NJW 1995, 1673
LM H. 7/1995 § 459 BGB Nr. 124
MDR 1995, 894
JZ 1995, 1015
ZIP 1995, 570
Vgl. dazu auch BGH NJW
1993, 2103 ("Burra I")
Zu den Anforderungen an eine Echtheitszusicherung
im Kunsthandel.
Der Bekl. ist Kunsthändler. Er verkaufte dem
Kl. im November 1990 ein mit "Burra 33" signiertes Ölgemälde
zum Preis von 10000 DM. Auf Wunsch des Kl. übergab er diesem eine
handschriftlich abgefaßte und von ihm unter dem Datum des 20. 11.
1990 unterschriebene Erklärung, die als Urheber des Gemäldes
" Eward Burra" nennt und in der es weiter heißt, das Gemälde
sei "ein Original von der Hand des Künstlers". Gestützt auf die
Auskunft einer Londoner Galerie, begehrt der Kl. Schadensersatz wegen Nichterfüllung,
weil das Bild unecht sei. Den ihm dadurch entstandenen Schaden beziffert
er auf 290000 DM. Nach seiner Behauptung hätte das Gemälde, wenn
es echt wäre, einen Marktwert von mindestens 300000 DM. Der Bekl.
macht demgegenüber geltend, seine schriftliche Erklärung sei
nicht als Eigenschaftszusicherung zu werten, weil sie erst nach Abschluß
des bereits am 18. 11. 1990 geschlossenen Kaufvertrages abgefaßt
worden sei. Beim Verkauf des Bildes habe er dem Kl. erklärt, er könne
über die Urheberschaft keine Angaben machen, weil er das Bild selbst
erst vor einer Woche erworben und noch keine näheren Recherchen angestellt
habe. Im übrigen sei das Bild echt, nämlich ein solches des Malers
Burra.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Die Revision des Kl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung
an die Vorinstanz (Senat, NJW 1993, 2103 = LM H. 10/1993 § 249 (E)
BGB Nr. 17 = WM 1993, 1374). Die Berufung des Kl. ist abermals zurückgewiesen
worden. Hiergegen richtet sich seine Revision ohne Erfolg.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. hat die Klage schon am Nachweis
einer Zusicherung der Echtheit des verkauften Gemäldes scheitern lassen.
Es hat dazu ausgeführt:
Die vertraglich bindende Beschreibung bestimmter
Merkmale oder Eigenschaften der verkauften Sache stelle zunächst nur
eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S. des § 459 I BGB dar, mit der
die Parteien festlegten, "als was" die Sache verkauft werde. Eine Zusicherung
i.S. von § 459 II BGB setze weiter voraus, daß der Käufer
in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das
Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft der Kaufsache übernehme,
dafür also "garantiere", und damit seine Bereitschaft zu erkennen
gebe, unter allen Umständen und für alle Folgen des Fehlens dieser
Eigenschaft einzustehen. Dafür sei entscheidend, wie der Käufer
aus seiner Sicht unter Berücksichtigung aller zum Vertragsschluß
führenden Umstände die Erklärungen und das Verhalten des
Verkäufers habe verstehen dürfen. Werde ein Bild als von einem
bestimmten Künstler stammend, also "als echtes" verkauft, so sei seine
Echtheit zunächst nur ein vertraglich vereinbartes Beschaffenheitsmerkmal,
seine Unechtheit mithin nur ein Fehler i.S. von § 459 I BGB. Zugesichert
sei die Echtheit erst, wenn der Verkäufer dafür in der dargelegten
Weise "garantiere". Das sei hier nicht geschehen, denn die bei dem Verkaufsgespräch
abgegebene Erklärung des Bekl., er könne über die Urheberschaft
keine Angaben machen, weil er das Bild selbst erst vor einer Woche erworben
und noch keine näheren Recherchen angestellt habe, habe aus der Sicht
des Kl. keinen Zweifel daran gelassen, daß der Bekl. für
die Echtheit eben nicht, "koste es, was es wolle", habe garantieren können.
Für seine gegenteilige Behauptung, der Bekl. habe ihm auf Nachfrage
erklärt, er könne völlig sicher sein, daß das Bild
echt sei, und ihm eine schriftliche Zusicherung versprochen, habe der Kl.
keinen Beweis angetreten. Diese Ungewißheit gehe zu seinen Lasten.
