Anspruch auf Rückzahlung
des Vorschusses für Mängelbeseitigung im Werkvertragsrecht (§§ 634 Nr. 2;
637 III BGB)
BGH v. 14.1.2010 - VII ZR
108/08
Fundstelle:
NJW 2010, 1192
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Der Auftragnehmer kann einen an
den Auftraggeber gezahlten Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten
zurückfordern, wenn feststeht, dass die Mängelbeseitigung nicht mehr
durchgeführt wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber
seinen Willen aufgegeben hat, die Mängel zu beseitigen.
b) Ein Rückforderungsanspruch entsteht auch dann, wenn der Auftraggeber die
Mängelbeseitigung nicht binnen angemessener Frist durchgeführt hat.
c) Welche Frist für die Mängelbeseitigung angemessen ist, ist im Einzelfall
unter Berücksichtigung aller Umstände zu ermitteln, die für diese maßgeblich
sind. Abzustellen ist auch auf die persönlichen Verhältnisse des
Auftraggebers und die Schwierigkeiten, die sich für ihn ergeben, weil er in
der Beseitigung von Baumängeln unerfahren ist und hierfür fachkundige
Beratung benötigt.
d) Der Vorschuss ist trotz Ablauf einer angemessenen Frist zur
Mängelbeseitigung nicht zurückzuzahlen, soweit er im Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung zweckentsprechend verbraucht worden ist oder es
feststeht, dass er alsbald verbraucht werden wird.
Zentrale Probleme:
Die noch zum vor dem 1.1.2002 geltenden Werkvertragsrecht
ergangene Entscheidung ist auch nach "neuem" Recht weiterhin von Bedeutung.
Der Vorschußanspruch für eine Ersatzvornahme ergibt sich jetzt aus § 637 III
BGB. S. dazu BGH v.
14.1.2010 - VII ZR 213/07. § 637 III kodifiziert
aber nur früher von der Rspr. entwickelte Grundsätze. Der Vorschuß ist
zweckgebunden und muß für die Mängelbeseitigung verwendet werden. Geschieht
dies innerhalb angemessener Frist nicht, entsteht ein vertraglicher
Rückerstattungsanspruch (aus dem Werkvertrag selbst als aus sich aus Treu
und Glauben ergebende Nebenpflicht, § 242 BGB). Es handelt sich also nicht
um einen Bereicherungsanspruch (§ 812 BGB). Der Anspruch entsteht, wenn der
besteller den Willen aufgegeben hat, die Mängel zu beseitigen, was der
Unternehmer darlegen und beweisen muß. Für ihn kann aber eine widerlegbare
Vermutung streiten, wenn eine angemessene Frist für die Beseitigung der
Mängel abgelaufen ist und der Auftraggeber binnen dieser Frist noch keine
Maßnahmen zur Mängelbeseitigung ergriffen hat. Dann wird der
Rückzahlungsanspruch fällig. Zur Frage der Verjährung s. ebenfalls
BGH v. 14.1.2010 - VII ZR 213/07.
Beachte: Macht der Besteller Schadensersatz statt der Leistung (§§ 634 Nr.
4, 280 I, III, 281 BGB) in Höhe der Nachbesserungskosten geltend, kann er
mit dem Betrag selbstverständlich tun, was er will. Er ist also nicht
verpflichtet, den Mangel zu beseitigen.
©sl 2010
Tatbestand:
1 Die Klägerin verlangt Rückzahlung eines Vorschusses auf
Mängelbeseitigungskosten sowie Erstattung eines Minderungsbetrages.
2 Die Klägerin errichtete gemäß Bauvertrag vom 3. April 1993 für den
Beklagten ein Wohnhaus mit Garage. Wegen zahlreicher Mängel nahm der
Beklagte die Klägerin erfolgreich auf Zahlung von Vorschuss auf die
Mängelbeseitigungskosten in Anspruch. Das Gericht ging in jenem Verfahren
von Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 37.581,18 € brutto aus.
3 Der gerichtliche Sachverständige hatte unter anderem festgestellt, dass
das Dachfenster im Bad nicht den feuerpolizeilichen Vorschriften entsprach.
