Kein Anspruch auf Nutzungsersatz bei Nacherfüllung durch Neulieferung nach §§ 439 IV, 346 I BGB


LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 28.02.2005, 7 O 10714/04


Fundstelle:

noch nicht bekannt


(Eigener) Leitsatz:

Der Verkäufer hat im Falle der Nacherfüllung durch Neulieferung keinen Anspruch auf Ersatz gezogener Nutzungen der ersetzten Kaufsache


Zentrale Probleme:

Es geht um ein praktisch bedeutsames Problem des Kaufrechts, welches im Bereih des Verbrauchsgüterkaufs ein Problem der Richtlinienkonformität aufwirft. § 439 Abs. 4 BGB sieht i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB vor, daß der Verkäufer, wenn der Käufer Nacherfüllung im Wege der Neulieferung verlangt, Ersatz für tatsächlich aus dem Gebrauch der mangelhaften Sache gezogene Nutzungen verlangen kann (was er dem Nacherfüllungsanspruch nach §§ 439 IV, 348 BGB einredeweise entgegenhalten könnte). Das ist praktisch durchaus relevant, denn gerade im Zusammenhang mit der Mängelvermutung des § 476 BGB wird es nicht allzu selten vorkommen, daß der Verbraucher die mangelhafte Sache trotz ihrer Fehlerhaftigkeit eine Zeitlang nutzen konnte. Dies entspricht nicht nur dem Wortlaut der Regelung, sondern auch dem eindeutig geäußerten Willen des historischen Gesetzgebers, der sich ausdrücklich mit der Richtlinienkonformität einer solchen Regelung auseinandergesetzt und diese bejaht hat (s. BT-Drucks. 14/6040 S. 232 ff). Diese Regelung wird zu Recht als rechtspolitisch verfehlt kritisiert, weil der Vermögensvorteil, den der Verbraucher durch die Nacherfüllung „neu für alt“ in der Zukunft erfährt, für diesen u.U. gar nicht nutzbar ist und die bereits gezogenen Nutzungen wegen der Aufrechterhaltung des Kaufvertrags mit dem Kaufpreis abgegolten sind, den der Käufer für die Zeit bis zur Nachlieferung ja seinerseits auch nicht verzinsen muß. Sie dürfte auch der Richtlinienvorgabe, daß die Nacherfüllung "unentgeltlich" zu erfolgen hat (Art. 3 Abs. 2, 3 VerbrGK-Rl.) i.V.m. dem Effektivitätsgrundsatz nicht standhalten, weil sie geeignet ist den Verbraucher an der Geltendmachung seines Nacherfüllungsanspruchs zu hindern. Angesichts der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers in Kenntnis der Richtlinienvorgabe bleibt freilich für eine Nichtanwendung der Regelung im Wege einer teleologischen Reduktion der Regelung der Norm kein Raum. Insoweit ist also ein Handeln des Gesetzgebers geboten. Das LG sieht das hier anders und verneint entgegen dem Wortlaut und dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers einen solchen Anspruch unter Berufung auf den Wortlaut der Regelung (in § 439 IV BGB sei nur von "Rückgewähr" die Rede). Das dürfte die Grenze des contra-legem-Judizierens überschreiten, die auch der richtlinienkonformen Auslegung gesetzt ist.
Dass OLG hat die Entscheidung weitestgehend bestätigt (
OLG Nürnberg NJW 2005, 3000), Revision ist beim BGH unter VIII ZR 200/05 anhängig, s. dazu auch Pressemitteilung Nr. 118/2006 vom 16.8.2006: Der BGH hat die Frage nach Art. 234 EG-Vertrag dem EuGH vorgelegt. Wenn allerdings der BGH - wie der Pressemitteilung zu entnehmen ist - der (zutreffenden) Ansicht ist, daß eine richtlinienkonforme Auslegung von § 439 IV BGB gar nicht möglich ist, weil sie deren Grenzen überschreitet, ist seine Vorlage unzulässig, weil eine Entscheidung des EuGH für den Ausgang des Rechtsstreits nicht erforderlich ist.

