Kurze Verjährung von Schadensersatzansprüchen des
Vermieters nach § 548 Abs .1 BGB: Verjährungsbeginn mit Rückgabe, keine
Anwendung der Maximalverjährungsfristen des §§ 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB
BGH, Urteil vom 31. August 2022 - VIII ZR 132/20 - LG
Berlin
Fundstelle:
noch nicht bekannt für
BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
§ 548 Abs. 1 BGB enthält für die von dieser
Bestimmung erfassten Ansprüche des Vermieters eine abschließende
Sonderregelung, die der allgemeinen Regelung des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
BGB vorgeht, so dass eine Anspruchsverjährung vor Rückgabe der Mietsache an
den Vermieter nicht eintreten kann, auch wenn die in der vorgenannten
Vorschrift bestimmte Frist von 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der
Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an
bereits im laufenden Mietverhältnis verstrichen ist (im Anschluss an
BGH, Urteil vom 19. Januar 2005 - VIII ZR 114/04,
BGHZ 162, 30, 37).
Zentrale Probleme:
Ein einfacher mietrechtlicher Fall: Über 30 Jahre nach
der entsprechenden Pflichtverletzung wird eine beschädigte Mietsache
zurückgegeben. Die kurze Verjährung des § 548 Abs. 1 BGB beginnt mit der
Rückgabe, unterliegt aber auch nicht der 30jährigen Maximalfrist des § 199
Abs. 3 Nr. 1 BGB, denn dieser gilt nur für die regelmäßige Verjährung. Zur
Reichweite von § 548 BGB vgl. insbesondere
BGH, Urteil vom 23. Mai 2006 - VI ZR 259/04
sowie BGH, Urteil vom
23. Juni 2010 - XII ZR 52/08.
©sl 2022
Tatbestand:
1 Die Kläger sind Eigentümer und Vermieter einer im
Jahr 1981 von den Beklagten zu 1 und 2 gemieteten, im vierten Obergeschoss
gelegenen Wohnung in Berlin. Die Beklagten zu 3 und 4 sind - neben der
Beklagten zu 2 - Miterben des im Laufe des Rechtsstreits verstorbenen
Beklagten zu 1.
2 In den ersten Jahren des Mietverhältnisses - nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts vor dem Jahr 1984 - statteten die
Beklagten zu 1 und 2 das ursprünglich mit Holzdielen ohne
Fußbodenentwässerung versehene Badezimmer mit einem Fliesenfußboden nebst
Bodenabfluss aus. Die Arbeiten wurden nicht fachgerecht ausgeführt, weil
eine Dichtung unterhalb der Fliesen nicht erstellt wurde.
3 Am 8.
Juli 2016 drang in dem unmittelbar darunter gelegenen Badezimmer der Wohnung
im dritten Obergeschoss schwallartig Wasser durch die Decke. Im Zuge der
Schadensaufnahme wurde festgestellt, dass die Decke einsturzgefährdet war,
weil mehrere Deckenbalken durch über Jahre eingedrungene Feuchtigkeit
beschädigt worden waren.
4 Mit der während des fortdauernden
Mietverhältnisses im Jahr 2017 erhobenen Klage haben die Kläger geltend
gemacht, die - auf den Rollstuhl angewiesene - Beklagte zu 2 habe während
der letzten zwanzig Jahre regelmäßig außerhalb der Badewanne geduscht, so
dass Wasser durch den unzureichend abgedichteten Fliesenboden in die
darunter gelegene Holzkonstruktion eingedrungen sei. Die Beklagten haben die
Einrede der Verjährung erhoben.
5 Die zuletzt auf die Zahlung von
37.643,09 € nebst Zinsen sowie auf die Feststellung gerichtete Klage, dass
die Beklagten alle weiteren Kosten der Schadensbeseitigung durch
eindringendes Wasser aufgrund nicht sach- und fachgerechter Ausführung von
Umbaumaßnahmen im Badezimmer der Wohnung zu tragen hätten, ist in den
Vorinstanzen erfolglos geblieben.
6 Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Zahlungs- und
Feststellungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
8
Die Revision hat Erfolg.
I.
9 Das Berufungsgericht
(LG Berlin, WuM 2020, 337) hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit
im Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt: Der auf
§ 280 Abs. 1 BGB gestützte Schadensersatzanspruch der Kläger sei gemäß Art.
