Anforderungen an die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit beim Handelskauf (§ 377 HGB); Verjährung von Gewährleistungsansprüchen nach § 438 I Nr. 2 b BGB: Begriff des Bauwerks und der Verwendung für ein Bauwerk; Beweislast


BGH, Urteil vom 24. Februar 2016 - VIII ZR 38/15 - OLG Dresden


Fundstelle:

noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen


Amtl. Leitsatz:

1. Die Anforderungen an die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit eines Käufers im Rahmen eines beiderseitigen Handelsgeschäfts sind letztlich durch eine Abwägung der Interessen des Verkäufers und des Käufers zu ermitteln (im Anschluss an BGH, Urteil vom 17. September 2002 - X ZR 248/00, BGHReport 2003, 285 unter II 1 b). Dabei ist einerseits das Interesse des Verkäufers zu berücksichtigen, sich nicht längere Zeit nach der Ablieferung der Sache dann nur schwer feststellbaren Gewährleistungsrechten ausgesetzt zu sehen. Andererseits dürfen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Untersuchung nicht überspannt werden (Bestätigung der Senatsurteile vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, WM 1970, 1400 unter 3; vom 16. März 1977 - VIII ZR 194/75, NJW 1977, 1150 unter II 2 b; vgl. auch Senatsurteil vom 24. Januar 1990 - VIII ZR 22/89, BGHZ 110, 130, 138).
2. Der Schuldner, der sich auf den Eintritt der Verjährung als rechtsvernichtenden Umstand beruft, ist darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Voraussetzungen der von ihm in Anspruch genommenen Verjährungsvorschrift vorliegen. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das Gesetz für einen bestimmten Anspruch je nach Fallgestaltung verschieden lange Verjährungsfristen vorsieht (im Anschluss an BGH, Urteile vom 19. Januar 2006 - III ZR 105/05, BGHZ 166, 29, 33 ff.; vom 20. Mai 2003 - X ZR 57/02, NJW-RR 2003, 1320 unter 2 b mwN). Daher trägt der Verkäufer einer Sache, der sich auf den Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB beruft, die primäre Darlegungslast und die Beweislast dafür, dass kein Verjährungstatbestand vorliegt (hier: § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB), der eine längere Verjährungsfrist vorsieht.


Zentrale Probleme:

Die Kernpunkte der Entscheidung betreffen zwei Fragen: Zunächst einmal geht es an die Anforderungen einer Untersuchungs- und Rügeobliegenheit des Käufers nach § 377 HGB. Noch wichtiger ist hier aber die Verjährungsfrage. Der BGH befasst sich hier mit der in der Literatur str. und bislang nicht höchstrichterlich entschiedenen Frage der Beweislast in Bezug auf die maßgebende Verjährungsregel. Wer muss beweisen, welche der in § 438 Abs. 1 Nr. 1 - 3 BGB vorgesehenen Verjährungsfristen einschlägig ist. Der Senat kommt zu dem Ergebnis, dass dies Sache des Schuldners (also des Verkäufers) ist, der sich auf die Verjährung beruft. Hier ging es nämlich um die Frage, ob § 438 I Nr. 2 b (Verwendung für ein Bauwerk) einschlägig ist und deshalb keine zweijährige (§ 438 I Nr. 3 BGB) sondern eine fünfjährige gilt. Es gibt also kein Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen § 438 I Nr. 3 und Nr. 1 und 2 BGB. Anders wird man das wohl bei § 437 III BGB sehen (Geltung der Regelverjährung bei Arglist). Dabei handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, dessen Vorliegen sicher der Käufer wird beweisen müssen. an wird nämlich dem Verkäufer kaum den nicht führbaren Beweis auferlegen können, nicht arglistig gehandelt zu haben.
Weiter beschäftigt sich die Entscheidung mit den Voraussetzungen der genannten Verjährungsregelung, d.h. mit dem Begriff der Sache "die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat" (s. dazu schon BGH NJW 2014, 845): Der Begriff ist außerordentlich weit: Erfasst werden auch gelieferte Bauteile, die wiederum für ein Bauteil eines Bauwerks verwendet werden (hier: Einzelteile für Komponenten einer Walze, die ihrerseits Bestandteil einer Kläranlage werden soll. Auf die Kenntnis des Käufers von diesem Umstand kommt es dabei nicht an.

©sl 2016


Tatbestand:

1 Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Mängel an mittels eines Reibschweißverfahrens zusammengefügten und an die Klägerin ausgelieferten Ronden und Achsstummeln geltend, die für Spannwalzen bestimmt waren.

2 Dem Unternehmen H. (im Folgenden: H. ) war im Jahr 2008 ein Großauftrag zum Bau einer Trocknungsanlage für Klärschlamm in China erteilt worden, bei der Klärschlamm auf Transportbändern befördert werden sollte. Für die Transportbänder wurden nach ursprünglicher Planung jeweils 20 Antriebs- und 20 Spannwalzen benötigt, mit deren Anfertigung H. die Klägerin beauftragte. Bei den Walzen handelt es sich um beschichtete Metallrohre, die seitlich mit Ronden verschlossen werden, in die wiederum Achsstummel eingeschweißt sind. Diesbezüglich erhielt die Beklagte am 6. Mai 2008 von der Klägerin den Auftrag, für jede Walze zwei - aus Stahl zu fertigende - Ronden und zwei - aus Edelstahl herzustellende - Achsstummel zu fertigen und diese im Reibschweißverfahren jeweils zu sogenannten Walzenzapfen zusammenzufügen. Die Beklagte lieferte am 3. Juni 2008 die von ihr im Reibschweißverfahren gefertigten 80 Walzenzapfen (Ronden mit Achsstummel) an die Klägerin aus. Diese stellte unter Verwendung von 64 Walzenzapfen jeweils 16 Antriebs- und 16 Spannwalzen her und lieferte diese an H. , die sie längere Zeit später in China in die Trocknungsanlage für Klärschlamm einbaute.