Er hielt den Ausbau des Fensters, die Schließung der Dachöffnung und den
Einbau einer Lüftung für erforderlich. Die Kosten hierfür bezifferte er auf
2.000 DM (1.022,58 €) netto. Zusätzlich zu diesem Betrag, der bei den
Mängelbeseitigungskosten berücksichtigt ist, hielt er wegen des nun
fehlenden Fensters eine Wertminderung von 4.740 DM (2.423,52 €) für
angemessen. Diesen Betrag sprach das Gericht dem Beklagten zu.
4 Er und ein geringer Teil der Mängelbeseitigungskosten wurden mit einem
Einbehalt des Beklagten verrechnet. Den Restbetrag zuzüglich Zinsen,
insgesamt 42.712,57 €, zahlte die Klägerin am 30. Juli 2004 an den
Beklagten.
5 Am 5. April 2005 beauftragte der Beklagte einen Architekten mit der
Planung und Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten. Dieser holte
Angebote verschiedener Firmen ein und gab Mängelbeseitigungsarbeiten in
Auftrag. Sie waren zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem
Berufungsgericht am 3. April 2008 noch nicht abgeschlossen. Bis dahin hatte
der Beklagte an Architektenhonorar 5.160 € gezahlt und ihm sind von
beauftragten Handwerkern 25.650,63 € in Rechnung gestellt worden. Nach
seiner Behauptung hat er insgesamt Werklohn in Höhe von 30.810,63 € gezahlt.
Darin ist ein Betrag von 1.635,60 € für die Mängelbeseitigung im Bad
enthalten. Der Beklagte ließ zwar das alte Dachfenster ausbauen, die
Dachöffnung aber nicht verschließen, sondern ein anderes, nach seinem
Vortrag geeignetes Fenster einbauen.
6 Die Klägerin hat insgesamt 48.362,84 € eingeklagt. Das Landgericht hat ihr
45.015,27 € und Zinsen zugesprochen, in Höhe von 742,40 € festgestellt, dass
der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, und im Übrigen die Klage
abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht den
Verurteilungsbetrag auf 38.656 € nebst Zinsen ermäßigt. Dagegen richtet sich
die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten, der weiterhin
Klageabweisung begehrt.
Entscheidungsgründe:
7 Die Revision des Beklagten hat Erfolg.
8 Das für die Beurteilung maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum31.
Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
I.
9 Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in BauR 2008, 1641
veröffentlicht ist, führt aus, der Klägerin stehe wegen nicht fristgemäßer
Verwendung des zur Mängelbeseitigung gezahlten Vorschusses ein
Rückzahlungsanspruch in Höhe von 36.232,48 € zu. Aus dem vertraglichen
Charakter des Vorschussanspruchs folge, dass der Auftragnehmer, die
Klägerin, berechtigt sei, den Vorschuss zurückzufordern, wenn der
Auftraggeber, der Beklagte, die Mängelbeseitigung nicht innerhalb einer
angemessenen Frist durchführe oder nicht mehr ernsthaft betreibe. In welcher
Zeit der Auftraggeber die Nachbesserung vorzunehmen und eine Abrechnung zu
erteilen habe, hänge von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Hier
könne allenfalls eine Zeitspanne von eineinhalb Jahren nach Zahlung des
Vorschusses angenommen werden, die Ende Januar 2006 abgelaufen sei. Erst
danach habe der Beklagte die Mängel beseitigen lassen. Er könne diese Kosten
dem Rückzahlungsbegehren der Klägerin nicht entgegenhalten. Der in der
Literatur teilweise vertretenen Ansicht, dass der Vorschuss bei einer
verspäteten Verwendung nicht zurückzuzahlen sei, sondern dass der Bauherr in
diesem Fall nur die Kosten abrechnen könne, die bei rechtzeitiger Verwendung
angefallen wären, könne nicht gefolgt werden. Denn aus dem vertraglichen
Charakter des Rückzahlungsanspruchs und der Zweckgebundenheit des
Vorschusses folge, dass nach Ablauf der angemessenen Frist zur
Mängelbeseitigung die Berechtigung des Bauherrn entfalle, den Vorschuss zu
behalten. Der Beklagte könne lediglich die an den Architekten gezahlte
Vergütung geltend machen, da er den Architekten innerhalb der Frist von
eineinhalb Jahren beauftragt habe. Der Minderungsbetrag von 2.423,52 € stehe
der Klägerin aus ungerechtfertigter Bereicherung zu. Er sei dem Beklagten im
Vorprozess deswegen zuerkannt worden, weil durch den Ausbau des Dachfensters
und das Verschließen der Dachöffnung eine Wertminderung eintrete. Diese
Wertminderung sei wegen des vom Beklagten vorgenommenen Einbaus eines
anderen Fensters nicht gegeben.
