Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Kaufvertrag
mit Montageverpflichtung; "Verjährung" (Unwirksamkeit) der Minderung nach §§
634a V, 218 I 1 BGB im Werkvertragsrecht; Begriff des "Bauwerks" iSv § 634a
I Nr. 1 BGB; technische Anlagen als "Bauwerk"
BGH, Urteil vom 2. Juni 2016 - VII ZR 348/13 - OLG
München
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
1. Die (lange) Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1
Nr. 2 BGB von fünf Jahren für Arbeiten bei Bauwerken findet für die
nachträgliche Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach einer
Tennishalle Anwendung, wenn die Photovoltaikanlage zur dauernden Nutzung
fest eingebaut wird, der Einbau eine grundlegende Erneuerung der Tennishalle
darstellt, die einer Neuerrichtung gleich zu achten ist, und die
Photovoltaikanlage der Tennishalle dient, indem sie eine Funktion für diese
erfüllt.
2. Eine auf dem Dach einer Tennishalle nachträglich errichtete
Photovoltaikanlage erfüllt eine Funktion für die Tennishalle, wenn
die Tennishalle aufgrund einer Funktionserweiterung zusätzlich Trägerobjekt
einer Photovoltaikanlage sein soll. Unerheblich ist, dass
die Photovoltaikanlage der Stromversorgung der Tennishalle
nicht dient (Fortführung von BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - VII ZR 287/95,
BauR 1997, 1018; Abweichung von
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, NJW 2014, 845 =
NZBau 2014, 558).
Zentrale Probleme:
Eine lehrreiche Entscheidung zum Werkvertragsrecht und
speziell zur Verjährungsregelung des § 634a BGB. Neben der Abgrenzung
zwischen Kaufvertrag mit Montageverpflichtung und Werkvertrag geht es um die
Frage der Verjährung von Gewährleistungsansprüchen, hier der Minderung (§
638 BGB). Ebenso wie im Kaufrecht kann diese als Gestaltungsrecht nicht
unmittelbar verjähren, weshalb das Gesetz in § 634a IV BGB (im Kaufrecht in
§ 438 IV BGB) den "Umweg" über § 218 BGB geht, d.h. die wirksam erklärte
Minderung wird unwirksam, wenn ein (ggf. hypothetischer)
Nacherfüllungsanspruch verjährt wäre und der Unternehmer (im Kaufrecht der
Verkäufer) sich hierauf beruft. Hier kam es nun darauf an, welche
Verjährungsfrist galt. Der Senat geht hierbei vollkommen zu recht auch auf
die ratio der 5-jährigen Verjährung zurück: Sie gilt für Bauwerke deshalb,
weil Mängel dort erfahrungsgemäß auch erst später, wohl aber innerhalb von 5
Jahren zu Tage treten. Er qualifiziert eine auf dem Dach eine Halle
installierte Photovoltaikanlage daher als "Bauwerk" und wendet sich damit
gegen den Kaufrechtssenat, der gegenteilig entschieden hatte. Das dann an
sich nach § 132 GVG notwendige Verfahren (Anfrage an den Kaufrechtssenat, ob
er an seiner Ansicht festhält, bejahendenfalls Vorlage an den Großen Senat)
umgeht der Senat geschickt, weil die Frage bei der Entscheidung des
Kaufrechtssenats nicht entscheidend gewesen sei - das typische "distinguishing"
in solchen Fällen, weil man die Vorlage vermeiden will (das nennt man auch
den "horror pleni").
Noch ein paar Worte zu § 218 BGB: Die Minderung setzt - im Kauf- wie im
Werkvertragsrecht - grundsätzlich die Rücktrittsvoraussetzungen voraus (§
441 I 1, § 638 I 1 BGB). Wenn schon die Rücktrittsvoraussetzungen nicht
gegeben sind, weil sich der Gläubiger bereits während des Laufs der
Nachfrist berechtigt auf die Verjährung beruft, ist bereits ein Rücktritt
(und damit auch eine Minderung) unwirksam, weil es wegen § 214 I BGB an der
(ungeschriebenen) Rücktrittsvoraussetzung der "Durchsetzbarkeit" der
Forderung fehlt. § 218 BGB braucht man, wenn sich der Schuldner erst nach
einem erklärten Rücktritt bzw. nach einer erklärten Minderung auf die
Verjährung beruft.
