Widerruf einer Erlaubnis zur Untervermietung;
Pflicht des Mieters zur Beendigung der Untermietverhältnisse;
Pflichtverletzung i.S.v. § 543 III BGB (außerordentliche fristlose
Kündigung)
BGH, Urteil vom 4. Dezember 2013 -
VIII ZR 5/13 - LG Berlin
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Zu den Pflichten des Mieters
nach Widerruf einer Untermieterlaubnis.
Zentrale Probleme:
Im Rahmen eines R äumungsprozesses
eines Vermieters gegen einen Mieter geht es um die Wirksamkeit einer
außerordentlichen fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr.2, Abs.
3 BGB. Der Sachverhalt ist einfach: Der Vermieter hatte die Erlaubnis zur
Untervermietung widerrufen, daraufhin hatte der Mieter die Untermietverträge
gekündigt und anschließend einen Räumungsvergleich mit seinen Mietern
abgeschlossen. Der Senat betont vollkommen zurecht, dass hierin eine
Pflichtverletzung nicht gesehen werden kann, da weder dargelegt noch
wahrscheinlich ist, dass der Mieter eine legale Möglichkeit gehabt hätte,
die Untermietverhältnisse schneller und effektiver zu beenden. Dabei lässt
der Senat die Frage offen, ob ein Mieter bei einem Widerruf der Untermieterlaubnis überhaupt dazu verpflichtet ist, bereits bestehende
Untermietverträge zu kündigen. S. dazu auch
BGH v. 8.1.2014 - VIII ZR 210/13.
©sl 2014
Tatbestand:
1 Der Beklagte zu 1 mietete im Jahr
1994 vom Rechtsvorgänger der Klägerin eine Wohnung in Berlin. Im Anhang zum
Mietvertrag ist vorgesehen:
"Eine Untervermietung bis zu zwei Personen ist gestattet. Diese
Untervermietungsgenehmigung kann widerrufen werden. Bei Aufgabe der Wohnung
sind die Untermieter zum gleichen Zeitpunkt zu entfernen."
2 Der Beklagte zu 1 überließ die Wohnung ab Oktober 2002 aufgrund eines
Untermietvertrages den Beklagten zu 2 und 3. Im Jahr 2010 erwarb die
Klägerin die Wohnung. Zu diesem Zeitpunkt führte der Beklagte zu 1 gegen die
Beklagten zu 2 und 3 einen Räumungsprozess im Anschluss an eine Kündigung.
Die Klägerin widerrief die Untervermietungserlaubnis und erklärte mit
Schreiben vom 29. Dezember 2011 und vom 29. Februar 2012 die fristlose
Kündigung des Mietvertrages gegenüber dem Beklagten zu 1 wegen unerlaubter
Untervermietung. Der Beklagte zu 1 einigte sich mit den Beklagten zu 2 und 3
am 21. Februar 2012, das Verfahren mit einem Räumungsvergleich zu beenden,
der am 6. März 2012 gerichtlich protokolliert wurde und den Beklagten zu 2
und 3 eine Räumungsfrist bis Ende Juni 2012 einräumte.
3 Die Klägerin hat die Beklagten auf Räumung in Anspruch genommen. Das
Amtsgericht hat der Klage bezüglich der Beklagten zu 2 und 3 stattgegeben
und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das
Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und auch den Beklagten zu
1 zur Räumung verurteilt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt
der Beklagte zu 1 die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision hat Erfolg.
I.
5 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für
das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
6 Der Beklagte zu 1 sei gemäß § 546 BGB zur Räumung der Wohnung
verpflichtet, weil die fristlose Kündigung der Klägerin vom 29. Februar 2012
das Mietverhältnis beendet habe. Der Widerruf der Erlaubnis zur
Untervermietung sei dem Beklagten zu 1 jedenfalls am 7. Dezember 2011
zugegangen. Die Klägerin habe die 19 Jahre zuvor erteilte
Untervermietungserlaubnis widerrufen dürfen, weil der Beklagte zu 1 - dem
Zweck der Untervermietungserlaubnis zuwider - aus der Untervermietung zu
einer höheren als der von ihm selbst zu zahlenden Miete Gewinn gezogen habe.
Aus einer Gewinnerzielungsabsicht des Mieters lasse sich kein berechtigtes
Interesse des Mieters an der Untervermietung herleiten. Dieses liege
regelmäßig nur insoweit vor, als dem Mieter die Erfüllung der
Mietzahlungspflicht gegenüber dem Vermieter ermöglicht oder erleichtert
werden solle.
