Rückforderung des Mieters wegen der Abgeltung
nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen: Verjährung des Anspruchs nach §
548 II BGB
BGH, Urteil vom 20. Juni 2012 - VIII
ZR 12/12
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Zahlt der Mieter aufgrund
einer unwirksamen Schönheitsreparaturenklausel an den Vermieter einen
Abgeltungsbetrag für nicht durchgeführte Schönheitsreparaturen, so
unterliegt der sich hieraus ergebende Bereicherungsanspruch des Mieters der
kurzen Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB (Bestätigung und Fortführung von
BGH, Urteil vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 195/10, NJW
2011, 1866).
Zentrale Probleme:
Der Fall betrifft dieselbe
Problematik wie
BGH NJW 2009, 2590
(s. die dortige Anm.), es geht hier ergänzend um die Verjährung. Der Senat
wendet die kurze Verjährungsregelung des § 548 II BGB an. Das hatte
BGH NJW 2011, 1866 bereits
für die Ansprüche wegen Vornahme der Schönheitsreparaturen entschieden, hier
ging es um eine finanzielle Abgeltung für die Nichtvornahme nur scheinbar
geschuldeter Schönheitsreparaturen.
©sl 2012
Tatbestand:
1 Der Kläger war bis zum 31. August
2007 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Berlin. Im Mietvertrag vom 18.
Januar 1980 ist in den Allgemeinen Vertragsbestimmungen unter Nr. 5
"Erhaltung der überlassenen Räume" ein Fristenplan zur Durchführung der
Schönheitsreparaturen enthalten und in Absatz 2 unter anderem folgendes
geregelt:
"(2) ...
Das Mitglied ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung der Genossenschaft von
der bisherigen Ausführungsart abzuweichen..."
2 Mit Schreiben vom 3. Juli 2007 untersagte die Beklagte dem Kläger wegen in
der Wohnung anstehender Modernisierungsarbeiten die Durchführung der
Schönheitsreparaturen und forderte stattdessen einen Ausgleichsbetrag in
Höhe von 7.310 €, den der Kläger am 8. August 2007 bezahlte. Mit Schreiben
vom 25. November 2009 und vom 9. Dezember 2009 forderte der Kläger die
Beklagte erfolglos zur Rückzahlung dieses Betrages auf.
3 Mit der am 23. April 2010 eingereichten und am 15. Juni 2010 zugestellten
Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 7.310 € nebst Zinsen
sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 661,16 € nebst
Zinsen in Anspruch. Die Beklagte beruft sich auf Verjährung des geltend
gemachten Anspruchs.
4 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat -nachdem der
Kläger die Klage in Höhe von 1.775,08 € sowie der geltend gemachten
Rechtsanwaltskosten zurückgenommen hatte - auf die Berufung des Klägers der
Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils in Höhe von 5.534,92 €
nebst Zinsen stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen
Urteils.
Entscheidungsgründe:
5 Die Revision hat Erfolg.
I.
6 Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von
Interesse - zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7 Die Beklagte habe den vom Beklagten nach Klagerücknahme noch geforderten
Betrag ohne Rechtsgrund erlangt und sei daher gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1
Alt.1 BGB zu dessen Rückzahlung verpflichtet. Die vertragliche Regelung über
die Schönheitsreparaturen, wonach der Mieter ohne Zustimmung des Vermieters
nicht von der bisherigen Ausführungsart habe abweichen dürfe, sei unwirksam.
8 Der Anspruch des Klägers sei entgegen der Auffassung des Amtsgerichts
nicht verjährt. Die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 2 BGB sei auf die
auf Rückzahlung von Abgeltungsbeträgen für nicht ausgeführte
Schönheitsreparaturen gerichteten Bereicherungsansprüche nicht anzuwenden.
Denn für die Frage, ob die gezahlten Abgeltungsbeträge zurückverlangt werden
könnten, spiele der Zustand der Mietsache bei Beendigung des
Mietverhältnisses keine Rolle, so dass das zentrale Argument für eine
Anwendung des § 548 Abs. 2 BGB entfalle. Dabei werde von der Kammer nicht
verkannt, dass Sinn und Zweck des § 548 Abs. 2 BGB darin liege, die
wechselseitigen Ansprüche der Mietvertragsparteien - auch
bereicherungsrechtlicher Natur - nach Beendigung des Mietverhältnisses
möglichst rasch abzuwickeln, und deshalb § 548 Abs. 2 BGB weit auszulegen
sei. Zwar sei der Zustand der Mietsache bei der Festlegung des
Abgeltungsbetrags von Bedeutung, nicht jedoch bei der Entscheidung über die
Rückforderung desselben. Hier komme es allein auf das Bestehen des
Rechtsgrundes an, welcher bei Unwirksamkeit der Renovierungsklausel fehle.