©sl 2016
Tatbestand:
1 Die Klägerin betreibt auf einem in ihrem Eigentum
stehenden Grundstück in N. eine Tennishalle. Sie beauftragte 2004 die
Beklagte mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach der
Tennishalle. Die Beklagte führte die Arbeiten aus, stellte den vereinbarten
Betrag von 286.461,12 € unter dem 29. Mai 2004 in Rechnung und erhielt
diesen von der Klägerin bezahlt.
2 Die Photovoltaikanlage besteht unter anderem aus 335 gerahmten Modulen.
Jedes Modul ist 1237 mm lang, 1082 mm breit, 38 mm hoch und hat ein Gewicht
von 18 kg. Um die Module auf dem Dach anzubringen, errichtete die Beklagte
eine Unterkonstruktion, die mit dem Dach fest verbunden wurde.
Unterkonstruktion und Module waren so anzubringen, dass die Statik des Dachs
durch das Eigengewicht der Anlage nicht beeinträchtigt wird und die Anlage
sturmsicher ist. Zudem mussten die Montageelemente dauerhaft regendicht in
die bestehende Dachdeckung eingefügt sein. Die Beklagte verkabelte die
Module mit insgesamt ca. 500 m Kabeln, unter anderem um die Module mit im
Innern der Halle angebrachten Wechselrichtern zu verbinden. Hierfür legte
die Beklagte Kabelkanäle in das Innere der Halle. Die dafür notwendige
Durchdringung des Dachs bzw. der Gebäudeaußenhaut musste dauerhaft
witterungsbeständig und dicht sein. Von den Wechselrichtern legte die
Beklagte Stromleitungen zu einem außerhalb der Halle befindlichen
Zählerverteilungskasten. Hierfür waren Grabungsarbeiten in erheblichem
Umfang notwendig. Ebenfalls im Innern der Halle errichtete die Beklagte eine
Kontroll- und Steuerungsanlage, die sie mit den Wechselrichtern und den
Modulen verkabelte und programmierte.
3 Mit Schreiben von April 2005 rügte die Klägerin die zu geringe Leistung
der Anlage. Dazu erklärte der Geschäftsführer der Beklagten, man müsse die
Anlage noch zwei Jahre beobachten und danach die Ursache einer eventuellen
Minderleistung feststellen. Damit war die Klägerin einverstanden und wandte
sich mit Schreiben vom 9. Oktober 2007 erneut an die Beklagte. Im Mai 2010
beantragte die Klägerin wegen einer Minderleistung der Anlage die
Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. Der Sachverständige
erstellte im April 2011 sein Ergänzungsgutachten, zu dem die Parteien keine
Fragen mehr einreichten.
4 Im Juli 2011 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie auf der
Grundlage einer Minderung von 25 % der Nettovergütung die Rückzahlung von
71.615,28 € begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf
die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil des
Landgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag
weiter.
Entscheidungsgründe:
5 Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.
I.
6 Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in BauR 2014, 720 = NZBau 2014,
177 veröffentlicht ist, führt im Wesentlichen aus:
7 Die Errichtung der Photovoltaikanlage sei vorliegend nach
Werkvertragsrecht zu beurteilen. Die Beklagte habe nicht nur einzelne Teile
liefern, sondern diese zu einer individuell dimensionierten Anlage
zusammenfügen und funktionsfähig auf und in der Tennishalle der Klägerin
einbauen sollen.
8 Die von der Beklagten errichtete Anlage sei mangelhaft. Dies folge aus dem
ergänzenden Gutachten des Sachverständigen vom 17. Juni 2013. Danach sei
davon auszugehen, dass sämtliche 335 Module ein markant reduziertes
Leistungsbild aufwiesen, was einen Minderungsbetrag von zumindest 25 %
rechtfertige.
9 Der Anspruch sei nicht verjährt. Bei der geschuldeten Photovoltaikanlage
handele es sich um ein Bauwerk, so dass Mängelrechte in einer Frist von fünf
Jahren ab der Abnahme im Mai 2004 verjährten. Diese Frist sei durch die
Verhandlungen der Parteien von April 2005 bis Dezember 2007 und die
Klageerhebung im Juli 2011 gehemmt.
II.