3 Mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie habe die für China benötigten Walzen hergestellt und ausgeliefert und nun unter Verwendung überzähliger Zapfen eine weitere Rolle (Walze) hergestellt, bei der ohne jegliche mechanische Beanspruchung ein Zapfenbruch aufgetreten sei. Die von der Beklagten daraufhin veranlasste Untersuchung ergab, dass durch das Reibschweißen eine sichere Bauteilverbindung gewährleistet sei und der aufgetretene Zapfenbruch andere Ursachen, etwa eine nicht ausreichend entfernte Oxidschicht, habe. Vom Untersuchungsergebnis wurde die Klägerin am 6. Februar 2009 unterrichtet.

4 Am 4. Februar 2010 kam es im Rahmen eines Probebetriebs in der Anlage in China zu einem Zapfenbruch an einer Spannwalze. Bei einer Besprechung bei H. am 10. Februar 2010 kamen die Parteien und H. überein, dass die Ursache für den Bruch untersucht werden, die Klägerin aber in der Zwischenzeit gegen erneute Vergütung 16 neue Spannwalzen liefern und die Beklagte ihrerseits - auf Kosten der Klägerin - die hierfür benötigten 32 Walzenzapfen herstellen sollte. Im März 2010 brachen an den in China eingebauten Spannwalzen weitere drei Walzenzapfen.

5 Nach anschließender Fertigung von 32 neuen reibgeschweißten Walzenzapfen durch die Beklagte, die diese vor der Auslieferung einer Ultraschalluntersuchung durch einen Fachbetrieb unterziehen ließ, stellte die Klägerin 16 neue Spannwalzen her und lieferte sie an H. . Diese tauschte in der Trocknungsanlage die bisherigen Spannwalzen durch die neu gelieferten Walzen aus.

6 H. , die der Klägerin die Neulieferung vergütet hatte, verlangte von der Klägerin unter anderem Ersatz der für die Neulieferung und den Austausch der 16 Spannwalzen angefallenen Kosten, die sie mit 81.125 € beziffert. Die Klägerin nimmt mit der vorliegenden Klage die Beklagte auf Freistellung von dieser Forderung und auf Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat beschränkt zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren weiter, stützt ihren Freistellungsantrag nun aber ausschließlich auf eine Sachmängelhaftung und nicht mehr - wie in den Vorinstanzen - auch auf Beratungsfehler.

Entscheidungsgründe:

7 Die Revision hat Erfolg.

I.

8 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:

9 Der Klägerin stehe der geltend gemachte Freistellungsanspruch schon deswegen nicht zu, weil ein möglicher Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz statt der Leistung verjährt sei.

10 Die Beklagte habe zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben. Nach § 651 Satz 1, § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB belaufe sich die Verjährungsfrist für Sachmängelansprüche vorliegend auf zwei Jahre und beginne mit der Ablieferung der Sache (§ 438 Abs. 2 BGB). Da nach dem Vorbringen der Parteien die letzten Werkstücke am 3. Juni 2008 bei der Klägerin angeliefert worden seien, sei die Verjährungsfrist regulär spätestens am 3. Juni 2010 abgelaufen gewesen. Die Klageschrift sei indes erst am 1. März 2012 bei Gericht eingegangen.

11 Entgegen der Auffassung der Klägerin unterliege der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch nicht der für Sachen, die entsprechend ihrer üblichen Verwendung für ein Bauwerk verwendet worden sind, geltenden fünfjährigen Verjährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB. Die zweijährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB bilde die Regel. Daher trage der Käufer, der sich auf eine längere Verjährungsfrist berufe, hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Dieser Darlegungs- und Beweislast sei die Klägerin nicht nachgekommen. Sie habe schriftsätzlich lediglich pauschal vorgetragen, bei der Trocknungsanlage in China handele es sich um ein Bauwerk, was nicht näher ausgeführt werden müsse. Die von der Beklagten gelieferten und von der Klägerin in Antriebs- und Spannwalzen eingebauten Ronden mit Achsstummeln seien dazu bestimmt gewesen, in eine Trocknungsanlage für Klärschlamm eingebaut zu werden, und seien deshalb entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden. Dem sei die Beklagte indes entgegengetreten. In der mündlichen Berufungsverhandlung habe die Klägerin schließlich erklärt, die Ronden mit Achsstummel seien ihrer Dimension nach ausschließlich für den Einbau in ortsfeste, mit dem Boden verbundene Transportanlagen bestimmt gewesen; insoweit seien aber keine erläuternde Angaben zur genauen Beschaffenheit der in China errichteten Trocknungsanlage gemacht worden. Außerdem habe die Beklagte auch dieses Vorbringen bestritten.

12 Die danach maßgebliche Verjährungsfrist von zwei Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) sei nicht ausreichend gehemmt (§ 209 BGB) und auch nicht neu in Gang gesetzt (§ 212 BGB) worden. Zwar sei aufgrund der Anzeige eines Zapfenbruchs mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 und der anschließend von der Beklagten veranlassten Untersuchung der Lauf der Verjährung bis zur Mitteilung des Untersuchungsergebnisses am 6. Februar 2009 gehemmt worden. Eine weitere Hemmung sei nach dem Bruch eines weiteren Zapfens am 4. Februar 2010 in China aufgrund der am 10. Februar 2010 einberufenen Besprechung eingetreten, die dann aber spätestens mit der endgültigen Ablehnung einer Regulierung durch das Schreiben des Haftpflichtversicherers der Beklagten vom 20. September 2010 geendet habe. Durch die beschriebenen Hemmungszeiträume sei die zweijährige Verjährung um höchstens 293 Tage bis zum 22. März 2011 verlängert worden. Eine weitere Hemmung sei vor Verjährungsablauf dagegen nicht erfolgt.