II.
10 Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11 1. Das Berufungsgericht hat maßgebliche Umstände für die Beurteilung des
Anspruchs auf Rückforderung eines Vorschusses auf Mängelbeseitigung
unberücksichtigt gelassen. Die Revision des Beklagten führt deshalb zur
Aufhebung und Zurückverweisung, soweit der Beklagte zur Rückzahlung des
Vorschusses verurteilt worden ist.
12 a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Auftraggeber
eines Bauvertrags vom Auftragnehmer Vorschuss für die zur Beseitigung von
Mängeln erforderlichen Aufwendungen verlangen (BGH, Urteil vom 2. März 1967
- VII ZR 215/64, BGHZ 47, 272, 273). Der Anspruch bestand bereits vor
seiner gesetzlichen Kodifizierung durch das Gesetz zur Modernisierung des
Schuldrechts (§ 637 Abs. 3 BGB). Er wurde von der Rechtsprechung aus dem
Kostenerstattungsanspruch gemäß § 633 Abs. 3 BGB, § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B,
aus Billigkeitsgründen nach § 242 BGB und auch in Anlehnung an § 669 BGB
entwickelt. Es wäre unbillig, wenn der Auftraggeber sich nach Erschöpfung
der für das Bauwerk vorgesehenen Gelder zusätzliche Mittel für Aufwendungen
beschaffen müsste, die im Ergebnis der Auftragnehmer zu tragen hat (BGH,
Urteil vom 13. Juli 1970 - VII ZR 176/68, BGHZ 54, 244, 247; Urteil vom 5.
Mai 1977 - VII ZR 36/76, BGHZ 68, 372, 378; Urteil vom 14. April 1983 - VII
ZR 258/82, BauR 1983, 365). Der Auftraggeber erhält durch die
Vorschusszahlung die Möglichkeit, die Mängelbeseitigung ohne eigene Mittel
zu betreiben.
13 b) Der Vorschuss ist zweckgebunden und vom Auftraggeber zur
Mängelbeseitigung zu verwenden. Der Auftraggeber muss seine Aufwendungen für
die Mängelbeseitigung nachweisen, über den erhaltenen Kostenvorschuss
Abrechnung erteilen und den für die Mängelbeseitigung nicht in Anspruch
genommenen Betrag zurückerstatten (BGH, Urteil vom 7. Juli 1988 - VII ZR
320/87, BGHZ 105, 103, 106). Es entsteht also ein Rückforderungsanspruch des
Auftragnehmers in Höhe des nicht zweckentsprechend verbrauchten Vorschusses.
Dieser Anspruch ist kein Bereicherungsanspruch, sondern ein ebenfalls aus
Treu und Glauben entwickelter Anspruch aus dem Vertragsverhältnis (vgl.
BGH, Urteil vom 20. Mai 1985 - VII ZR 266/84, BGHZ 94, 330, 334; Mantscheff,
BauR 1985, 389, 395; Kniffka, ibr-online-Kommentar, Stand 26. Mai 2009, §
637 Rdn. 84; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdn. 1605;
Achilles-Baumgärtel, Der Anspruch auf Kostenvorschuss im
Gewährleistungsrecht, S. 99 f. m.w.N. auch zur Gegenmeinung).
14 c) Unter welchen Voraussetzungen der Anspruch auf Rückforderung des
Vorschusses entsteht, hat der Bundesgerichtshof noch nicht abschließend
geklärt. Diese Voraussetzungen werden in der Literatur unterschiedlich
formuliert (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam/Mansfeld, VOB, 11. Aufl., B § 13 Rdn.
137; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdn. 1607; Ingenstau/Korbion-Wirth,
VOB-Kommentar, 16. Aufl., B § 13 Nr. 5 Rdn. 205; Kapellmann/Messerschmidt-Weyer,
VOB Teile A und B, 2. Aufl., B § 13 Rdn. 276; Donner in Franke/ Kemper/Zanner/Grünhagen,
VOB, 3. Aufl., B § 13 Rdn. 178). Unklar scheint insbesondere zu sein,
inwieweit eine Rückforderung begründet ist, wenn der Auftraggeber den
Vorschuss ganz oder teilweise nicht binnen angemessener Frist zur
Mängelbeseitigung verwendet hat.
15 d) Maßgeblich für das Entstehen des Rückforderungsanspruchs ist der
Wegfall des mit der Vorschusszahlung verbundenen Zweckes.
16 aa) Der Vorschuss wird dem Auftraggeber zweckgebunden zur Verfügung
gestellt, damit dieser die Mängelbeseitigung vornimmt. Steht fest, dass die
Mängelbeseitigung nicht mehr durchgeführt wird, so entfällt die Grundlage
dafür, dass der Auftraggeber die ihm zur Mängelbeseitigung zur Verfügung
gestellten Mittel behält. Der Rückforderungsanspruch wird zu diesem
Zeitpunkt fällig. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber
seinen Willen aufgegeben hat, die Mängel zu beseitigen (vgl. BGH, Urteil
vom 5. April 1984 - VII ZR 167/83, BauR 1984, 406, 408 = ZfBR 1984, 185).
Dass der Auftraggeber den Willen aufgegeben hat, die Mängel zu beseitigen,
muss der Auftragnehmer darlegen und beweisen. Für ihn kann eine widerlegbare
Vermutung streiten, wenn die angemessene Frist für die Beseitigung der
Mängel abgelaufen ist und der Auftraggeber binnen dieser Frist noch keine
Maßnahmen zur Mängelbeseitigung ergriffen hat (Kniffka, ibr-online
Kommentar, Stand 26. Mai 2009, § 637 Rdn. 87; Kohler in Beck'scher
VOB-Komm., 2. Aufl., B § 13 Nr. 5 Rdn. 167).
17 Eine Rückzahlungspflicht entfällt allerdings, wenn der Auftraggeber
mit seinem Schadensersatzanspruch wegen der Mängel aufrechnet (BGH,
Urteil vom 7. Juli 1988 - VII ZR 320/87, BGHZ 105, 103, 106). Auch kann
der Schadensersatzanspruch, wenn auch seine sonstigen Voraussetzungen
gegeben sind, mit der Rechenschaft über die Verwendung des Vorschusses in
der Weise verknüpft werden, dass der Besteller die Höhe der notwendigen
Nachbesserungskosten dartut, ohne nachweisen zu müssen, ob, wie und in
welchem Umfang die Mängel tatsächlich beseitigt worden sind (BGH, Urteil
vom 24. November 1988 - VII ZR 112/88, BauR 1989, 201, 202).
18 Da der Beklagte auf einen Schadensersatzanspruch nicht zurückgegriffen
hat, muss diese Möglichkeit im Folgenden nicht weiter berücksichtigt werden.
19 bb) Hat der Auftraggeber die Mängelbeseitigung durchgeführt, so muss
er den Vorschuss abrechnen. Ergibt die Abrechnung einen Überschuss für den
Auftraggeber, ist dieser an den Auftragnehmer zu zahlen (BGH, Urteil vom
20. Mai 1985 - VII ZR 266/84, BGHZ 94, 330, 334; Urteil vom 7. Juli 1988 -
VII ZR 320/87, BGHZ 105, 103, 106). Der Rückforderungsanspruch wird
jedenfalls mit Vorlage der Abrechnung fällig. Er wird aber auch ohne Vorlage
einer Abrechnung fällig, wenn diese dem Auftraggeber möglich und zumutbar
ist. Ist das ausnahmsweise nicht der Fall, kann eine Rückforderung noch
nicht verlangt werden (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 1990 - VII ZR
150/89, BGHZ 110, 205, 209 zu dem Fall, dass der Hauptunternehmer noch
Vorschuss vom Nachunternehmer verlangen kann, weil der Besteller den an ihn
gezahlten Vorschuss noch nicht abgerechnet hat).
