Vertragsaufhebung als Schadensersatz
aus culpa in contrahendo ("Fahrlässige Täuschung"): Konkurrenz
von §§ 123, 124 BGB zur c.i.c.
BGH, Urteil
v. 19.12.1997 - V ZR 112/96 (München)
Fundstelle:
NJW 1998, 898
Zentrales Problem:
siehe Anm. zu BGH NJW 1998,
302
Amtl. Leitsatz:
Zum Vertrauensschaden des Käufers bei Unterbleiben
der Aufklärung über die Sozialbindung der gekauften Wohnung und
im Falle der unzutreffenden Angabe des Verkäufers, die Mieterträge
und Steuerersparnisse machten die laufenden Unkosten der Finanzierung wett
(im Anschluß an Senat, NJW 1998, 302 =
LM H.4/1998 § 249a BGB Nr.113).
Zum Sachverhalt:
Die Bekl. (frühere Bekl. zu 1) war Eigentümerin
einer Reihe renovierungsbedürftiger, damals der Sozialbindung unterliegender
Wohnungen. Sie vertrieb diese Wohnungen in einem "Altbau-Sanierungsmodell",
für das sich der Ehemann der Kl. durch ein an seinem Wohnort tätiges
Unternehmen gewinnen ließ. Er schloß mit der früheren
Bekl. zu 2 einen Treuhandvertrag und, vertreten durch diese, mit der Bekl.
am 14.6. 1989 einen Kaufvertrag über eine der Wohnungen ab. Den Kaufpreis,
den Sanierungsaufwand und die durch das "Modell" verursachten Unkosten
finanzierte er mit Fremdmitteln. Er nahm hierzu ein Darlehen über
107000 DM auf, das aus einer gleichzeitig abgeschlossenen Lebensversicherung
getilgt werden sollte. Die Kl. verlangt aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns
Schadensersatz. Sie hat vorgetragen, diesem sei die Sozialbindung, die
zur Unverkäuflichkeit der Wohnung geführt habe, verschwiegen
worden. Außerdem sei ihm vorgespiegelt worden, daß das Geschäft
im Hinblick auf Mieteinnahmen und Steuerersparnisse "plus/minus null aufgehe".
Die Kl. hat beantragt, die Bekl. und die frühere Bekl. zu 2 gesamtschuldnerisch
zur Zahlung von 107000 DM nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rückübertragung
des Wohnungseigentums zu verurteilen sowie deren Verpflichtung festzustellen,
jeden darüber hinausgehenden Schaden zu ersetzen.
Das LG verurteilte die Bekl. (im wesentlichen)
antragsgemäß und wies die Klage im übrigen ab. Das OLG
hat die Berufung der Bekl. zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebte
die Bekl. die Abweisung auch des gegen sie gerichteten Anspruchs. Die Revision
blieb erfolglos.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. stellt fest, das mit dem Vertrieb
der Wohnungen beauftragte Unternehmen habe es schuldhaft unterlassen, den
Ehemann der Kl. auf die bestehende Mietpreisbindung hinzuweisen. Die Bekl.
sei daher wegen Verschuldens bei Vertragsschluß verpflichtet, den
Kaufvertrag rückgängig zu machen und entstandene Aufwendungen
zu ersetzen. Ob die Mietpreisbindung noch bestehe, sei unerheblich. Es
komme nur darauf an, daß das Vertrauen des Ehemanns beim Kaufabschluß
enttäuscht und dieser durch die unvollständige Information zum
Kauf bestimmt worden sei. Dies hält der Revision im Ergebnis stand.
II. Das BerGer. macht allerdings keine näheren
Ausführungen zum Vorliegen eines Schadens.