©sl 2005


Tatbestand:

 Der Kläger ist der bundweit tätige Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weitere 23 verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Er ist seit dem 16.7.2002 unter der Reg.Nr. II B 5 VZBV e.V. in die beim Bundesverwaltungsamt geführte Liste gemäß § 4 UKlaG eingetragen.
Die Klage betrifft zwei unterschiedliche Gegenstände:
 1. Die Beklagte richtete das als Anlage K2 vorgelegte Schreiben vom 1.4.2004 an ihre Geschäftspartner und wies auf eine Änderung zum Thema Gewährleistung hin. Danach beabsichtigte die Beklagte entgegen einer früheren Regelung das seit 2002 bereits geltende Gewährleistungsgesetz nun auch anzuwenden. Lediglich bei „weißer Ware“ wolle man sich weiterhin kulanter zeigen.
Für andere als „weiße Ware“ gelte:
„Tritt während der ersten 6 Monate.....nach dem Kauf an der Ware ein Mangel auf, haftet Q selbstverständlich ohne Einschränkungen, sofern nicht der Schaden auf äußere Einflüssen zurückzuführen ist....Nach Ablauf dieser Zeit muss der Käufer die Kosten für eine eventuelle Reparatur selbst tragen, es sei denn, er weißt nach, dass die Ware bereits bei Erhalt mangelhaft war.
Die Kundendienstmitarbeiter der Beklagten haben daraufhin folgendes Schreiben (Anlage Antrag) an Kunden versandt:

Q. Kundenbetreuung

Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,
es ist immer ärgerlich, wenn etwas kaputt geht. Doch wann haftet Q. als Verkäuferin der Ware?
Tritt während der ersten 6 Monate nach dem Kauf an der Ware ein Mangel auf, haftet die Q. selbstverständlich ohne Einschränkung, sofern der Schaden nicht auf äußere Einflüsse zurückzuführen ist: Wir reparieren kostenlos oder tauschen die Ware um.
Ab dem 7. Monat nach dem Kauf müssen Sie als Käufer die Kosten für eine eventuelle Reparatur selbst tragen, es sei denn, sie weisen nach, dass die Ware bereits bei Erhalt mangelhaft war. Davon können wir in diesem Fall ist jedoch nicht ausgehen. So weit die nicht ganz einfachen, aber gesetzlichen Gewährleistungsbedingungen. Sollten Sie dazu noch Fragen haben, rufen Sie uns bitte an. Unsere Telefonnummer in diesem Zusammenhang: (12 Cent/Min. aus dem Festnetz der T-Com). - Wir sind gerne für Sie da.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Q.-Kundenbetreuung