20 cc) Ein Rückforderungsanspruch entsteht auch dann, wenn der Auftraggeber
die Mängelbeseitigung nicht binnen angemessener Frist durchgeführt hat
(Messerschmidt/Voit-Moufang, Privates Baurecht, § 637, Rdn. 40; Kniffka/
Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 6. Teil Rdn. 114; Werner/Pastor,
Der Bauprozess, 12. Aufl., Rdn. 1607; Ingenstau/Korbion-Wirth,
VOB-Kommen-tar, 16. Aufl., B § 13 Nr. 5 Rdn. 205; Mantscheff, BauR 1985,
389, 396; Koeble, Festschrift für Jagenburg, S. 371, 373). Denn die
Zweckbindung erschöpft sich nicht allein darin, dass der Auftraggeber Mittel
zur Mängelbeseitigung erhält. Er kann mit der Mängelbeseitigung nicht
beliebig lange warten oder diese unangemessen verzögern. Vielmehr hat er
diese Mittel im Interesse des Auftragnehmers an einer endgültigen Abrechung
in angemessener Frist zu verwenden. Ist die Mängelbeseitigung binnen der
angemessenen Frist nicht durchgeführt, ist der Zweck des Vorschusses in
ähnlicher Weise verfehlt wie in dem Fall, dass die Mängelbeseitigung
überhaupt nicht mehr stattfindet. Es ist auch dann grundsätzlich
gerechtfertigt, den Rückforderungsanspruch entstehen zu lassen.
21 Welche Frist für die Mängelbeseitigung angemessen ist, ist im Einzelfall
unter Berücksichtigung aller Umstände zu ermitteln, die für diese maßgeblich
sind (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 5. April 1984 - VII ZR 167/83, BauR 1984,
406, 408). Eine Anknüpfung an starre Fristen, wie sie teilweise in der
Literatur genannt werden (Ingenstau/Korbion-Wirth, VOB-Kommentar, 16. Aufl.,
B § 13 Nr. 5 Rdn. 205; Vygen/Joussen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 4.
Aufl, Teil 7 Rdn. 1386), verbietet sich von vornherein. Der Auftraggeber
muss die Mängelbeseitigung ohne schuldhaftes Zögern in Angriff nehmen und
durchführen. Es kann aber nicht allein darauf abgestellt werden, in welcher
Zeit ein Bauunternehmer üblicherweise die Mängel beseitigt hätte. Vielmehr
ist auch auf die persönlichen Verhältnisse des Auftraggebers abzustellen,
dem die Mängelbeseitigungsmaßnahmen durch den Auftragnehmer dadurch
aufgedrängt werden, dass dieser die Mängelbeseitigung nicht innerhalb der
ihm gesetzten Frist vorgenommen oder sie sogar endgültig verweigert hat.
Insoweit müssen insbesondere auch die Schwierigkeiten berücksichtigt werden,
die sich für den Auftraggeber ergeben, weil er in der Beseitigung von
Baumängeln unerfahren ist und hierfür fachkundige Beratung benötigt. Mit
Rücksicht darauf, dass der Auftragnehmer durch seine Vertragswidrigkeit die
Ursache dafür gesetzt hat, dass der Auftraggeber die Mängelbeseitigung
nunmehr selbst organisieren muss, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen.
Zweifel gehen insoweit zu Lasten des Auftragnehmers, der den Ablauf einer
angemessenen Frist zur Mängelbeseitigung unter Berücksichtigung einer
sekundären Darlegungslast des Auftraggebers zu seinen persönlichen Umständen
darzulegen und zu beweisen hat.