7 Dem Beklagten zu 1 falle eine schwerwiegende Pflichtverletzung zur Last,
weil er die Gebrauchsüberlassung an die Untermieter ungeachtet der als
Abmahnung zu wertenden Kündigung vom 29. Dezember 2011 nicht zeitnah beendet
habe. Dass er mit den Untermietern am 21. Februar 2012 übereingekommen sei,
das Untermietverhältnis im Wege des kurz darauf abgeschlossenen Vergleichs
zu beenden, entlaste den Beklagten zu 1 nicht. Denn die unerlaubte
tatsächliche Gebrauchsüberlassung sei damit noch nicht beendet gewesen. Die
mit den Beklagten zu 2 und 3 vereinbarte Räumungsfrist bis zum 30. Juni 2012
sei der Klägerin nicht zuzumuten gewesen. Dass dem Beklagten zu 1 wegen der
"Langwierigkeit des Untermietverhältnisses" und der vollständigen
Überlassung der Wohnung an die Beklagten zu 2 und 3 die Beendigung der
Gebrauchsüberlassung so schnell nicht möglich gewesen sei, falle in seinen
Risikobereich.
II.
8 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der
Klägerin steht kein Räumungsanspruch gegen den Beklagten zu 1 zu, weil die
von ihr erklärte Kündigung das Mietverhältnis nicht beendet hat. Entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts fällt dem Beklagten eine Verletzung
vertraglicher Pflichten nicht zur Last. Deshalb war die Klägerin nicht zur
Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs.
3 BGB berechtigt.
9 1. Dem Beklagten zu 1 war es, wie auch das Berufungsgericht nicht
verkennt, aufgrund der (widerruflichen) Untervermietungserlaubnis zunächst
gestattet, die Wohnung im Wege der Untervermietung den Beklagten zu 2 und 3
zu überlassen. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung durfte der
Beklagte zu 1 auch die gesamte Wohnung untervermieten, denn die ihm im
Mietvertrag erteilte Erlaubnis enthielt weder eine Bezugnahme auf § 553 BGB
noch eine Einschränkung dahin, dass nur ein Teil der Wohnung untervermietet
werden durfte.
10 Eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 1 käme daher nur in
Betracht, wenn er wegen des Widerrufs der Untervermietungserlaubnis
verpflichtet gewesen wäre, für die Beendigung des Untermietverhältnisses und
den umgehenden Auszug der Beklagten zu 2 und 3 zu sorgen, und er die danach
erforderlichen Maßnahmen nicht ergriffen hätte. Jedenfalls an der
letztgenannten Voraussetzung fehlt es.
11 2. Das Berufungsgericht hat die im Mietvertrag zur Untervermietung
enthaltenen Bestimmungen dahin ausgelegt, dass die Klägerin die Erlaubnis
widerrufen kann, wenn auf Seiten des Beklagten zu 1 kein berechtigtes
Interesse an der Untervermietung im Sinne des § 553 Abs. 1 BGB (mehr)
besteht. Ob dem zu folgen ist oder ob - wie die Revision meint - der
Widerruf darüber hinaus einen wichtigen Grund voraussetzt, bedarf hier
keiner Entscheidung. Auch auf die weitere Frage, ob und unter
welchen Voraussetzungen der Widerruf einer Untervermietungserlaubnis zur
Folge haben kann, dass der Mieter ein bereits bestehendes, aufgrund der
früheren Erlaubnis rechtmäßig begründetes Untermietverhältnis zu beenden
hat, kommt es nicht entscheidend an.
12 Denn jedenfalls hat der Beklagte zu 1 - unabhängig von einer
entsprechenden Verpflichtung der Klägerin gegenüber - alle erforderlichen
Schritte unternommen, um eine Beendigung des Untermietverhältnisses und
einen Auszug der Beklagten zu 2 und 3 herbeizuführen. Er hat im Anschluss an
seine Kündigung einen Räumungsprozess gegen die Beklagten zu 2 und 3
betrieben. Dass der Beklagte zu 1 eine (legale) Möglichkeit gehabt
hätte, innerhalb weniger Wochen eine Räumung durchzusetzen, lässt sich dem
Berufungsurteil nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Anders als das Berufungsgericht offenbar meint, hat der Beklagte zu
1 seine vertraglichen Pflichten gegenüber der Klägerin auch nicht dadurch
verletzt, dass er mit den Beklagten zu 2 und 3 den Räumungsvergleich vom 21.
Februar/6. März 2012 abgeschlossen hat. Denn mit der anderenfalls
erforderlichen Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens hätte eine Räumung
jedenfalls nicht deutlich früher erreicht werden können.
Bei dem Räumungsvergleich handelte es sich deshalb um eine sachgerechte
Maßnahme zur alsbaldigen Beendigung der von der Klägerin beanstandeten
Gebrauchsüberlassung an die Beklagten zu 2 und 3.
III.
13 Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben, soweit zum
Nachteil des Beklagten zu 1 entschieden worden ist. Es ist daher in diesem
Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 BGB). Der Senat entscheidet in der Sache
selbst, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies
führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
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