9 Auch dass die Mieter, die einen Abgeltungsbetrag bezahlt hätten, in Folge
dieser Entscheidung besser stünden, als die Mieter, die
Schönheitsreparaturen aufgrund einer unwirksamen Klausel ausgeführt hätten
und nach Erhebung der Verjährungseinrede durch den Vermieter ihre
Aufwendungen nach Ablauf der in § 548 Abs. 2 BGB bestimmten Frist nicht mehr
mit Erfolg zurückfordern könnten, rechtfertige keine andere Bewertung.
II.
10 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der
vom Kläger geltend gemachte Rückforderungsanspruch ist gemäß § 548 Abs. 2
BGB verjährt.
11 1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in Nr.
5 Abs. 2 des Mietvertrags bestimmte Regelung über die Ausführung von
Schönheitsreparaturen den Mieter unangemessen benachteiligt, weil sie dem
Mieter auch während des Bestehens des Mietverhältnisses eine bestimmte
Ausführungsart vorschreibt (Senatsurteil vom 22. Februar 2012 - VIII ZR
205/11, WuM 2012, 194 Rn. 9 ff. mwN). Damit bestand für die vom Kläger im
August 2007 zur Abgeltung der Schönheitsreparaturen geleistete Zahlung - wie
das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannt hat - kein Rechtsgrund.
12 2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der aufgrund dessen
entstandene Bereicherungsanspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
BGB sei nicht gemäß § 548 Abs. 2 BGB verjährt, begegnet indes
durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
13 a) Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen sämtliche
Ansprüche, die der Mieter wegen der Durchführung von Schönheitsreparaturen
gegen den Vermieter erhebt, der kurzen Verjährung nach § 548 Abs. 2 BGB,
mithin auch ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (Senatsurteil
vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 195/10, NJW 2011, 1866 Rn. 13 ff. mwN).
Es macht dabei keinen Unterschied, ob der Mieter - jeweils in
Verkennung der Unwirksamkeit der Renovierungsklausel - die
Schönheitsreparaturen selbst durchführt beziehungsweise durchführen lässt
und vom Vermieter anschließend den hierfür aufgewendeten Betrag fordert,
oder ob der Mieter an den Vermieter einen Abgeltungsbetrag für die nicht
durchgeführten Schönheitsreparaturen zahlt. Sowohl die geldwerte
Sachleistung als auch der Abgeltungsbetrag dienen der Verbesserung der
Mietsache und sind deshalb als Aufwendungen auf die Mietsache im Sinne des §
548 Abs. 2 BGB anzusehen.
14 Die Auffassung des Berufungsgerichts, die beiden Fallgestaltungen seien
hinsichtlich der Verjährung deshalb unterschiedlich zu betrachten, weil es
sich bei der Rückforderung eines Abgeltungsbetrags nicht um einen Anspruch
handele, der vom Zustand der Mietsache zur Zeit der Rückgabe abhänge, trifft
nicht zu. Auch der Bereicherungsanspruch nach rechtsgrundlos durchgeführter
Renovierung durch den Mieter selbst ist dem Grunde nach von dem Zustand der
Mietsache bei Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig. Ungeachtet dessen
handelt es sich in beiden Fallgestaltungen um Ansprüche, die im Zusammenhang
mit dem Zustand der Mietsache stehen, denn ihnen ist gemeinsam, dass es sich
bei dem Geldbetrag, der kondiziert werden soll, um eine Aufwendung des
Mieters handelt, die er im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache
erbracht hat. Über den Ersatz solcher Aufwendungen soll nach dem Sinn und
Zweck des § 548 Abs. 2 BGB - unabhängig von der (anspruchs-)rechtlichen
Einordnung - nach Beendigung des Mietverhältnisses alsbald Klarheit
herrschen (Senatsurteil vom 4. Mai 2011 - VIII ZR
195/10, aaO Rn. 14 f.).
15 Auch gibt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keinen
sachlichen Grund, der es rechtfertigen würde, den Mieter, der die Mietsache
infolge einer (von ihm unerkannt) unwirksamen Klausel selbst renoviert,
hinsichtlich der Verjährung seines Bereicherungsanspruchs anders zu
behandeln als den Mieter, der zur Abgeltung einer vermeintlichen
Renovierungsverpflichtung an den Vermieter einen Geldbetrag zahlt.
16 b) Das Mietverhältnis der Parteien endete nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts am 31. August 2007. Die sechsmonatige Verjährungsfrist des
§ 548 Abs. 2 BGB war daher bei Einreichung der Klage im April 2010 längst
abgelaufen. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift
mithin durch.
III.
17 Das Berufungsurteil kann nach allem keinen Bestand haben; es ist auf-
zuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen zu treffen
sind, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Da der geltend gemachte Anspruch verjährt ist, hat die Klage keinen Erfolg.
Die Berufung des Beklagten gegen das die Klage abweisende Urteil des
Amtsgerichts ist daher zurückzuweisen.
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