13 Auch ein Neubeginn der Verjährung habe nicht stattgefunden. Die Neulieferung von 32 Ronden und Achsstummeln für 16 neue Spannwalzen habe die Verjährung deswegen nicht neu in Gang gesetzt, weil es sich hierbei nicht um eine Nacherfüllung durch Ersatzlieferung (§ 439 BGB) gehandelt habe. Vielmehr habe die Klägerin eingeräumt, der Beklagten diese Nachbestellung gesondert vergütet zu haben.

14 Abgesehen von der eingetretenen Verjährung scheide ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz statt der Leistung auch deswegen aus, weil die von der Beklagten gelieferten Werkstücke gemäß § 377 Abs. 2, 3, § 381 Abs. 2 HGB als genehmigt anzusehen seien. Die Klägerin, die mit der Beklagten ein Handelsgeschäft (§ 343 Abs. 1 HGB) abgeschlossen habe, habe die Obliegenheit getroffen, die Ware unverzüglich nach Ablieferung zu untersuchen, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich sei, und einen sich dabei zeigenden Mangel unverzüglich anzuzeigen. Die Vorschriften über die Mängelrüge beim Handelskauf trügen in erster Linie den Belangen des Verkäufers Rechnung, der davor bewahrt werden solle, sich noch längere Zeit nach der Ablieferung Ansprüchen wegen etwaiger dann nur schwer feststellbarer Mängel ausgesetzt zu sehen, wodurch zugleich dem allgemeinen Interesse an einer raschen Abwicklung des Rechtsverkehrs im Handelsverkehr entsprochen werde.
15 Ihrer danach bestehenden Rügeobliegenheit sei die Klägerin nicht ausreichend nachgekommen. Nach der Auslieferung der Werkstücke am 6. Juni 2008 habe sie erstmals mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 einen Mangel (Zapfenbruch) angezeigt, den sie bei der Kontrolle eines der nicht an H. gelieferten Werkstücke festgestellt habe. Unter diesen Umständen sei davon auszugehen, dass die Klägerin die Ware nach deren Anlieferung nicht unverzüglich gemäß § 377 Abs. 1 HGB untersucht und damit den mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 gerügten Mangel nicht mehr rechtzeitig angezeigt habe. Sie habe sich nach eigenem Vorbringen bei Eingang der Ware mit einer reinen Sichtprüfung begnügt und sich auf den Standpunkt gestellt, von ihr sei keine aufwendige Materialprüfung zu verlangen gewesen. Der von ihr behauptete Mangel sei aber, wie bei der im Schreiben vom 5. Dezember 2008 beschriebenen Kontrolle geschehen, ohne aufwendige Materialprüfung durch einen Sachverständigen feststellbar gewesen. Zum anderen hätte die Klägerin - wie nach dem Bruch des Werkstücks in China am 4. Februar 2010 von der Beklagten hinsichtlich der Neulieferung von 32 Walzenzapfen veranlasst - eine Ultraschallprüfung durch einen Fachbetrieb in Auftrag geben können. Eine solche über eine bloße (Eingangs-)Sichtprüfung hinausgehende Untersuchung sei hinsichtlich der Erstlieferung bereits deswegen geboten gewesen, weil die Antriebs- und Spannwalzen Teil eines Auftrags zum Bau eines überregional bedeutsamen Prestige- und Pilotprojekts gewesen seien.

16 Wenn man gleichwohl eine Sichtprüfung als Eingangsuntersuchung ausreichen lassen wollte, hätte die Ware ebenfalls als genehmigt zu gelten, weil die Klägerin nicht hinreichend dargetan habe, dass sie die schriftliche Mitteilung vom 5. Dezember 2008 unverzüglich nach Entdeckung des behaupteten Mangels (§ 377 Abs. 3 HGB) abgesandt habe. Sie habe weder vorgetragen, wann sie die Rolle (Walze) mit den bei ihr verbliebenen Zapfen hergestellt habe, noch zu welchem Zeitpunkt der Zapfenbruch aufgetreten sei.

II.

17 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin gemäß §§ 651, 434 Abs. 1, § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 3, §§ 281, 249 Abs. 1 BGB auf Freistellung von der Schadensersatzforderung der H. in Höhe von 81.125 € und ein aus § 280 Abs. 2, § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 4 BGB folgender Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.680,10 €, jeweils nebst Zinsen, nicht verneint werden. Das Berufungsgericht hat - wie die Revision zu Recht rügt - bei seinen Erwägungen zu Art und Ausmaß der von der Klägerin nach § 377 HGB zu verlangenden Untersuchung wesentliche Gesichtspunkte im Klägervortrag unberücksichtigt gelassen. Weiter hat es unter Verkennung allgemeiner Rechtsgrundsätze der Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür aufgebürdet, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht der zweijährigen Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB, sondern der - zum Zeitpunkt der Klageeinreichung (§ 167 ZPO, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) noch nicht verstrichenen - fünfjährigen Verjährungsfrist nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB unterliegt.

18 1. Das Berufungsgericht hat bislang nicht geklärt, ob die von der Beklagten gelieferten Walzenzapfen (Ronden und Achsstummel) bei Übergabe mit einem von der Beklagten zu vertretenden Mangel behaftet waren. Für das Revisionsverfahren ist daher vom Vorliegen eines solchen Mangels auszugehen.