229 §§ 5, 6 Abs. 3, 4 EGBGB in Verbindung mit § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB
verjährt. Die schadensursächliche Pflichtverletzung - der unter Verstoß
gegen die Regeln der Technik erfolgte Einbau der Bodenfliesen im Badezimmer
- habe sich bereits vor 1984 und damit über 30 Jahre vor der Klageerhebung
ereignet.
10 Die insoweit maßgebliche Vorschrift des § 199 Abs. 3
Satz 1 Nr. 2 BGB sei nicht deswegen unanwendbar, weil
Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen einer Beschädigung der
Mietsache gemäß § 548 Abs. 1 BGB einer besonderen Verjährungsfrist
unterlägen, für die gemäß § 200 BGB ein besonderer Verjährungsbeginn gelte.
Denn § 199 BGB regele - anders als ursprünglich im Gesetzentwurf zum
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in der amtlichen Überschrift der
Vorschrift vorgesehen (BT-Drucks. 14/4553, S. 3 [gemeint: BT-Drucks.
14/6040, S. 3]) - nicht allein den "Beginn der regelmäßigen
Verjährungsfrist", sondern - wie der Rechtsausschuss des Bundestags
hervorgehoben habe (BT-Drucks. 14/7052, S. 180) - darüber hinaus besondere
"Verjährungshöchstfristen". Diese Fristen beanspruchten Geltung unabhängig
vom Beginn der regelmäßigen Verjährung.
11 Die Bestimmung des § 200
BGB regele nach ihrer Überschrift und ihrem Wortlaut nur den "Beginn" von
Verjährungsfristen, die nicht der regelmäßigen Verjährung unterfielen.
Dieser Vorschrift sei daher nicht ohne Weiteres zu entnehmen, dass § 199 BGB
auch im Hinblick auf die in seinen Absätzen 2 bis 4 bestimmten
"Verjährungshöchstfristen" außer Anwendung zu bleiben habe.
12 Das
folge auch nicht aus dem Sinn und Zweck des § 548 BGB, der nach der
Entwurfsbegründung zum Mietrechtsreformgesetz von 2001 dafür Sorge tragen
solle, "zeitnah zur Rückgabe der Mietsache eine möglichst schnelle
Klarstellung über bestehende Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der
Mietsache zu erreichen" (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 45). § 548 BGB sei nach
den vorgenannten Gesetzesmaterialien "lex specialis zu § 198 BGB [aF]",
welcher allein den Beginn der Verjährung geregelt habe.
13 Auch der
Bundesgerichtshof habe ausgesprochen, dass § 548 BGB im Sinne des § 200 BGB
einen "anderen Verjährungsbeginn" bestimme (BGHZ
162, 30 ff.). Soweit der Bundesgerichtshof in der vorbezeichneten
Entscheidung ausgeführt habe, § 199 Abs. 2 und 3 BGB bestimmten "jeweils
Höchstfristen der regelmäßigen Verjährung" (BGHZ
162, 30, 37), handele es sich lediglich um ein obiter dictum. Die Frage,
ob die in § 199 BGB geregelten Verjährungshöchstfristen ausschließlich
Ansprüche beträfen, die der regelmäßigen Verjährung unterlägen, habe nicht
zur Entscheidung gestanden.
14 Die amtliche Überschrift des § 199 BGB
sowie die Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens
sprächen entscheidend dafür, die Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 3
Satz 1 Nr. 2 BGB auch auf die in § 548 Abs. 1 BGB bezeichneten Ansprüche
anzuwenden. Dagegen spreche zwar der Umstand, dass es der Vermieter im
Vergleich zu einem typischen Gläubiger eines deliktischen Anspruchs bis zum
Zeitpunkt der Rückerlangung der Mietsache schwerer habe, Kenntnis von der
Verletzung seines Eigentums und dem Eintritt eines Schadens zu erlangen. Das
sei jedoch nicht entscheidend, denn die absolute Verjährung greife auch
dann, wenn ein Schaden bis zum Ablauf der Verjährungshöchstfrist noch gar
nicht entstanden sei. Diesem Verjährungsrisiko seien Geschädigte unabhängig
davon in gleicher Weise ausgesetzt, ob sie die beschädigte Sache untersuchen
könnten oder nicht.
