Kein Gesamtschuldnerausgleich zwischen "Erstschädiger" und "Zweitschädiger" bei Vorliegen einer Haftungseinheit
BGH, Urteil v. 16.04.1996  - VI ZR 79/95 (Frankfurt a.M.) 
Fundstelle:

NJW 1996, 2023
zur Haftungseinheit s. auch BGH NJW 1996, 2646


Amtl. Leitsätze:

1. Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Verletzter und ein "Erstschädiger" durch im wesentlichen identische Kausalbeiträge eine einheitliche Gefahrenlage geschaffen haben und daher hinsichtlich ihrer Verursachungsanteile eine mit einer gemeinsamen Quote zu bewertende "Zurechnungseinheit" bilden, die bei der Abwägung nach § 254 BGB dem Kausalbeitrag eines "Zweitschädigers" gegenübertritt, dessen haftungsbegründender Tatbeitrag hernach zu der bereits bestehenden Gefahrenlage hinzugetreten ist.
2. Zwischen einem in der Zurechnungseinheit stehenden "Erstschädiger" und dem außerhalb stehenden "Zweitschädiger" kommt ein Gesamtschuldnerausgleich nicht in Betracht.
3. Zur Abgrenzung der arbeitnehmerähnlichen Eingliederung in ein Unternehmen nach § 539 II RVO i.V. mit § 539 I Nr. 1 RVO von der Hilfeleistung in gemeiner Gefahr i.S. von § 539 I Nr. 9a RVO.



Zum Sachverhalt:

Die Kl. nimmt den Bekl. zu 1 als Fahrer und die Bekl. zu 2 als Haftpflichtversicherer eines vom Bekl. zu 1 gesteuerten Pkw, eines Taxifahrzeuges, auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 12. 12. 1986 in Anspruch. An diesem Tage begab sich die Kl. zur A-Kaserne in K., um dort den Zeugen B abzuholen, der zur Rückfahrt sein eigenes Fahrzeug benutzen wollte. Als dieses nicht ansprang, schoben B und ein weiterer Helfer A gegen 18.15 Uhr den wegen der leeren Fahrzeugbatterie gänzlich unbeleuchteten Pkw auf der N-Straße zunächst etwa 200 m bergab in Richtung B., um ihn so in Gang zu setzen. Kurz vor Erreichen einer Gleisanlage gaben sie diesen Versuch auf, wendeten das Fahrzeug und wollten es nunmehr bergan zurück zur Kaserne schieben. Hierzu baten sie die Kl. um Mithilfe. Zusammen mit B schob die Kl. daraufhin das Fahrzeug von hinten, während der weitere Helfer A in Höhe der Fahrertür schob und lenkte. Zur gleichen Zeit näherte sich der Bekl. zu 1 mit dem von ihm gesteuerten Taxi auf der N-Straße dem geschobenen Pkw von hinten. Der Bekl. zu 1, der zunächst eine Linkskurve durchfahren mußte, erkannte den unbeleuchteten Pkw des B und die ihn schiebenden Personen erst, als er die in einer Senke liegenden Gleisanlagen überquerte. Er fuhr trotz sofortigen Bremens von hinten auf den Pkw des B auf. Dabei wurde die Kl. zwischen beiden Fahrzeugen eingeklemmt und erheblich verletzt. Die Kl. ist der Ansicht, der Bekl. zu 1 habe den Unfall schuldhaft verursacht, da er für die Verhältnisse zu schnell gefahren sei. Sie begehrt die Zahlung von Schmerzensgeld und Ersatz bezifferten materiellen Schadens sowie die Feststellung der Einstandspflicht der Bekl. für alle zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden.