19 2. Anders als das Berufungsgericht - der Beklagten folgend - meint, kann auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden, die Klägerin habe gegen ihre Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten nach § 377 Abs. 1, 3 HGB verstoßen mit der Folge, dass die zuerst gelieferten Walzenzapfen als genehmigt zu gelten hätten. Zwar findet § 377 HGB im Streitfall grundsätzlich Anwendung, weil es sich bei dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien um ein beiderseitiges Handelsgeschäft (§§ 343, 344 HGB) handelt und die Vorschrift des § 377 HGB auch für einen Werklieferungsvertrag gilt (§ 381 Abs. 2 BGB; vgl. auch Senatsurteil vom 14. Juli 1993 - VIII ZR 147/92, NJW 1993, 2436 unter II 2 b aa (2), zum Werkvertrag). Das Berufungsgericht hat aber die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Auslegung des § 377 Abs. 1 HGB maßgeblichen Grundsätze nicht hinreichend erfasst und seine Annahme, die Klägerin habe sich nicht mit einer reinen Sichtprüfung begnügen dürfen, auf eine unzureichende Tatsachengrundlage gestützt, weil es teilweise in sich widersprüchliche Feststellungen getroffen und wesentliches Vorbringen der Klägerin zu Art und Umfang der Untersuchungspflicht übergangen hat.

20 a) Gemäß § 377 Abs. 1 HGB hat eine Untersuchung zu erfolgen, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist. Welche Anforderungen an die Art und Weise der Untersuchung zu stellen sind, lässt sich nicht allgemein festlegen (Senatsurteile vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, WM 1970, 1400 unter 3; vom 16. März 1977 - VIII ZR 194/75, NJW 1977, 1150 unter II 2 b). Es ist vielmehr darauf abzustellen, welche in den Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs fallenden Maßnahmen einem ordentlichen Kaufmann im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung auch der schutzwürdigen Interessen des Verkäufers zur Erhaltung seiner Gewährleistungsrechte zugemutet werden können (Senatsurteil vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO). Dabei kommt es auf die objektive Sachlage und auf die allgemeine Verkehrsanschauung an, wie sie sich hinsichtlich eines Betriebs vergleichbarer Art herausgebildet hat (Senatsurteil vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO). Die Anforderungen an eine Untersuchung sind letztlich durch eine Interessenabwägung zu ermitteln (BGH, Urteile vom 20. April 1977 - VIII ZR 141/75, WM 1977, 821 unter II 3 c; vom 17. September 2002 - X ZR 248/00, BGHReport 2003, 285 unter II 1 b), die in erster Linie dem Tatrichter obliegt (vgl. Senatsurteil vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO).

21 b) Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Vorschriften über die Mängelrüge in erster Linie den Interessen des Verkäufers oder Werklieferanten dienen. Er soll, was auch dem allgemeinen Interesse an einer raschen Abwicklung der Geschäfte im Handelsverkehr entspricht, nach Möglichkeit davor geschützt werden, sich längere Zeit nach der Lieferung oder nach der Abnahme der Sache etwaigen, dann nur schwer feststellbaren Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt zu sehen (Senatsurteile vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO; vom 16. März 1977 - VIII ZR 194/75, aaO; vom 24. Januar 1990 - VIII ZR 22/89, BGHZ 110, 130, 138). Ein schutzwürdiges Interesse des Verkäufers an einer alsbaldigen Untersuchung durch den Käufer kann dann besonders groß sein, wenn er bei bestimmungsgemäßer Weiterverarbeitung der Kaufsache zu wertvollen Objekten mit hohen Mangelfolgeschäden rechnen muss und nur der Käufer das Ausmaß der drohenden Schäden übersehen kann (Senatsurteil vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO).

22 Andererseits dürfen im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zwischen Verkäufer/Werklieferanten und Käufer die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Untersuchung nicht überspannt werden (Senatsurteile vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO; vom 16. März 1977 - VIII ZR 194/75, aaO). Denn ansonsten könnte der Verkäufer, aus dessen Einflussbereich der Mangel kommt, in die Lage versetzt werden, das aus seinen eigenen fehlerhaften Leistungen herrührende Risiko auf dem Wege über die Mängelrüge auf den Käufer abzuwälzen (Senatsurteil vom 20. April 1977 - VIII ZR 141/75, aaO unter II 3 a). Anhaltspunkte für die Grenzen der Zumutbarkeit bilden vor allem der für eine Überprüfung erforderliche Kosten- und Zeitaufwand, die dem Käufer zur Verfügung stehenden technischen Prüfungsmöglichkeiten, das Erfordernis eigener technischer Kenntnisse für die Durchführung der Untersuchung beziehungsweise die Notwendigkeit, die Prüfung von Dritten vornehmen zu lassen (Senatsurteile vom 20. April 1977 - VIII ZR 141/75, aaO; vom 16. März 1977 - VIII ZR 194/75, aaO; vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO).

23 c) Ob im Einzelfall verschärfte Untersuchungsanforderungen zum Tragen kommen, hängt von der Natur der Ware, von den Branchengepflogenheiten sowie von dem Gewicht der zu erwartenden Mangelfolgen und von etwaigen Auffälligkeiten der gelieferten Ware oder früheren, nach wie vor als Verdacht fortwirkenden Mangelfällen ab (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2002
- X ZR 248/00, aaO). Dem Käufer aus früheren Lieferungen bekannte Schwachstellen der Ware müssen eher geprüft werden als das Vorliegen von Eigenschaften, die bislang nie gefehlt haben (BGH, Urteile vom 17. September 2002 - X ZR 248/00, aaO; vom 14. Oktober 1970 - VIII ZR 156/68, aaO).

24 d) Die vorstehenden Rechtsgrundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet; zudem hat es seine Überzeugung auf einer nicht tragfähigen Tatsachengrundlage gebildet, weil seine Feststellungen in sich widersprüchlich sind und es entscheidungserhebliches Vorbringen der Klägerin zu Art und Umfang der Untersuchungsobliegenheit übergangen hat.

