Reichweite einer Erlaubnis zur Untervermietung;
Verpflichtung des Vermieters zur Erteilung der Erlaubnis (§ 553 BGB)
BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - VIII
ZR 210/13 - LG Berlin
Fundstelle:
NJW 2014, 622
Amtl. Leitsatz:
Erteilt der Vermieter dem
Mieter eine Erlaubnis zur Untervermietung, so kann dieser ohne besondere
Anhaltspunkte nicht davon ausgehen, dass die Erlaubnis eine tageweise
Vermietung an Touristen umfasst.
Zentrale Probleme:
Eine Entscheidung aus dem Mietrecht, die auch Eingang in die Tagespresse
gefunden hatte: Nach § 540 BGB darf der
Mieter ohne die Erlaubnis des Vermieters den Gebrauch der Mietsache nicht
einem Dritten überlassen, insbesondere dafür die Sache nicht
weitervermieten. Im Bereich des Wohnraummietrechts besteht in Gestalt von §
553 BGB eine ergänzende Sonderregelung. Danach hat der Mieter unter
bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Erteilung dieser Erlaubnis,
wenn nach Abschluss des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse besteht,
einen Teil des Wohnraums einem Dritten zu überlassen. Im vorliegenden Fall
hatte der Vermieter dem Mieter die Erlaubnis erteilt, die Wohnung zeitweise
unterzuvermieten. Der Mieter vermietet die Wohnung danach tageweise an
Touristen. Im Rahmen eines Kündigungsprozesses (die außerordentliche
Kündigung war hier wohl auf § 543 Abs. 3 – vertragswidriger Gebrauch –
gestützt, s. dazu auch
BGH NJW 2011, 1065)
stellte sich nun die Frage, ob diese Art der Weitervermietung von der
Erlaubnis erfasst war. Das ist eine Frage der Auslegung nach dem
Empfängerhorizont (§ 157 BGB). Zu Recht geht der Senat davon aus, dass der
Mieter hier die Erlaubnis zur Untervermietung nicht als eine Erlaubnis der
tageweisen Vermietung an Touristen verstehen durfte. Zum Widerruf einer
Erlaubnis zur Untervermietung s. auch
BGH v. 4.12.2013 - VIII
ZR 5/13; zu den Ansprüchen des Vermieters bei unerlaubter
Untervermietung s. auch BGH v. 4.12.2013 - VIII
ZR 5/13 sowie - zur Abgrenzung -
BGH
NJW 2002, 60. Zu den Ansprüchen des Mieters bei einer
Doppelvermietung durch den Vermieter s.
BGH NJW 2006, 2323.
Zum berechtigten Interesse an einer Untervermietung gem. § 553 BGB s.
BGH v. 11.6.2014 - VIII ZR
349/13.
©sl 2014
Tatbestand:
1 Der Beklagte ist seit dem 1. März
2003 Mieter einer 2-Zimmer-Wohnung (42,85 qm) in Berlin. Die Miete beträgt
235 € zuzüglich Nebenkosten. Die Kläger sind im Jahr 2011 als Vermieter in
den Vertrag eingetreten.
2 Im Jahr 2008 erbat der Beklagte von der damaligen Vermieterin die
Erlaubnis zur Untervermietung, weil er die Wohnung nur etwa alle 14 Tage am
Wochenende zu einem Besuch seiner Tochter nutze und er deshalb die Wohnung
zeitweise untervermieten wolle. Die Vermieterin erteilte mit Schreiben vom
13. Februar 2008 eine Untervermietungserlaubnis "ohne vorherige Überprüfung"
gewünschter Untermieter und erhob einen Untervermietungszuschlag in Höhe von
13 € monatlich. In dem genannten Schreiben heißt es weiter:
"Sie verpflichten sich, Ihren Untermietern Postvollmacht zu erteilen. Das
bedeutet, dass alle Willenserklärungen, Betriebskostenabrechnungen,
Mieterhöhungsverlangen etc. der Hausverwaltung als ordnungsgemäß zugestellt
gelten, wenn sie in Ihrem Briefkasten ... landen, auch wenn sie vielleicht
durch Ihre Untermieter nicht an Sie weitergegeben sein sollten."
3 Im Mai 2011 bot der Beklagte die Wohnung im Internet zur tageweisen
Anmietung von bis zu vier Feriengästen an. Hierzu wurden Bilder der Wohnung
ins Internet gestellt und die touristischen Vorzüge der Umgebung
hervorgehoben. Die Kläger beanstandeten eine derartige Nutzung als
vertragswidrig und mahnten den Beklagten mit Schreiben vom 16. Mai 2011
unter Androhung einer Kündigung ab. Der Beklagte erwiderte mit Schreiben vom
23. Mai 2011, dass die Vermietung an Berlin-Touristen von der erteilten
Untervermietungserlaubnis umfasst sei und er damit lediglich eine Deckung
der Unkosten durch Leerstand erreichen wolle. Am Ende des Schreibens des
Beklagten heißt es:
"Ihre Abmahnung betrachte ich damit als gegenstandslos. Sollten Sie weitere
Fragen oder Probleme haben, wenden Sie sich bitte direkt an die Kanzlei..."