Stütze der Käufer seinen vermeintlichen Anspruch auf eine Zusicherung,
so müsse er die Erklärungen oder Umstände beweisen, aus
denen die rechtsbegründende Tatsache der Zusicherung geschlossen werden
könne. Daß der Bekl. dem Kl. die Urheberschaft Burras ausdrücklich
"bestätigt" habe, sei noch kein Hinweis auf eine Zusicherung, sondern
belege nur, daß der Bekl. das Bild "als echtes" verkauft habe.
II. Diese Ausführungen halten den Angriffen
der Revision stand.
1. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision,
das Berufungsurteil verstoße gegen das zivilprozessuale Verbot der
Schlechterstellung (reformatio in peius). Eine unzulässige Schlechterstellung
des Kl. will die Revision darin erblicken, daß das BerGer. die schriftliche
Bestätigung des Bekl. anders als im ersten Berufungsurteil nun nicht
mehr als Zusicherung der Echtheit des Gemäldes wertet. Dem ist nicht
zu folgen.
a) Das Verbot der Schlechterstellung gilt nur
für das Verhältnis der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts
zu der angefochtenen Entscheidung, für das Berufungsurteil also nur
im Verhältnis zu dem erstinstanzlichen Urteil. Da die Klage schon
vom LG in vollem Umfang abgewiesen worden ist, ist dem Kl. nach dem erstinstanzlichen
Urteil indessen nichts verblieben, was ihm durch das Berufungsurteil genommen
worden sein könnte.
b) Die Revision will demgegenüber das Verbot
der reformatio in peius auf das Verhältnis zwischen dem ersten, vom
RevGer. aufgehobenen und dem nach Zurückverweisung ergangenen zweiten
Berufungsurteil anwenden. Das ist verfehlt. Zu einem zweiten Berufungsurteil
über denselben Streitgegenstand kann es nur dann kommen, wenn das
erste Berufungsurteil vom RevGer. aufgehoben und die Sache an die Berufungsinstanz
zurückverwiesen worden ist. Da das erste Berufungsurteil bereits mit
seiner uneingeschränkten Aufhebung durch das RevGer. beseitigt worden
ist, konnte es im Zeitpunkt der zweiten Berufungsentscheidung keine Wirkung
mehr erzeugen, von der das zweite Berufungsurteil nachteilig hätte
abweichen können.
2. Das BerGer. war entgegen der Auffassung der
Revision auch nicht durch eine irgendwie geartete Bindungswirkung gehindert,
die Frage der Eigenschaftszusicherung nunmehr anders zu beurteilen als
in der ersten Berufungsentscheidung. Zwar trifft es zu, daß der erkennende
Senat als RevGer. im ersten Revisionsverfahren an die damalige Vertragsauslegung
des BerGer. gebunden war (Senat, NJW 1993, 2103 unter II 2 = LM H. 10/1993
§ 249 (E) BGB Nr. 17 = WM 1993, 1374). Richtig ist auch, daß
die Annahme der Vorinstanz, es habe die zugesicherte Eigenschaft der Echtheit
des Bildes gefehlt, dazu führte, daß das RevGer. die im ersten
Berufungsurteil getroffene Entscheidung, gleichwohl bestehe ein Ersatzanspruch
aus § 463 BGB nicht, überprüfen konnte. Das bedeutet entgegen
der Auffassung der Revision nicht, daß auch das BerGer. im zweiten
Berufungsverfahren an sie gebunden wäre. § 565 II ZPO bindet
das BerGer. nur an die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde
gelegt ist, d.h. auf der die Aufhebung des Berufungsurteils beruht (z.B.
BGH, NJW-RR 1993, 834 = BGHRZPOO § 565 II Bindungswirkung 3). Das
waren Fehler in der Anwendung des § 463 BGB, was die Rechtsfolge des
Fehlens der zugesicherten Eigenschaft angeht. Das BerGer., das nach Aufhebung
und Zurückverweisung erneut zu entscheiden hat, ist in der tatrichterlichen
Würdigung im Interesse einer zusammenfassenden Prüfung
des gesamten Sachverhalts frei. Es ist nicht an früher getroffene
Tatsachenfeststellungen, an eine vorausgegangene Beweiswürdigung (BAG,
AP Nr. 10 zu § 565 ZPO) oder an die in dem aufgehobenen Urteil geäußerten
Rechtsansichten gebunden, selbst wenn das RevGer. sie teilt (BGH, NJW 1969,
661 unter II 1 = LM § 565 II ZPO Nr. 12; Senat, NJW 1993, 2103 unter
IV = LM H. 10/1993 § 249 (E) BGB Nr. 17 = WM 1993, 1374; Walchshöfer,
in: MünchKomm-ZPO, § 565 Rdnr. 13; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO,
21. Aufl., § 565 Rdnr. 6). Demgemäß hat der erkennende
Senat im ersten Revisionsurteil ausgeführt, das BerGer. werde bei
der erneuten Verhandlung und Entscheidung Gelegenheit haben, die besonderen
Umstände des Vertragsschlusses bereits bei der Frage zu berücksichtigen,
ob die Erklärung des Bekl. über die Urheberschaft des verkauften
Gemäldes als Zusicherung seiner Echtheit zu werten ist (Senat, NJW
1993, 2103 unter IV = LM H. 10/1993 § 249 (E) BGB Nr. 17 = WM 1993,
1374).