15 Der Bestimmung des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
BGB sei der gesetzgeberische Wille zu entnehmen, dass jedenfalls eine nicht
unter § 826 BGB fallende mögliche Pflichtverletzung, die erst mehr als 30
Jahre später zu einem erkennbaren Schaden führe und dann in aller Regel
nicht mehr verlässlich festgestellt werden könne, keinen durchsetzbaren
Schadensersatzanspruch nach sich ziehen solle. Dies müsse auch für die
vertragliche Haftung gelten.
16 Ein späterer Anknüpfungspunkt als die
fachlich fehlerhafte Badmodernisierung vor mehr als 30 Jahren komme für eine
Haftung der Beklagten nicht in Betracht. Dies gelte auch, wenn die Beklagte
zu 2 sich über Jahrzehnte regelmäßig außerhalb der Badewanne geduscht haben
sollte. Insoweit sei den Beklagten nicht einmal ein Fahrlässigkeitsvorwurf
zu machen, denn es sei nicht vorhersehbar gewesen, dass Wasser in das Gebälk
unterhalb des Fliesenbodens eindringen und im Lauf der Zeit erhebliche
Schäden verursachen könne.
17 In Anbetracht dessen könne
offenbleiben, ob es den Klägern auch im Hinblick auf die
"versicherungsrechtliche Lösung" des Bundesgerichtshofs verwehrt sei, ihre
Schadensersatzforderung gegen die Beklagten durchzusetzen.
II. 18
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
19 Mit
der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können wegen des
Wasserschadens geltend gemachte Schadensersatzansprüche der Kläger aus § 280
Abs. 1 BGB, § 1967 BGB nicht verneint werden. Solche Ansprüche
sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt.
20 1. Die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung (§
214 BGB) greift nicht durch. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
scheidet die Anwendung der Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 BGB neben der vorrangigen Sonderregelung des § 548 Abs. 1 BGB aus.
21 a) Da auf den im Jahr 1981 geschlossenen Mietvertrag gemäß
Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der seit dem 1.
Januar 2003 geltenden Fassung anzuwenden ist, richtet sich der von den
Klägern erhobene vertragliche Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB
und - soweit es sich um die Erben des früheren Beklagten zu 1 handelt - nach
§ 1967 BGB. Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder
Verschlechterungen der Mietsache verjähren - wie das Berufungsgericht im
Ausgangspunkt nicht verkannt hat - nach der für das Mietrecht geltenden
Sondervorschrift des § 548 Abs. 1 BGB, welche im vorliegenden Fall gemäß der
für das Verjährungsrecht geltenden Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs.
1 Satz 1 EGBGB Anwendung findet (vgl. BGH, Urteile vom 19. Januar 2005 -
VIII ZR 114/04, BGHZ 162, 30, 35; vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005,
2004 unter II 1;; vom 23. Juni 2010 - XII ZR 52/08, NJW 2010, 2652 Rn. 12;
vom 8. Januar 2014 - XII ZR 12/13, NJW 2014, 920 Rn. 15).
22
Die von § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgesehene Verjährung von sechs Monaten
beginnt - unabhängig von der Anspruchsentstehung (Senatsurteile
vom 19. Januar 2005 - VIII ZR 114/04, BGHZ 162, 30, 35 ff.; vom 15. März
2006 - VIII ZR 123/05, NJW 2006, 1588 Rn. 9) - mit dem Zeitpunkt,
in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält (§ 548 Abs. 1 Satz 2, § 200
Satz 1 BGB). Der kurzen Verjährung unterliegen nicht nur
mietvertragliche Ansprüche wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der
Mietsache, sondern auch aus demselben Sachverhalt herrührende konkurrierende
Ansprüche des Vermieters aus unerlaubter Handlung (st. Rspr.; siehe
nur Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - VIII ZR 349/10, NZM 2011, 639 Rn. 12
mwN). Nach dieser Maßgabe ist - wovon auch das Berufungsgericht
ausgeht - eine Anspruchsverjährung gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB im
Streitfall nicht eingetreten, denn das Berufungsgericht hat
nicht festgestellt, dass die Kläger die Mietwohnung im Sinne dieser
Vorschrift zurückerhalten haben.
