NJW 1997, 936
ZIP 1997, 245
WM 1997, 478
LM § 185 BGB Nr. 40
DB 1997, 768
MDR 1997, 340
VIZ 1997, 237
RPfleger 1997, 207
NJ 1997, 307
Zentrales Problem:
s. Anm. zu BGHZ 106, 108
Amtl. Leitsätze:
Die Auflassung enthält dann keine Ermächtigung an den Käufer, das Grundstück ohne Zwischeneintragung an einen Dritten zu veräußern, wenn der Erwerb des Dritten einer vertraglichen Zweckbestimmung zuwiderliefe.
Der Vater des Kl. war Eigentümer eines 8,88
ar großen Grundstücks in G. Er wurde von der Mutter und den
Kindern beerbt. Einige der Kinder wurden auch Erben der Mutter. Am 11.
3. 1994 setzten sich die Geschwister dahin auseinander, daß das Grundstück
dem Kl. zugewiesen wurde. Die Auflassung an ihn ist erfolgt, ihrem Vollzug
steht noch die Eintragung der Bekl. als Eigentümerin im Grundbuch
entgegen. Das Grundstück war 1963 unter "vorläufige Verwaltung
durch den Rat der Gemeinde gem. § 6 der Verordnung vom 17. 7. 1952"
gestellt worden. Am 2. 5. 1991 beschloß der Gemeinderat von G., volkseigene
Grundstücke zum Verkehrswert für Wohnzwecke zu veräußern.
Dabei sollten "Bürger mit bestehenden Miet- oder Pachtverträgen
sowie Antragsteller der Gemeinde" ein Vorkaufsrecht haben. Mit notariellem
Vertrag vom 19. 11. 1991 verkaufte die Gemeinde, vertreten durch die Bürgermeisterin,
das Grundstück an die damaligen Nutzer, die Eheleute B, zum Preis
von 77256 DM. Die Auflassung wurde erklärt, eine Vormerkung zugunsten
der Eheleute wurde in das Grundbuch eingetragen. Am 28. 11. 1991 verkauften
die Eheleute das Grundstück an die Bekl., die nicht zum Kreis der
im Gemeinderatsbeschluß genannten Personen gehörte; die Bekl.
übernahm die Kosten und Steuern beider Verträge. Der beurkundete
Kaufpreis betrug 88250 DM. Die Auflassung wurde erklärt, die Eheleute
B traten den Anspruch auf Eigentumsverschaffung gegen die Gemeinde an die
Bekl. ab. Der Kl. hat behauptet, das Grundstück sei unter Umgehung
des Beschlusses des Gemeinderats zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden
Preis an die Bekl. verschleudert worden. Die Übereignung sei deshalb
nichtig. Er hat beantragt, die Bekl. zu verurteilen, der Berichtigung des
Grundbuchs zu seinen Gunsten zuzustimmen.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Das OLG hat
sie abgewiesen und die Anschlußberufung des Kl., mit der er die Berichtigung
zugunsten einer Erbengemeinschaft, bestehend aus ihm und seinen Geschwistern
verlangte, zurückgewiesen. Die Revision des Kl. hatte Erfolg.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. meint, die Bekl. habe "Eigentum
an dem Grundstück von der Erbengemeinschaft ... erlangt, weil sie
von den Vormerkungsberechtigten (scil. Eheleuten B) diese Rechtsposition
erlangt und am 14. 9. 1992 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen
worden ist". Danach hätte die Bekl. indessen nur Inhaberin des Anspruchs
der Eheleute gegen die Gemeinde auf Eigentumsverschaffung und der, allerdings
erst später in das Grundbuch eingetragenen, Vormerkung werden können.
Das Eigentum der beiden Erbengemeinschaften, nach dem Vater und nach der
Mutter des Kl., wäre hierdurch nicht berührt worden. Damit entfällt
die Grundlage des Berufungsurteils.
II. Dieses kann auch nicht mit anderer Begründung
aufrechterhalten bleiben.
1. Die Auflassung des Grundstücks an die
Eheleute B durch die nach §§ 11, 15 VermG verfügungsbefugt
gewesene Gemeinde hatte keine Auswirkung auf das Eigentum der Erben. Denn
sie war nicht durch Eintragung der Erwerber in das Grundbuch vollzogen
worden (§ 873 BGB).
Die Weiterauflassung des Grundstücks durch
die Eheleute an die Bekl. war unwirksam, da die Veräußerer nicht
Inhaber des aufgelassenen Rechts und auch nicht im Grundbuch als solche
eingetragen waren; sie haben das Recht auch nicht mit Zustimmung der Gemeinde
auf die Bekl. übertragen (§ 185 BGB). Allerdings entspricht es
der vorherrschenden Meinung, daß in der Auflassung für den Empfänger
regelmäßig die Ermächtigung liegt, als Nichtberechtigter
über das Grundstück zu verfügen (vgl. z.B.RGZ 89, 152 (157);
129 150 (153); 135, 378 (382); BGHZ 106, 108 (112) = NJW 1989, 1093 = LM
§ 79 GBO Nr. 7). Dies ist aber eine Frage der Auslegung, welche im
allgemeinen davon ausgehen kann, daß es dem Willen des Auflassenden
nicht widerspricht, wenn für den Fall der Weiterveräußerung
der Umweg der Zwischeneintragung des Auflassungsempfängers vermieden
wird. Sofern sich aus den Umständen anderes ergibt, etwa weil die
Rechtsstellung des Auflassenden durch die Weiterauflassung berührt
würde, kann dies nicht gelten (vgl. RGZ 129, 150 (153); KG, JFG 2,
316 (318ff.); BayObLG, NJW 1971, 514; OLG Düsseldorf, OLGZ 1980, 343).
