Unmöglichkeit (§ 275 I BGB) und Rechtsmangel beim
Forderungskauf; Verjährung des Anspruchs aus § 326 IV BGB nach §§ 195, 199
BGB; Voraussetzungen einer Analogie
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2023 - VIII ZR 307/20 - OLG
Celle
Fundstelle:
noch nicht bekannt für
BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Ist dem Verkäufer einer Forderung deren
Übertragung auf den Käufer nicht möglich, weil die Forderung nicht besteht,
liegt ein vom allgemeinen Leistungsstörungsrecht geregelter Fall der
Nichterfüllung (§ 275 Abs. 1 BGB), nicht aber ein vom kaufrechtlichen
Gewährleistungsrecht (§ 453 Abs. 1, §§ 434 f. BGB aF, § 437 BGB) erfasster
Mangel der verkauften Forderung vor. b) Die Verjährung der sich daraus
ergebenden Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer richtet sich nach den
allgemeinen Vorschriften der §§ 195, 199 BGB. Die Bestimmung des § 438 Abs.
1 Nr. 1 Buchst. a BGB ist hierauf nicht analog anwendbar.
Zentrale Probleme:
Eine etwas langatmige, dafür aber sehr gründliche
Entscheidung, bei welcher sich zwei grundlegende Fragen stellen: (1) Nach
welchen Vorschriften regeln sich die Konsequenzen, wenn eine verkaufte
Forderung nicht (oder nicht in voller Höhe) existiert? (2) Welches
Verjährungsregime gilt? (1) Wie auch beim Sachkauf liegt, wenn schon die
Übertragung der Forderung nicht gelingt, weil sie nicht existiert oder der
Verkäufer nicht darüber verfügt, kein Sachmangel der Forderung (§ 453 I iVm
§ 434 BGB) vor, sondern ein dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht
zuzuordnender Fall der Unmöglichkeit (§ 275 I BGB) vor. Damit kann der
Käufer der Forderung einen bereits bezahlten Kaufpreis nach §§ 326 IV, 346
I BGB zurückverlangen. Er kann auch - was freilich unnötig ist - nach § 326 V
iVm § 323 BGB ohne Fristsetzungserfordernis zurücktreten und den Kaufpreis
dann nach § 346 I BGB zurückverlangen. Für den Sachkauf hatte der BGH das
schon entschieden, s. dazu BGH, Urteil
vom 19. Oktober 2007 - V ZR 211/06, BGHZ 174, 61. (2) Der Anspruch
verjährt in der Regelverjährung der §§ 195, 199 BGB. Eine analoge Anwendung
von § 438 BGB kommt nicht in Betracht.
©sl 2024
Tatbestand:
1 Die Klägerin betreibt ein medizinisches Abrechnungszentrum; sie kauft
Forderungen von Ärzten aus medizinischen Behandlungen und macht diese
gegenüber den Patienten aus abgetretenem Recht geltend. Der Beklagte ist ein
niedergelassener Zahnarzt.
2 Am 3. August 2010 schlossen die Parteien
eine Vereinbarung über den Ankauf von Forderungen aus zahnärztlicher
Behandlung, die nicht über die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen
abgerechnet werden müssen (nachfolgend Abrechnungsvereinbarung). Die
Vereinbarung sieht vor, dass der Beklagte der Klägerin durch Übermittlung
der den jeweiligen Behandlungsfall betreffenden Rechnungsunterlagen oder
-daten seine sich hieraus ergebenden Forderungen gegen die Patienten zum
Kauf anbietet und diese zugleich für den Fall der Annahme des Kaufangebots
abtritt. Zudem ist bestimmt, dass die Klägerin das Kaufangebot und die
Abtretung konkludent durch die Auszahlung des Kaufpreises an den Beklagten
annimmt. Nach der Vereinbarung beträgt der Kaufpreis 100 % des
Rechnungsbetrags abzüglich einer der Klägerin zustehenden Vergütung
(Kaufpreisabschlag). Die Auszahlung an den Beklagten erfolgt unabhängig von
der Zahlung durch den Patienten. Die Klägerin übernimmt unter im
Einzelnen geregelten Voraussetzungen für die angekauften Forderungen bei
nachgewiesener Zahlungsunfähigkeit des Patienten das Ausfallrisiko.
3
In dem Formularvertrag heißt es im Weiteren unter anderem:
"5. Voraussetzungen für den Forderungskauf Der MP
[Medizinpartner; Beklagter] sichert im Hinblick auf das vorstehend von M.
[Klägerin] übernommene Ausfallrisiko zu, dass a) weder er noch Dritte die
Forderung bisher abgerechnet haben; b) er über die jeweils zum Kauf
angebotene Forderung uneingeschränkt verfügungsberechtigt ist und der
jeweilige Patient bzw. dessen gesetzlicher Vertreter dem MP das schriftliche
Einverständnis zur Weitergabe (...) sowie zur Abtretung (...) erteilt haben;
c) die Rechnung entsprechend den jeweiligen Gebührenordnungen aufgestellt
ist, (...). 6. Rücktritt vom Forderungskauf, Rückkauf und Rückabtretung
a) M. ist (...) zum Rücktritt vom Forderungskauf berechtigt, wenn die
Forderung von Anfang an rechtlich ganz oder teilweise nicht bestanden
hat, nicht entsprechend der jeweils gültigen Gebührenordnung aufgestellt
wurde, oder nachträglich in ihrem Bestand verändert wurde; sich
herausstellt, dass die Voraussetzungen für den Forderungskauf (Ziff. 5)
nicht vorlagen oder vorliegen (...); die Forderung einredebehaftet ist und
die Einrede des Patienten nicht innerhalb von 14 Tagen nach Aufforderung
seitens M. vom MP ausgeräumt werden kann; (...) oder eine sonstige
Voraussetzung für den Forderungskauf nicht gegeben war oder ist. b)
Soweit M. zurücktritt, wird dem MP der Kaufpreis zurückbelastet.