23 b) Zu Unrecht hat das
Berufungsgericht angenommen, die erhobenen Ansprüche seien jedoch gemäß §
199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB bereits während des laufenden Mietverhältnisses
verjährt, weil sich die den Schaden auslösende Pflichtverletzung - nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts die vor dem Jahr 1984 vorgenommenen,
nicht fachgerechten Fliesenarbeiten im Badezimmer der Wohnung - mehr als 30
Jahre vor der Klageerhebung zugetragen habe. Nach § 199 Abs. 3 Satz
1 Nr. 2 BGB verjähren sonstige (also andere als die § 199 Abs. 2 BGB
genannten) Schadensersatzansprüche, unter anderem aus der Verletzung des
Eigentums, ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob
fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der
Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Diese Bestimmung kommt im Streitfall indes nicht zum Tragen.
24 Das Berufungsgericht hat verkannt, dass die Vorschrift des § 199 Abs.
3 Satz 1 Nr. 2 BGB hier nicht anwendbar ist, weil § 548 BGB für bestimmte
mietrechtliche Ansprüche eine abschließende Sonderregelung enthält, die der
allgemeinen Bestimmung des § 199 Abs. 3 BGB vorgeht, so dass eine Verjährung
solcher Ansprüche vor der Rückgabe der Mietsache nicht eintreten kann.
Dafür sprechen nicht nur der Wortlaut (nachfolgend unter aa) und die
Entstehungsgeschichte des § 548 Abs. 1 BGB (nachfolgend unter bb). Dies
folgt vielmehr insbesondere auch aus der Gesetzessystematik (nachfolgend
unter cc) und dem Sinn und Zweck der Vorschrift (nachfolgend unter dd). Die
gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts findet im Gesetz keine Stütze.
25 aa) Bereits der Wortlaut des § 548 Abs. 1 BGB deutet darauf
hin, dass es sich um eine abschließende Regelung der Verjährung
mietvertraglicher Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder
Verschlechterung der Mietsache handelt. Hätte der Gesetzgeber das
Verhältnis zwischen § 548 Abs. 1 BGB und den in § 199 Abs. 2 bis 4 BGB
normierten Höchstfristen, wie das Berufungsgericht meint, dahin verstanden
wissen wollen, dass Ersatzansprüche des Vermieters schon während des
laufenden Mietverhältnisses nach den § 199 Abs. 2 bis 4 BGB und - sofern
danach nicht verjährt - zusätzlich ab Rückgabe der Mietsache nach § 548 Abs.
1 BGB verjähren, hätte es nahegelegen, dass dies, wie die Revision zu Recht
geltend macht, im Wortlaut des § 548 Abs. 1 BGB zum Ausdruck gebracht worden
wäre, sei es durch eine Wendung wie "spätestens" (Witt, NZM 2012, 545, 546;
Peters in Festschrift "10 Jahre Mietrechtsreformgesetz", 2011, S. 353, 355;
Gsell, NZM 2010, 71, 77 [zu § 548 Abs. 2 BGB]; siehe auch Lehmann-Richter,
NZM 2009, 761, 763) oder durch einen Verweis auf im Allgemeinen Teil des
Bürgerlichen Gesetzbuchs geregelte Verjährungshöchstfristen (vgl. etwa BGH,
Beschluss vom 21. Juni 2018 - IX ZR 171/16, WM 2018, 1372 Rn. 3 f. [zur
Nichtanwendbarkeit der Verjährungshöchstfristen des § 199 Abs. 3 BGB neben
der in § 62 Satz 2 InsO geregelten Verjährungsfrist]). An einem solchen
Anhaltspunkt im Wortlaut des § 548 Abs. 1 BGB fehlt es jedoch.
26 bb)
Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes spricht gegen eine Verjährung
der von § 548 Abs. 1 BGB erfassten Ansprüche, wenn zwar die von § 199 Abs. 3
Satz 1 Nr. 2 BGB vorgesehene Frist von 30 Jahren von der Begehung der
Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden
Ereignis an bereits im laufenden Mietverhältnis verstrichen ist, der
Vermieter der Mietsache jedoch nicht zurückerhalten hat.
