Deckungsgeschäft als Schadensersatz statt der
Leistung; keine Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Deckungsgeschäfts als
Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung (§§ 280 I, II, 286 BGB)
BGH, Urteil vom 3. Juli 2013 - VIII
ZR 169/12 - OLG Schleswig
Fundstelle:
NJW 2013, 2959
BGHZ 197, 357
Amtl. Leitsatz:
Mehrkosten eines eigenen
Deckungskaufs des Käufers sind nicht als Verzögerungsschaden nach § 280 Abs.
1, 2, § 286 BGB ersatzfähig. Es handelt sich um einen an die Stelle der
Leistung tretenden Schaden, den der Gläubiger nur unter den Voraussetzungen
von § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB und somit nicht neben der Vertragserfüllung
beanspruchen kann.
Zentrale Probleme:
Nach Ansicht des Senats können die Kosten, die der
Gläubiger für ein Deckungsgeschäft aufgewendet hat, ausschließlich unter dem
Aspekt des Schadensersatzes statt der Leistung ersetzt werden, da sie das
Erfüllungsinteresse betreffen. Zum Gesamtkomplex sowie zu den
Gegenansichten, die der BGH verwirft, s.
S. Lorenz, FS Leenen (2012) S. 147 ff. S. dazu auch die Anm. zu
BGH, Urteil vom 20. April 2023 - I ZR 140/22.
©sl 2013
Tatbestand:
1 Der Kläger begehrt Ersatz der wegen
nicht rechtzeitiger Erfüllung eines Kaufvertrags entstandenen Mehrkosten
eines Deckungskaufs.
2 Der Kläger ist seit dem 1. Februar 2012 Insolvenzverwalter über das
Vermögen der Firma W. P. Güternah- und Fernverkehr, die eine Spedition
betrieb (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Die Beklagte vertreibt Heizöl,
Kraft- und Schmierstoffe.
3 Am 31. Oktober 2007 kaufte die Insolvenzschuldnerin bei der Beklagten
2.000.000 l Biodiesel EN 14214 zu einem Preis von 66 € pro 100 l zuzüglich
gesetzlicher Energie- und Mehrwertsteuer. Die Lieferungen sollten in der
Zeit vom 16. April 2008 bis zum 30. September 2008 erfolgen. In den Monaten
April und Mai 2008 lieferte die Beklagte insgesamt 355.495 l Biodiesel an
die Insolvenzschuldnerin. Mit Schreiben vom 4. Juni 2008 teilte die Beklagte
der Insolvenzschuldnerin mit, dass ihre Lieferantin in Insolvenz gefallen
sei und die Lieferungen an sie eingestellt habe und dass es ihr nur noch
möglich sei, Biodiesel im Spot-Geschäft zu Tagespreisen einzukaufen. Zu
einer weiteren Belieferung der Insolvenzschuldnerin war die Beklagte nicht
bereit.
4 Die Insolvenzschuldnerin deckte sich zwischen dem 29. Mai 2008 und dem 30.
September 2008 mit Diesellieferungen unterschiedlicher Lieferanten ein. Da
sich die Biodieselpreise gegenüber dem am 31. Oktober 2007 vereinbarten
Kaufpreis erhöht hatten, wendete die Insolvenzschuldnerin für diese
Lieferungen 475.085,58 € mehr auf, als sie bei Belieferung durch die
Beklagte aufgrund des Kaufvertrages hätte aufwenden müssen.
5 In einem Vorprozess wurde die Beklagte verurteilt, an die
Insolvenzschuldnerin die noch ausstehenden 1.644.505 l Biodiesel EN 14214
Zug um Zug gegen Zahlung von 1.582.789,90 € zu liefern. Die Beklagte nahm
daraufhin die Lieferungen wieder auf.
6 Die Insolvenzschuldnerin hat Zahlung von 475.085,58 € nebst Zinsen und
Rechtsanwaltskosten begehrt. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung
von 472.996,82 € nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten verurteilt. Die
weitergehende Klage sowie die auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus
dem Schlussurteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 6.
November 2009 und auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung dieses
Urteils gerichtete Widerklage hat es abgewiesen. Das Berufungsgericht hat
die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen
Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
7 Die Revision hat Erfolg.
I.