Das Schreiben der Anlage Antrag folgt im Kundendialog nach einer bereits erfolgten Ablehnung einer kostenfreien Regelung.
Die Klagepartei mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 22.6.2004 ab. Diese lehnte die Abgabe einer Unterlassungserklärung mit Schreiben vom 20.7.2004 ab.
Die Klagepartei meint, dass die Beklagte damit planmäßig versuche, gegenüber Verbrauchern die Durchsetzung ihrer Ansprüche gemäß § 433 ff. BGB zu erschweren oder zu vereiteln. Es sei völlig unerheblich, wann der Fehler auftrete. Im beanstandeten Hinweis werde der Sachmangel mit der Vermutungsregelung vermengt und der fehlerhafte Eindruck erweckt, dass von einem Sachmangel nur gesprochen werden könne, wenn der Fehler bereits bei Übergabe aufgetreten sei.
Die Beklagtenpartei meint, dass es sich um keinen Verbraucherrechtsverstoß handelt, der Klageantrag nicht den Anforderungen des § 8 UKlaG entspreche und der Text die Gesetzeslage widerspiegle. Die Ablehnung von Leistungsverpflichtungen erfolge jeweils im Einzelfall und sei daher im vorliegenden Fall nicht auf ihre Berechtigung zu prüfen.
2. Die Verbraucherin B bestellte im Sommer 2002 bei der Beklagten eine „Herd-Set“ zum Preis von 524,90 Euro incl. Einbau-Service. Die Ware wurde im August 2002 geliefert. Im Januar 2004 stellte Frau B einen Fehler fest. Die Emailleschicht hatte sich abgelöst. Am 12.1.2004 stellte ein Mitarbeiter der Beklagten fest, dass eine Nachbesserung nicht möglich sei. Es wurde dann der Austausch zwischen Frau B und der Beklagten vereinbart. Mit Schreiben vom 14.1.2004 wies die Beklagte darauf hin, dass eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 119,97 Euro zu vereinnahmen sei. Auf die Weigerung der Zeugin B reagierte die Beklagte mit Schreiben vom 30.1.2004, 23.2.2004, worauf die Schreiben der Zeugin vom 3.2.2004 und die der Beklagten vom 18.2.2004, 9.3.2004 folgten. Die Beklagte reduzierte die Nutzungsentschädigung auf 69,97 Euro. Diesen Betrag überwies die Zeugin mit Werterstellung vom 15.3.2004 an die Beklagte.
Die Zeugin ermächtigte den Kläger, den Anspruch auf Rückzahlung im eigenen Namen geltend zu machen.
Die Klagepartei meint:
Die Gebrauchsmöglichkeiten habe die Zeugin B bereits durch Zahlung des Kaufpreises entlohnt. Eine Nutzungsentschädigung dürfe nicht verlangt werden.
Die Beklagtenpartei meint:
Die Regelung des § 439 IV BGB sei mit der EG-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf vereinbar
Der Käufer sei im Rahmen vom § 439 IV BGB verpflichtet, Nutzungsentschädigung zu leisten.
Die Klagepartei beantragt:
I. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen, am Vorstand der Beklagten, zu unterlassen:
1. nachfolgende oder dieser inhaltsgleiche Bestimmungen in Kaufverträgen über bewegliche Sachen mit Verbrauchern (Verbrauchsgüterkauf) bzw. in das Verhältnis zur Abwicklung von Verbrauchsgüterkaufverträgen bei der Geltendmachung von Sachmängelhaftungsansprüchen einzubeziehen, sowie sich auf Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1.4.1977 zu berufen:
„Ab dem 7. Monat nach dem Kauf müssen sie als Käufer die Kosten für eine eventuelle Reparatur selbst tragen, es sei denn, Sie weisen nach, dass die Ware bereits bei Erhalt mangelhaft war. Davon können wir in diesem Fall jedoch nicht ausgehen“
Hilfsweise zu 1.:
Verbrauchern, die Sachmängelhaftungsansprüche bezüglich der von der Beklagten im Rahmen von Verbrauchsgüterkaufverträgen erworbene Ware geltend machen, formularmäßige Schreiben wie das umseitige als Anlage Antrag abgebildete, zu übersenden bzw. übersenden und übergeben zu lassen.
2. Verbrauchern im Zusammenhang mit der Lieferung von Waren, die als Ersatz für mangelhafte Kaufgegenstände zur Verfügung gestellt werden, Beträge in Rechnung zu stellen für die Nutzung der mangelhaften Ware.
II. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an den Kläger 67,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagtenpartei beantragt: Klageabweisung
...

Entscheidungsgründe:
 
A. Die Klage ist zulässig. Die Kammer ist insbesondere nach § 6 UKlaG zuständig, weil die Beklagte in F ihre gewerbliche Niederlassung hat.
B. Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrages nach Ziffer I.1. unbegründet.
Wer in allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen verwendet, die nach den §§ 307 bis 309 des BGB unwirksam sind, oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann zwar auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden, § 1 UKlaG. Bei dem vom Klägervertreter als „Bestimmung“ bezeichneten Text
„Ab dem 7. Monat nach dem Kauf müssen sie als Käufer die Kosten für eine eventuelle Reparatur selbst tragen, es sei denn, Sie weisen nach, dass die Ware bereits bei Erhalt mangelhaft war. Davon können wir in diesem Fall jedoch nicht ausgehen“
handelt es sich jedoch nicht um eine Bestimmung, welche die Beklagte als allgemeine Geschäftsbedingung verwendet oder als solche für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfohlen hat.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt; § 307 I S.1 BGB.
Vorliegend fehlt es an dem Merkmal des Stellens der Bestimmung bei Abschluss eines Vertrages.
1. Die Klagepartei hat keinen Fall vorgetragen, bei dem die Beklagte einen Vertrag unter Stellen dieser Bestimmung abgeschlossen oder abzuschließen versucht hätte.
Das Schreiben vom 7.4.2004 bezieht sich auf ein künftiges Verhalten bei der Abwicklung, nicht beim Abschluss von Verträgen. Die Beklagte (im Original: Klägerin) weist auf eine Änderung ihrer Kulanzregelung hin. Sie beabsichtigt, künftig die gesetzliche Regelung anzuwenden.
Das Anschreiben an die Kunden (Anlage Antrag) stellt ein Verhalten bei der Abwicklung von Verträgen dar und beabsichtigt nicht, einen Vertragsschluss mit dem Kunden mit dem Inhalt des Schreibens herbeizuführen.
Daran ändert auch nichts, dass sich die Beklagte oder ihr Vertragspartner sich im Falle eines zukünftigen Reparaturauftrags darauf berufen können, auf die Entgeltlichkeit vorab hingewiesen zu haben. Ein Vertrag kommt aber nicht mit dem Inhalt des Schreibens zustande, sondern muss dem Schreiben zeitlich nachfolgen.