25 aa) Es hat zwar gesehen, dass § 377 Abs. 1 HGB in erster Linie den Interessen des Verkäufers dient, hat sich aber nicht damit befasst, welche Grenzen der Untersuchungs- und Rügeobliegenheit gezogen sind. Dadurch hat es sich den Blick dafür verschlossen, dass es für die Bestimmung der Art und des Umfangs der Untersuchungsobliegenheit des Käufers auf die beiderseitige Interessenlage ankommt, wobei alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen sind. Das Berufungsgericht hat sich lediglich auf zwei - aus seiner Sicht für eine über eine bloße Sichtprüfung hinausgehende Untersuchungsobliegenheit sprechende - Aspekte beschränkt. Es hat zum einen von dem ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen erkennbaren, im Dezember 2008 gerügten Zapfenbruch auf eine unzureichende Untersuchung der Werkstücke unmittelbar nach deren Anlieferung geschlossen. Weiter hat es dem Umstand, dass die Lieferung der Antriebs- und Spannwalzen Teil eines Großauftrags zum Bau einer neuartigen Trocknungsanlage in China - eines überregional bedeutsamen Prestige- und Pilotprojekts - gewesen sei, entnommen, von der Klägerin sei nicht nur eine Sichtprüfung, sondern, wie von der Beklagten vor Auslieferung der von der Klägerin bestellten Neulieferung veranlasst, eine Ultraschallprüfung zu verlangen gewesen. Gegenteilige Anhaltspunkte - etwa das Vorbringen der Klägerin, Mängel der Werkstücke seien erst nach deren Zerstörung (Bruch) im Rahmen einer aufwendigen Materialienprüfung durch einen Sachverständigen feststellbar gewesen - hat es dagegen für unbeachtlich gehalten. Die Frage, ob eine Mangelhaftigkeit nur im Falle der Zerstörung der Ware sichtbar wird, ist für die Reichweite der Untersuchungsobliegenheit aber ein zu berücksichtigender (gewichtiger) Gesichtspunkt.

26 bb) Weiter beruhen die vom Berufungsgericht für maßgeblich erachteten Aspekte auf verfahrensfehlerhaft getroffenen, nicht tragfähigen Feststellungen, denn das Berufungsgericht hat hierbei wesentliches Vorbringen der Klägerin außer Acht gelassen.

27 (1) Dies gilt zum einen, soweit das Berufungsgericht aus dem im Dezember 2008 gerügten Zapfenbruch und dem Umstand, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt ohne aufwendige Materialprüfungen durch einen Sachverständigen einen Bruch des Werkstücks und damit einen Mangel hat feststellen können, geschlossen hat, einen solchen Mangel hätte sie auch bei einer Kontrolle nach Anlieferung der Ware erkennen können. Dabei hat das Berufungsgericht aufgrund einer unzureichenden Erfassung des Klägervortrags verkannt, dass die Klägerin gerade nicht vorgetragen hat, sie habe den Bruch anlässlich einer Kontrolle des Werkstücks bemerkt. Vielmehr hat sie von Anfang an unter Vorlage der Mängelanzeige vom 5. Dezember 2008 geltend gemacht, sie habe unter Verwendung von der Beklagten gelieferter und bei ihr verbliebener Werkstücke am 5. Dezember 2008 eine weitere Walze (Rolle) hergestellt, bei der es ohne jede mechanische Beanspruchung zu einem Bruch im Bereich des Walzenzapfens gekommen sei. Dies hat sie in dem genannten Schreiben näher dahin präzisiert, dass zum Zeitpunkt des Zapfenbruchs die geschweißte Rolle (Walze) noch auf der Drehbank aufgebaut gewesen sei und sich lediglich gedreht habe, also keiner Beanspruchung durch den Drehstahl ausgesetzt gewesen sei. Im Berufungsverfahren hat sie dies auch unter Beweis gestellt.

28 Nach dem Vorbringen der Klägerin ist der festgestellte Mangel (Zapfenbruch) also erst im Rahmen des Weiterverarbeitungsprozesses und nicht bei einer (nachgeholten) Kontrolle der gelieferten Werkstücke aufgetreten. Dies hat das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang, nämlich im Rahmen der Erörterung einer Rügeobliegenheit nach § 377 Abs. 3 HGB, auch erkannt, so dass es sich bei seiner tatrichterlichen Würdigung zugleich in Widersprüche verwickelt hat.

29 Dass die Klägerin nach ihrem unter Beweis gestellten Vorbringen den im Dezember 2008 gerügten Zapfenbruch bei der Herstellung einer weiteren Walze ohne Einschaltung eines Sachverständigen feststellen konnte, lässt nach alledem nicht den Schluss zu, ein solcher Mangel hätte schon bei einer unverzüglichen Überprüfung der Walzenzapfen nach Anlieferung ohne weiteren Aufwand, insbesondere ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen, erkannt werden können. Die Untersuchungsobliegenheit nach § 377 Abs. 1 HGB erstreckt sich nicht darauf, sofort mit der Weiterverarbeitung zu beginnen. Zudem war (selbst) beim Herstellungsprozess eine Aufdeckung möglicher Mängel nicht gewährleistet. Denn es kam nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin nur einmal, nämlich am 8. Dezember 2008, während des Herstellungsprozesses zu einem Zapfenbruch. Bei der zuvor erfolgten Herstellung der 32 nach China gelieferten Antriebs- und Spannwalzen ist dagegen ein solcher Mangel (unstreitig) nicht aufgetreten; erst in China kam es bei einem Probebetrieb am 4. Februar 2010 und anschließend an drei Tagen im März 2010 zu insgesamt vier (weiteren) Zapfenbrüchen.

30 (2) Auch soweit das Berufungsgericht der Klägerin eine Obliegenheit zur Durchführung einer Ultraschalluntersuchung auferlegt, hat es maßgeblichen Vortrag der Klägerin übergangen. Nach dem unter Beweis gestellten Vorbringen der Klägerin hätte eine Ultraschalluntersuchung keine gesicherten Erkenntnisse erbracht. Die Revisionserwiderung wendet diesbezüglich zwar ein, mit einer Ultraschalluntersuchung hätte zumindest - wie von der Beklagten bei der Neulieferung unter Beweis gestellt - die Verbindungsfestigkeit überprüft werden können. Dies ändert aber nichts daran, dass die Frage der Zuverlässigkeit eines Ultraschallverfahrens offen ist und deshalb nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt auch insoweit nicht von einer Verletzung der Untersuchungsobliegenheit auszugehen ist.