Das LG hat unter Zugrundelegung eines Mitverursachungsanteils der Kl. von 20 % ein Schmerzensgeldkapital von 16000 DM sowie eine monatliche Schmerzensgeldrente von 240 DM für angemessen erachtet, die Bekl. zur Zahlung materiellen Schadensersatzes in Höhe von 5024,64 DM verurteilt und dem Feststellungsbegehren mit einer Haftungsquote der Bekl. von 80% entsprochen. Auf die Berufungen beider Parteien hat das OLG,das nur von einem Haftungsanteil der Bekl. von 40 % ausgeht, ein Schmerzensgeldkapital von 35000 DM - unter Abweisung des Antrags auf Schmerzensgeldrente - sowie materiellen Schadensersatz in Höhe von 6332,32 DM zugesprochen; dem Feststellungsantrag der Kl. hat es zu 40 % stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Kl. ihr hierüber hinausgehendes Schadensersatzbegehren mit Ausnahme des Antrags auf Schmerzensgeldrente weiter. Die Anschlußrevision der Bekl. ist auf eine Reduzierung ihrer Schadensersatzverpflichtung auf der Grundlage eines Haftungsanteils von nur 25 % gerichtet. Das Rechtsmittel der Kl. hatte Erfolg und führte zur teilweisen Aufhebung und Zurückverweisung; die Anschlußrevision der Bekl. wurde zurückgewiesen.

Aus den Gründen:

I. Das BerGer. bewertet in Übereinstimmung mit dem LG den der Kl. persönlich anzulastenden Mitverursachungsanteil am Unfallgeschehen mit 20 %. Den Bekl. zu 1 treffe am Zustandekommen des Unfalls das weitaus überwiegende Verschulden, da ihm ein schwerwiegender Verstoß gegen das Gebot des Fahrens auf Sicht und eine den Verhältnissen nicht angepaßte Fahrgeschwindigkeit vorzuwerfen sei. Demgegenüber wiege das Verschulden der Kl. weniger schwer, auch wenn sie grob leichtfertig ein unbeleuchtetes Fahrzeug im Verkehr geschoben habe; es sei hier zu berücksichtigen, daß sie um Hilfe gebeten worden sei, nachdem der Pkw bereits vorher an gefährlicher Stelle ohne Beleuchtung liegengeblieben sei. Bei der Haftungsverteilung sei der Kl. jedoch darüber hinaus noch eine den Zeugen Btreffende Haftungsquote von 40% zuzurechnen. Dieser habe die Gefahr dadurch verursacht, daß er sein unbeleuchtetes Fahrzeug ohne ausreichende Sicherung über einen längeren Zeitraum hinweg in den Verkehr gebracht habe; hierfür müsse er gem. § 7 StVG einstehen. Die Belastung der Kl. auch mit diesem Haftungsanteil ergebe sich aus den Grundsätzen über das gestörte Gesamtschuldverhältnis. Die Kl. habe beim Schieben des Fahrzeugs des Bfür diesen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit i.S. des § 539 II i.V. mit I Nr. 1 RVO ausgeführt, so daß für sie zwar gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bestehe, ihre zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche gegen B jedoch gem. § 636 RVO ausgeschlossen seien. Unter diesen Umständen könne die Kl. die außerhalb des Sozialversicherungsverhältnisses stehenden Bekl. insoweit nicht in Anspruch  nehmen, als der für diesen Unfall ebenfalls verantwortliche Zeuge B ohne seine Haftungsfreistellung im Verhältnis zu den Bekl. für den Schaden aufkommen müßte. Der Kl. stehe deshalb im Ergebnis, auch hinsichtlich des Schmerzensgeldes, ein Ersatzanspruch nur in Höhe eines Haftungsanteils von 40 % zu.
II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision der Kl. nicht stand; die vom OLG zuungunsten der Kl. vorgenommene Zurechnung einer den Zeugen B treffenden Haftungsquote von 40 % ist nicht frei von Rechtsfehlern. Die Anschlußrevision der Bekl. hat keinen Erfolg; die von ihr begehrte Belastung der Kl. mit einem Verursachungsanteil von mehr als 60 % kommt aus Rechtsgründen nicht in Betracht.