2. Auch die Vertragspartner der Beklagten haben keinen Vertrag mit der „Bestimmung“ geschlossen oder abzuschließen versucht.

C. Die Klage ist hinsichtlich des Hilfsantrags nach Ziffer I.1. unbegründet.

1. Ein Anspruch nach § 2 UKlaG ist nicht begründet, da ein Verbraucherschutzgesetz nicht existiert, das der Beklagten verbieten würde, Verbraucher in der beanstandeten Weise anzuschreiben oder dies Vertragsunternehmen zu empfehlen.
a) Nach § 2 UKlaG kann im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen. In Abs. 2 sind als Verbraucherschutzgesetz im Sinne dieser Vorschrift insbesondere die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches genannt, die für Verbrauchsgüterkäufe zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher gelten.
Die §§ 474 ff. BGB enthalten kein Verbot für den Unternehmer, die Mangelhaftigkeit der Sache gegenüber dem Verbraucher in der beanstandeten Art zu bestreiten.
Die Vorschrift des § 476 BGB, auf die sich die Klageparte beruft und die sie nur durch die Beklagten falsch interpretiert sieht, enthält nur eine gesetzliche Vermutung und keine Verhaltensanordnung. Anders ist dies beispielsweise bei § 492 I 5 BGB oder § 497 II BGB aber auch bei § 475 BGB.
Bei der Verweisung in § 2 UKlaG auf die Vorschriften, die für Verbrauchsgüterkäufe zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher gelten, wird durch diese Auslegung auch nicht jeglichen Anwendungsbereiches beraubt. Schließlich enthält zumindest § 477 BGB definitiv Verhaltensanforderungen an den Unternehmer. Aber auch § 475 BGB enthält insoweit eine Verhaltensanforderung, als sich der Unternehmer nicht auf abweichende Vereinbarungen berufen darf. Dies betrifft nicht nur Allgemeine Geschäftsbedingungen, sondern jegliche abweichenden Vorschriften und auch Gestaltungen zur Umgehung dieser Vorschrift. Hier liegt der entscheidende Anwendungsbereich des § 2 UKlaG.
Die Bedeutung einer klaren gesetzlichen Verbots- oder Gebotsnorm wird gerade im vorliegenden Fall deutlich, in dem die Klageparte dem Schreiben im Wege einer kundenfeindlichsten Auslegung zahlreiche Erklärungen entnimmt, von denen zumindest unklar ist, ob die Beklagte diese überhaupt abgeben wollte.
b) der Hinweis auf die Gesetzesbegründung, in der zwischen unzulässigen Geschäftsbedingungen und unzulässigen Geschäftspraktiken unterschieden wird genügt nicht zur Begründung eines anderen Ergebnisses, da die entsprechenden Geschäftspraktiken eben durch ein Verbraucherschutzgesetz geboten oder verboten, also ausreichend definiert werden müssen. Würde der tatsächliche Verstoß gegen den abstrakten Sinn eines Gesetzes genügen, so könnte im Endergebnis jede einzelne Lieferung einer mangelhaften Ware zum Auslöser eines Unterlassungsanspruchs werden.
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Argumentation, dass § 13 und §  22 AGBG (a.F.) in die Vorschrift des § 2 UKlaG ohne inhaltliche Änderung der Ansprüche übernommen worden sein sollen.
Auch § 22 AGBG a.F. verlangte den Verstoß gegen ein Verbraucherschutzgesetz. Die Vorschrift wurde zudem als eng auszulegende Auffangvorschrift interpretiert (Ulmer, Brandner, Hensen, AGBG 9.A. Rz. 5 zu § 22 AGBG)
d) Es kann daher offen bleiben, ob das Schreiben der Beklagten nicht lediglich die gesetzliche Beweislastregelung darstellt und daher auch materiell nicht zu beanstanden ist.
Hinzuweisen ist lediglich darauf, dass die Beklagte mit dem Schreiben nicht Gewährleistungsansprüche als solche nach Ablauf von sechs Monaten in Abrede stellt, sondern lediglich einen Nachweis verlangt, dass die Ware schon bei erhalt mangelhaft war. Wenn der Beweis gelingt, so ist nach dem Inhalt des Schreibens eine Haftung der Beklagten gerade begründet.