27 Der
historische Gesetzgeber hat, wie sich aus den Protokollen zur Beratung des
Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt, allerdings zunächst erwogen, in der
Vorgängerregelung zu § 548 BGB (§ 558 BGB aF) vorzusehen, dass die
Verjährungsfrist 30 Jahre von dem Zeitpunkt an betrage, in welchem der
Anspruch entstanden sei, wenn er nicht nach Ablauf der kurzen sechsmonatigen
Frist bereits früher verjährt sei (vgl. Mudgan, Die gesamten Materialien zum
Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Band 2, S. 841 f.;
Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Recht der
Schuldverhältnisse II, 1980, S. 510). Dem lag der Gedanke zugrunde, dass die
Abkürzung der Verjährungsfrist nicht dazu führen dürfe, dass der Anspruch
noch zu einer Zeit geltend gemacht werden könne, zu der er bei Anwendung der
Vorschriften über die regelmäßige Verjährung von damals 30 Jahren (vgl. §
195 BGB in der Fassung vom 18. August 1896, RGBl. S. 195; im folgenden aF)
schon verjährt wäre (Mugdan, aaO, Band 2, S. 842).
28 Diesen
Vorschlag hat der historische Gesetzgeber jedoch ausdrücklich verworfen und
hierzu ausgeführt, die vorgeschlagene Bestimmung erlange nur in so seltenen
Fällen praktische Bedeutung, dass sich die Streichung rechtfertige, auch
wenn dies zu der - praktisch ganz unbedenklichen - Folge führe, dass
ein Anspruch noch 30 Jahre nach seiner Entstehung geltend gemacht werden
könne (vgl. Mugdan, aaO, Band 2, S. 843; dazu auch Krämer, NJW 1962, 2301).
Der Gesetzgeber war sich somit dieser Fallgestaltung bewusst und hat sich
dennoch ausdrücklich gegen eine parallele Anwendbarkeit einer
Verjährungshöchstfrist von 30 Jahren entschieden. Er hat auch spätere
Änderungen des § 558 BGB aF beziehungsweise des Verjährungsrechts nicht
zum Anlass genommen, die mietrechtliche Sondervorschrift für eine weitere,
bereits vor Rückerhalt der Mietsache beginnende Verjährungsfrist zu öffnen.
Diese gesetzgeberische Grundentscheidung würde unterlaufen, wenn die von §
548 Abs. 1 BGB erfassten Ansprüche bereits vor dem Zeitpunkt, zu dem der
Vermieter die Mietsache zurückerhält, verjähren könnten.
29 cc) Die
Anwendung der Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB auf
die von § 548 Abs. 1 BGB erfassten Ansprüche des Vermieters ist auch mit der
Gesetzessystematik nicht zu vereinbaren.
30 (1) Dies ergibt sich, wie
die Revision zu Recht hervorhebt, bereits aus dem Umstand, dass die
Verjährungshöchstfristen der § 199 Abs. 2 bis 4 BGB im Allgemeinen Teil des
Bürgerlichen Gesetzbuchs normiert sind, während § 548 BGB speziellere
Regelungen für bestimmte mietrechtliche Fallgestaltungen trifft.
Der Gesetzgeber hat die allgemeinen Regeln des § 199 BGB "vor die Klammer"
gezogen, wodurch zum Ausdruck kommt, dass diese Bestimmungen nur Anwendung
finden, soweit hiervon gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist
(vgl. Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 16. Aufl., § 199 Rn. 32a; siehe auch BGH,
Urteil vom 21. Juni 2018 - IX ZR 171/16, WM 2018, 1372 Rn. 3 f.).
31
(2) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht gemeint, eine von der
Gesetzessystematik abweichende Deutung könne der Stellungnahme des
Rechtsausschusses des Bundestags zum Entwurf des
Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (BT-Drucks. 14/7052, S. 180) entnommen
werden. Die im Gesetzgebungsverfahren ursprünglich vorgesehene amtliche
Überschrift des § 199 BGB "Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist"
(BT-Drucks. 14/6040, S. 3) ist zwar auf Empfehlung des Rechtsausschusses des
Bundestags um den Zusatz "Verjährungshöchstfristen" ergänzt worden
(BT-Drucks. 14/7052, S. 180). Dazu hat der Rechtsausschuss des Bundestags
(aaO) ausgeführt: "Die bisherige Überschrift soll um den Zusatz 'und
Höchstfristen' ergänzt werden. Denn § 199 BGB-E regelt nicht allein den
Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist, sondern auch besondere
Verjährungsfristen, die als Höchstfristen erwähnt werden sollen."