1. Die Auffassung des BerGer., der Kl. müsse über den ihr angelasteten eigenen Verursachungsanteil am Unfallgeschehen von 20 % hinaus noch eine weitere Haftungsquote, nämlich diejenige des Zeugen B in Höhe von 40 %, nach den Grundsätzen über das gestörte Gesamtschuldverhältnis anspruchsmindernd zugerechnet werden, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Das BerGer. geht zwar zutreffend von dem rechtlichen Ansatz aus, daß dann, wenn der Zeuge B einerseits nach den Normen des Zivilrechts an sich der Kl. gesamtschuldnerisch mit den Bekl. auf Schadensersatz haften würde, ihm andererseits aber im Verhältnis zur Kl. das Haftungsprivileg des § 636 I RVO zugute käme, ein gestörtes Gesamtschuldverhältnis zu bejahen wäre, das zu einer Beschränkung der Haftung des Bekl. zu 1 (und damit auch der Zweitbekl.) als sog. "außenstehenden Zweitschädiger" auf denjenigen Anteil führen würde, der im Verhältnis zum privilegierten "Erstschädiger" (dem Zeugen B) auf ihn entfiele, wenn der Ausgleich nach § 426 BGB nicht durch das Haftungsprivileg verhindert würde (st.Rspr., vgl. z.B. die Senatsurteile in BGHZ61, 51 (55) = NJW 1973, 1648 = LM § 636 RVO (L) Nr. 7; BGHZ 94, 173 (176) = NJW 1985, 2261 = LM § 426 BGB Nr. 66; BGHZ 110, 114 (117) = NJW 1990, 1361 = LM § 426 BGB Nr. 83 m.w. Nachw.).
b) Diese Voraussetzungen liegen hier entgegen der Auffassung des BerGer. jedoch unter mehreren rechtlichen Gesichtspunkten nicht vor.
aa) Es kann dahinstehen, ob sich, wovon das BerGer. ausgeht, eine Schadensersatzhaftung des Zeugen B gegenüber der Kl. auf § 7 I StVG gründen läßt. Zutreffend ist insoweit im Berufungsurteil ausgeführt, das Unfallgeschehen habe sich bei dem Betrieb des Fahrzeugs des Zeugen B ereignet; auch der liegengebliebene und fahruntüchtige Pkw bleibt so lange im Betrieb i.S. von § 7 I StVG, als er, wie dies vorliegend der Fall ist, aufgrund seines Standortes Gefahren für den fließenden Verkehr hervorrufen kann (vgl. Senatsurteile BGHZ 29, 163 (166f.) = NJW 1959, 627 = LM § 7 StVG Nr. 22; NJW-RR 1995, 215 = LM H. 4/1995 § 823 (Dc) BGB Nr. 198 = VersR 1995, 90 (92) m.w. Nachw.). Jedoch kommt vorliegend im Hinblick auf § 8 StVG ein Ausschluß der Haftung aus § 7 I StVG in Betracht. Dies kann hier aber offenbleiben, da sich ein Anspruch der Kl. gegen B jedenfalls aus § 823 I BGB herleiten läßt.
bb) Erheblichen Bedenken begegnet hingegen die Auffassung des BerGer., der Zeuge B könne sich gegenüber einer Inanspruchnahme durch die Kl. auf das Privileg des § 636 I RVO berufen. Die Revision weist zu Recht darauf hin, daß auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden kann, die Kl. sei als "Pannenhelferin" i.S. des § 539 II i.V. mit § 539 I Nr. 1 RVO in das in der Kraftfahrzeughaltung bestehende "Unternehmen" (vgl. § 658 II Nr. 2 RVO) des Zeugen B eingegliedert gewesen, als sie das Fahrzeug im Unfallzeitpunkt geschoben hat. Vielmehr spricht alles dafür, daß die Kl. hier gem. § 539 I Nr. 9a RVO in gemeiner Gefahr Hilfe geleistet hat, als es zum Unfall kam.