So liegen die Dinge hier; der Senat kann dies
- selbst - der Auflassungserklärung der Gemeinde entnehmen, denn weitere
tatsächliche Feststellungen sind nicht zu erwarten (BGHZ 65, 107 (112)
= NJW 1976, 43 = LM Allg. Geschäftsbedingungen Nr. 79a; BGHZ 121,
284 (289) = NJW 1993, 1532 = LM H. 9/1993 Berufsunfähigkeitszusatzvers.
Nr. 19): Aufgrund der in den Vertrag vom 19. 11. 1991 aufgenommenen Zweckbestimmung
waren die Käufer (B) verpflichtet, das Grundstück innerhalb einer
bestimmten Frist mit einem Eigenheim zu bebauen. Für den Fall der
unberechtigten Weiterveräußerung an einen Dritten war der Gemeinde
das Recht eingeräumt, die Rückauflassung zu verlangen. Dieses
Recht bestand bis 31. 12. 1994 und sollte durch eine Rückauflassungsvormerkung
gesichert werden. Diese war zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung
an die Bekl. noch nicht im Grundbuch eingetragen. Eine Weiterveräußerung
des Grundstücks in unbebautem Zustand wäre der vertraglichen
Zweckbestimmung zuwidergelaufen. Es kann, selbst wenn die Sicherung des
Rückerwerbsrechts ... bereits eingetreten gewesen wäre, nicht
davon ausgegangen werden, daß die Gemeinde hierzu ihre Hand geliehen
hätte. Schon gar nicht kann ihre Bereitschaft, die Weiterveräußerung
durch ihre Zustimmung zu ermöglichen, für einen Zeitpunkt unterstellt
werden, zu dem der Vorrang der Rückauflassungsvormerkung gegenüber
dem Eigentum des Zweiterwerbers noch nicht gesichert war. Die Rückauflassungsvormerkung
wurde am 15. 9. 1992, einen Tag nach dem Eigentum der Bekl., in das Grundbuch
eingetragen. Sie hätte mithin, wäre dieses wirksam begründet
worden, ihm gegenüber Nachrang besessen (§ 879 I 2 BGB). Etwas
anderes könnte nur gelten, wenn der Entschluß der Eheleute B,
das Grundstück unmittelbar an die Bekl. weiterzuveräußern,
der Vertreterin der Gemeinde bekannt gewesen und von dieser gebilligt worden
wäre. Hierfür bietet das Berufungsurteil aber keine Grundlage.
Mit der Gegenrüge, bei der Auslegung müsse
dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die Gemeinde von dem Rückerwerbsrecht
keinen Gebrauch gemacht hat, dringt die Bekl. nicht durch. Für die
Auslegung, wie die Eheleute B als Empfänger der Auflassungserklärung
der Gemeinde diese verstehen mußten, können erst nach deren
Zugang eingetretene Umstände nicht berücksichtigt werden (Senat,
NJW 1988, 2878 = LM § 133 (B) BGB Nr. 30). Zudem hätte ein Rückauflassungsverlangen
der Gemeinde wegen des Nachrangs der hierfür bestellten Vormerkung
hinter der Buchposition der Bekl. nicht die Möglichkeit eröffnet,
der Zweckverfehlung abzuhelfen. Sein Unterbleiben könnte mithin keine
Grundlage für Schlußfolgerungen im Sinne der Bekl. abgeben.
2. Die Bekl. kann dem Berichtigungsbegehren keinen
gegen die Erben gerichteten Anspruch auf Übertragung des Eigentums
an dem streitigen Grundstück entgegensetzen. Die Gemeinde ist bei
dem Verkauf an die Eheleute B im eigenen Namen als "eingetragene Eigentümerin"
aufgetreten. Auch wenn, wovon vorstehend zugunsten der Bekl. ausgegangen
wurde, dies einer Verfügung über das Grundstück als Verwalterin
(§§ 11, 15 VermG) nicht entgegenstand, ist eine Pflicht der Erben
zur Eigentumsverschaffung durch den Vertrag vom 19. 11. 1991 nicht begründet
worden. Durch die Abtretung der Rechte aus diesem Vertrag konnte die Bekl.
mithin keinen Anspruch gegen die Erben erwerben.
3. Berichtigung zu seinen Gunsten kann der Kl.
allerdings nicht verlangen, da der Eigentumserwerb aufgrund des Auseinandersetzungsvertrags
vom 11. 3. 1994 noch nicht abgeschlossen ist. Wohl aber ist er als Miterbe
befugt, das Recht der Erbengemeinschaften auf Berichtigung des Grundbuchs
geltend zu machen (§§ 2039, 894 BGB; BGHZ 44, 367 = NJW 1966,
773 = LM § 2039 BGB Nr. 7).
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