10 Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
11 1. Das Vertragsverhältnis der Parteien ist als Werkvertrag (§ 631
BGB) und nicht als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung (§§ 651, 434 Abs. 2
BGB) zu qualifizieren. Die Beklagte schuldete die Herstellung einer
funktionstauglichen Photovoltaikanlage auf dem Dach der Tennishalle unter
Beachtung ihrer Tragfähigkeit. Die Verpflichtungen der Beklagten zur
Durchführung aufwendiger, handwerklicher Installations- und
Anpassungsarbeiten an der Tennishalle geben dem Vertrag die maßgebliche
Prägung (vgl. BGH,
Urteile vom 7. März 2013 - VII ZR 162/12, BauR 2013, 946
Rn. 18 = NZBau 2013, 297; vom 22. Dezember 2005 - VII ZR 183/04, BGHZ 165,
326, 328, juris Rn. 11 ff.; Rudolph, BauR 2012, 557, 567 ff.).
12 2. In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das
Berufungsgericht festgestellt, dass sämtliche Module der Photovoltaikanlage
ein reduziertes Leistungsbild aufweisen und deshalb mangelhaft sind.
13 a) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten; das
Revisionsgericht kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter
entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den
Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die
Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen
Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 14. Mai 2014 - VII
ZR 334/12, BauR 2014, 1303 Rn. 16 = NZBau 2014, 494).
14 Solche Fehler liegen nicht vor.
15 b) Entgegen der Rüge der Revision hat das Berufungsgericht den Vortrag
der Beklagten, die Module seien durch den später erfolgten Einbau und den
Betrieb der Schneeräumanlage beschädigt worden, nicht außer Acht gelassen.
Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag vielmehr zum Gegenstand der
Beweisaufnahme gemacht und festgestellt, dass eine entsprechende Schädigung
nicht vorgelegen hat.
16 c) Die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte nicht von
elf defekten Modulen auf die Mangelhaftigkeit aller Module schließen dürfen,
ist ebenfalls unbegründet. Das Berufungsgericht hat aufgrund der insgesamt
stark reduzierten Leistungsfähigkeit der Anlage und des Ergebnisses der
Untersuchung von elf Modulen entsprechend den sachverständigen Ausführungen
auf die Mangelhaftigkeit aller Module geschlossen. Das verstößt nicht gegen
Denkgesetze oder Erfahrungssätze.
17 3. Das Berufungsgericht hat einen Minderwert in Höhe von 25 % der
Nettovergütung festgesetzt. Das nimmt die Revision hin; Rechtsfehler sind
nicht erkennbar.
18 4. Die Minderung ist nicht nach § 634a Abs. 5, § 218 Abs. 1 Satz
1 BGB unwirksam. Nach diesen Vorschriften ist die Minderung
unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der
Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft.
Der Anspruch der Klägerin auf Nacherfüllung verjährt nach § 634a
Abs. 1 Nr. 2 BGB in fünf Jahren, da die Werkleistungen der Beklagten an der
Tennishalle der Klägerin, und damit für ein Bauwerk erbracht wurden.
19 a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu §
638 Abs. 1 BGB a.F. gilt die fünfjährige Verjährung "bei Bauwerken", wenn
das Werk in der Errichtung oder der grundlegenden Erneuerung eines Gebäudes
oder eines anderen Bauwerks besteht, wobei unter grundlegender Erneuerung
Arbeiten zu verstehen sind, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen
Neuerrichtung gleich zu achten sind. Erfasst sind auch Umbauarbeiten an
einem bereits errichteten Bauwerk, wenn sie für Konstruktion, Bestand,
Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind
und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden werden.
Für die Zuordnung einer Werkleistung zu den Arbeiten bei Bauwerken
ist neben der Bestimmung zur dauernden Nutzung die für Bauwerke typische
Risikolage entscheidend, welche der Grund für die längere Verjährungsfrist
ist. In den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist als Begründung
für die fünfjährige Verjährung angegeben, dass Mängel bei Bauwerken
häufig erst spät erkennbar werden, jedoch regelmäßig innerhalb von fünf
Jahren auftauchen (Motive II 489). Es geht dabei
typischerweise um die späte Erkennbarkeit von Mängeln aus Gründen der
Verdeckung durch aufeinanderfolgende Arbeiten einerseits sowie der Witterung
und Nutzung andererseits (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 -
VII ZR 182/10, BauR 2013, 596 Rn. 17 f. m.w.N. = NZBau 2013, 161; BT-Drucks.
14/6040, S. 227).
20 Die Installation einer technischen Anlage zählt zu diesen
Arbeiten, wenn die Anlage nicht bloß in dem Gebäude untergebracht wird,
sondern der Errichtung oder der grundlegenden Erneuerung des Gebäudes dient,
in das sie ein- gefügt wird (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 -
VII ZR 287/95, BauR 1997, 1018, 1019, juris Rn. 8 = NJW-RR 1998, 89).