8 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für
das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9 Der Kläger könne von der Beklagten Ersatz des geltend gemachten
Verzögerungsschadens nach § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB in Höhe von
472.996,82 € verlangen. Wenn sich der Gläubiger zu höheren Preisen eindecken
müsse, weil der Schuldner zunächst nicht leiste, sei nicht zweifelhaft, dass
der Gläubiger die Mehrkosten des Deckungsgeschäfts als Verzögerungsschaden
geltend machen könne, denn diese Mehrkosten wären nicht entstanden, wenn der
Schuldner rechtzeitig geleistet hätte. Ein Gläubiger sei nicht gehindert,
neben der Erfüllung Ersatz eines Verzögerungsschadens zu verlangen. Dies
ergebe sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Mai 1998 (VIII ZR
362/96). Diese Rechtslage sei vor der Schuldrechtsmodernisierung nicht
anders gewesen als nach ihrem Inkrafttreten. Ansprüche nach § 281 BGB oder
solche nach § 326 BGB aF seien zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt
Streitgegenstand gewesen. Der Kläger habe einen solchen
Nichterfüllungsschaden nicht ersetzt verlangt.
10 Die Beklagte habe sich seit dem 4. Juni 2008 mit ihrer Leistungspflicht
in Verzug befunden. Denn spätestens mit dem Schreiben von diesem Tag habe
sie klargestellt, dass sie ihrer vertraglichen Leistungspflicht nicht
nachkommen wolle. Hierin liege eine Erfüllungsverweigerung, so dass eine
Mahnung zur Begründung des Verzugs gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich
gewesen sei. Dem Verzugseintritt stehe auch nicht entgegen, dass die nach
dem Vertrag geschuldeten Lieferungen ab dem 16. April bis zum 30. September
2008 von der Insolvenzschuldnerin sukzessive hätten abgerufen werden müssen.
Da die Beklagte unmissverständlich und endgültig zum Ausdruck gebracht habe,
dass sie zur Belieferung der Insolvenzschuldnerin zu den im Vertrag
vorgesehenen Konditionen wegen der Insolvenz ihres Lieferanten nicht bereit
sei, sei es entbehrlich gewesen, die Beklagte sukzessive neu aufzufordern,
die jeweilige Teillieferung zu erbringen. Vielmehr habe die
Insolvenzschuldnerin sich darauf beschränken dürfen, sukzessive
Deckungskäufe bei anderen Lieferanten vorzunehmen.
11 Die Beklagte könne sich nicht auf eine Vorteilsausgleichung berufen. Zwar
bestehe zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Vorteil ein adäquater
Kausalzusammenhang. Allerdings müsse die Anrechnung des Vorteils dem Zweck
des Schadensersatzes entsprechen, das heißt sie dürfe den Geschädigten nicht
unzumutbar belasten und den Schädiger nicht ungebührlich begünstigen. Hier
sei im Ausgangspunkt nicht zu übersehen, dass die Insolvenzschuldnerin
tatsächlich einen erheblichen Vorteil davon gehabt habe, dass sie die
späteren Lieferungen der Beklagten in den Jahren 2009 und 2010 zu deutlich
günstigeren Konditionen erhalten habe, da die Preise aus dem ursprünglichen
Vertrag der nunmehr geltenden Marktlage nicht mehr entsprochen hätten. Hätte
die Beklagte ordnungsgemäß geliefert, hätte die Insolvenzschuldnerin in den
Jahren 2009 und 2010 erheblich mehr Geld für die Diesellieferungen zahlen
müssen.
12 Im Ergebnis würde eine Anrechnung dieser Vorteile auf den
Verzögerungsschaden aber zu einer unbilligen Entlastung der Beklagten als
Schädigerin führen. Bei Kaufverträgen der vorliegenden Art übernähmen beide
Seiten bewusst das Risiko, dass sich die Marktpreise zwischen
Vertragsabschluss und Erfüllung änderten. Werde die Erfüllung vom Schuldner
schuldhaft verzögert, dürfe ihm dies nicht zum Vorteil gereichen. Er könnte
sonst aus spekulativen Gründen die Lieferung in der Hoffnung verzögern, sich
später günstig eindecken zu können. Der bei der späteren Lieferung erhöhte
Marktpreis dürfe daher der Beklagten nicht in dem Sinne zu Gute kommen, dass
sie den längst eingetretenen Verzögerungsschaden auf Seiten der
Insolvenzschuldnerin nachträglich nach den Grundsätzen des
Vorteilsausgleichs mindern dürfe.
II.