1. Der Senat hat in seiner erst nach Erlaß
des Berufungsurteils verkündeten Entscheidung vom 26.9. 1997 (NJW
1998, 302 = LM H.4/1998 § 249a BGB Nr.113 = NZM 1998, 167 L) Anlaß
gesehen, auf die unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen von
Willensmängeln und zum Schadensersatz verpflichtenden Verstößen
gegen vorvertragliche Aufklärungspflichten hinzuweisen. Das Anfechtungsrecht
des § 123 BGB, mit dem er sich zu befassen hatte, schützt die
freie Selbstbestimmung auf rechtsgeschäftlichem Gebiet gegen unlautere
Mittel der Willensbeeinflussung. Dieser Schutz, der in der Rechtsmacht
besteht, die Nichtigkeit des Geschäfts herbeizuführen (§
142 BGB), ist vom Eintritt eines Schadens unabhängig. Die Voraussetzungen,
unter denen er gewährt wird (vorsätzliches Handeln des Erklärungsempfängers
oder eines Dritten in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Empfängers
der Erklärung), würden unterlaufen, wenn bei der Rückgängigmachung
des Vertrags unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens beim Vertragsschluß
der Eintritt eines Schadens als Anspruchsvoraussetzung vernachlässigt
würde. Dies entspricht, wie in dem Urteil vom 26.9. 1997 im einzelnen
dargelegt ist, schon immer der Rechtsprechung des Senats, war aber nicht
stets deutlich hervorgetreten.
Die Überlegungen des Senats gelten in gleicher
Weise für das Verhältnis der Anfechtung wegen Irrtums über
eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Sache, nämlich der Sozialbindung
der Wohnung, von der das BerGer. für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
ausgeht (§ 119 II BGB), zum Schadensersatzanspruch wegen fahrlässigen
Verschuldens beim Vertragsschluß. Allerdings läßt sich
der Anfechtungstatbestand des § 119 II BGB, anders als die Täuschung
oder Drohung unter den Voraussetzungen des § 123I BGB, nicht als besonderer
Fall des Verschuldens bei Vertragsschluß begreifen. Er knüpft
nicht an einen Beitrag des Erklärungsempfängers zum Irrtum des
Erklärenden an und macht, falls ein solcher doch vorliegt, Verschulden
nicht zur Bedingung; der Ursachenbeitrag des Erklärungsempfängers
zum Irrtum des Anfechtungsberechtigten mildert allenfalls dessen Haftung
(§ 122 II BGB). So gesehen besteht, anders als bei der Täuschung
oder Drohung, nicht die Gefahr, daß der Anfechtungstatbestand durch
einen Schadensersatzanspruch, der geringere Anforderungen an das Verschulden
des Erklärungsempfängers stellt, unterlaufen wird. Andererseits
kommt die Rückgängigmachung des Vertrags wegen Verschuldens bei
Vertragsschluß auch in Fällen in Frage, in denen dem Irrenden
die Anfechtung nach § 119 II BGB versagt wird, weil Gegenstand seines
Irrtums nicht eine Eigenschaft der Person oder Sache, sondern ein
Beweggrund ist, dem das Gesetz die Anerkennung als Willensmangel verweigert.
Träte beim vorvertraglichen Pflichtverstoß der Schaden als Anspruchsvoraussetzung
zurück, würde diese Entscheidung teilweise revidiert, nämlich
in den Fällen, in denen der Pflichtverstoß des Erklärungsempfängers
beim Erklärenden einen Beweggrund betrifft, der nicht nach §
119 II BGB privilegiert ist. In den Fällen, in denen der Pflichtverstoß
zugleich einen Irrtum nach § 119 II BGB begründet, würde
der Irrende über einen Schadensersatzanspruch auf Rückgängigmachung
des abgeschlossenen Vertrags der Notwendigkeit enthoben, die Anfechtung
unverzüglich nach der Kenntnisnahme des Anfechtungsgrunds zu erklären
(§ 121 I BGB). Denn diesem sind zeitliche Grenzen lediglich in den
Vorschriften über die Verjährung gesetzt (vgl. Senat, NJW 1981,
976 = LM § 276 [Cb] BGB Nr. 7 = WM 1981, 309 [310]).
2. Das BerGer. befaßt sich mit einem Schaden
des Ehemanns der Kl. zwar unter dem Gesichtspunkt der durch die Mietpreisbindung
bedingten Schwierigkeit, die gekaufte Wohnung weiterzuveräußern.
Es läßt jedoch offen, ob ein darin liegender Schaden (nachstehend
zuIII1), was die Bekl. bestreitet, bei Schluß der Berufungsverhandlung
noch vorlag, und begnügt sich stattdessen mit der Erwägung, das
enttäuschte Vertrauen des Ehemanns habe diesen zum Vertragsschluß
bestimmt. Dies würde zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs
nicht genügen.
III. Das Berufungsurteil kann jedenfalls aus anderen
Gründen aufrechterhalten bleiben (§ 563 ZPO).