Eine Rückerstattung der Vergütung durch M. erfolgt nicht. Bis zum
Rücktritt veranlasste Auslagen (insbesondere Auskunfts-, Anwalts- und
Gerichtskosten) (...) hat der MP zu erstatten. Soweit zur Durchsetzung der
Forderung die Durchführung eines streitigen Verfahrens erforderlich wird und
eine vollständige Titulierung der Forderungen nicht erfolgt, z.B. weil die
ursprünglich geltend gemachte Forderung durch das Gericht nicht in voller
Höhe anerkannt wurde, erstattet der MP die der M. auferlegten Kosten, die
über die Kosten hinausgehen, die zur Titulierung der berechtigten Forderung
erforderlich waren sowie den abgewiesenen Teil des Rechnungsbetrages.
Soweit eine Erstattung der vorstehenden Forderungen nicht durch Verrechnung
erfolgen kann, gilt Ziff. 6 d). c) Forderungen, die nach Ankauf und
Abtretung in ihrem rechtlichen Bestand verändert werden (z.B. notwendige
Rechnungsänderungen und/oder Stornierungen), bzw. Forderungen, die von
Anfang an rechtlich nicht bestanden haben oder nicht in der angegebenen Höhe
bestehen oder nicht rechtswirksam abgetreten worden sind (...), oder
Forderungen, die (.) 6 Monate nach Fälligkeit bzw. anwaltlicher Mahnung
nicht beigetrieben worden sind, verrechnet M. in der jeweiligen Höhe mit der
nächsten nach dieser Vereinbarung fällig werdenden Kaufpreiszahlung. In
diesem Fall kauft der MP die Forderung mit dem jeweiligen Wert (ohne den
Kaufpreisabschlag) wieder zurück und nimmt die Rückabtretung durch M. an.
(...) Im Übrigen gilt Ziff. 6 d). d) Soweit eine Verrechnung nicht
möglich ist, wird M. ihr zustehende Beträge im Wege des (.) vereinbarten
Lastschriftverfahrens einziehen. Schlägt dieser Einzug fehl, so ist der MP
verpflichtet den von M. angeforderten Überzahlungssaldo innerhalb 14
Werktagen nach Anforderung auszugleichen (...)."
4 Auf der Grundlage der Abrechnungsvereinbarung verkaufte der Beklagte
der Klägerin im Jahr 2011 die streitgegenständlichen Forderungen aus
zahnärztlichen Behandlungen gegen seine Patienten. Die Klägerin zahlte den
jeweiligen Rechnungsbetrag an den Beklagten aus.
5 Nachfolgend machte
sie die Rechnungsforderungen gegenüber den einzelnen Patienten zunächst
außergerichtlich, später auch gerichtlich geltend. Einige Patienten
leisteten Teilzahlungen an die Klägerin. Im Übrigen lehnten sie - wie auch
die anderen Patienten - Zahlungen ausdrücklich ab. Daraufhin nahm die
Klägerin sämtliche Patienten wegen der jeweils (noch) offenen
Rechnungsbeträge gerichtlich auf Zahlung in Anspruch und verkündete dem
Beklagten in den jeweiligen Vergütungsprozessen den Streit. Eine
vollständige Titulierung der verkauften Honorarforderungen gegenüber den
Patienten gelang der Klägerin in keinem der Verfahren.
6 Mit
Schreiben vom 21. September 2018 erklärte sie unter Verweis auf
die erfolglosen Vergütungsprozesse hinsichtlich aller 17 Forderungskäufe den
Rücktritt vom jeweiligen Kaufvertrag.
7 Mit der am 13. Dezember 2018
eingereichten und am 23. Januar 2019 zugestellten Klage hat die Klägerin die
Verurteilung des Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises sowie zum Ersatz
bei ihr angefallener Rechtsanwalts- und Gerichtskosten aus den gegen die
Patienten geführten Vergütungsprozessen, zuletzt in Höhe eines
Zahlungsbetrags von insgesamt 152.981,57 € nebst Zinsen, begehrt. Der
Beklagte hat sich auf Verjährung berufen.
8 Das Landgericht hat den
Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung des
Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil - unter
Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen und unter Abweisung der
weitergehenden Klage - dahingehend abgeändert, dass es den Zahlungsbetrag
auf 148.593,41 € nebst Zinsen verringert hat.
9 Mit der vom
Berufungsgericht unbeschränkt zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte
die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
10 Die Revision hat Erfolg.
I.
11 Das
Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das
Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
12 Die
Klägerin habe nach Rücktritt einen Anspruch gegen den Beklagten gemäß § 346
Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 453 Abs. 1 BGB aF, § 437 Nr. 2 Alt. 1, §§
440, 326 Abs. 5, § 323 Abs. 1 BGB beziehungsweise mit Nummer 6 der
Abrechnungsvereinbarung auf Rückgewähr in Höhe von insgesamt 90.907,71 €.
Sie sei am 21. September 2018 wirksam von den Forderungskäufen
zurückgetreten; die damit entstandenen Rückgewähransprüche seien noch nicht
verjährt.
13 Der jeweilige Rücktritt sei nicht gemäß § 218 BGB
unwirksam. Da dem Beklagten eine Nacherfüllung im Sinne von § 453 Abs. 1 BGB
aF, § 439 Abs. 1 BGB unmöglich sei, komme es gemäß § 218 Abs. 1 Satz 2 BGB
hypothetisch darauf an, ob ein Nacherfüllungsanspruch der Klägerin im
Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bereits verjährt gewesen wäre oder nicht.