Nach den Feststellungen im Berufungsurteil wurde die Kl. hier zu einem Zeitpunkt tätig, als es nur noch darum ging, das unbeleuchtete Fahrzeug wieder von der Straße zu entfernen; die Kl. wurde erst um Hilfe gebeten, als sich der funktionsuntüchtige Pkw, dessen elektrische Anlage vollkommen ausgefallen war, bei Dunkelheit im Bereich einer gefährlichen Stelle auf der Straße befunden hatte, so daß eine sofortige Beseitigung dieses Verkehrshindernisses notwendig war, um Gefahren vom fließenden Verkehr abzuwenden. Die Tätigkeit des Wegschiebens war daher objektiv auf die Beseitigung einer gemeinen Gefahr gerichtet; auf der Grundlage dieser Feststellungen ist auch davon auszugehen, daß die Kl. subjektiv wesentlich von der Vorstellung bestimmt war, auf die Ausschaltung eines gemeingefährlichen Zustands hinzuwirken.
cc) Zwar ist der Versicherungsschutz aus § 539 I Nr. 9a RVO im Verhältnis zu demjenigen nach § 539 I Nr. 1  und § 539 II RVO subsidiär (vgl. Senatsurteil BGHZ 129, 195 (199) = NJW 1995, 2078); Unfallversicherungsschutz nach Nr. 9a des § 539 I RVO ist daher nur gegeben, wenn die unfallbringende Tätigkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht schon nach anderen gesetzlichen Vorschriften, insbesondere nach § 539 I Nr. 1  und § 539 II RVO versichert ist (vgl. BSGE 68, 119 (121) m.w. Nachw.; BSG, NJW 1993, 1030). Dies bedeutet aber nicht, daß dann, wenn die zur Abwehr einer gemeinen Gefahr geleistete Hilfe zugleich auch einem einzelnen Unternehmen, wie hier der Kraftfahrzeughaltung des Zeugen B, zugute kommt, stets die Anwendung des § 539 I Nr. 9a RVO ausgeschlossen wäre. Vielmehr muß in einem derartigen Fall entscheidend darauf abgestellt werden, ob etwaige Umstände, die für einen  Versicherungsschutz nach § 539 II i.V. mit I Nr. 1 RVO in Betracht zu ziehen sind, nach den Gegebenheiten des Sachverhalts, insbesondere mit Blick auf die Motive des Handelnden, von derart untergeordneter Bedeutung sind, daß sie als rechtlich unerheblich unberücksichtigt zu bleiben haben (vgl. Senat, NJW-RR 1990, 1174 = LM § 539 RVO Nr. 12 = VersR 1990, 995 (997) m.w. Nachw.; BSG, SozialR, 2. Folge, § 539 RVO Nr. 116, S. 328 (332)). Auf dieser Grundlage kann eine gebotene Abwägung gerade in einem Fall, in welchem Hilfe bei dem Wegschieben eines eine Verkehrsgefahr bildenden liegenbebliebenen Pkw geleistet wird, dazu führen, daß § 539 I Nr. 9a RVO - und nicht § 539 I Nr. 1 i.V. mit § 539 II RVO - zur Anwendung kommt (vgl. BSG, SozR, 3. Folge, § 539 RVO Nr. 19, S. 69 (70f.)).
dd) Auch im vorliegenden Fall liegt es im Hinblick auf die dargelegten, den im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen zu entnehmenden Sachverhaltsumstände sehr nahe, daß die Hilfeleistung der Kl. i.S. des § 539 I Nr. 9a RVO objektiv in erster Linie und weit überwiegend der Beseitigung einer durch den liegengebliebenen Pkw des Zeugen B drohenden Verkehrsgefahr diente und subjektiv von einer dahingehenden Motivation der Kl. getragen war, so daß die damit zugleich verwirklichte Unterstützung des "Betriebs Kraftfahrzeughaltung" des Zeugen B nur von untergeordneter und hinter den Hauptzweck der Tätigkeit zurücktretender Bedeutung war. Eine solche den Versicherungsschutz nach § 539 I Nr. 9a RVO auslösende Hilfeleistung könnte jedoch nicht zu einer Haftungsprivilegierung des Zeugen B gem. § 636 I RVO führen (vgl. dazu Senat, NJW 1981, 760 = LM § 539 RVO Nr. 5 = VersR 1981, 260 (261); NJW-RR 1990, 1174 = LM § 539 RVO Nr. 12 = VersR 1990, 995 (996) m.w. Nachw.).