21 Diese Rechtsprechung gilt unter Anwendung des durch das Gesetz zur
Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I 3138) mit
Wirkung zum 1. Januar 2002 eingeführten § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB fort (vgl.
BT-Drucks. 14/6040, S. 227, 263).
22 b) aa) Die von der Beklagten gelieferte Photovoltaikanlage wurde
nicht nur aufgestellt, sondern auf und in der Tennishalle zur dauernden
Nutzung fest eingebaut (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1998 - VII
ZR 109/97, BauR 1999, 670, 671, juris Rn. 11 ff.). Durch die
Vielzahl der verbauten Komponenten ist die Photovoltaikanlage so mit der
Tennishalle verbunden, dass eine Trennung von dem Gebäude nur mit einem
erheblichen Aufwand möglich ist. Ob die Photovoltaikanlage damit ein
wesentlicher Bestandteil des Gebäudes wurde (§ 94 Abs. 2 BGB), ist ohne
Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - VII ZR 182/10,
BauR 2013, 596 Rn. 20 = NZBau 2013, 161).
23 bb) Der Einbau der Photovoltaikanlage stellt eine grundlegende Erneuerung
der Tennishalle dar, die insgesamt einer ganzen oder teilweisen
Neuerrichtung gleich zu achten ist. Das folgt aus den erheblichen Eingriffen
in das Dach und in die Gebäudeaußenhaut, die notwendig waren, um die
Photovoltaikanlage windsicher einzubauen sowie die Witterungsbeständigkeit
und Statik des Gebäudes zu sichern. Durch die Vielzahl der Eingriffe in die
Gebäudesubstanz, die schwere Erkennbarkeit von Mängeln durch aufeinander
abgestimmte Arbeiten und die der Witterung ausgesetzte Nutzung liegt die
typische Risikolage vor, die den Gesetzgeber veranlasst hat, für Arbeiten
bei einem Bauwerk eine Verjährungsfrist von fünf Jahren vorzusehen.
24 cc) Schließlich dient der Einbau der Photovoltaikanlage der Tennishalle.
25 Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn die technische Anlage nicht
nur in dem Gebäude untergebracht ist, sondern für dieses eine Funktion
erfüllt. Das hat der Senat für den Fall einer
Abwasser-Kreislaufanlage verneint, die zwar im Rahmen der Errichtung eines
Gebäudes fest installiert worden war, jedoch nur den Zweck hatte, Abwässer
eines anderen Gebäudes aufzubereiten (BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - VII ZR
287/95, BauR 1997, 1018, 1019, juris Rn. 8 ff. = NJW-RR 1998, 89).
26 Auf dieser Grundlage hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
entschieden, dass eine auf einer Scheune angebrachte Photovoltaikanlage
nicht dem Zweck der Scheune diene. Die Solaranlage diene vielmehr dem
eigenen Zweck der Stromerzeugung. Sie sei deshalb für Bestand, Erhaltung
oder Benutzbarkeit der Scheune nicht von (wesentlicher) Bedeutung (Urteil
vom 9. Oktober 2013 - VIII
ZR 318/12, NJW 2014, 845 Rn. 21 = NZBau 2014, 558).
27 Diese Auffassung teilt der erkennende Senat nicht. Zwar
entspricht es der Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass bei der
Errichtung eines Gebäudes eine eingebaute technische Anlage der Funktion des
Gebäudes dienen muss, damit die lange Verjährungsfrist für Arbeiten bei
Bauwerken Anwendung findet. Der Senat hat indes bereits entschieden, dass es
zur Beantwortung der Frage, ob Arbeiten der grundlegenden Erneuerung dienen,
nicht darauf ankommt, ob das Bauwerk auch ohne die Arbeiten funktionstüchtig
geblieben wäre (Urteil vom 3. Dezember 1998 - VII ZR 109/97, BauR 1999, 670,
671, juris Rn. 11). Entscheidend ist vielmehr der Vergleich mit der
Neuerrichtung. Es kommt daher darauf an, ob der Einbau einer
Photovoltaikanlage, wie sie die Beklagte schuldete, bei der Neuerrichtung
eines Gebäudes als Arbeiten bei einem Bauwerk zu qualifizieren ist. Das ist
zu bejahen, da das Gebäude, unabhängig von seinen sonstigen Zwecken,
jedenfalls auch dazu gedient hätte, Trägerobjekt für eine Photovoltaikanlage
zu sein. Nichts anderes gilt für die grundlegende Erneuerung eines Gebäudes,
die auf einer (teilweisen) Veränderung oder Erweiterung der Funktion beruht.