Insoweit sei umstritten, welche Verjährungsvorschrift eingreife, wenn - wie
vorliegend - das verkaufte Recht insgesamt oder nur zum Teil nicht bestehe.
Nach zutreffender Ansicht sei wegen der vergleichbaren Interessenlage des
Käufers im Fall eines nicht existenten und eines drittbelasteten Rechts die
Vorschrift des § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BGB analog anzuwenden.
Entsprechend § 453 Abs. 1 BGB aF, § 438 Abs. 2 BGB beginne die
Verjährungsfrist bei Ansprüchen wegen Rechtsmängeln mit der Abtretung.
Deshalb seien - angesichts der hier geltenden Verjährungsfrist von 30 Jahren
- die geltend gemachten Rückgewähransprüche unzweifelhaft nicht verjährt.
14 Zudem könne die Klägerin von dem Beklagten die ihr in den
Gerichtsverfahren gegen die verschiedenen Patienten des Beklagten
entstandenen Kosten in Höhe von 57.685,70 € erstattet verlangen. Ein
diesbezüglicher Schadensersatzanspruch ergebe sich aus § 311a Abs. 2 BGB. Es
handele sich vorliegend um Rechtskäufe nach § 453 BGB. Werde ein nicht
bestehendes Recht verkauft, liege ein Rechtsmangel nach § 435 BGB vor. Könne
der Verkäufer - wie vorliegend - dem Käufer das Recht nicht verschaffen,
griffen die Vorschriften zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht ein. Hier
habe bereits bei Vertragsschluss ein anfängliches Leistungshindernis
vorgelegen, da die verkauften Honorarforderungen von Anfang an nicht in dem
übertragenen Umfang bestanden hätten.
15 Der Schadensersatzanspruch
der Klägerin gegen den Beklagten sei im Hinblick auf den Eingang der
vorliegenden Klage am 13. Dezember 2018 und die demnächst erfolgte
Zustellung an den Beklagten lediglich in Höhe von 4.388,16 € verjährt. Die
Verjährung dieses Anspruchs richte sich nach den Vorschriften der §§ 195,
199 Abs. 1 BGB. Entstanden im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB sei er
jeweils mit Erlass der ersten für die Klägerin nachteiligen
Gerichtsentscheidung im Verfahren gegen den jeweiligen Patienten. Kenntnis
im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB habe die Klägerin zu dem Zeitpunkt
erlangt, zu dem ihren damaligen Prozessbevollmächtigten diese erste
nachteilige Gerichtsentscheidung jeweils zur Kenntnis gegeben worden sei.
Unter Berücksichtigung des jeweiligen Zustellungsdatums und der aufgrund der
Streitverkündungen in den Vergütungsprozessen eingetretenen
Verjährungshemmung sei die Klageerhebung - mit Ausnahme des vorgenannten
Teilbetrags - noch rechtzeitig gewesen.
II.
16 Diese
Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht
stand.
17 1. Das Berufungsgericht hat zwar rechtsfehlerfrei
angenommen, dass es sich bei den Verträgen der Parteien über den Erwerb von
zahnärztlichen Honorarforderungen des Beklagten gegen seine Patienten
aufgrund ihrer Ausgestaltung als echtes Factoring (vgl.
BGH, Urteile vom 15. April 1987 - VIII ZR 97/86, BGHZ 100, 353, 358 f.; vom
8. Mai 2014 - IX ZR 128/12, NJW 2014, 2358 Rn. 17) um Rechtskäufe
handelt und damit gemäß § 453 Abs. 1 BGB die gesetzlichen Bestimmungen über
den Kauf von Sachen in der vorliegend bis zum 31. Dezember 2021 geltenden
Fassung (Art. 229 § 58 EGBGB; nachfolgend aF) entsprechende Anwendung
finden.
18 2. Jedoch hat es mit seiner Annahme, die Klägerin
könne von dem Beklagten wegen des Verkaufs nicht oder nicht in der
angegebenen Höhe bestehender Honorarforderungen die Rückzahlung des
jeweiligen Kaufpreises nach dem kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht (§ 453
Abs. 1 BGB aF, § 437 Nr. 2 Alt. 1, § 346 Abs. 1 BGB), den Ersatz der ihr in
den Vergütungsprozessen gegen die Patienten entstandenen Kosten hingegen auf
der Grundlage des allgemeinen Leistungsstörungsrechts (§ 311a Abs. 2 BGB)
verlangen, bereits im Ausgangspunkt verkannt, dass sich die
Rechtsfolgen ein und derselben Leistungsstörung einheitlich nach der im
konkreten Fall gegebenen Art der Leistungsstörung - Nichtbestehen oder
Mangelhaftigkeit der verkauften Forderung - und nach den für diese jeweils
geltenden Regelungen richten. Damit hat es sich zugleich den Blick
für die im Streitfall maßgeblichen verjährungsrechtlichen Bestimmungen (§§
195, 199 BGB einerseits, § 438 BGB andererseits) verstellt. Zudem hat
das Berufungsgericht im Rahmen seiner Prüfung des
Kaufpreisrückzahlungsanspruchs rechtsfehlerhaft aufgrund einer analogen
Anwendung von § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BGB eine 30-jährige
Verjährungsfrist herangezogen.
19 a) Welche gesetzlichen
Regelungen für die Verjährung der Ansprüche des Käufers einer Forderung
gegen den Verkäufer im Falle einer Leistungsstörung maßgeblich sind,
bestimmt sich nach der Art der im konkreten Einzelfall in Rede stehenden
Leistungsstörung sowie danach, ob der Gesetzgeber die Folgen dieser
Leistungsstörung in den für alle Schuldverhältnisse geltenden
Bestimmungen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts oder abweichend hiervon
in den besonderen Vorschriften des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts
geregelt hat.