4 Die Kläger teilten dem Beklagten daraufhin mit, dass es sich bei der
Vermietung der Wohnung an Tagesgäste um eine kommerzielle Tätigkeit handele,
die nicht von der erteilten Untervermietungserlaubnis gedeckt sei, und
mahnten ihn mit Schreiben vom 31. Mai 2011 nochmals ab. Der Beklagte lehnte
die Entgegennahme dieses Schreibens ab; es wurde ihm daraufhin per Fax
übermittelt. Am 24. November 2011 sowie im August 2012 war das
Internetangebot des Beklagten erneut auf einer der Zimmervermittlung
dienenden Internetseite abrufbar. Die Kläger kündigten das
Mietverhältnis mit Schreiben vom 12. Januar 2012, vom 5. Dezember 2012 sowie
erneut mit der Klageschrift jeweils fristlos und hilfsweise fristgemäß.
Der Beklagte hat sich im Prozess unter Beweisantritt darauf
berufen, dass er die Vermietung an Touristen nach der Abmahnung unverzüglich
eingestellt und die Internetanzeigen gelöscht habe; wenn die Wohnungsanzeige
gleichwohl erneut im Internet abrufbar gewesen sei, sei dies ohne sein Zutun
und gegen seine ausdrückliche Anordnung geschehen.
5 Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht hat
sie unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Kläger die
Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision hat Erfolg.
I.
7 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
8 Die von den Klägern ausgesprochenen Kündigungen seien unbegründet, weil
der Beklagte seine mietvertraglichen Pflichten nicht verletzt habe. Denn die
ihm erteilte Untervermietungserlaubnis habe eine Überlassung der Wohnung an
Touristen umfasst. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berechtige
eine Vermietung von Ferienwohnungen in einem Mehrfamilienhaus den Mieter
nicht ohne weiteres dazu, die Miete zu mindern. Vielmehr komme es darauf an,
ob durch die konkrete Ausgestaltung der Untervermietung über das bei einem
geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil entstehe.
Diese Rechtsprechung sei auf die Beurteilung einer
Untervermietungsgenehmigung zu übertragen. Auch insoweit sei darauf
abzustellen, ob es durch die Vermietung an Feriengäste zu konkreten
Beeinträchtigungen der Mietsache oder anderer Mieter komme. Dies sei hier
nicht der Fall. Im Übrigen sei es in der besonderen Situation des Beklagten
ersichtlich kaum möglich gewesen, einen Untermieter zu finden, der die
Wohnung jeweils alle zwei Wochenenden verlasse, wenn der Beklagte sie für
seine Besuche bei der Tochter benötige. Der Beklagte habe die nicht mit
Einschränkungen versehene Erlaubnis daher nach dem maßgeblichen Horizont des
Empfängers dahin verstehen dürfen, dass er auch tageweise an Touristen
untervermieten dürfe.
II.
9 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom
Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Wirksamkeit der von den
Klägern ausgesprochenen Kündigungen nicht verneint werden. Entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts war der Beklagte nicht berechtigt, die
Wohnung tageweise an Touristen zu überlassen.
10 Die Auslegung der dem Beklagten erteilten Untervermietungserlaubnis durch
das Berufungsgericht ist von Rechtsfehlern beeinflusst. Es hat bei seiner
Würdigung wesentliche Umstände außer Acht gelassen und ist zu Unrecht davon
ausgegangen, dass nach den Umständen nur eine kurzfristige Untervermietung
an wechselnde Feriengäste in Betracht kam und eine solche Art der Nutzung
deshalb von der Genehmigung erfasst war.
11 Eine Untervermietung von Wohnraum findet für gewöhnlich in der
Weise statt, dass der Mieter die Wohnung oder einen Teil davon mit
Genehmigung des Vermieters einem Dritten auf unbestimmte Zeit oder für einen
(nach Monaten oder Jahren) befristeten Zeitraum überlässt, jedenfalls für
eine gewisse Dauer. Hiervon unterscheidet sich die aus den
Werbeanzeigen des Beklagten ersichtliche Art der Überlassung der Wohnung an
Touristen grundlegend. Anders als das Berufungsgericht meint, lag es auch
nicht deshalb, weil der Beklagte die Wohnung an zwei Wochenenden im Monat
selbst benötigte, auf der Hand, dass nur eine Vermietung an Feriengäste in
Betracht käme und deshalb stillschweigend von der Erlaubnis umfasst wäre.
Vielmehr hätte es nahe gelegen, eines der beiden Zimmer der Wohnung einem
"normalen" Untermieter - etwa einem "Wochenendfahrer" - zu überlassen.
Mangels ausdrücklicher Erlaubnis einer Überlassung an Touristen
konnte der Beklagte deshalb nicht davon ausgehen, dass die ihm erteilte
Erlaubnis eine solche ungewöhnliche Nutzung umfasste. Zudem hatte
die frühere Vermieterin bei der Erteilung der Untervermietungserlaubnis
verlangt, dass der Beklagte den Untermietern Postvollmacht für alle
Willenserklärungen der Hausverwaltung im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis
erteilen sollte; schon daraus konnte der Beklagte erkennen, dass sich die
Erlaubnis nicht auf die Vermietung an Touristen bezog, die eine derartige
Funktion offensichtlich nicht wahrnehmen konnten.
III.
12 Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die nicht entscheidungsreife Sache ist zur
neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen
(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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