Begriff der Fälligkeit;
Schutz des Integritätsinteresses bei Reparatur über dem
Wiederbeschaffungswert (130%-Grenze); Grenze zum Wertinteresse
BGH, Beschluss vom 18.
November 2008 - VI ZB 22/08
Fundstelle:
NJW 2009, 910
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Lässt der Geschädigte
den Fahrzeugschaden, der über dem Wiederbeschaffungswert, aber innerhalb der
130 %-Grenze liegt, vollständig und fachgerecht reparieren, so wird der
Anspruch auf Ersatz der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigenden
Reparaturkosten im Regelfall nicht erst sechs Monate nach dem Unfall fällig.
Zentrale Probleme:
S. die Anm. zu BGH NJW 2007,
2917 und die dortigen
Rspr.-Nachweise.
©sl 2008
Gründe:
I.
1 Bei einem Verkehrsunfall am 12. Dezember 2006 wurde das Kraftfahrzeug des
Klägers, Opel Astra 1.6, Erstzulassung 14. September 2000, beschädigt. Der
Kläger ließ ein Schadensgutachten erstellen, in dem die Reparaturkosten auf
7.189,10 €, der Wiederbeschaffungswert auf 5.700,00 € und der Restwert auf
1.800,00 € beziffert wurden (sämtlich inklusive Mehrwertsteuer). Der Kläger
ließ das Fahrzeug in der Zeit vom 19. Dezember 2006 bis zum 5. Januar 2007
vollständig und fachgerecht nach Maßgabe dieses Gutachtens reparieren. Er
reichte bei der Beklagten, dem Haftpflichtversicherer des
eintrittspflichtigen Unfallgegners, zur Regulierung die
Reparaturkostenrechnung eines Autohauses vom 4. Januar 2007 in Höhe von
7.178,64 € einschließlich Mehrwertsteuer ein. Diesen Betrag nebst
Sachverständigenkosten (564,34 €), Mietwagenkosten (760,01 €) und einer
Kostenpauschale (30,00 €) verlangte er von der Beklagten ersetzt.
2 Die Beklagte zahlte jedoch - neben den Mietwagenkosten und den
Sachverständigengebühren - zunächst lediglich den Wiederbeschaffungsaufwand
(Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) sowie eine Kostenpauschale von
25,00 €. Zur Begründung gab sie an, eine Erstattung innerhalb der 130
%-Grenze erfolge erst, wenn der Nachweis einer Weiternutzung des Fahrzeugs
für mindestens sechs Monate geführt werde.
3 Mit seiner am 26. Mai 2007 zugestellten Klage hat der Kläger seinen
restlichen Schadenersatzanspruch geltend gemacht. Nachdem die Beklagte im
Juni 2007 den Restbetrag gezahlt hatte, haben die Parteien den Rechtsstreit
übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und widerstreitende
Kostenanträge gestellt.
4 Das Landgericht hat die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Das
Beschwerdegericht hat die dagegen erhobene sofortige Beschwerde des Klägers
zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene
Rechtsbeschwerde des Klägers.
II.
5 Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige
Rechtsbeschwerde ist begründet.
6 1. Das Beschwerdegericht, dessen Beschluss in r+s 2008, 216 f. und
Schaden-Praxis 2008, 216 ff. veröffentlicht ist, meint, es entspreche
billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen. Der
Senat habe es bislang zum Nachweis des Integritätsinteresses und zur
Begründung des Anspruchs auf vollständigen Reparaturkostenersatz bis 130 %
ausreichen lassen, dass der Geschädigte im Zeitpunkt der vollständig und
fachgerecht ausgeführten Reparatur die Absicht hatte, das Fahrzeug selbst
weiter zu nutzen, so dass es für den Anspruch sogar unschädlich habe sein
können, wenn der Geschädigte diese Absicht noch während der Reparatur
geändert habe.