31 Weiter hat die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, dass eine solche Untersuchung im Maschinenbau völlig unüblich sei und nicht für erforderlich gehalten werde, um den Anforderungen an die Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten zu genügen. Im Übrigen könnten - so das weitere unter Beweis gestellte Vorbringen der Klägerin - nur wenige externe Prüflabore eine Ultraschalluntersuchung durchführen; eine von diesen Unternehmen durchgeführte Untersuchung sei zudem mit Kosten in Höhe von etwa 10 % des Materialwerts und einem erheblichen Zeitverlust verbunden. Schließlich macht die Klägerin unter Beweisantritt geltend, die Konstruktion der Walzen und die dabei verwendete Technologie entsprächen dem Stand der Technik und seien ausgiebig praxiserprobt, so dass sich hieraus keine besonderen Anforderungen und Gefahren ergäben. Mit all diesen Gesichtspunkten, die für den durch Interessenabwägung zu bestimmenden Umfang der Untersuchungsobliegenheit nach § 377 Abs. 1 HGB von Bedeutung sein können, hat sich das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft nicht befasst.

32 cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin auch nicht gegen ihre Rügeobliegenheit nach Auftreten eines zunächst verdeckten Mangels (§ 377 Abs. 3 HGB) verstoßen. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht Sachvortrag der Klägerin dazu vermisst, wann es zu dem am 5. Dezember 2008 gerügten Zapfenbruch gekommen ist. Hierbei hat es übergangen, dass die Klägerin schon in erster Instanz vorgetragen hat, der "Achsenbruch" sei Anfang Dezember 2008 erfolgt, und dies im Berufungsverfahren unter Beweisantritt dahin präzisiert hat, dass der "Achsenbruch" am 5. Dezember 2008 aufgetreten und am selben Tag gerügt worden sei.

33 dd) Anders als die Revisionserwiderung meint, stellt sich das Urteil des Berufungsgerichts hinsichtlich der von ihm angenommenen Genehmigungsfiktion (§ 377 Abs. 2, 3 HGB) auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Sie macht geltend, selbst wenn eine Genehmigungsfiktion nicht eingetreten wäre, wären Gewährleistungsansprüche der Klägerin jedenfalls gemäß § 242 BGB aufgrund des Rechtsgedankens der § 651 Satz 3, § 645 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Stahlqualität vorgegeben habe und ein Unternehmer nicht für Mängel verantwortlich sei, die auf verbindliche Vorgaben des Bestellers zurückzuführen seien, sofern der Unternehmer seine Untersuchungs- und Hinweispflicht erfüllt habe (BGH, Urteil vom 8. November 2007 - VII ZR 183/05, BGHZ 174, 110 Rn. 21 mwN). Dabei lässt die Revisionserwiderung aber außer Acht, dass es schon nicht feststeht, ob die gerügten Mängel (Zapfenbrüche) auf der fehlerhaften Vorgabe einer bestimmten Stahlqualität, auf der Lieferung von Stahl minderer Qualität durch das von der Beklagten beauftragte Stahlwerk oder auf einem fehleranfälligen Schweißverfahren beruhen. Hierzu haben die Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen; insbesondere haben sie von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abgesehen.

34 3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann mit den von ihm angestellten Erwägungen eine Verjährung eines möglichen Schadensersatzanspruchs nach §§ 651, 434 Abs. 1, 437 Nr. 3, § 280 Abs. 3, §§ 281, 249 Abs. 1 BGB nicht bejaht werden.

35 a) Zwar wäre entgegen der Auffassung der Revision der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung verjährt, wenn im Streitfall die zweijährige Frist des § 438 Nr. 3 BGB gelten würde. Die Revision nimmt hin, dass der Lauf der Verjährungsfrist gemäß § 203 BGB nur hinsichtlich der vom Berufungsgericht darlegten Zeiträume gehemmt worden ist, meint aber, das Berufungsgericht habe entscheidungserhebliches Vorbringen der Klägerin zu einem Neubeginn der Verjährung nach § 212 Abs. 1 BGB übergangen. Dies trifft nicht zu.

36 Die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin, der Geschäftsführer der Beklagten habe dem nicht bei der Klägerin tätigen Zeugen Hi. gegenüber eingeräumt, er habe ungeeignetes Material verwendet und wolle zudem die Schweißvorbereitung verändern, stellt schon deswegen kein tatsächliches Anerkenntnis im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB dar, weil sie nicht dem Gläubiger gegenüber abgegeben worden ist. Gegenüber der Klägerin hat die Beklagte eine Verantwortlichkeit abgelehnt, so dass diese gezwungen war, auf eigene Kosten eine Nachbestellung in Auftrag zu geben. Zudem würde durch die Einräumung einer Fehlerhaftigkeit des verwendeten Materials noch nicht - wie erforderlich - das Bewusstsein vom Bestehen eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin unzweideutig zum Ausdruck gebracht. Denn zum einen würde damit noch nicht eingeräumt, dass die Beklagte für die Fehlerhaftigkeit des Materials die Verantwortung übernimmt. Zum anderen hat sich die Beklagte darauf berufen, auch für einen möglicherweise von ihr zu vertretenden Mangel nicht eintrittspflichtig zu sein, weil die Klägerin ihrer Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nach § 377 Abs. 1 HGB nicht rechtzeitig nachgekommen sei.

37 b) Jedoch ist das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft zur Anwendung der zweijährigen Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB gelangt. Es hat unter Verkennung allgemeiner Rechtsgrundsätze der Klägerin die primäre Darlegungslast und die Beweislast für die Umstände auferlegt, nach denen vorliegend anstelle der zweijährigen Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB die fünfjährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB (Baustoffe und Baumaterialien) zum Tragen käme.