20 aa) Existiert die als bestehend verkaufte
Forderung nicht oder nicht mehr, kann der Verkäufer sie dem Käufer nicht
durch Abtretung gemäß § 398 BGB übertragen. Vermag er die Forderung nicht
noch zu schaffen oder sich - falls sie bei einem Dritten entsteht - zu
verschaffen, liegt - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - nicht
etwa ein vom kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht geregelter Mangel der
verkauften Forderung vor. Vielmehr kann der Verkäufer seine Pflicht zur
Verschaffung der verkauften Forderung nach § 453 Abs. 1 BGB aF, § 433 Abs. 1
Satz 1 BGB nicht erfüllen (vgl. BGH, Urteil
vom 19. Oktober 2007 - V ZR 211/06, BGHZ 174, 61 Rn. 27, 29 [zur
fehlenden Verschaffung des Eigentums beim Sachkauf]). Damit ist ein
vom allgemeinen Leistungsstörungsrecht geregelter Fall der Unmöglichkeit im
Sinne von § 275 Abs. 1 BGB gegeben; der Verkäufer wird von seiner
Leistungspflicht frei (vgl. Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 83. Aufl., §
453 Rn. 19; BeckOGK-BGB/Wilhelmi, Stand: 1. April 2023, § 453 Rn. 27, 33
ff., 985; BeckOK-BGB/Faust, Stand: 1. November 2023, § 453 Rn. 12, 16;
Staudinger/Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 453 Rn. 7;
Münch-KommBGB/Westermann, 8. Aufl., § 453 Rn. 10; Gothe, Verkäuferpflichten
und Gewährleistung beim Forderungskauf, 2017, S. 52 f.; aA
Heerstraßen/Reinhard, BB 2002, 1429, 1430; Kiehnle, ZGS 2008, 379, 383
[jeweils Rechtsmangel]).
21 Für die Verjährung der - von der
Klägerin im Streitfall geltend gemachten -Ansprüche eines Forderungskäufers
auf Rückzahlung des Kaufpreises (§ 346 Abs. 1 BGB in
Verbindung mit § 326 Abs. 4, Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BGB; § 326 Abs. 5, § 323
BGB) sowie auf Schadens- oder Aufwendungsersatz (§
311a Abs. 2 BGB; §§ 280, 281, 283, 284 BGB) gilt die regelmäßige
Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), deren Beginn gemäß § 199 Abs.
1 BGB vom Eintritt der dort bestimmten objektiven und subjektiven
Voraussetzungen abhängt.
22 bb) Hiervon zu
unterscheiden sind die Fälle, in denen die verkaufte Forderung zwar besteht,
aber mit Mängeln behaftet ist. Da dem Verkäufer eine Übertragung
der - so beschaffenen - Forderung auf den Käufer durch Abtretung gemäß § 398
BGB möglich ist, liegt kein Fall der Nichterfüllung der
kaufrechtlichen Verschaffungspflicht nach § 453 Abs. 1 BGB aF, § 433 Abs. 1
Satz 1 BGB vor. Vielmehr ist ein Fall der Schlechtleistung - nämlich eine
Verletzung der aus § 453 Abs. 1 BGB aF, § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB folgenden
Pflicht des Verkäufers, dem Käufer das Recht "frei von Rechtsmängeln" zu
verschaffen (hierzu BT-Drucks. 14/6040, S. 242; Senatsurteil vom
26. September 2018 - VIII ZR 187/17, BGHZ 220, 19 Rn. 39) - gegeben (vgl.
BeckOGK-BGB/Wilhelmi, aaO Rn. 103 f., 985; siehe auch Haedicke, Rechtskauf
und Rechtsmängelhaftung, 2003, S. 150 ff.).
23 In einem solchen Fall
bestimmt sich die Verjährung der - von der Klägerin geltend gemachten -
Ansprüche eines Forderungskäufers auf Rückzahlung des Kaufpreises (§ 346
Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 453 Abs. 1 BGB aF, § 437 Nr. 2, §§ 440, 323,
326 Abs. 5 BGB) sowie auf Schadens- oder Aufwendungsersatz (§ 453 Abs. 1 BGB
aF, § 437 Nr. 3, §§ 280, 281, 284 BGB) nach der besonderen
Verjährungsvorschrift des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts (§
453 Abs. 1 BGB aF, § 438 BGB; vgl.
BT-Drucks. 14/6040, S. 227).
Maßgeblich ist die in § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB geregelte Verjährungsfrist von
zwei Jahren (vgl. BeckOK-BGB/Faust, Stand: 1. November 2023, § 438
Rn. 17 aE; BeckOGK-BGB/Wilhelmi, aaO Rn. 106; Grüneberg/Weidenkaff, aaO Rn.
31a; Münch-KommBGB/Westermann, 8. Aufl., § 438 Rn. 7 aE), die
einheitlich für alle mangelbedingten Ansprüche des Forderungskäufers
entsprechend § 453 Abs. 1 BGB aF, § 438 Abs. 2 BGB zu dem Zeitpunkt beginnt,
zu dem die verkaufte Forderung auf den Käufer übergehen soll, mithin mit
deren Abtretung (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 227;
MünchKommBGB/Westermann, aaO Rn. 8; siehe auch BT-Drucks. 14/7052, S. 173).
24 b) Nach diesem Maßstab erweist sich die Entscheidung des
Berufungsgerichts hinsichtlich der Beurteilung der von der Beklagten
erhobenen Verjährungseinrede als rechtsfehlerhaft.
