Rückforderung von à-conto-Zahlungen (Abschlagszahlungen): Kein
Bereicherungsanspruch, sondern vertragliche Anspruchsgrundlage; Beweislast,
Abgrenzung zum kausalen Schuldanerkenntnis
BGH, Urteil
vom 30. September 2004 - VII ZR 187/03
Fundstelle:
noch nicht bekannt
s. auch BGH NJW 2004, 2879
Amtl. Leitsatz:
Der Anspruch auf Rückzahlung eines
Überschusses aus à-conto-Zahlungen ergibt sich aus dem zugrundeliegenden
Vertrag und nicht aus Bereicherungsrecht (im Anschluß an BGHZ 140, 365).
Tatbestand:
Der Beklagte verlangt mit der Widerklage, um die allein es noch geht, die
Rückzahlung von 3.319,10 € aus einer an die Klägerin geleisteten
à-conto-Zahlung in Höhe von 10.000 DM (= 5.112,92 €). Der Beklagte ist
Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Wegen Feuchtigkeitsschäden
hat neben der Gemeinschaft auch der Beklagte die Klägerin mit
Sanierungsarbeiten beauftragt. Der Umfang des vom Beklagten erteilten
Auftrags ist streitig; ein schriftliches Angebot der Klägerin hatte er nicht
angenommen.
Auf Anforderung der Klägerin leistete der Beklagte seine à-conto-Zahlung.
Nach Abschluß der Arbeiten legte die Klägerin eine Schlußrechnung über
17.326,76 DM (= 8.859,03 €) vor. Hieraus hat sie unter Berücksichtigung der
à-conto-Zahlung sowie anderweitiger Verrechnungen 2.243,58 € eingeklagt. Die
Klage ist im Berufungsrechtszug abgewiesen worden.
Das Amtsgericht hat der Widerklage stattgegeben, das Berufungsgericht hat
sie abgewiesen. Dagegen wendet sich die vom Berufungsgericht zugelassene
Revision des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die
Revision ist begründet.
Auf das Schuldverhältnis finden die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden
Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Anspruch des Beklagten
richte sich nach Bereicherungsrecht. Die Voraussetzungen des § 812 BGB seien
nicht gegeben. Der Beklagte habe nicht nachgewiesen, daß er die 10.000 DM
ohne Rechtsgrund gezahlt habe.
Nach der Beweisaufnahme stehe nicht fest, welche Arbeiten die Gemeinschaft
und welche der Beklagte in Auftrag gegeben habe. Damit habe der Beklagte den
ihm obliegenden Nachweis nicht erbracht, daß die Verbindlichkeit, für die er
bezahlt habe, nicht bestanden habe und nicht bestehe. Der Beklagte trage
insoweit die Beweislast, weil er das ursprüngliche, an ihn gerichtete
Angebot der Klägerin, ferner die tatsächliche Ausführung der Arbeiten sowie
die Überprüfung und Freigabe der à-conto-Rechnung durch den bauleitenden
Architekten gekannt und ohne Klarstellung seinerseits die 10.000 DM gezahlt
habe. Damit habe er die Forderung als vermeintliche Teilleistung für
teilweise erbrachte Leistungen der Klägerin anerkannt. Daran ändere der vom
Beklagten mit seiner à-conto-Zahlung verbundene Vorbehalt der endgültigen
Abrechnung nichts.
Die Revision sei wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der
Beweislastverteilung zuzulassen.
II. Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Die vom Berufungsgericht formulierte Grundsatzfrage stellt sich nicht.
Der Bundesgerichtshof ist gleichwohl an die Zulassung der Revision gebunden
(§ 543 Abs. 2 ZPO).
2. Ein Anspruch des Beklagten auf Auszahlung eines Überschusses ergibt
sich nicht aus Bereicherungsrecht, sondern aus dem zwischen den Parteien
geschlossenen Vertrag.
a) Aus einer Vereinbarung über Abschlagszahlungen im Bauvertrag folgt die
vertragliche Verpflichtung des Auftragnehmers, seine Leistungen abzurechnen.
Der Auftraggeber hat einen vertraglichen Anspruch auf Auszahlung eines
Überschusses. Macht der Auftraggeber einen solchen Anspruch geltend, so
genügt er seiner Darlegungspflicht mit dem Bezug auf die Schlußrechnung des
Auftragnehmers und dem Vortrag, daß sich daraus ein Überschuß ergebe oder
nach Korrektur ergeben müßte. Es ist dann Sache des Auftragnehmers dieser
Berechnung entgegenzutreten und nachzuweisen, daß er berechtigt ist, die
Abschlagszahlungen endgültig zu behalten (BGH, Urteil vom 11. Februar
1999 -VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 372 ff; Urteil vom 24. Januar 2002 - VII
ZR 196/00, BauR 2002, 938 = ZfBR 2002, 473).
b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht
berücksichtigt.
Die Parteien haben unstreitig einen Werkvertrag über Bauleistungen
abgeschlossen. Ungewiß ist lediglich der Umfang der in Auftrag gegebenen
Arbeiten. Spätestens mit der Anforderung der à-conto-Zahlung und deren
Bezahlung haben die Parteien auch eine Vereinbarung über Abschlagszahlungen
getroffen. Danach hatte die Klägerin über ihre erbrachten Leistungen sowie
die erhaltene Abschlagszahlung abzurechnen.
Das hat die Klägerin mit ihrer Schlußrechnung vom 15. August 2001, wenn auch
ohne Erwähnung der à-conto-Zahlung, getan. Der Beklagte hat die
Schlußrechnung hinreichend substantiiert bestritten. In der von ihm
vorgelegten Aufstellung sind im Anschluß an die Schlußrechnung der Klägerin
die Arbeiten im einzelnen bezeichnet, die nach Auffassung des Beklagten von
ihm in Auftrag gegeben worden sind. Damit sind zugleich die Arbeiten genau
benannt, für die er einen Auftrag nicht erteilt haben will. Es wäre nunmehr
Sache der Klägerin gewesen, den von ihr behaupteten Auftragsumfang und die
Berechtigung der in der Schlußrechnung aufgeführten Beträge nachzuweisen.
c) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die à-conto-Zahlung des Beklagten
stelle ein Anerkenntnis dar, ist rechtsfehlerhaft. Ein kausales
Anerkenntnis setzt voraus, daß die Parteien mit der Vereinbarung das
Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Bestimmungen dem Streit oder
der Ungewißheit entziehen wollen (BGH, Urteil vom 24. Juni 1999 - VII ZR
120/98, BauR 1999, 1300 = ZfBR 1999, 337). Diese Voraussetzungen sind hier
nicht gegeben.
Das Berufungsgericht hat überdies das Verhalten der Parteien
rechtsfehlerhaft gewürdigt. Undeutlich ist bereits, was genau anerkannt
worden sein soll. Davon abgesehen ist die Zahlung von beiden Parteien als
Abschlagszahlung verstanden und ausdrücklich auch so bezeichnet worden, vom
Beklagten außerdem mit dem Vorbehalt der endgültigen Abrechnung. Damit läßt
sich eine Auslegung nicht vereinbaren, der gezahlte Betrag sei als endgültig
geschuldet anerkannt worden.
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