Das Schreiben schließt auch nicht aus, dass sich der Verbraucher auf den Mangel berufen kann, dass ein Produkt nicht zu erwartenden Lebenserwartung hat. Das Schreiben enthält hierzu überhaupt keine Aussage. Im übrigen träfe für das Vorhandensein eines solchen Mangels nicht nur nach dem Inhalt des beanstandeten Schreibens, sondern auch nach dem Gesetz den Verbraucher die Beweislast
Schließlich befasst sich das Schreiben auch nicht mit der Darlegungslast im Prozess und schließt daher auch nicht zu Lasten des Verbrauchers aus, dass es Fälle gibt, in denen den Unternehmer im Streitfall eine Darlegungslast trifft.
Nach Ansicht der Kammer will das Schreiben auch nicht den Eindruck erwecken, dass der Anscheinsbeweis zu Lasten des Verbrauchers ausgeschlossen sei. Der Anscheinsbeweis ist eine Form des Beweises, den der Verbraucher nach dem Inhalt des Schreibens zu führen hat aber auch führen kann. Sowohl das Gesetz als auch das Schreiben der Beklagten sieht als Tatbestandsvoraussetzung für die gesetzliche Vermutung vor, dass sich der Mangel innerhalb von sechs Monaten zeigen muss. Der unterschiedliche Wortlaut „auftreten“ im Unterschied zu „sich zeigen“ ist in diesem Zusammenhang nicht erheblich. Über die Folgen eines Auftretens des Mangels im Zeitraum nach Ablauf von sechs Monaten, verhält sich das Schreiben nur insoweit als dann der Verbraucher den Beweis führen muss, nicht aber, dass er mit der Beweisführung überhaupt oder in bestimmter Hinsicht ausgeschlossen wäre.
Soweit die Klagepartei nun auf den Unterschiede zwischen der Notwendigkeit, Beweis anzutreten und der eigentlichen Führung des Beweises hinweist und darlegt, dass das Schreiben geeignet sei, den Verbraucher zu unnötigen Maßnahmen zu veranlassen, kann daraus auch kein Unterlassungsanspruch hergeleitet werden. Der Unternehmer, der einen Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe bestreitet, kann den Gegner auf dessen Beweislast hinweisen und muss nicht verhindern, dass dieser deshalb vorgerichtlich kostenträchtige Maßnahmen zur Beweisführung ergreift.
Richtig ist, dass ein Beweis nur geführt werden muss, wo eine Tatsache streitig ist. In dem beanstandeten Schreiben bestreitet die Beklagte aber gerade das Vorliegen eines Mangels.
Letztlich wird auch von der Klagepartei nicht dargelegt, weshalb der beanstandete Hinweis falsch sein soll, dass der Verbraucher die Kosten einer eventuellen Reparatur tragen muss, wenn er den Mangel nicht beweisen kann. Das Schreiben spricht gerade von Reparatur und nicht von Fehlersuche. Es spricht auch nur von einer eventuellen Reparatur. Schließlich ist unstreitig, dass eine kostenfreie Regelung im Kundendialog bei Versendung dieses Schreibens schon erfolgt ist. Zudem könnte ein von der Klageparte unterstelltes Interesse des Unternehmers an einer Fehlerursache keinen anderweitig begründeten Anspruch auf kostenfreie Fehlersuche ersetzen.
e) Es verbleibt nur die zunächst berechtigte Beanstandung, dass die Formulierung im Anschreiben an den Verbraucher unzutreffend ist, soweit es dort heißt, dass der Käufer „ ab dem siebten Monat nach dem Kauf“ die Kosten zu tragen habe. Denn der Zeitpunkt des Gefahrenübergangs ist maßgeblich (§ 476 BGB). Dieser wird tatsächlich allerdings oft mit dem Zeitpunkt des Kaufes zusammenfallen, insbesondere auch unter Berücksichtung des Sprachgebrauchs aus dem durchschnittlichen Empfängerhorizont. Es fragt sich zudem, ob dem durchschnittlichen Verbraucher geholfen wäre, wenn in dem Schreiben von „Gefahrenübergang“ statt Kauf die Rede wäre, ohne dass es hierauf ankäme.
Entscheidend ist vielmehr: während bei der Beurteilung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Grund der Bestimmung des § 305 c II BGB Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen, fehlt ein Verbraucherschutzgesetz, dass es verbieten würde, sich bei der Abwicklung von Verbrauchsgüterkaufverträgen missverständlich zu äußern, jedenfalls wenn dies nicht systematisch zur Täuschung eingesetzt wird. Einen solchen Fall schließt die Kammer vorliegend jedoch mangels anderweitigen Vortrags aus.