13 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Anspruch
aus § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB auf Erstattung der durch die Deckungskäufe
entstandenen Mehrkosten zu. Denn bei diesen Kosten handelt es sich nicht um
einen Verzögerungsschaden, sondern um einen nur nach § 280 Abs. 1, 3, § 281
BGB ersatzfähigen Schaden statt der Leistung. Ein Anspruch auf
Schadensersatz statt der Leistung steht dem Kläger aber nicht (mehr) zu,
denn er hat die Beklagte im Vorprozess mit Erfolg auf Erfüllung des
Kaufvertrages in Anspruch genommen, und diese hat daraufhin die Lieferungen
wieder aufgenommen.
14 1. Die Frage, ob der Käufer neben der Erfüllung die Mehrkosten eines
eigenen Deckungsgeschäfts als Verzögerungsschaden beanspruchen kann, ist in
der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden.
15 a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem
Senatsurteil vom 9. November 1988 (VIII ZR 310/87, NJW 1989, 1215 unter B I)
nicht, dass der Käufer die Kosten eines eigenen Deckungskaufs neben der
Vertragserfüllung als Verzögerungsschaden geltend machen könnte.
16 Zwar hat der Senat in dieser - unter der Geltung des alten Schuldrechts
ergangenen - Entscheidung angenommen, dass die Kosten eines Deckungskaufs
neben der Vertragserfüllung als Verspätungsschaden geltend gemacht werden
können. Dabei ging es aber um einen Deckungskauf, den nicht der Käufer,
sondern der infolge des Lieferverzugs des Erstverkäufers seinerseits in
Lieferverzug geratene Abnehmer des Käufers vorgenommen hatte. Dieser Käufer
wurde von seinem Abnehmer mit den insoweit entstandenen Mehrkosten belastet
und konnte diese Kosten folglich als Verzögerungsschaden vom Verkäufer
ersetzt verlangen. Hier geht es hingegen um die Frage, ob der Käufer neben
der Erfüllung Ersatz der Mehrkosten eines eigenen Deckungskaufs als
Verzögerungsschaden verlangen kann.
17 Auch aus der weiteren Entscheidung des Senats vom 27. Mai 1998 (VIII ZR
362/96, NJW 1998, 2901 ff.) ergibt sich entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts nicht, dass Vertragserfüllung und Ersatz der Mehrkosten
eines eigenen Deckungskaufs nebeneinander verlangt werden könnten. Denn
diese Entscheidung betrifft nur die - vom Senat bejahte - Frage, ob der
Käufer die Mehrkosten eines Deckungskaufs im Rahmen eines
Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung auch dann verlangen kann, wenn
er den Deckungskauf schon vor Ablauf einer dem Verkäufer erfolglos gesetzten
Nachfrist getätigt hat.
18 Für den umgekehrten Fall, dass der Verkäufer Ersatz des Mindererlöses
eines Deckungsverkaufs begehrt, hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
allerdings - ebenfalls unter der Geltung des alten Schuldrechts -
entschieden, dass ein solcher Schaden nicht zusätzlich zur Erfüllung des
Kaufvertrages, also zur Zahlung des Kaufpreises, sondern nur anstatt der
Erfüllung gefordert werden kann (BGH, Urteil vom 20. Mai 1994 - V ZR 64/93,
BGHZ 126, 131, 134).
19 2. Im Schrifttum werden unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob
der Käufer die Kosten des eigenen Deckungskaufs als Verzögerungsschaden
geltend machen kann.
20 a) Einige Autoren ordnen die Kosten eines Deckungskaufs als
Verzögerungsschaden ein, wenn der Käufer das Deckungsgeschäft vor dem
Erlöschen des Erfüllungsanspruchs tätigt. Gegenstand des
Schadensersatzes statt der Leistung sei allein derjenige Schaden, der durch
das endgültige Ausbleiben der Leistung verursacht werde, etwa wenn der
Käufer nach dem erklärten Rücktritt oder nach dem Verlangen von
Schadensersatz statt der Leistung einen Deckungskauf vornehme (Lorenz in
Festschrift Leenen, 2012, S. 147, 153; Faust in Festschrift Huber, 2006, S.
239, 254; Klöhn, JZ 2010, 46, 47).
21 Die Einordnung als Verzögerungsschaden führt allerdings nach dieser
Auffassung nicht dazu, dass der Käufer die Mehrkosten des Deckungsgeschäfts
ohne weiteres neben dem Erfüllungsanspruch geltend machen kann.
22 aa) Nach Ansicht von Faust ist ein Deckungsgeschäft, das der Gläubiger
vornimmt, solange er noch Erfüllung verlangen kann, im Rahmen des Anspruchs
auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung nicht zu berücksichtigen.