1. Richtig ist der Ansatzpunkt des BerGer., daß
die Sozialbindung, auch wenn die Wohnung, was die Bekl. unter Beweisantritt
behauptet, gleichwohl den Kaufpreis wert war, einen Schaden darstellt.
a) Bei Vergleich der Gesamtvermögenslage
mit und ohne das haftungsbegründende Ereignis, der zur Ermittlung
des Schadens erforderlich ist, kann die vom Käufer hingegebene Geldleistung
dem Verkehrswert der empfangenen Sache, d.h. dem Wert, den sie für
alle dem maßgeblichen Verkehrskreis Angehörigen hat, gegenübergestellt
werden. Dies ist aber nicht die einzige Vergleichsmöglichkeit. Der
Käufer kann auch geltend machen, daß die empfangene Leistung
gerade für seine Zwecke nicht oder nicht voll geeignet ist und der
Vermögensvergleich deshalb zu seinem Nachteil ausfällt. Beim
Schadensersatz des Käufers wegen Nichterfüllung folgen beide
Vergleichsmethoden unmittelbar aus den gesetzlichen Anforderungen an die
Verkäuferleistung (§ 459 BGB). Ein Schaden liegt vor, wenn der
Wert oder die Tauglichkeit der Sache einmal zu dem gewöhnlichen, zum
anderen zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten oder durch Zusicherung
einer Eigenschaft individuell bestimmten Gebrauch aufgehoben oder gemindert
ist; unter den Voraussetzungen des § 463 BGB ist er zu ersetzen. Es
ist deshalb nicht zweifelhaft, daß Schadensersatz auch dann geschuldet
ist, wenn der Kaufpreis zwar dem Verkehrswert der Sache entspricht, diese
aber zufolge des Mangels für die Zwecke des Käufers ungeeignet
ist (vgl. die Beispiele bei Soergel/Huber, BGB, 12.Aufl., § 463 Rdnr.41).
Beim Ausgleich des durch vorvertragliches Verschulden verursachten Vertrauensschadens
hat die Ermittlung des individuellen Vermögensnachteils zwar nicht
ihre Grundlage in der vertraglich übernommenen Leistung, wohl aber
im Schutzzweck der verletzten Pflicht (zu diesem vgl. Emmerich, in:
MünchKomm, 3.Aufl., Vorb § 275 Rdnr.194 m.w. Nachw.). Aufklärungspflichten
leiten sich aus der Bedeutung ab, die ein Umstand für den individuellen
Vertragszweck des Käufers hat. Dieser kann deshalb zur Ermittlung
des Vertrauensschadens herangezogen werden. Hiervon geht auch die Rechtsprechung
aus (vgl. BGH, NJW 1994, 663 = LM H. 4/1994 § 287 ZPO Nr. 109 = WM
1994, 758 [760]: Ankauf einer für die Bedürfnisse des Käufers
ungeeigneten Ladeneinrichtung zufolge einer unzutreffenden Standortanalyse
des Verkäufers).
b) Die Kl. hat vorgetragen, ihr Ehemann habe die
Eigentumswohnung ausschließlich als jederzeit wiederverkäufliche
Vermögensanlage angeschafft. Das ist eine objektiv nachvollziehbare,
vom Sicherungszweck der Aufklärungspflicht über die Sozialbindung
erfaßte Verwendungsabsicht. Ihre Verfehlung stellt einen ersatzfähigen
Schaden dar. Die summenmäßige Schadensermittlung wäre im
Streitfalle nicht erforderlich gewesen. Da der Ehemann, nach der Abtretung
der Schadensersatzforderung an die Kl., Anspruch auf Befreiung von dem
abgeschlossenen Vertrag und auf Ersatz unnützer Aufwendungen erhebt
(BGH, NJW 1989, 1793 = LM § 631 BGB Nr. 65 = BGHR BGB vor § 1
- Verschulden bei Vertragsschluß, Vertrauensschaden2), geht der erforderliche
Minderwert der empfangenen Leistung (Erschwernisse beim Weiterverkauf)
in der Gesamtabrechnung des Schadens auf. Die Sozialbindung ist nach Abschluß
des Vertrags allerdings weggefallen. Streitig war zwischen den Parteien
lediglich der Zeitpunkt des Wegfalls, die Bekl. hat auf den 31.12. 1994,
die Kl. auf den 31.12. 1996 abgestellt. Ob dieser Wegfall den zunächst
entstandenen Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung des Vertrags
beeinflußt und ob der Senat den nach Schluß der mündlichen
Verhandlung der Berufungsinstanz erfolgten Wegfall (wenn man auf den 31.12.