38 aa) Die Darlegungs- und Beweislastverteilung hinsichtlich der Frage, welche der in § 438 Abs. 1 BGB aufgeführten Verjährungsfristen eingreift, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass die zweijährige Frist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 den Regelfall bilde (Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 438 Rn. 119; MünchKommBGB/Westermann, 7. Aufl., § 438 Rn. 11 [Grundfall]; Pammler in jurisPK-BGB, 7. Aufl., § 438 Rn. 15 [Normalfall]; ähnlich Erman/Grunewald, BGB, 14. Aufl., § 438 Rn. 13 [Nr. 3 erfasse weit überwiegende Zahl der Fälle]), während die Tatbestände des § 438 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB hiervon Ausnahmen normierten (MünchKommBGB/Westermann, aaO; Pammler in jurisPK-BGB, aaO). Hieraus wird vereinzelt abgeleitet, dass den Käufer die Beweislast für das Eingreifen einer längeren Verjährungsfrist treffe (Staudinger/Matusche-Beckmann, aaO). Dies solle auch für das Verhältnis der Verjährungsfristen von § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB (Baustoffe und Baumaterialien) und § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB gelten (Becker in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 438 BGB Rn. 3).

39 Diese Ansicht wird vom Berufungsgericht geteilt. Es hat daher der Klägerin die primäre Darlegungslast und die Beweislast dafür aufgebürdet, dass vorliegend die fünfjährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB gilt.

40 bb) Die Auffassung des Berufungsgerichts steht jedoch in Widerspruch zu dem allgemeinen Grundsatz, dass rechtsvernichtende Einwendungen von der Partei darzulegen und zu beweisen sind, die sich darauf beruft (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - VIII ZR 135/04, NJW-RR 2007, 705 Rn. 19). Daher ist der Schuldner, der sich auf den Eintritt der Verjährung als rechtsvernichtenden Umstand beruft, darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Voraussetzungen der von ihm in Anspruch genommenen Verjährungsvorschrift vorliegen (BGH, Urteile vom 20. Mai 2003 - X ZR 57/02, NJW-RR 2003, 1320 unter 2 b mwN; vom 19. Januar 2006 - III ZR 105/05, BGHZ 166, 29 Rn. 13 ff.).

41 (1) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das Gesetz für einen bestimmten Anspruch je nach Fallgestaltung verschieden lange Verjährungsfristen vorsieht (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - X ZR 57/02, aaO [zur Beweislast bei § 638 Abs. 1 BGB aF]). Dementsprechend hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass zugunsten eines Unternehmers, der sich auf eine kürzere der in § 638 Abs. 1 BGB aF alternativ geregelten Verjährungsfristen (sechs Monate; bei Arbeiten an einem Grundstück ein Jahr; bei Bauwerken fünf Jahre) beruft, ein früherer Ablauf der Verjährungsfrist nur dann anzunehmen ist, wenn auszuschließen ist, dass das vom Unternehmer zu erstellende Werk der Herstellung eines Bauwerks diente (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - X ZR
57/02, aaO).

42 (2) Nichts anderes hat für die kaufrechtlichen Verjährungsregelungen des § 438 Abs. 1 BGB zu gelten. Sieht das Gesetz verschiedene Verjährungsfristen für einen Gewährleistungsanspruch des Käufers vor, so hat der Verkäufer, der sich auf den Eintritt der Verjährung beruft (§ 214 Abs. 1 BGB), darzulegen und zu beweisen, dass keiner der vom Gesetzgeber als vorrangig aufgeführten Tatbestände einer längeren Verjährungsfrist (§ 438 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 BGB) vorliegt. Der Gesetzgeber hat im Rahmen des § 438 Abs. 1 BGB eine Rangfolge von Verjährungsfristen aufgestellt. Die zweijährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB soll nach dem im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers nur "im Übrigen" eingreifen, also nur dann, wenn kein vorrangiger Verjährungstatbestand Geltung beansprucht (vgl. auch BT-Drucks. 14/6040, S. 228).

43 cc) Daher hat die Beklagte, die sich auf den Ablauf der kürzeren Frist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB beruft, darzulegen und zu beweisen, dass die vorrangige Verjährungsregelung des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB nicht zum Zuge kommt, also die Walzenzapfen entweder nicht in einem Bauwerk verwendet wurden oder sie entgegen ihrer üblichen Verwendungsweise hierfür verwendet wurden. Hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen der vorgenannten Vorschrift sind die nachfolgenden Grundsätze zu beachten.

44 (1) Nach der Gesetzesbegründung zu § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB kann hinsichtlich der Frage, ob die Kaufsache "für ein Bauwerk" verwendet worden ist, auf die zu § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB aF (jetzt § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB) entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden (Senatsurteil vom
9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, NJW 2014, 845 Rn. 19). Danach ist ein Bauwerk eine unbewegliche, durch Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache. Von der Vorschrift erfasst sind nicht nur Neuerrichtungen von Bauwerken, sondern auch Erneuerungs- und Umbauarbeiten an einem errichteten Gebäude, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden sind (BT-Drucks. 14/6040, S. 227; Senatsurteil vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012
- VII ZR 182/10, NJW 2013, 601 Rn. 17 f.).