D. Die Klage ist hinsichtlich des Antrags I.2. unbegründet. 
Soweit die Beklagte entgegen § 439 BGB eine Nutzungsentschädigung beansprucht, hat sie nicht gegen ein Verbrauchsgüterschutzgesetz i.S.v. § 2 UKlaG verstoßen.
§ 439 BGB ist kein Verbraucherschutzgesetz, sondern gilt für alle Kaufverträge.
§ 475 BGB ist ein Verbraucherschutzgesetz. Gegen diese Vorschrift hat die Beklagte hingegen nicht verstoßen. Denn die Beklagte hat weder eine abweichende Vereinbarung geschlossen, noch sich auf eine solche Vereinbarung berufen. Das bloße Zitat von § 439 BGB in § 475 BGB macht die Vorschrift nicht zum Verbraucherschutzgesetz.

E. Die Zeugin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückgewähr des unstreitig geleisteten Betrags von 67,86 Euro nach § 812 BGB, weil sie die Zahlung ohne Rechtsgrund geleistet hat.

1. Dem Anspruch steht nicht § 814 BGB entgegen, da nicht vorgetragen wurde, dass die Zeugin bereits bei Leistung gewusst hat, dass sie zu einer Leistung nicht verpflichtet war.

2. Die Zeugin hat sich durch die Zahlung auch nicht mit der Forderung der Beklagten einverstanden erklärt, mit der Folge, dass dadurch ein Vertrag geschlossen worden wäre, wonach die Beklagte den Betrag behalten dürfte. Denn ein entsprechender Rechtsbindungswille wurde nicht vorgetragen.

3. Die Beklagte hatte keinen Anspruch auf den Wert der Gebrauchsvorteile für die Zeit vom Erwerb des Herd-Sets bis zur Ersatzlieferung nach § 439 IV BGB i.V.m. § § 346 I, 100 BGB.