3. Ohne Erfolg bleibt auch die weitere Rüge
der Revision, das BerGer. habe bei der Auslegung der schriftlichen Bestätigung
des Bekl. verfahrensfehlerhaft Tatsachenvortrag des Bekl. verwertet, den
der Kl. bestritten hat.
Das BerGer. begründet seine Auffassung, der
Bekl. habe mit der dem Kl. übergebenen schriftlichen Bestätigung
die Echtheit des verkauften Gemäldes nicht zugesichert, zwar zum einen
mit der Erwägung, die bei dem Verkaufsgespräch abgegebene Erklärung
des Bekl., er könne über die Urheberschaft keine Angaben machen,
weil er das Bild selbst erst vor einer Woche erworben und noch keine näheren
Recherchen angestellt habe, habe aus der Sicht des Kl. keine Zweifel daran
gelassen, daß der Bekl. für die Echtheit nicht habe garantieren
können. Die Abgabe einer derartigen Erklärung des Bekl. hat der
Kl., worauf die Revision zutreffend hinweist, auch nach dem Tatbestand
des Berufungsurteils bestritten. Ob das BerGer. sie deshalb nicht ohne
Beweisaufnahme zum Nachteil des Kl. verwerten durfte, bedarf keiner Entscheidung,
denn das angefochtene Urteil beruht jedenfalls nicht auf dem aufgezeigten
Verfahrensfehler. Das BerGer. ist nämlich unabhängig davon in
anderem Zusammenhang - bei der Erörterung der Beweislast für
die vom Kl. behauptete mündliche Erklärung des Bekl., der Kl.
könne völlig sicher sein, daß das Bild echt sei - zu dem
Ergebnis gelangt, die ausdrückliche (schriftliche) Bestätigung
des Bekl. sei noch kein Hinweis auf eine Zusicherung, sondern belege nur,
daß der Bekl. das Bild "als echtes" verkauft habe.
Diese von den Begleitumständen losgelöste
tatrichterliche Wertung ist sachgerecht. Daß der Bekl. die Urheberschaft
Burras ausdrücklich "bestätigt" hat, zwingt entgegen der Auffassung
der Revision nicht zur Annahme einer Zusicherung der Echtheit. An eine
solche sind im Kunsthandel angesichts hier häufig bestehender Zweifel
an der Urheberschaft strenge Anforderungen zu stellen (vgl. dazu auch die
Senatsurteile BGHZ 63, 369 (372) = NJW 1975, 970 = LM § 459 BGB Nr.
36 und NJW 1980, 1619 = LM § 9 (Cf) AGBG Nr. 3 = WM 1980, 529 unter
I 3). Ob ihnen im Streitfall genügt wäre, falls der Bekl. dem
Kl., wie dieser behauptet, darüber hinaus mündlich erklärt
hätte, der Kl. könne völlig sicher sein, daß das Bild
echt sei, und ihm eine schriftliche Zusicherung versprochen hätte,
bedarf keiner Entscheidung, denn der Kl. hat für diese vom Bekl. bestrittene
Behauptung keinen Beweis angetreten. Das geht, wie das BerGer. richtig
erkannt hat, zu Lasten des Kl., dem der Nachweis derjenigen Erklärungen
und Umstände obliegt, aus denen er die anspruchsbegründende Eigenschaftszusicherung
herleiten will (BGH, NJW 1991, 912 = LM § 133 (C) BGB Nr. 72 = WM
1991, 519 unter III m. Nachw.).
4. Da der Kl. Ansprüche auf Wandelung oder
Minderung wegen bloßer Fehlerhaftigkeit des angeblich unechten Gemäldes
ausdrücklich nicht, auch nicht hilfsweise, geltend macht, haben die
Vorinstanzen die Klage zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.