25 aa) Das
Berufungsgericht hat seiner Prüfung zwar zugrunde gelegt, dass die
verkauften Honorarforderungen von der Klägerin nicht beziehungsweise nur in
geringerer Höhe gegen die Patienten des Beklagten (gerichtlich)
durchgesetzt werden konnten. Indessen hat es nicht, wie es die Bestimmung
der im Streitfall maßgeblichen Anspruchsgrundlagen für das Begehren der
Klägerin einschließlich der anwendbaren Verjährungsvorschriften erfordert
hätte, geprüft und tatsächliche Feststellungen dazu getroffen, ob die
Honorarforderungen jeweils schon nicht bestanden haben oder ob sie zwar
bestanden, aber mangelbehaftet waren. Vielmehr hat das Berufungsgericht die
in den unterschiedlichen Fallgestaltungen in Betracht kommenden Rechte und
Ansprüche eines Forderungskäufers miteinander vermengt, indem es für ein und
dieselbe Honorarforderung hinsichtlich des Kaufpreisrückzahlungsanspruchs
der Klägerin - offenbar in der Annahme eines unbehebbaren Mangels der
Forderung - das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht herangezogen, für den
zudem zugesprochenen Anspruch auf Ersatz der im Prozess gegen den
betreffenden Patienten entstandenen Kosten hingegen eine die anfängliche
Unmöglichkeit der Leistung voraussetzende Vorschrift des allgemeinen
Leistungsstörungsrechts (§ 311a Abs. 2 BGB) angewandt hat.
26 bb) Zudem hat das Berufungsgericht - wie die Revision mit
Recht rügt -rechtsfehlerhaft die Vorschrift des § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
BGB und die dort für Ansprüche des Sachkäufers bei Bestehen eines zur
Herausgabe der Kaufsache verpflichtenden dinglichen Rechts eines Dritten
vorgesehene 30-jährige Verjährungsfrist analog auf die Ansprüche eines
Forderungskäufers im Falle des Nichtbestehens der verkauften Forderung
angewandt.
27 (1) Allerdings ist umstritten, nach welchen Bestimmungen sich
beim Verkauf einer nicht bestehenden Forderung die Verjährung von Ansprüchen
des Forderungskäufers gegen den Forderungsverkäufer richtet.
28 Nach einer
Ansicht gelten die allgemeinen Verjährungsregeln der §§ 195, 199 BGB
(BeckOGK-BGB/Arnold, Stand: 1. August 2023, § 438 Rn. 76; Staudin-ger/Bach,
BGB, Neubearb. 2023, § 438 Rn. 39; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 83. Aufl., §
453 Rn. 31; Schuster/Grützmacher/Diedrich, IT-Recht, 2020, § 453 BGB Rn. 14;
Eidenmüller, NJW 2002, 1625, 1626; Erman/Grunewald, BGB, 17. Aufl., § 438 Rn. 5 und § 453 Rn. 9; Grunewald, NZG
2003, 372, 374; Gothe, Verkäuferpflichten und Gewährleistung beim
Forderungskauf, 2017, S. 75-78).
29 Die Gegenansicht befürwortet eine
analoge Anwendung des § 438 Abs. 1 BGB, wobei teilweise die zweijährige
Verjährungsfrist der Nr. 3 (vgl. Wälzholz, DStR 2002, 500, 503),
überwiegend
aber - wie vom Berufungsgericht - die 30-jährige Verjährungsfrist der Nr. 1
Buchst. a herangezogen wird (BeckOK-BGB/Faust, Stand: 1. November 2023, §
438 Rn. 18 und § 453 Rn. 12; BeckOGK-BGB/Wilhelmi, Stand: 1. April 2023, §
453 Rn. 105; Münch-KommBGB/Westermann, 8. Aufl., § 438 Rn. 7;
Heerstraßen/Reinhard, BB 2002, 1429, 1433 f.).
30 (2) Die erstgenannte
Auffassung trifft zu. Der Verkauf einer nicht bestehenden Forderung
wird als
Fall der 30 anfänglichen objektiven Unmöglichkeit und damit der Nichterfüllung
von der besonderen gewährleistungsrechtlichen Verjährungsregelung in § 453
Abs. 1 BGB aF, § 438 BGB weder unmittelbar noch analog erfasst. Maßgeblich
sind vielmehr die allgemeinen verjährungsrechtlichen Bestimmungen der §§
195, 199 BGB.
31 (a) Eine direkte Heranziehung sowohl der 30-jährigen
Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BGB als auch der
zweijährigen Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB auf die Ansprüche
des Käufers einer nicht bestehenden Forderung scheidet aus. Denn in diesem
Fall gibt es den von § 453 Abs. 1 BGB aF, §§ 438, 437 BGB vorausgesetzten
Bezugspunkt für eine Mängelgewährleistung - einen auf den Käufer
übertragenen Kaufgegenstand - nicht.
32 Es war eine grundlegende
konzeptionelle Entscheidung des Gesetzgebers, die besondere
Verjährungsregelung in § 438 BGB tatbestandlich allein an die in § 437
BGB aufgeführten Rechte (§ 438 Abs. 4, 5, § 437 Nr. 2 BGB) und Ansprüche (§
438 Abs. 1, 3, § 437 Nr. 1, 3 BGB) des Käufers anzuknüpfen, die ihrerseits
durch das Vorliegen eines Sach- oder Rechtsmangels des Kaufgegenstands im
Zeitpunkt des Gefahrübergangs nach §§ 434 f. BGB ausgelöst werden (vgl. auch
BT-Drucks. 14/6040, S. 96, 102 f., 226, 229; BT-Drucks. 14/7052, S. 196).