Diese in der Literatur umstrittene Frage (Palandt BGB 64.A. Rz 25 zu § 439 BGB, ohne inhaltliche Diskussion Berger in Jauernig BGB 11.A. Rz. 18 zu § 439, unter Hinweis auf eine zu verhindernde Bereicherung des Käufers Grunewald in Erman BGB 11.A. Rz. 11 zu § 439 BGB; Gsell, NJW 2003, 1969; Woitkewitsch VuR 2005,1; Westermann Münchener Kommentar zum BGB 4.A. Rz. 17 zu § 439 BGB, Rott BB 2004, 2479; Hoffmann ZRP 2001, 349; Schwab JuS 2002, 636; Westermann NJW 2002, 249; Kohler JZ 2001, 334) entscheidet die Kammer entgegen dem historischen Willen des Gesetzgebers, jedenfalls soweit sich dieser in der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 14/6040) widerspiegelt, an Hand des Wortlauts und der Gesetzessystematik, sowie des Zwecks der Gewährleistungsvorschriften, den Verkäufer zu einer vertragsgemäßen Leistung anzuhalten.
Keine Bedeutung haben hingegen die Verbrauchsgüterrichtlinie und die Beispielsfälle, die der historische Gesetzgeber vor Augen gehabt haben mag oder die von den verschiedenen Autoren zur Veranschaulichung ihrer jeweiligen Meinung angeführt werden. So mag zwar das Beispiel der Nutzung eines im Übrigen tadellosen Fahrzeuges mit einer nicht vertragsgemäßen Farbe einen Ausgleich der Gebrauchsvorteile nahe legen. Auf der anderen Seite ist fraglich, warum der Käufer eines nicht abnutzbaren Gegenstandes wie beispielsweise einer dekorativen Vase Gebrauchsvorteile erstatten sollte, selbst wenn die gelieferte Vase ohne wesentliche Nachteile gebraucht werden konnte.
a) Nach dem Wortlaut des § 439 IV BGB kann der Verkäufer vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 BGB verlangen, wenn er zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache liefert.
Nach dem reinen Wortlaut betrifft die Verweisung auf §§ 346 bis 348 BGB wegen der Rückgewähr der Sache nicht zwingend auch eine Verweisung auf die Pflicht zur Herausgabe der gezogenen Nutzungen. Alle drei Normen befassen sich inhaltlich mit dem Anspruch auf Rückgewähr. Sie regeln lediglich daneben den Anspruch auf Nutzungsherausgabe.
Es kann sich hier also um eine reine Rechtsfolgenverweisung oder auch – zusätzlich – um eine Rechtsgrundverweisung hinsichtlich der Verpflichtung zur Herausgabe von Nutzungen handeln.
b) Der Wille des historischen Gesetzgebers hat in diesem Wortlaut keinen ausreichenden Ausdruck gefunden.
Zu beachten ist, dass in der Bundestagsdrucksache 14/6040 davon die Rede ist, dass die Herausgabe der gezogenen Nutzungen deshalb gerechtfertigt sei und auch gegenüber den Vorgaben der Verbrauchsgüterrichtlinie verteidigt werden könne, weil nicht einzusehen sei, dass der Käufer „die zurückgebende Sache in dem Zeitraum davor unentgeltlich nutzen können soll“. „Ohne die Mangelhaftigkeit hätte der Käufer nämlich auch die gekaufte Sache nicht unentgeltlich nutzen können. Abnutzungen durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch wären vielmehr zu seinen Lasten gegangen“.
Die Abnutzungen sind nun aber etwas anderes als die gezogenen Nutzungen, mag auch mangels anderer Berechnungsmethoden in Rechtsprechung und Literatur zur konkreten Bemessung auf die zeitanteilig lineare Wertminderung zurückgegriffen werden (z.B. BGHZ 115, 47). Bei Kraftfahrzeugen wird wenigstens insoweit eine Verbindung zwischen der Wertminderung und den Gebrauchsvorteilen hergestellt, als die Wertminderung nach den gefahrenen Kilometern berechnet wird. Im Übrigen kann eine nicht oder minimal abnutzbare Sache hohe Gebrauchsvorteile, aber auch eine wegen des technischen Fortschritts schnell veraltete Sache nur verhältnismäßig geringe Gebrauchsvorteile bieten. 
Der Wortlaut enthält nun allerdings weder eine Bezugnahme auf die Herausgabe der Nutzungen, noch die Begründung eines Anspruchs auf Ersatz der Abnutzungen, obwohl dies beispielsweise durch Einfügung der Worte „und die gezogenen Nutzungen“ hätte erfolgen können.
c) Nach der Gesetzessystematik stehen die Nutzungen von der Übergabe an dem Käufer zu, § 446 BGB. Es bedürfte daher einer ausdrücklichen Regelung des Gesetzgebers, warum dies bei vertragswidriger Leistung des Verkäufers anders sein soll. Gsell (NJW 2003, 1970) weist hierzu zu Recht darauf hin, dass der Käufer sich mit dem Kauf einer Sache deren Gebrauchsvorteile für einen bestimmten Zeitraum hat versprechen lassen. Er möchte zur rechten Zeit das erhalten, was ihm versprochen war. Dementsprechend hat der Verkäufer auch Schadenersatz zu leisten, wenn er schuldhaft in Verzug kommt. Leistet er hingegen rechtzeitig, aber mangelhaft, so soll der Käufer nach Ansicht der Beklagten die Nutzungen wieder herausgeben. Darin sieht die Kammer einen unauflösbaren Widerspruch.
