das zuerkannte Schmerzensgeld abgegolten
sind und welche dem Feststellungsausspruch vorbehalten werden (vgl. Senat,
NJW 1980, 2754 = LM § 847 BGB Nr. 64 = VersR 1980, 975 und NJW 1988,
2300 = LM § 847 BGB Nr. 76 = VersR 1988, 929).
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