c) Letztlich kann die Frage einer Eingliederung der Kl. i.S. des § 539 II RVO i.V. mit § 539 I Nr. 1 RVO in das "Unternehmen" des Zeugen B jedoch offenbleiben. Denn unabhängig davon, ob eine Haftungsprivilegierung des Zeugen B nach § 636 I RVO eingreift oder nicht, kann auf die Grundsätze zum gestörten Gesamtschuldverhältnis hier schon deshalb nicht zurückgegriffen werden, weil zwischen der Kl. als Geschädigter und dem Zeugen Bals "Erstschädiger" eine Zurechnungseinheit im Sinne der Rechtsprechungsgrundsätze zur Haftungseinheit besteht. Dies führt dazu, daß für den Verantwortungsbeitrag der Kl. und des B am Unfallgeschehen den Bekl. gegenüber eine einheitliche Quote festzusetzen ist, so daß ein im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB vorzunehmender Haftungsrückgriff der Bekl. gegenüber dem Zeugen B von vornherein und unabhängig von der Frage der Haftungsprivilegierung aus § 636 I RVO nicht in Betracht kommt. Diese einheitliche Haftungsquote darf nicht dadurch gewonnen werden, daß für die Kl. einerseits, für den Zeugen B andererseits zunächst getrennt ermittelte Haftungsanteile addiert werden.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats bilden im Rahmen der Abwägung der Verursachungsanteile unter mehreren Unfallbeteiligten diejenigen für die Feststellung der auf sie entfallenden Quote eine Einheit, deren Verhalten sich im wesentlichen in ein und demselben zum Unfall führenden Ursachenbeitrag ausgewirkt hat, bevor der von einem oder mehreren anderen Beteiligten zu vertretende Kausalverlauf hinzugetreten ist. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn die Verhaltensweisen mehrerer Schädiger zu einem einheitlichen unfallursächlichen Umstand geführt haben (Haftungseinheit, vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 54, 283 (285) = NJW 1971, 33 = LM § 840 BGB Nr. 12; NJW-RR 1989, 918 = LM § 67 VVG Nr. 57 = VersR 1989, 730 (731); NJW 1995, 1150 = LM H. 5/1995 § 276 (Bb) BGB Nr. 13 = VersR 1995, 427 (429)). Zum andern können jedoch aus entsprechenden Gründen auch der Geschädigte und einer der Schädiger als Einheit einem anderen Schädiger  gegenüberstehen (Zurechnungseinheit oder Tatbeitragseinheit, vgl. z.B. Senatsurteile BGHZ 61, 213 (218) = NJW 1973, 2022 = LM § 254 (F) BGB (L) Nr. 14; BGH, LM § 823 (Dc) BGB Nr. 94 = VersR 1974, 1127 (1129); NJW 1978, 2392 = LM § 426 BGB Nr. 46 = VersR 1978, 735 (736); NJW 1983, 623 = LM § 254 (F) BGB Nr. 22 = VersR 1983, 131). Letzteres ist dann der Fall, wenn die vom "Erstschädiger" und dem Geschädigten zu verantwortenden Kausalbeiträge im wesentlichen deckungsgleich erscheinen, weil sie gemeinsam eine bereits gefahrbringende Verkehrslage geschaffen haben, zu der dann erst der weitere Schadensbeitrag des zweiten Schädigers hinzugetreten ist. Durch die Rechtsfigur der Haftungs- bzw. Zurechnungseinheit soll vermieden werden, daß im wesentlichen identische Verursachungsfaktoren zum Nachteil eines der Beteiligten doppelt zum Ansatz kommen (vgl. Senat, NJW 1995, 1150 = LM H. 5/1995 § 276 (Bb) BGB Nr. 13 = VersR 1995, 427 (428) m.w. Nachw.).
bb) Aufgrund der im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen einer derartigen Zurechnungseinheit hinsichtlich der Verursachungsbeiträge der Kl. einerseits, des Zeugen B andererseits zu bejahen. Die tatsächlichen Umstände, die eine Mitverantwortlichkeit dieser beiden Beteiligten für das Unfallgeschehen begründen, haben zu einer einheitlichen, nicht trennbaren Gefahrenlage geführt, nämlich dem Schieben des nicht fahrbereiten unbeleuchteten Pkw auf der Fahrbahn einer Verkehrsstraße bei Dunkelheit. Alle wesentlichen Elemente der Verantwortlichkeit für diese Gefahrenlage trafen die Kl., die das Fahrzeug ohne jede Sicherung von hinten geschoben hat, und den Zeugen B, der als für den Pkw Verantwortlicher die Kl. zum Schieben mitveranlaßt hat, in im wesentlichen identischer Weise. Erst danach trat der Ursachenbeitrag des Bekl. zu 1 zum Unfallgeschehen hinzu, als dieser auf den Pkw und die ihn schiebende Kl. aufgrund verkehrswidrigen Verhaltens von hinten auffuhr.