32
Dies vermag den Anwendungsvorrang des § 548 Abs. 1 BGB jedoch nicht
einzuschränken. Zwar handelt es sich bei den Verjährungshöchstfristen des §
199 Abs. 2 bis 4 BGB um besonders gestaltete, eigenständige
Verjährungsfristen (Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 16. Aufl., § 199 Rn. 31 f.).
Die von dem Berufungsgericht herangezogene Vorschrift des § 199 Abs.
3 BGB bestimmt jedoch, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, lediglich
Höchstfristen der regelmäßigen Verjährung (Senatsurteil
vom 19. Januar 2005 - VIII ZR 114/04, BGHZ 162, 30, 37) und gilt damit
nicht für Regelungen, die besondere Vorschriften für die Verjährung
enthalten.
33 Weder die im Gesetzgebungsverfahren erweiterte amtliche
Überschrift noch die Bezeichnung als "besondere Verjährungsfristen" in der
Stellungnahme des Rechtsausschusses vermögen die Annahme zu tragen, dass
auch von der mietrechtlichen Sonderbestimmung des § 548 Abs. 1 BGB erfasste
Ansprüche des Vermieters bereits vor Rückgabe der Mietsache nach Maßgabe der
im Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs in § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr.
2 BGB vorgesehenen Verjährungshöchstfrist von 30 Jahren von der Begehung
der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden
auslösenden Ereignis an verjähren könnten. Dies hätte zur Folge, dass für
die von § 548 Abs. 1 BGB erfassten Ansprüche des Vermieters zwei
Verjährungsfristen parallel gälten. Mehrere nebeneinander geltende
Verjährungsfristen sieht § 199 BGB in seinen Absätzen 1 bis 4 jedoch allein
für bestimmte der Regelverjährung unterliegende Ansprüche vor. Daraus folgt,
dass die Verjährungshöchstfristen der § 199 Abs. 2 bis 4 BGB nur § 199 Abs.
1 BGB ergänzen und lediglich für die unter die Regelverjährung fallenden
Ansprüche gelten sollen (Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 16. Aufl., § 199 Rn. 31
ff.; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Aufl., § 199 Rn. 42;
Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb. 2019, § 199 Rn.
93a; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 15. Aufl., § 548 BGB Rn. 45).
34 dd) Die Sichtweise des Berufungsgerichts, welches sich auf
die Gesichtspunkte des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit beruft, ist
auch von Sinn und Zweck des § 548 Abs. 1 BGB nicht gedeckt.
35 Zwar beruht die Verjährung auf den Gedanken des
Schuldnerschutzes, des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit. Sie soll den
Schuldner davor schützen, wegen länger zurückliegender Vorgänge in Anspruch
genommen zu werden, die er nicht mehr aufklären kann, weil ihm Beweismittel
für etwa begründete Einwendungen abhandengekommen oder Zeugen nicht mehr
auffindbar sind (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2018 - XII ZR 5/18,