1996 abstellt, was die Kl. durch eine erst nach Schluß der Verhandlung
eingereichte Bestätigung belegen will) berücksichtigen könnte,
kann offen bleiben, weil ein Schaden sich auch mit anderer Begründung
bejahen läßt.
2. a) Das Berufungsurteil stützt sich zwar
unmittelbar auf die bei Vertragsschluß bestehende Sozialbindung der
Wohnung, es hat in seine Feststellungen aber auch das Beweisergebnis der
ersten Instanz zu dem weiteren Streitpunkt einbezogen, nämlich der
Vorspiegelung, Mieterträge und Steuerersparnisse machten die laufenden
Unkosten der Finanzierung wett. Dies ergibt sich aus der umfassenden Bezugnahme
auf die Beweiswürdigung der Vorinstanz, der es folgt (§ 543I
ZPO), und deren Verwertung bei der Frage, welchem der vernommenen Zeugen
zu glauben sei.
Ohne Erfolg rügt die Revision, die Bezugnahme
auf das Beweisergebnis der Vorinstanz sei fehlerhaft gewesen, weil die
Einzelrichterin keinen Vermerk über die persönliche Glaubwürdigkeit
der von ihr vernommenen Zeugen gefertigt und den Parteien zugänglich
gemacht hatte (vgl. BGH, NJW-RR 1992, 915 = LM H. 10/1992 Art. 14 [Cb]
GrundG Nr. 60 = WM 1992, 1713). Das instanzabschließende Urteil des
LG war von der Einzelrichterin selbst nach § 348 ZPO erlassen worden.
In einem solchen Falle besteht kein Anlaß zu Aktenvermerken. Die
Rüge, die Entscheidungsgründe des Einzelrichterurteils böten
keine Grundlage für die Würdigung des BerGer., insbesondere fehle
eine genügende Auseinandersetzung mit der parteinahen Stellung des
als Zeuge gehörten Ehemanns der Kl., hat der Senat geprüft und
nicht für durchschlagend angesehen. Von einer Begründung sieht
er nach § 565a ZPO ab.
Mithin ist von der tatrichterlichen Feststellung
auszugehen, daß dem Ehemann der Kl. vorgespiegelt worden war, die
laufenden Kosten der Finanzierung würden durch die Erträge und
Steuerersparnisse wettgemacht.
b) Der Senat ist in seiner Entscheidung vom 26.9.
1997 davon ausgegangen, daß dem Käufer in einem solchen Falle
ein ersatzfähiger Vertrauensschaden entstanden ist, wenn sich laufende
Aufwendungen, Erträge und Ersparnisse nicht ausgleichen und der entstandene
Fehlbetrag auch nicht durch einen anderen Vermögensvorteil, etwa eine
Wertsteigerung des erworbenen Objekts, wettgemacht ist. So liegen die Dinge
hier: Nach dem Vortrag der Kl. ergibt schon der Vergleich von Darlehenszinsen
und Mieterträgnissen einen jährlichen Fehlbetrag von 3663,12
DM. Dieser ist zwar im Jahre des Vertragsschlusses, 1989, durch Steuerersparnisse
(4500 DM) ausgeglichen, in den Folgejahren (Ersparnisse 1990: 3000 DM;
1991 und 1992: 900 DM; 1993: 1756 DM; 1994: 2350 DM) war das aber nicht
der Fall. Der Überschuß aus dem ersten steuerlichen Veranlagungszeitraum
war alsbald aufgezehrt. Die Bekl. hat demgegenüber in erster Linie
geltend gemacht, es sei verfehlt, auf die Ergebnisse der einzelnen Jahre
abzustellen. Maßgeblich sei, daß das Sanierungsmodell, wozu
sie Beweis angetreten hat, insgesamt die Eigenmittel des Käufers nicht
angreife. Ein solches Ergebnis mag, je nach den Umständen, bis zum
Zeitpunkt der Rückführung des Kredits aus den Mitteln der Lebensversicherung
erreicht werden können. Hierauf kommt es indessen nicht an. Vergleichsmaßstab
für die Schadensermittlung ist nicht die Vermögenslage des Käufers,
die sich anhand der Angaben und Rechenbeispiele des Verkaufsprospekts der
Bekl. als Gesamtergebnis des Modells prognostizieren läßt. Nach
den Feststellungen der Tatsacheninstanzen ist dem Ehemann der Kl. dieser
Prospekt vorenthalten worden. Der Schaden ist vielmehr an dem ungerechtfertigt
hervorgerufenen Vertrauen zu messen, bereits während der Zeit der
Verzinsung des aufgenommenen Darlehens und der Ansparphase der Lebensversicherung
sei der Käufer nicht genötigt, einen Fehlbetrag aus anderen Mitteln
abzudecken.