Bei einer solchen Sachlage durfte das BerGer. im Verhältnis zu den Bekl. keine separaten Haftungsquoten für die Kl. einerseits, den Zeugen B andererseits festsetzen. Vielmehr muß, da für die an den Ursachenbeiträgen der Beteiligten ausgerichtete Haftungsabwägung neben den Bekl. zu 1 nur die aus der Kl. und dem Zeugen B bestehende Zurechnungseinheit tritt, im Verhältnis zwischen dem Bekl. zu 1 als außenstehendem Schädiger und dieser Einheit für letztere eine einheitlich zu bemessende Quote bestimmt werden. Diese darf nicht aus einer Addition zunächst für die Kl. und den Zeugen B getrennt ermittelter "Ausgangsanteile" resultieren. Denn der haftungsrechtlich gemeinsame Verursachungsanteil dieser beiden Beteiligten darf die Bekl. nur einmal entlasten. Die vom BerGer. vorgenommene Summierung getrennter Haftungsquoten bedeutet eine unzulässige doppelte Berücksichtigung im wesentlichen identischer Kausalbeiträge (vgl. hier auch Senat, NJW-RR 1989, 918 = LM § 67 VVG Nr. 57 = VersR 1989, 730 (732)).
cc) Die Zurechnungseinheit zwischen der Kl. und dem Zeugen B hat weiter zur Folge, daß zwischen den Bekl. und dem Zeugen B ein Gesamtschuldnerausgleich von vornherein nicht in Betracht kommt. Denn der Haftungsanteil des Zeugen B ist - eben wegen der Zurechnungseinheit - bereits bei der Bemessung der Schadensersatzverbindlichkeit des Bekl. zu 1 gegenüber der Kl. in vollem Umfang zu berücksichtigen. Die Bekl. sind auf diese Weise bereits in der gebotenen Weise von dem auf B entfallenden Verursachungsbeitrag entlastet. Für einen weiteren, auf § 426 BGB gestützten Ausgleichsanspruch gegenüber dem Zeugen B ist daher, unabhängig von der oben erörterten Frage einer Haftungsprivilegierung nach § 636 I RVO, bereits aus schadensrechtlichen Gründen kein Raum (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 213 (219) = NJW 1973, 2022 = LM § 254 (F) BGB (L) Nr. 14; BGH, NJW 1978, 2392 = LM § 426 BGB Nr. 46 = VersR 1978, 735 (736); s. auch Senat, NJW-RR 1989, 918 = LM § 67 VVG Nr. 57 = VersR 1989, 730 (732)).
d) Da bei dieser Sachlage die Heranziehung der Grundsätze zum gestörten Gesamtschuldverhältnis auf den vorliegenden Fall ausscheidet und die vom BerGer. zu Lasten der Kl. vorgenommene Addition zweier separater für die Kl. einerseits, für den Zeugen B andererseits festgesetzter Haftungsanteile sich als rechtsfehlerhaft erweist, kann das Berufungsurteil, soweit es von der Revision der Kl. angefochten ist, keinen Bestand haben. Da die Beurteilung des BerGer. auf der unzulässigen doppelten Berücksichtigung identischer Verursachungsbeiträge zu Lasten der Kl. beruht, kommt - entgegen der Revisionserwiderung - eine Betrachtung dahin, der für die Zurechnungseinheit gemeinsam festzusetzende Verursachungsanteil sei aufgrund der getroffenen Feststellungen jedenfalls im Ergebnis in Übereinstimmung mit der im Berufungsurteil der Kl. zugerechneten Gesamtquote mit 60 % zu bewerten, nicht in Betracht.