7 Diese Rechtsprechung gebe der Senat jedoch im Hinblick auf die neuere
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf. Hiernach sei es grundsätzlich
zum Nachweis des Integritätsinteresses erforderlich, dass der Geschädigte
sein Fahrzeug noch längere Zeit weiter nutzt, wobei ein Zeitraum von 6
Monaten regelmäßig als ausreichend, aber auch als erforderlich anzusehen
sei. Dies betreffe sowohl Konstellationen der Nicht- bzw. Teilreparatur, in
denen der Fahrzeugschaden unter dem Wiederbeschaffungswert liege und fiktiv
abgerechnet werde, als auch Fälle bei denen der - fiktiv abgerechnete -
Fahrzeugschaden über dem Wiederbeschaffungswert innerhalb der 130 %-Grenze
liege. Etwas anderes gelte zwar bei konkreter Abrechnung eines unter dem
Wiederbeschaffungswert liegenden Fahrzeugschadens; in einem solchen Fall
könnten die konkret entstandenen Reparaturkosten ohne weiteres sofort - also
ohne eine weitere Nutzung des Fahrzeuges - ersetzt verlangt werden. Dieser
Fall lasse sich jedoch nicht auf die Fälle konkreter Abrechnung im Bereich
der 130 %-Grenze übertragen. Vielmehr gälten hierzu die insoweit vom
Bundesgerichtshof zum fiktiv abgerechneten Fahrzeugschaden innerhalb dieser
Grenze aufgestellten Grundsätze gleichermaßen. Überstiegen die
Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert, könne dem Schädiger der Ersatz
eigentlich unwirtschaftlicher Reparaturkosten nur im Hinblick auf das bei
der Schadensbehebung im Vordergrund stehende Integritätsinteresse des
Geschädigten zugemutet werden. Dieser für die fiktive Abrechnung betonte
Grundsatz sei in konsequenter Anwendung auf die Fälle konkreter Abrechnung
im Bereich der 130 %-Grenze zu übertragen. Denn insoweit sei kein
entscheidender Grund zu einer Differenzierung ersichtlich. Damit habe der
Kläger hier - trotz konkreter Abrechnung sowie vollständiger und
fachgerechter Reparatur - die über den Wiederbeschaffungsaufwand
hinausgehenden Reparaturkosten erst nach einer Weiterbenutzung seines
Fahrzeuges über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten erfolgreich ersetzt
verlangen können.
8 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht Stand. Lässt
der Geschädigte den Fahrzeugschaden, der über dem Wiederbeschaffungswert,
aber innerhalb der 130 %-Grenze liegt, vollständig und fachgerecht
reparieren, so wird der Anspruch auf Ersatz der den
Wiederbeschaffungsaufwand übersteigenden Reparaturkosten im Regelfall nicht
erst sechs Monate nach dem Unfall fällig.
9 a) Der Begriff der Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem an der
Gläubiger die Leistung verlangen kann (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 -
III ZR 159/06 - VersR 2007, 806, 807 Rn. 16, insoweit in BGHZ 171, 33 ff.
nicht abgedruckt). Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus
den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort
verlangen (§ 271 Abs. 1 BGB; vgl. auch § 849 BGB). Kann der
Geschädigte wegen Beschädigung einer Sache Wiederherstellung (§ 249 Abs. 1
BGB) oder den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag (§ 249 Abs. 2 Satz 1
BGB) verlangen, so tritt die Fälligkeit in der Regel sofort im Zeitpunkt der
Rechtsgutsverletzung ein. Dass der Umfang der Ersatzpflicht des Schädigers
in der Praxis regelmäßig erst nach einiger Zeit festgestellt werden kann,
weil etwa Gutachten zum Umfang des Schadens eingeholt oder die
Rechnungsstellung durch eine Reparaturwerkstatt abgewartet werden müssen,
ändert daran nichts. Sobald der Geschädigte über die zur Geltendmachung
seiner Forderungen erforderlichen Informationen verfügt, kann er prinzipiell
den Verzug (§ 286 BGB) des Schädigers bzw. seines Haftpflichtversicherers
mit der fälligen Forderung herbeiführen und gegebenenfalls die Verzugsfolgen
(§§ 287, 288 BGB) geltend machen. Auch wenn einzelne Schadenspositionen
zwischen der Geschädigtenseite und der Schädigerseite streitig sind und ihre
Berechtigung in einem möglicherweise lang dauernden Rechtsstreit geklärt
werden muss, ändert dies nichts an der Fälligkeit des
Schadensersatzanspruchs, soweit er sich (später) als gerechtfertigt erweist,
und auch nichts daran, dass die Schädigerseite, wenn sie wirksam in Verzug
gesetzt wurde, für den Verzugsschaden einzustehen und Verzugszinsen zu
zahlen hat.