Wenn nunmehr die Tennishalle der Klägerin auch dazu dienen sollte,
Trägerobjekt einer Photovoltaikanlage zu sein, lag darin eine
Funktionserweiterung, die, unter Beachtung der übrigen Voraussetzungen, dazu
führt, die lange Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB anzuwenden (so
auch Grabe, BauR 2015, 1, 4). Unerheblich ist, dass die Photovoltaikanlage
der Stromversorgung der Tennishalle nicht dient.
28 c) Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass eine
Photovoltaikanlage zudem selbst als Bauwerk zu qualifizieren sein kann.
29 Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats können technische
Anlagen selbst als Bauwerk angesehen werden. Das setzt voraus, dass die
technische Anlage mit dem Erdboden unmittelbar oder mittelbar über ein
Gebäude fest verbunden ist, ohne dass es sich um wesentliche Bestandteile
(§§ 93, 94 BGB) handeln muss. Es genügt eine Verbindung der Anlage
mit dem Erdboden oder dem Gebäude allein durch ihr Gewicht, so dass eine
Trennung nur mit einem größeren Aufwand möglich ist. Schließlich muss eine
dauernde Nutzung der technischen Anlage beabsichtigt sein. Für die
Beurteilung dieser Voraussetzungen ist entscheidend darauf abzustellen, ob
Vertragszweck die Erstellung einer größeren ortsfesten Anlage mit den
spezifischen Bauwerksrisiken ist, die der gesetzlichen Regelung zur langen
Verjährungsfrist zugrunde liegen (vgl. BGH, Urteile vom 3. Dezember 1998 -
VII ZR 109/97, BauR 1999, 670, 671, juris Rn. 15 ff.; vom 20. Februar 1997 -
VII ZR 288/94, BauR 1997, 640, 641, juris Rn. 12).
30 Soweit der VIII. Zivilsenat ausgeführt hat, die auf dem Dach einer
Scheune angebrachte Photovoltaikanlage sei mangels Verbindung mit dem
Erdboden selbst kein Bauwerk (Urteil
vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 318/12, NJW 2014, 845 Rn. 21
= NZBau 2014, 558), entspricht dies nicht der Rechtsprechung
des erkennenden Senats. Dieser hat entschieden, dass mit einem Gebäude fest
verbundene technische Anlagen ein Bauwerk darstellen können (für eine
Elektro-Hängebahn in einer Werkhalle: Urteil vom 20. Februar 1997 - VII ZR
288/94, BauR 1997, 640, 641, juris Rn. 12).
31 d) Wegen der unterschiedlichen Rechtsausführungen des VIII.
Zivilsenats und des erkennenden Senats zur Funktion einer Photovoltaikanlage
für ein errichtetes Gebäude bedarf es nicht der Vorlage an den Großen Senat
für Zivilsachen, § 132 Abs. 2 GVG.
32 Einer Vorlage bedarf es nur, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage sowohl
für die abweichende Vorentscheidung als auch für die beabsichtigte
Entscheidung ergebnisrelevant und deshalb erheblich ist (ständige
Rechtsprechung, siehe nur BGH, Beschluss vom 17. März 2015 - GSSt 1/14, NJW
2015, 3800 Rn. 15).
33 Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Der VIII. Zivilsenat hat in seiner
Entscheidung vom 9.
Oktober 2013 - VIII ZR 318/12 (aaO Rn. 1) zum Sachverhalt
Folgendes ausgeführt:
34 "Der Landwirt S. kaufte am 22. April 2004 von der Klägerin sämtliche
Komponenten (Einzelteile) einer Photovoltaikanlage. Vertragsgegenstand war
nur die Lieferung der Teile, die die Klägerin ihrerseits im April 2004 bei
der Beklagten erwarb und noch im April 2004 direkt von der Beklagten an den
Landwirt S. liefern ließ, der sie in der Folgezeit auf dem vorhandenen Dach
einer auf seinem Grundstück stehenden Scheune montierte."
35 Nach diesem Sachverhalt ist die Bauwerkseigenschaft bereits zu verneinen,
weil es an einer hinreichend festen Verbindung der dort zur Beurteilung
stehenden Photovoltaikanlage mit dem Gebäude fehlte und der Einbau der
Photovoltaikanlage keine grundlegende Erneuerung der Scheune darstellte.
III.
36 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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