Dem Rechenwerk der Kl. ist die Bekl. in verschiedener
Hinsicht entgegengetreten: Der Jahresmietzins betrage 3762 DM, denn er
sei um die prognostizierten, nicht umlagefähigen Nebenkosten zu ergänzen.
Dem folgt der Senat für die Ermittlung des Vertrauensschadens nicht.
Die Bekl. behauptet weiter, die Kl. habe die jährliche Steuerrückerstattung
der Steuerersparnis gleichgestellt. Dies ist nicht der Fall, wie die vorgelegten
Steuerbescheide der Jahre 1989 bis 1994 ausweisen. Allerdings hat die Kl.
für die Jahre 1990 bis 1992, anders als für die spätere
Zeit, keine umfassende Vergleichsrechnung über das steuerliche Ergebnis
mit und ohne den Verlust aus der Vermietung der gekauften Wohnung angestellt,
sondern sich mit Schätzbeträgen begnügt. Diese liegen aber
im Rahmen des zu Erwartenden und werden von der Bekl. auch nicht mit Erwägungen
angegriffen, die ihre Schlüssigkeit in Frage stellen. Kapitallebensversicherungen,
die als Sicherheit für ein (tilgungsfreies) Darlehen dienen, sind
aus steuerlicher Sicht nur noch bedingt von Vorteil; dies gilt insbesondere,
wenn das finanzierte Objekt, wie hier, vermietet ist und der Finanzierungsaufwand
(auch) Renovierungs- und Modernisierungszwecken dient (vgl. Schmidt/Heinicke,
EStG, 16.Aufl., § 10 Rdnrn. 185ff.).
Nach dem Vorbringen der Kl., das mit den Steuerbescheiden
belegt ist, sind berücksichtigungsfähige Versicherungsprämien
bei den Sonderausgaben nicht unbeachtet geblieben. Die Bekl., die das "Sanierungsmodell"
und seine steuerlichen Grundlagen kennt, hat sich eines näheren Vortrags
enthalten. Sie hat allerdings eine, auf ihren Prospekt zurückgehende
Modellrechnung durchgeführt, bei der die Finanzierung unter Zuhilfenahme
einer Lebensversicherung durch ein Tilgungsdarlehen ersetzt wird. Die Rechnung
schließt für das Jahr 1989 unter Berücksichtigung der Tilgungsleistungen
mit einem Fehlbetrag von 1267DM. Die Einbeziehung der hiermit vergleichbaren
Versicherungsleistungen würde den von der Kl. behaupteten Fehlbetrag
noch erhöhen.
3. Entgegen der Auffassung der Revision liegt
ein Mitverschulden des Geschädigten (§ 254 BGB) nicht vor. Bei
einem Schadensersatzanspruch wegen der Erteilung einer unrichtigen Auskunft
kann sich der Schädiger nämlich in aller Regel nicht mit dem
Einwand entlasten, der Geschädigte habe sich auf die Richtigkeit seiner
Angaben nicht verlassen dürfen. Dies widerspräche dem Grundsatz
von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der in § 254 BGB lediglich
eine besondere Ausprägung erfahren hat (vgl. BGH, WM 1965, 287 [288];
NJW-RR 1988, 855 [856]). Dies gilt vor allem dann, wenn, wie hier die Bekl.,
der Schädiger für vorsätzliches Verschulden einzustehen
hat und den Geschädigten allenfalls der Vorwurf trifft, die eigenen
Belange fahrlässig außer acht gelassen zu haben (vgl. BGHZ 98,
148 [158] = NJW 1986, 2941 = LM § 31 BGB Nr. 29).
<- Zurück mit dem "Back"-Button Ihres
Browsers!
|