e) Die fehlerhafte Ermittlung der Haftungsanteile durch das BerGer. erfaßt sämtliche von der Revision angegriffenen Schadenspositionen, auch das im Berufungsurteil zugesprochene Schmerzensgeldkapital. Entgegen der Revisionserwiderung muß es insoweit nicht bereits im Hinblick auf den Umfang der Berufungsanträge der Kl. bei dem vom BerGer. festgesetzten Betrag verbleiben. Das BerGer. ist nicht gehindert, die Bemessung des Schmerzensgeldes an dem Rahmen auszurichten, der durch eine Zusammenrechnung der im landgerichtlichen Urteil zuerkannten Kapital- und Rentenbeträge abgesteckt ist und der Höhe nach durch das im angefochtenen Berufungsurteil ausgeworfene Schmerzensgeld nicht ausgeschöpft ist.
2. Die Anschlußrevision der Bekl., mit der sie die Belastung der Kl. mit Haftungsanteilen von zusammengenommen 75 %, somit mehr als den im Berufungsurteil zugrunde gelegten insgesamt 60 % begehren, hat keinen Erfolg.
Die vom BerGer. vorgenommene Haftungsverteilung hat zwar - wie dargelegt - zu einer aus Rechtsgründen nicht haltbaren zu hohen Belastung der Kl. geführt; hingegen vermag die Anschlußrevision keine durchgreifenden Rechtsfehler aufzuzeigen, die dem BerGer. bei den einzelnen Bewertungskriterien der Verursachungsbeiträge der Beteiligten zu Lasten des Bekl. zu 1 unterlaufen sein und im Rahmen der beschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung der tatrichterlichen Abwägungsüberlegungen (vgl. dazu Senat, NJW-RR 1988, 1373 = LM § 254 (F) BGB Nr. 27 = VersR 1988, 1238 (1239); NJW-RR 1993, 480 = LM H. 8/1993 § 489 HaftpflG 1978 Nr. 17 = VersR 1993, 442; NJW 1995, 1150 = LM H. 5/1995 § 276 (Bb) Nr. 13 = VersR 1995, 427 (428)) dazu führen könnten, die Bewertung des Haftungsanteils der Bekl. mit jedenfalls 40 % zu beanstanden.
a) Das BerGer. hat die durch das Inverkehrbringen und Schieben des unbeleuchteten und ungesicherten Fahrzeugs bei Dunkelheit auf einer Verkehrsstraße geschaffene erhebliche Gefahrenlage hinreichend in seine Erwägungen einbezogen und ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, daß diese Gefahr durch eine grob leichtfertige Verhaltensweise der Kl. und des Zeugen B herbeigeführt worden ist; es war nicht gehalten, darüber hinaus im einzelnen zu strafrechtlich relevanten Verhaltensweisen dieser Beteiligten Stellung zu nehmen. Nicht zu beanstanden ist des weiteren angesichts der in der gegebenen Situation drohenden ganz erheblichen Gefahren die Bewertung, der dem Bekl. zu 1 anzulastende Verstoß gegen das Gebot des Fahrens auf Sicht stelle eine schwerwiegende Verkehrswidrigkeit dar. Entgegen der Auffassung der Anschlußrevision vermag der Senat in den Überlegungen, die das BerGer. der Bewertung der Fahrweise des Bekl. zu 1 zugrunde gelegt hat, weder Widersprüche noch revisionsrechtlich relevante Fehlbeurteilungen zu erkennen. Gleiches gilt auch hinsichtlich der Bewertungen, die das BerGer. dem Verhalten der Kl. hat angedeihen lassen.
b) Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Anschlußrevision, das BerGer. habe seinen Ausführungen Kenntnisse über die Unfallörtlichkeit zugrunde gelegt, die nicht prozeßordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt worden seien. Die diesbezüglichen Feststellungen im Berufungsurteil werden hinreichend durch den erhobenen Zeugenbeweis, die eigenen Einlassungen des Bekl. zu 1 und die Erkenntnisse des BerGer. aus den beigezogenen Akten des Zivilrechtsstreits vor dem AG B. getragen.