45 Der Ausdruck "Bauwerk" beschreibt dabei nach der Auslegung, die er durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 638 Abs. 1 BGB aF erfahren hat, nicht nur die Ausführung des Baus als Ganzem, sondern auch die Herstellung der einzelnen Bauteile und Bauglieder, und zwar unabhängig davon, ob sie äußerlich als hervortretende, körperlich abgesetzte Teile in Erscheinung treten (BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - X ZR 57/02, aaO unter 2 a mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - VII ZR 287/95, NJW-RR 1998, 89 unter II). Daraus folgt, dass eine Kaufsache aus verschiedenen Gründen als "für ein Bauwerk verwendet" angesehen werden kann, nämlich dann, wenn sie selbst als Bauwerk einzustufen ist, oder wenn sie Bauteil oder Bauglied einer Sache ist, die ihrerseits die Kriterien eines Bauwerks erfüllt, und schließlich, wenn die Sache, deren Teil oder Glied die Kaufsache ist, zwar selbst kein Bauwerk ist, jedoch ihrerseits Bauteil oder Bauglied eines Bauwerks ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - X ZR 57/02, aaO mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Mai 1997
- VII ZR 287/95, aaO). Im Streitfall kommen nach dem Vortrag der Klägerin die Alternativen zwei und drei in Betracht (Trocknungsanlage für Klärschlamm als eigenständiges Bauwerk oder als Teil des Bauwerks "Kläranlage").

46 (2) Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die gelieferten Walzenzapfen seien keine Sachen, welche üblicherweise für ein Bauwerk verwendet würden, kann sie insoweit nicht auf Vortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen verweisen. Auch ist der Anwendungsbereich des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht auf herkömmliche Baustoffe und Baumaterialien wie Beton, Zement, Bauholz, Fenster, Dachplatten oder ähnliche Materialien beschränkt. Ohne Erfolg erhebt die Revisionserwiderung ferner den Einwand, Einzelteile, die erst durch einen zusätzlichen Verarbeitungsschritt zu einem in eine Anlage einzusetzenden Bauteil (Walze) zusammengesetzt werden, seien nicht von § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB erfasst.

47 Denn den Gesetzesmaterialien sind solche Einschränkungen nicht zu entnehmen. Vielmehr war der Gesetzgeber bestrebt, im Interesse eines Gleichlaufs mit § 634a Abs.1 Nr. 2 BGB grundsätzlich sämtliche von einem Käufer für ein Bauwerk eingesetzten Materialien und Stoffe unter den Tatbestand des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB zu fassen, und zwar unabhängig davon, ob sie zu den "klassischen" Baumaterialien zählen und unabhängig davon, ob sie noch weiteren Verarbeitungsschritten zu unterziehen sind. Nicht erfasst werden sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nur solche Sachen, deren bauliche Verwendung außerhalb des Üblichen liegt, "etwa wenn ein Künstler extravagante Sachen verwendet, um einem Gebäude eine künstlerische Note zu geben" (
BT-Drucks. 14/6040, S. 227). Damit hat sich der Gesetzgeber bezüglich der üblichen Verwendungsweise für eine objektive Betrachtungsweise entschieden; es soll nicht darauf ankommen, ob der Lieferant im Einzelfall von der konkreten Verwendungsweise Kenntnis hatte (BT-Drucks. aaO).

III.

48 Nach alledem hat das Urteil im angefochtenen Umfang keinen Bestand; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist. Denn das Berufungsgericht hat bislang zum Vorliegen der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach §§ 651, 434 Abs. 1, § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 3, §§ 281, 249 Abs. 1 BGB, insbesondere eines von der Beklagten zu vertretenden Sachmangels, keine und zum Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 377 Abs. 2, 3 HGB sowie zum Eintritt der Verjährung nur unzureichende Feststellungen getroffen.

49 Für das weitere Berufungsverfahren weist der Senat auf folgendes hin:

50 1. Dem Berufungsurteil ist nicht zu entnehmen, ob die Klägerin der Beklagten eine Frist zur Nacherfüllung (§§ 439, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) gesetzt hat oder ob eine solche Fristsetzung entbehrlich war. An einer fehlenden Fristsetzung würde ein möglicher Schadensersatzanspruch der Klägerin jedoch nicht scheitern. Denn die Parteien haben die Nacherfüllungsobliegenheit der Beklagten zumindest konkludent abbedungen, was, wenn - wie hier - kein Verbrauchsgüterkauf vorliegt, uneingeschränkt möglich ist (vgl. § 475 Abs. 1 BGB). Die Parteien und H. haben sich nach den insoweit verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts am 10. Februar 2010 dahin verständigt, es solle ohne weiteres Zuwarten eine Neulieferung von Spannwalzen erfolgen, wobei H. der Klägerin hierfür eine Vergütung zahlen und die Klägerin ihrerseits hierfür von der Beklagten gegen Bezahlung 32 neue Walzenzapfen beziehen sollte. Bei der Besprechung am 10. Februar 2010 war allen Beteiligten bewusst, dass H. später Schadensersatzansprüche geltend machen würde, die schon anlässlich der Besprechung überschlägig beziffert und im Besprechungsprotokoll aufgeführt wurden.

51 2. Bei der Frage, ob die von der Beklagten bezogenen Walzenzapfen gemäß § 377 Abs. 2, 3 HGB als genehmigt zu gelten haben, wird das Berufungsgericht auch - gegebenenfalls nach weiterem Vortrag der Parteien - zu erwägen haben, ob der Verständigung der Parteien und H. am 10. Februar 2010 nicht ein nachträglicher konkludenter Verzicht der Beklagten auf die Folgen einer etwaig verspäteten Mängelrüge zu entnehmen ist.

52 3. Hinsichtlich der primären Darlegungslast der Beklagten zum Nichteingreifen des Verjährungstatbestands des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Ein Sachvortrag zur Begründung eines rechtsvernichtenden Umstands ist dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, den geltend gemachten Einwand als bestehend erscheinen zu lassen. Dabei ist es unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 11). Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, NJW 2012, 1647 Rn. 16 mwN). Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Beklagten zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die erhobene Verjährungseinrede (§ 214 Abs. 1 BGB) vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, aaO mwN). Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es, sofern ein Beweisantritt erfolgt ist, Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (Senatsurteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, aaO mwN).

53 Falls die Beklagte nicht in der Lage sein sollte, die beschriebenen (geringen) Darlegungsanforderungen bezüglich der Ausräumung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB zu erfüllen, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob und inwieweit die Klägerin eine sekundäre Darlegungslast trifft.