BGHZ 220, 323 Rn. 24; vgl. auch BGH, Urteile vom 17. Februar 2010 - VIII ZR
104/09, BGHZ 184, 253 Rn. 18; vom 22. Februar 2018 - VII ZR 253/16, NJW
2018, 2056 Rn. 25; jeweils mwN). Dies rechtfertigt jedoch im
Anwendungsbereich der Sondervorschrift des § 548 Abs. 1 BGB nicht ein
Nebeneinander mit der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Satz
1 Nr. 2 BGB.
36 Das Berufungsgericht nimmt nicht in den
Blick, dass der Gesetzgeber sich - auch um das Mietverhältnis nicht unnötig
zu belasten (Senatsurteil vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 133/07, NJW 2008, 2256
Rn. 16 mwN) - dafür entschieden hat, Rechtsfrieden und
Rechtssicherheit nach Maßgabe des § 548 Abs. 1 BGB dadurch herzustellen,
dass er die Verjährung - unabhängig von der Entstehung des Anspruchs -
einerseits erst an die Rückgabe der Mietsache geknüpft hat,
die Verjährungsfrist andererseits aber - unabhängig von der Entstehung des
Anspruchs - auf sechs Monate beschränkt hat statt eine Regelverjährung gemäß
§ 195 BGB vorzusehen. Gerade im Interesse der Rechtssicherheit, der
Rechtsklarheit und des Rechtsfriedens wollte der Gesetzgeber mit der
gesetzlichen Regelung des § 548 Abs. 1 BGB zeitnah zur Rückgabe der
Mietsache eine "möglichst schnelle" Klärung über bestehende Ansprüche im
Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache erreichen (BT-Drucks.
14/4553, S. 45; Senatsurteile vom 8. November 2017 - VIII ZR 13/17, BGHZ
217, 1 Rn. 29; vom 23. Oktober 2013 - VIII ZR 402/12, NJW 2014, 684 Rn. 13;
vom 15. März 2006 - VIII ZR 123/05, NJW 2006, 1588 Rn. 10; jeweils mwN).
37 Dazu muss der Vermieter in die Lage versetzt werden, sich durch
Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft über die Mietsache ungestört ein
umfassendes Bild von etwaigen Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen
zu machen (Senatsurteile vom 23. Oktober 2013 - VIII ZR 402/12, aaO; vom 12.
Oktober 2011 - VIII ZR 8/11, NJW 2012, 144 Rn. 14). Der zentrale
Gesetzeszweck, den Vermieter zu einer möglichst raschen Klärung seiner
Ersatzansprüche anzuhalten, ist daher ausdrücklich an den Rückerhalt der
Mietsache geknüpft (vgl. Senatsurteil vom 8. November 2017 - VIII ZR 13/17,
aaO). Diese gesetzgeberische Wertung würde unterlaufen, wenn eine Verjährung
von Ansprüchen im Anwendungsbereich des § 548 Abs. 1 BGB bereits in solchen
Fällen einträte, in denen die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 199 Abs.
3 Satz 1 Nr. 2 BGB bereits verstrichen ist, bevor der Vermieter die
Mietsache zurückerhalten hat. c) Nach dieser Maßgabe ist Verjährung des
auf die mangelhafte Badmodernisierung gestützten Schadensersatzanspruchs der
Kläger nicht eingetreten. Ob ein Schadensersatzanspruch - wie von der
Revision geltend gemacht - auch darauf gestützt werden kann, dass die auf
einen Rollstuhl angewiesene Beklagte zu 2 nach der Behauptung der Kläger
über Jahrzehnte hinweg regelmäßig außerhalb der Badewanne unmittelbar über
oder neben dem Bodenabfluss geduscht habe, kann mangels ausreichender
tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entschieden werden.
39 2. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt
sich nicht beurteilen, ob sich das angefochtene Urteil aus anderen Gründen
als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Zwar ist der Vermieter im Rahmen der
sogenannten versicherungsrechtlichen Lösung verpflichtet, den
Gebäudeversicherer und nicht den Mieter auf Schadensausgleich in Anspruch zu
nehmen, wenn ein Versicherungsfall vorliegt, ein Regress des Versicherers
gegen den Mieter ausgeschlossen ist und der Vermieter nicht ausnahmsweise
ein besonderes Interesse an einem Schadensausgleich durch den Mieter hat
(Senatsurteile vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, NJW-RR 2005, 381 unter
II 2, 3; vom 19. November 2014 - VIII ZR 191/13, BGHZ 203, 256 Rn. 24). Zu
den tatsächlichen Voraussetzungen, unter denen die Kläger gemäß den
vorgenannten Grundsätzen gehalten sind, ihre Streithelferin im Rahmen einer
dort unterhaltenen Versicherung gegen Leitungswasserschäden auf Leistung in
Anspruch zu nehmen, ohne dass diese bei den Beklagten Rückgriff nehmen
könnte, hat das Berufungsgericht Feststellungen indes nicht getroffen.
III.
40 Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen
Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist
nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht keine Feststellungen
zur inhaltlichen Berechtigung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs
beziehungsweise zu einer etwaigen Verpflichtung der Kläger zur vorrangigen
Inanspruchnahme ihrer Streithelferin getroffen hat. Die Sache ist daher zur
neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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