22 dd) Ein Rückforderungsanspruch kann nach den vorstehenden Erwägungen auch
entstehen, wenn der Auftraggeber nach Ablauf der angemessenen Frist zwar mit
der Mängelbeseitigung begonnen, diese jedoch nicht zum Abschluss gebracht
hat. In diesen Fällen ist zu berücksichtigen, dass der Auftragnehmer nach
Treu und Glauben gehindert sein kann, sein Recht durchzusetzen. Der
Auftraggeber kann solche Einwände gegen die Durchsetzung des
Rückforderungsanspruchs nach Ablauf einer angemessenen Frist zur
Mängelbeseitigung geltend machen, die sich aus den Besonderheiten des
Vorschusses und seiner Zweckbindung herleiten und aus denen sich ein
unabweisbares Interesse daran ergibt, den Vorschuss trotz Ablauf der für die
Mängelbeseitigung angemessenen Frist nicht zurückzahlen zu müssen. Diese
Einwände muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen. Allein der Umstand,
dass ein gewisser Betrag der Mängelbeseitungskosten verbraucht ist, ist
allerdings kein Grund, den Rückforderungsanspruch in Höhe des nicht
verbrauchten Teils zu versagen. Dem Auftragnehmer ist es grundsätzlich nicht
zuzumuten, nach Ablauf der angemessenen Frist für die Mängelbeseitigung die
Ungewissheit hinzunehmen, ob und wie die Mängelbeseitigung fortgesetzt wird.
Der Auftraggeber ist dadurch nicht rechtlos gestellt. Er kann nach erfolgter
Mängelbeseitigung seinen Kostenerstattungsanspruch geltend machen oder auch
mit einem Schadensersatzanspruch aufrechnen, sofern dessen Voraussetzungen
vorliegen. Ein von der Revision für den Fall angenommenes
Leistungsverweigerungs-recht, dass der Auftraggeber die Arbeiten zu Ende
führen will, besteht hingegen nicht.
23 Dagegen ist der Vorschuss entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
nicht zurückzuzahlen, soweit er im Zeitpunkt der letzten mündlichen
Verhandlung zweckentsprechend verbraucht worden ist. Denn der Auftragnehmer
hat kein schützenswertes Interesse daran, dasjenige ausgezahlt zu bekommen,
was er dem Auftraggeber als Kostenerstattung ohnehin schuldet. Würde er den
Rückforderungsanspruch durchsetzen wollen, würde er gegen den allgemein
anerkannten Grundsatz verstoßen, dass sich derjenige treuwidrig verhält, der
einen Leistungsanspruch durchsetzt, obwohl er verpflichtet ist, das Erlangte
sofort wieder herauszugeben: dolo agit, qui petit, quod statim redditurus
est (BGH, Urteil vom 21. Mai 1953 - IV ZR 192/52, BGHZ 10, 69, 75; Urteil
vom 21. Dezember 1989 - X ZR 30/89, BGHZ 100, 30, 33; vgl. Weyer, BauR 2009,
28, 30, 31).
24 Ähnlich liegt der Fall, dass der Auftraggeber zwar die Kosten noch nicht
hatte, diese ihm jedoch deshalb entstehen werden, weil er bereits
Unternehmer mit der Mängelbeseitigung beauftragt hat. Auch in diesem Fall
verstieße der Auftragnehmer, der trotz Zahlung des Vorschusses grundsätzlich
zur Mängelbeseitigung verpflichtet bleibt, gegen Treu und Glauben, wenn er
dem Auftraggeber diejenigen Mittel entziehen würde, die dieser für die
Bezahlung der bereits beauftragten Unternehmer benötigt.
25 Es sind auch andere Fälle denkbar, die einen Rückforderungsanspruch
ausschließen, wie z.B. der Fall, dass zwar Drittunternehmer noch nicht
beauftragt sind, deren Beauftragung aber nach der Überzeugung des Gerichts
unmittelbar bevorsteht, etwa weil wichtige Gewerke betroffen sind, die ohne
Zweifel sofort zu erledigen sind.
26 Dass der Auftraggeber die Mängelbeseitigung insgesamt verzögert hat,
fällt nicht entscheidend ins Gewicht, wenn feststeht, dass weitere Kosten
alsbald entstehen. Dem Umstand, dass durch die Verzögerung eine Verteuerung
der Mängelbeseitigung eintreten kann, wird dadurch Rechnung getragen, dass
der Auftraggeber nur die für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten in
Ansatz bringen kann und Verteuerungen durch vermeidbare Verzögerungen nicht
erforderlich in diesem Sinne sind (vgl. OLG Frankfurt, BauR 1983, 156, 161).