Nur diese Rechte und Ansprüche des Käufers sollten den besonderen zeitlichen
Grenzen des § 438 BGB - und damit einem einheitlichen Verjährungsregime
(vgl.BT-Drucks. 14/6040, S. 229) -
unterstellt werden, während für andere,
nicht aus der Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstands herrührende Rechte und
Ansprüche des Käufers, insbesondere solche nach dem - wie hier im Fall
der Nichterfüllung vertraglicher Leistungspflichten geltenden - allgemeinen
Leistungsstörungsrecht, die allgemeinen zeitlichen Grenzen der §§ 194 ff.
BGB gelten sollten (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 96, 105, 226, 229; siehe
auch NK-BGB/Büdenbender, 4. Aufl., § 438 Rn. 1; BeckOGK-BGB/Arnold, Stand:
1. August 2023, § 438 Rn. 16, 76; jurisPK-BGB/Pammler, Stand: 1. Februar
2023, § 438 Rn. 6 f.).
33 Hieran ändert die von § 453 Abs. 1
BGB aF angeordnete entsprechende Anwendung der Vorschriften zum Sachkauf auf
den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen nichts. Diese Maßgabe soll
nach dem Willen des Gesetzgebers (lediglich) gewährleisten, dass die
Vorschriften über den Kauf von Sachen "so angewendet werden [.], dass sie
den Besonderheiten insbesondere von Forderungen und Rechten gerecht" werden
(vgl. BT-Drucks. 14/6857, S. 62; siehe auch
BT-Drucks. 14/6040, S. 242
["soweit sie passen"]). Sie ist Folge des gesetzgeberischen Verzichts auf
eigenständige gesetzliche Bestimmungen für den Kauf von Rechten und
sonstigen Gegenständen, was auch für die Regelungen zur Verjährung gilt
(vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 227; BT-Drucks. 14/6857, S. 29 und 62;
BT-Drucks. 14/7052, S. 198). Hingegen fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass die grundlegende
Regelungssystematik des Gewährleistungsrechts zum Kauf von Sachen nicht auch
für den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen gelten sollte.
34 (b)
Zudem kann weder die Bestimmung des § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BGB noch
die des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB auf den Verkauf einer nicht bestehenden
Forderung analog angewendet werden.
35 (aa) Eine Analogie ist nur zulässig,
wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu
beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand,
den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden
kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von
den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der
herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis
gekommen (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 24. Februar 2021 - VIII ZR
36/20, BGHZ 229, 59 Rn. 38; Senatsbeschluss vom 25. Januar 2022 - VIII ZR
359/20, BGHZ 232, 284 Rn. 21; jeweils mwN).
36 Die Analogie setzt daher
voraus, dass die Übertragung der gesetzlichen Regelung auf den ungeregelten
Fall nicht durch eine gesetzgeberische Entscheidung ausgeschlossen ist. Erst
die Planwidrigkeit der Regelungslücke eröffnet die Möglichkeit einer
Ausdehnung der Gesetzesvorschrift über ihren Wortlaut hinaus im Wege eines
Analogieschlusses. Die Lücke muss sich aus einem unbeabsichtigten Abweichen
des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrunde
liegenden - Regelungsplan ergeben, wie er sich aus dem Gesetz selbst im Wege
der historischen und teleologischen Auslegung ergibt. Das Vorliegen einer
vom Gesetzgeber unbeabsichtigten Lücke und ihre Planwidrigkeit müssen dabei
aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden können (vgl. zu allem Senatsbeschluss vom 25.
Januar 2022 - VIII ZR 359/20, aaO Rn. 22 mwN).
37 Weiter ist für eine
Analogie erforderlich, dass die Interessenlage des gesetzlich geregelten
Falls mit der des zu entscheidenden Falls übereinstimmt. Zusätzlich müssen
auch die Wertungsgrundlage und die gesetzgeberische Interessenbewertung der
Gesetzesnorm auf den zu entscheidenden Fall zutreffen (vgl. Senatsurteil vom
24. Februar 2021 - VIII ZR 36/20, aaO Rn. 41 mwN).
38 (bb) Nach dieser
Maßgabe lässt sich - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - schon
nicht feststellen, dass das Fehlen einer gesonderten gesetzlichen Regelung
über die Anordnung einer nur zweijährigen oder einer sogar 30-jährigen
Verjährungsfrist für die Rechte und Ansprüche des Käufers einer nicht
bestehenden Forderung gegen den Verkäufer auf einer planwidrigen
Regelungslücke beruht. Der Gesetzgeber hat vielmehr Ansprüche wegen
Nichterfüllung bewusst den allgemeinen Regelungen zur Verjährung
unterstellt.
39 (α) Im Gesetzgebungsverfahren zur Schuldrechtsmodernisierung
wurde gerade die Ausgestaltung der allgemeinen und besonderen gesetzlichen
Bestimmungen zur Verjährung besonders intensiv erörtert (vgl. die
Darstellung in BT-Drucks. 14/6040, S. 100-103; siehe auch
BeckOGK-BGB/Arnold, Stand: 1. August 2023, § 438 Rn. 16 mwN). Auf der
Grundlage einer Bewertung der Mängel des bisherigen Rechts und einer
Befassung mit den Vorarbeiten der Schuldrechtskommission, mit der hieran aus
dem Schrifttum geäußerten Kritik sowie mit dem Verjährungsmodell der von der
Kommission für Europäisches Vertragsrecht verabschiedeten Principles of
European Contract Law hat sich der Gesetzgeber zu einer Neuordnung des Systems der Verjährungsfristen des Bürgerlichen
Gesetzbuchs entschlossen (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 95-97, 100-103;
BT-Drucks. 14/6857, S. 42).