Der Gesetzgeber habe in den §§ 280 bis 283 BGB ein "elaboriertes Regelwerk"
geschaffen, das die Interessen von Gläubiger und Schuldner zum Ausgleich
bringen solle, und dabei entschieden, dass eine Liquidierung des Vertrags,
aufgrund derer der Gläubiger sich anderweitig eindecken könne und müsse,
erst mit der Erklärung des Rücktritts, dem Verlangen von Schadensersatz
statt der Leistung oder dem Eintritt von Unmöglichkeit stattfinde. Diese
Wertung dürfe nicht dadurch überspielt werden, dass dem Gläubiger ermöglicht
werde, sich schon zuvor einzudecken und dann die Folgen dieses Geschäfts auf
den Schuldner zu verlagern (Faust, aaO S. 255). Daher sei grundsätzlich
anzunehmen, dass der Verursachungsbeitrag des Gläubigers durch die
vorzeitige Vornahme des Deckungsgeschäfts den Verursachungsbeitrag des
Schuldners, der in der Verzögerung der Leistung liege, so stark überwiege,
dass der Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB gemäß §
254 BGB vollständig ausgeschlossen sei (Faust, aaO S. 256; ähnlich Klöhn,
aaO S. 47).
23 bb) Lorenz sieht den Kern der Problematik in der Kausalitätsfrage. Der
Schaden beruhe nicht unmittelbar auf der Verzögerung der noch möglichen
Leistung, sondern es trete durch die Vornahme des Deckungsgeschäfts eine
Handlung des Geschädigten selbst dazwischen. Erst diese verursache den
Verzögerungsschaden. Damit liege ein sogenannter schadensrechtlicher
Herausforderungsfall, also ein Fall psychisch vermittelter Kausalität vor.
Kausalität sei demnach nur dann zu bejahen, wenn der Geschädigte sich
gerechtfertigt veranlasst fühlen dürfe, ein endgültiges Deckungsgeschäft
vorzunehmen (Lorenz, aaO S. 160 ff.). Dies sei dann der Fall, wenn zum
Zeitpunkt der Vornahme des Deckungsgeschäfts die Voraussetzungen eines
Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung vorlägen und eine vom Käufer
gesetzte Nachfrist bereits abgelaufen sei. Denn ab diesem Zeitpunkt müsse
der Käufer zur Befriedigung seines Erfüllungsinteresses nicht mehr auf den
Verkäufer zurückgreifen (Lorenz, aaO S. 168).
24 b) Nach der im Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Ansicht können die
Mehrkosten eines Deckungsgeschäfts grundsätzlich nur einen Schaden statt der
Leistung darstellen und daher nur unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1
und 3, § 281 BGB geltend gemacht werden (Erman/Grunewald, BGB, 13. Aufl., §
437 Rn. 13; MünchKommBGB/Ernst, 6. Aufl., § 286 Rn. 118; Staudinger/Otto,
BGB, Neubearb. 2009, § 280 E 39 und E 5; Staudinger/Löwisch/Feldmann, aaO, §
286 Rn. 176; NK-BGB/Dauner-Lieb, 2. Aufl., § 280 Rn. 65; Palandt/Grüneberg,
BGB, 72. Aufl., § 286 Rn. 41; Schmidt-Kessel in Prütting/Wegen/Weinreich,
BGB, 7. Aufl., § 280 Rn. 32; BeckOK-BGB/Unberath, Stand März 2011, § 286 Rn.
69; Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 737; Kaiser in Festschrift
Westermann, 2008, S. 351, 352; Ady, ZGS 2003, 13, 15; Tiedtke/Schmitt, BB
2005, 615, 617; Haberzettl, NJW 2007, 1328, 1329; Ostendorf, NJW 2010, 2833,
2838).
25 Verlange der Käufer die Erstattung der Kosten eines
Deckungskaufs, mache er keinen Begleitschaden wegen Verzögerung der Leistung
geltend, sondern einen Schaden wegen Ausbleibens der geschuldeten Leistung
(Kaiser, aaO; Staudinger/Löwisch/Feldmann, aaO; Schmidt-Kessel, aaO).
Ein Deckungskauf sei eine endgültige Ersetzung der ursprünglich
erwarteten Leistung durch eine gleichwertige andere; der Schaden ersetze
funktional die Leistung, so dass ein Schaden statt der Leistung vorliege
(Staudinger/Otto, aaO E 39; NK-BGB/Dauner-Lieb, aaO).