27 e) Auf dieser Grundlage kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
28 aa) Der Senat kann nicht feststellen, dass der Beklagte zu irgendeinem
Zeitpunkt nach Erhalt des Vorschusses nicht bereit gewesen ist, die
Mängelbeseitigung durchzuführen und deshalb der Rückforderungsanspruch
fällig geworden wäre. Der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt
spricht deutlich dagegen. Unstreitig hat der Beklagte einige Monate nach
Erhalt des Vorschusses einen Architekten beauftragt, der alsbald Angebote
verschiedener Firmen eingeholt hat. Es sind dann, wenn auch schleppend,
Mängelbeseitigungsarbeiten in Auftrag gegeben worden. Ob dem Beklagten der
Vorwurf gemacht werden kann, er habe die Mängelbeseitigung schuldhaft
verzögert, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Eine vermeidbare
Verzögerung stellt seinen Mängelbeseitigungswillen nicht in Frage.
29 bb) Das Berufungsgericht geht davon aus, dass bereits nach 1 1/2 Jahren
die angemessene Frist zur Mängelbeseitigung abgelaufen sei. Die gegen diese
Beurteilung gerichtete Verfahrensrüge der Revision hat Erfolg. Die
Ausführungen des Berufungsgerichts lassen nicht erkennen, wie es zu dieser
Frist gelangt. Sie lassen deshalb auch nicht erkennen, ob das
Berufungsgericht von dem Maßstab ausgegangen ist, den der Senat für
maßgeblich hält. Angesichts der Notwendigkeit, einen Architekten mit der
Sanierung zu beauftragen und den behaupteten Schwierigkeiten, die sich für
den Beklagten ergaben, hätte das Berufungsgericht die relativ kurze Frist
von 1 1/2 Jahren nachvollziehbar entwickeln müssen. Der Senat kann ohne
weitere Aufklärung des streitigen Sachverhalts nicht einmal ausschließen,
dass im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 3. April 2008 die
angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel noch nicht abgelaufen war.
30 cc) Das Berufungsgericht prüft auch nicht, ob die Klägerin nach Treu und
Glauben gehindert ist, einen fälligen Rückforderungsanspruch durchzusetzen.
Nach der Behauptung des Beklagten hat dieser bereits einen Betrag von über
30.000 € zur Mängelbeseitigung aufgewendet und ist zudem weitere
Verpflichtungen eingegangen.
31 f) Das Berufungsurteil war nach allem aufzuheben, soweit der Beklagte zur
Rückzahlung des Vorschusses verurteilt worden ist. Der Senat kann nicht
selbst entscheiden, so dass die Sache an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen ist. Es wird unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Senats die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
32 2. Das Urteil des Berufungsgerichts hat auch keinen Bestand, soweit der
Beklagte zur Zahlung von 2.423,52 € verurteilt worden ist. Insoweit ist die
Klage abzuweisen.
33 Der Klägerin steht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kein
Anspruch aus § 812 BGB auf Erstattung des dem Beklagten im Vorprozess
zuerkannten und von der Klägerin gezahlten Betrages von 2.423,52 € zu.
34 Der Rechtsgrund für diese Leistung der Klägerin ist nicht entfallen. Das
Landgericht hat eine Wertminderung dafür ausgeurteilt, dass die Klägerin ein
mangelhaftes Fenster eingebaut hat. Es ist, sachverständig beraten, davon
ausgegangen, dass der Einbau eines anderen Fensters nicht möglich sei und
die Dachfläche verschlossen werden müsse. Für die Entfernung des Fensters
hat es einen Vorschussanspruch zugebilligt, für die danach verbleibende
Wertminderung den Schadensersatzanspruch, den der Beklagte geltend gemacht
hat. Das Landgericht hat damit den im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung
durch das mangelhafte Fenster entstandenen Schaden abschließend beurteilt.
Dass sich diese Beurteilung nachträglich als falsch erwiesen hat, weil die
Dachfläche nicht vollständig verschlossen wurde, sondern der Beklagte ein
anderes Fenster eingebaut hat, rechtfertigt den Bereicherungsanspruch nicht.
Denn das durch ein rechtskräftiges Urteil Zugesprochene kann nicht nach §
812 BGB mit der Begründung zurückgefordert werden, der Rechtsstreit sei
unrichtig entschieden worden (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Februar 1982 -
IVb ZR 657/80, BGHZ 83, 278, 280).
35 Der Rechtsstreit ist insoweit zur Entscheidung reif, so dass die Klage
abzuweisen ist.
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