d) Die Anwendung der Rücktrittsvorschriften hinsichtlich der Herausgabe von Nutzungen auf den Fall, dass nur die mangelhafte Sache zurückgegeben werden soll führt zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung zu Lasten des Käufers.
Die Rücktrittsvorschriften, die auf den Fall der Verpflichtung zu beiderseitigen Rückgewähr der Leistungen zugeschnitten sind, können nicht uneingeschränkt auf den vorliegenden Fall angewandt werden, in dem nur eine Partei, nämlich die vertragstreue Partei, die mangelhafte Sache zurückzugeben hat.
Dies würde nämlich hinsichtlich der Nutzungen darauf hinauslaufen, dass die vertragsuntreue Partei zwar den vollen Kaufpreis mit Nutzungen (Zinsvorteil) behalten dürfte, der vertragstreue Partner aber die Nutzungen, die ihm eigentlich versprochen waren, herausgeben muss.
Selbst wenn der Käufer durch die Ersatzlieferung einen Vorteil erhalten sollte, weil er eine neue Sache bekommt, wäre dieser nicht mit den Gebrauchsvorteilen identisch und auf ein Fehlverhalten des Verkäufers zurückzuführen. Dieses Risiko trägt daher der Verkäufer.
e) Die Gewährleistungsrecht mit ihrem Nacherfüllungsanspruch dienen dazu, den Verkäufer zu einer vertragsgerechten Leistung anzuhalten. Diesem Zweck widerspricht es, dem Verkäufer für die Lieferung einer mangelhaften Sache mit einem Nutzungsherausgabeanspruch zu belohnen. Schließlich könnte er anderweitig keine Nutzungen mit einem mangelhaften Gegenstand erwirtschaften.
Sollte der Nacherfüllungsanspruch hingegen mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sein, könnte der Verkäufer sich auf § 439 III BGB berufen und die Leistung verweigern. Tut er dies nicht, hat er nur Anspruch auf die Herausgabe der Sache, nicht der Nutzungen.
f) Es kann damit dahinstehen, ob die Auslegung von § 439 IV BGB durch die Beklagte im Widerspruch zu Richtlinie 1999/44/EG vom 25.5.1999 steht. Hinzuweisen ist lediglich auf folgendes:
Nach Artikel 3 der Richtlinie hat der Verbraucher zwar u.a. Anspruch auf die unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes des Verbrauchsgutes durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung.
Der Begriff „unentgeltlich“ umfasst nach der Definition in Artikel 3 (4) der Richtlinie jedoch nur die für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes des Verbrauchsgutes notwendigen Kosten, insbesondere Versand-, Arbeits- und Materialkosten. Hierzu gehören die Vorteile aus dem Gebrauch der mangelhaften Sache nicht, auch wenn die Überlegung von Gsell NJW 2003, 1973 nicht von der Hand zu weisen ist, dass letztlich damit die längere Lebensdauer des Ersatzgutes entlohnt, also ein Preis für das Ersatzgut verlangt wird. Denn der Wert für die Gebrauchsvorteile der Vergangenheit muss nicht mit dem Wert der längeren Lebensdauer in der Zukunft identisch sein. Hier spielen technische Entwicklung und die Veränderung der Preise eine entscheidende Rolle. Ein Produkt kann schnell veralten oder einem Preisverfall unterliegen.
Die Richtlinie enthält darüber hinaus für die hier relevante Frage der Nutzungsberechtigung bei Ersatzlieferung keine Regelung. Soweit Gegenteiliges angenommen wird (z.B: Gsell a.a.O), handelt es sich um bloße Schlüsse aus den tatsächlich getroffenen Regelungen auf den tatsächlich nicht angesprochenen Fall und damit um Spekulationen.
Dieser Feststellung steht auch nicht der Erwägungsgrund (15) entgegen. Dort heißt es nur:
„Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass eine dem Verbraucher zuleistende Erstattung gemindert werden kann, um der Benutzung der Ware Rechnung zu tragen, die durch Verbraucher seit ihrer Lieferung erfolgt ist“.
Die Minderung einer Erstattung i.S.d. Erwägungsgrundes betrifft den Fall der Kaufpreisrückgewähr bei Vertragsauflösung. (so Woitkewitsch VuR 2005, 5 u.H.a. Hoffmann ZRP 2001, 347 und auch die Regierungsbegründung Bundestagsdrucksache 14/6040 S.233). Dies besagt nichts darüber, ob der Verkäufer im Falle einer Ersatzlieferung eine Entschädigung verlangen können soll oder nicht.
4. Schließlich ist auch der vermeintliche Anspruch der Beklagten der Höhe nach trotz der Möglichkeit nach § 287 ZPO fraglich. Ein Anspruch könnten allenfalls auf die gezogenen Nutzungen oder die pflichtwidrig nicht gezogenen Nutzungen (§ 347 I S.1 insbesondere S.2 BGB) bestehen. Insoweit fehlt es an einer ausreichenden Darlegung.
Geltend gemacht hat die Beklagte im Übrigen im Schreiben vom 9.3.2004 eine Wertminderung. Die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung bleibt jedoch nach § 346 II Nr. 3 BGB außer Betracht.