Beschaffe sich der Gläubiger die geschuldete Leistung am Markt, stelle er
genau den Zustand her (und zwar in Natur), der bei einer Naturalleistung des
Schuldners bestünde (Grigoleit/Riehm, aaO S. 736).
26 Teilweise wird darauf abgestellt, dass zur Abgrenzung zwischen
dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Schadensersatz "neben der
Leistung" zu fragen sei, ob eine Nacherfüllung den eingetretenen Schaden
beseitigt hätte (Staudinger/Otto, aaO E 24 f.; Tiedtke/Schmitt, aaO;
Ostendorf, aaO S. 2836 f.; Erman/Grunewald, aaO; Ady, aaO; ähnlich
Grigoleit/Riehm, aaO S. 735). Der wesentliche Unterschied zwischen
dem einfachen Schadensersatz und dem Schadensersatz statt der Leistung liege
darin, dass letzterer grundsätzlich erst nach erfolglosem Ablauf einer Frist
zur Nacherfüllung verlangt werden könne. Für die Abgrenzung zwischen beiden
Schadensarten sei daher maßgeblich, ob der betreffende Schaden durch die
Nacherfüllung beseitigt würde (Tiedtke/Schmitt, aaO). Sei dies der
Fall, liege ein Schadensersatz statt der Leistung vor, da dem Verkäufer die
Gelegenheit gegeben werden müsse, den Vertrag doch noch zu erfüllen
(Tiedtke/Schmitt, aaO; Ostendorf, aaO; Erman/ Grunewald, aaO).
27 2. Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung. Mehrkosten
eines eigenen Deckungskaufs des Käufers sind nicht als Verzögerungsschaden
nach § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB ersatzfähig. Denn bei derartigen
Kosten handelt es sich nicht um einen Verzögerungs- oder Begleitschaden,
sondern um einen Schaden, der an die Stelle der Leistung tritt und
den der Gläubiger deshalb nur unter den Voraussetzungen der § 280 Abs. 1, 3,
§ 281 BGB und somit nicht neben der Vertragserfüllung beanspruchen kann.
28 Wie die Revision zutreffend ausführt, wäre der Kläger, falls ihm neben
der im Vorprozess erfolgreich geltend gemachten Vertragserfüllung ein
Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten des eigenen Deckungskaufs zugebilligt
würde, zum Nachteil der Beklagten so gestellt, als hätte er die bestellte
Dieselmenge zu dem vertraglich vereinbarten Preis doppelt zu beanspruchen.
Hieran wird besonders deutlich, dass die Kosten des eigenen Deckungskaufs
des Käufers, der an die Stelle der vom Verkäufer geschuldeten Leistung
tritt, nicht neben dieser Leistung als Verzögerungsschaden geltend gemacht
werden können.
29 3. Der Kläger kann den geltend gemachten
Anspruch auf Ersatz der Kosten des Deckungskaufs auch nicht auf § 280 Abs.
1, 3, § 281 BGB stützen. Zwar lagen die Voraussetzungen für einen
Schadensersatzanspruch statt der Leistung zunächst vor, weil die Beklagte
die Vertragserfüllung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
endgültig verweigert hatte und es deshalb keiner Fristsetzung mehr bedurfte.
Grundsätzlich hat der Gläubiger auch die Wahl, ob er Schadensersatz statt
der Leistung verlangt oder auf Vertragserfüllung besteht; auch lässt das
Erfüllungsverlangen des Gläubigers grundsätzlich dessen Befugnis unberührt,
wieder zu einem Schadensersatzanspruch statt der Leistung überzugehen
(BGH, Urteil vom 20. Januar
2006 - V ZR 124/04, NJW 2006, 1198 Rn. 19). Der Gläubiger
kann aber - selbstverständlich - nicht beides verlangen. Deshalb erlischt
der Anspruch des Gläubigers auf die Leistung, wenn er statt der Leistung
Schadensersatz verlangt (§ 281 Abs. 4 BGB). Umgekehrt schließt auch die
Erfüllung, auf die der Kläger die Beklagte erfolgreich in Anspruch genommen
hat, einen Anspruch auf Erstattung von (Mehr-)Kosten eines zuvor getätigten
eigenen Deckungsgeschäftes aus.
III.
30 Das Berufungsurteil kann nach alledem keinen Bestand haben und ist daher
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit hinsichtlich der Klage zum Nachteil
der Beklagten entschieden worden ist. Der Senat entscheidet in der Sache
selbst, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies
führt zur Änderung des erstinstanzlichen Urteils, soweit hinsichtlich der
Klage zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und zur Abweisung
der Klage.
|