40 Der Regierungsentwurf hat sich hierbei für
ein ausdifferenziertes Regelungskonzept entschieden, das zum Zwecke der
möglichst weitgehenden einheitlichen Regelung der Verjährungsfristen eine
regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren mit grundsätzlicher Anknüpfung
an ein Kenntnis- oder Erkennbarkeitskriterium einführt (§§ 195, 199 BGB;
BT-Drucks. 14/6040, S. 96, 102, 104 f.),
die kauf- und werkvertraglichen
Mängelansprüche aber in den Vorschriften der §§ 438, 634a BGB besonderen
zeitlichen Grenzen unterstellt (siehe nur BT-Drucks. 14/6040, S. 95-97,
100-105, 226-230, 263 f.). Wie die Begründung zum Entwurf an den
vorgenannten Stellen ausführt, hatte sich für Mängelansprüche die bisherige
Sechsmonatsfrist nach § 477 BGB aF als zu kurz erwiesen und erschien die
neue regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren mit ihrer subjektiven
Anknüpfung als nicht geeignet. Zugleich sollte es infolge der Annäherung der
regelmäßigen Verjährungsfrist und der neuen besonderen
Verjährungsfristen für Mängelansprüche keinen Bedarf mehr für die
Entwicklung von rechtlichen Konstruktionen zum Ausgleich von Nachteilen
unterschiedlicher Verjährungsfristen geben (vgl.
BT-Drucks. 14/6040, S.
105).
41 (ß) In der Regelung für die Verjährung kaufrechtlicher
Mängelansprüche sah der Regierungsentwurf die Geltung einer 30-jährigen
Verjährungsfrist allein für den als besonderen Rechtsmangel angesehenen Fall
vor, dass sich der Käufer einer Sache dem Herausgabeanspruch eines Dritten
aus einem dinglichen Recht ausgesetzt sieht (sogenannte Eviktionsfälle; §
438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BGB). Da dieser Herausgabeanspruch nach § 197
Abs. 1 Nr. 2 BGB einer 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegen sollte (vgl.
BT-Drucks. 14/6040, S. 105),
hielt der Regierungsentwurf zum Schutz des Käufers einen Gleichlauf der
Verjährungsfristen für geboten. Anderenfalls trüge der Käufer das Risiko,
dass seine Ansprüche gegen den Verkäufer vor dem Herausgabeanspruch des
Dritten verjährten (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 227). Weitere
Ausnahmeregelungen für Rechtsmängel hielt der Regierungsentwurf ausdrücklich
nicht für geboten (aaO).
42 (γ) Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurde
zwar erörtert, die Haftung des Verkäufers im Falle des Nichtbestehens des
verkauften Rechts (vgl. etwa BT-Drucks. 14/6857, S. 17 f., 29, 54) der
besonderen Verjährungsregelung in § 438 BGB zu unterstellen (vgl. etwa
BT-Drucks. 14/6857, S. 29, 62; BT-Drucks. 14/7052, S. 172-174, 196 f.).
Von
einer dahingehenden Regelung hat der Gesetzgeber indes abgesehen.
43 (cc) Es
fehlt zudem - entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat geäußerten Rechtsansicht - an der vergleichbaren
Interessenlage zu dem in § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BGB ausdrücklich
genannten Fall der Mangelhaftigkeit einer Kaufsache wegen des Bestehens
eines dinglichen Rechts eines Dritten, auf Grund dessen die
Herausgabe verlangt werden kann.
44 Der Vorschrift des § 438 Abs. 1 Nr. 1
Buchst. a BGB liegt, wie aufgezeigt, der vom Gesetzgeber angestrebte
Gleichlauf der gewährleistungsrechtlichen Verjährungsfrist für Ansprüche des
Käufers einer Sache mit der für den Herausgabeanspruch des Dritten aus dem
dinglichen Recht geltenden Verjährungsfrist (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB)
zugrunde. Hierdurch soll der Käufer davor geschützt werden, dass er nach
Ablauf der an die Übergabe der Sache anknüpfenden zweijährigen
Verjährungsfrist gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB für seine Ansprüche
gegen den Verkäufer noch weitere 28 Jahre dem Herausgabeanspruch des Dritten ausgesetzt wäre, ohne
seinerseits noch Rechte gegen den Verkäufer geltend machen zu können.
45
Hiermit stimmt die Interessenlage im Falle des Verkaufs einer nicht
bestehenden Forderung nicht überein. Weder hat der Käufer aufgrund einer
gleichwohl vorgenommenen Abtretung irgendeine Rechtsposition erlangt, vor
deren drohender Entziehung er - wie von § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BGB
vorausgesetzt - (langfristig) geschützt werden müsste, noch gibt es einen
Dritten, der an dem Kaufgegenstand berechtigt sein könnte (so auch Gothe,
Verkäuferpflichten und Gewährleistung beim Forderungskauf, 2017, S. 76 f.).
Hierdurch unterscheidet sich die in Rede stehende Fallkonstellation auch von
derjenigen, die dem von der Mehrheit im Rechtsausschuss abgelehnten Antrag
zur Erstreckung der 30-jährigen Verjährungsfrist auf verkaufte Rechte
zugrunde lag, an denen ein Recht eines Dritten besteht (vgl. BT-Drucks.
14/7052, S. 172-174).
46 3. Das Berufungsurteil beruht auf den vorgenannten
Rechtsfehlern (§ 545 Abs. 1 ZPO).
47 4. Die Entscheidung des
Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar
(§ 561 ZPO).
48 a) Zwar bestehen - ausgehend von den bislang
getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Inhalt der
Abrechnungsvereinbarung vom 3. August 2010 - Anhaltspunkte dafür, dass die
Verjährung der von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsansprüche gegen
den Beklagten jedenfalls bis zum Abschluss der erfolglosen
Vergütungsprozesse gegen die Patienten durchgehend gehemmt war mit der
Folge, dass die Rücktrittserklärung vom 21. September 2018 und die Klageeinreichung am
13. Dezember 2018 selbst bei Maßgeblichkeit der kurzen kaufrechtlichen
Verjährungsfrist nach § 453 Abs. 1 BGB aF, § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB
rechtzeitig gewesen sein könnten.
49 aa) Die Regelungen der getroffenen
Abrechnungsvereinbarung sind, da es sich bei ihnen nach den
verfahrensfehlerfrei getroffenen und im Revisionsverfahren nicht
angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts um
Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, nach ihrem objektiven Inhalt und
typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und
redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise
beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (st. Rspr.; vgl. etwa
Senatsurteile vom 8. September 2021 - VIII ZR 97/19, WM 2022, 1384 Rn. 18;
vom 28. September 2022 - VIII ZR 319/20, BGHZ 234, 303 Rn. 24). Die
Auslegung kann der Senat selbst vornehmen, da Allgemeine
Geschäftsbedingungen wie revisible Rechtsnormen von dem Revisionsgericht
frei auszulegen sind (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteil vom 19. Januar 2022
- VIII ZR 124/21, juris Rn. 32 mwN).
50 bb) Ein verständiger und redlicher
Vertragspartner wird die Abrechnungsvereinbarung der Parteien vom 3. August
2010 - insbesondere im Hinblick auf die Regelungen zu einem Ausgleich von
Zahlungspflichten "durch Verrechnung" oder mittels der in Nr. 6 Buchst. d
als "Zahlungsverfahren" beschriebenen und dort in eine Rangfolge gestellten
Ausgleichsmodalitäten (Verrechnung, Einzug über Lastschriftverfahren und
Verpflichtung zum Ausgleich eines angeforderten Überzahlungssaldos) sowie zu
einem im Fall der Kündigung auszugleichenden "Sollsaldo" - dahin verstehen,
dass die beiderseitigen Ansprüche aus der laufenden Geschäftsverbindung
grundsätzlich in ein vertraglich vereinbartes Verrechnungssystem (vgl. zur
Üblichkeit der Vereinbarung eines Kontokorrentverhältnisses zwischen den
Parteien eines Factoringvertrags Krüger/Krüger, Handbuch Factoringrecht,
2018, § 3 Rn. 44 ff., insb. Rn. 55, 60 mwN) eingestellt und deren gesonderte
individuelle, insbesondere gerichtliche Verfolgung im Verhältnis
der Parteien zueinander zunächst zurückgestellt werden sollte. Umfasste
diese Abrede auch die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche gegen den
Beklagten, gleich ob sie ihre rechtliche Grundlage in den gesetzlichen
Vorschriften oder in Nummer 6 der Abrechnungsvereinbarung finden, wäre ihre
Verjährung so lange (entsprechend § 205 BGB) gehemmt gewesen, wie ein
Ausgleich zunächst innerhalb des vereinbarten Verrechnungssystems erfolgen
sollte.
51 Den vertraglichen Regelungen zu einer Verpflichtung
des Beklagten, der Klägerin oder den von dieser eingeschalteten
Rechtsanwälten nach Anforderung Unterlagen zur Anspruchsdurchsetzung gegen
die Patienten vorzulegen (vgl. Nr. 6 Buchst. a) oder in bestimmten Fällen
entstandene Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen (vgl. Nr. 6 Buchst. b und
c), wird ein durchschnittlicher, rechtlich nicht vorgebildeter
Vertragspartner der Klägerin zudem entnehmen, dass die Klägerin die
verkauften Honorarforderungen gegebenenfalls auch gerichtlich gegen die
Patienten durchsetzen sollte. Dies und der mit der Eingehung der
laufenden Geschäftsverbindung von den Parteien verfolgte Zweck, den
Beklagten hinsichtlich des Zahlungsmanagements einschließlich des Mahnwesens
und der Durchsetzung in einem streitigen Verfahren gegen die Patienten zu
entlasten (vgl. Konditionenblatt zur Abrechnungsvereinbarung), legt das
Verständnis nahe, dass etwaige im Falle einer Erfolglosigkeit dieses
Vorgehens in Betracht kommende (Rückgriffs-)Ansprüche der Klägerin gegen den
Beklagten erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des Gerichtsverfahrens
gegen den Patienten einem internen Ausgleich zugeführt werden sollen.
Anderenfalls wäre die Klägerin zur Wahrung ihrer eigenen Ansprüche gegenüber
dem Beklagten in jedem Fall bereits bei ersten Anhaltspunkten für
Hindernisse bei der Forderungsdurchsetzung gegen den jeweiligen Patienten
gezwungen, zugleich auch - gegebenenfalls gerichtlich - gegen den Beklagten
vorzugehen.
52 b) Eine abschließende Entscheidung ist dem
Senat jedoch insoweit nicht möglich. Das Berufungsgericht hat diesen - auch
zuvor vom Landgericht nicht erörterten - rechtlichen Gesichtspunkt nicht
(erkennbar) in den Blick genommen. Bei zutreffender rechtlicher Beurteilung
hätte es die Parteien auf die mögliche Bedeutung der Bestimmungen der
Abrechnungsvereinbarung für die Frage der Durchsetzbarkeit der einzelnen
streitgegenständlichen Forderungen im Verhältnis der Parteien zueinander und
für die hieran anknüpfende Frage einer etwaigen Verjährungshemmung hinweisen
und den Parteien Gelegenheit zu einem hierauf bezogenen Vortrag geben
müssen.
III.
53 Nach alledem kann das Berufungsurteil in dem aus dem
Tenor ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben; es ist daher insoweit auf
die Revision des Beklagten aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist im
Umfang der Aufhebung nicht zur Endentscheidung reif. Der Rechtsstreit
ist deshalb insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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