10 Ob die Fälligkeit des Direktanspruchs des geschädigten Dritten gegen den
Versicherer nach § 3 Nr. 1 PflVG a.F. in entsprechender Anwendung des § 11
Abs. 1 VVG a.F. nicht sofort, sondern erst mit Beendigung der nötigen
Erhebungen des Versicherers eintritt (zum Streitstand vgl. Prölss/Martin,
VVG, 27. Aufl., § 11 Rn. 2; Hasse, NVersZ 2000, 497, 500, m.w.N.), kann im
Streitfall dahinstehen, weil der Kläger ersichtlich vor diesem Zeitpunkt
weder Ersatz der streitigen Positionen verlangt noch Klage erhoben hat.
11 b) Der Senat hatte bisher keinen Anlass, sich zur Frage der Fälligkeit
der Schadensersatzforderung in den Fällen der Schadensregulierung, wie sie
im vorliegenden Rechtsstreit in Frage stehen, zu äußern. Dazu ist den vom
Berufungsgericht und auch anderweit in Rechtsprechung und Literatur
herangezogenen Senatsurteilen auch nichts zu entnehmen. Der Senat hat
lediglich entschieden, dass der Geschädigte zum Ausgleich des durch einen
Unfall verursachten Fahrzeugschadens, der den Wiederbeschaffungswert nicht
übersteigt, die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur
Höhe des Wiederbeschaffungswerts ohne Abzug des Restwerts verlangen kann,
wenn er das Fahrzeug - gegebenenfalls unrepariert - mindestens sechs Monate
nach dem Unfall weiter nutzt (BGHZ 168, 43, 46 ff.), und dass der
Geschädigte zum Ausgleich eines Fahrzeugschadens, der den
Wiederbeschaffungswert um nicht mehr als 30 % übersteigt, Reparaturkosten
über dem Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert minus Restwert)
auch bei vollständiger und fachgerechter Reparatur im Regelfall nur
verlangen kann, wenn er das Fahrzeug nach dem Unfall sechs Monate weiter
nutzt (Senatsurteile vom 13. November 2007 - VI ZR 89/07 - VersR 2008,
134 f. und vom 27. November 2007 - VI ZR 56/07 - VersR 2008, 135, 136).
12 Der Grund für diese Rechtsprechung liegt darin, dass der Geschädigte
bestimmte Schadenspositionen nur verlangen kann, wenn sich der Grund für
ihre Zuerkennung als ausreichend beständig erweist. Ersatz des
Wiederbeschaffungswerts bedeutet, dass der Restwert des beschädigten
Fahrzeugs bei der Schadensregulierung unberücksichtigt bleibt. Das ist nur
dann gerechtfertigt, wenn der Geschädigte ihn nicht realisiert, so dass er
sich nur als hypothetischer Rechnungsposten darstellt, der sich in der
Schadensbilanz nicht niederschlagen darf; hier genießt das
Integritätsinteresse des Geschädigten Vorrang und darf durch das
Wirtschaftlichkeitsgebot und das Bereicherungsverbot nicht verkürzt werden
(vgl. Senatsurteile BGHZ 154, 395, 397 f.; 168, 43, 46). Ebenso ist,
wenn der Schaden den Wiederbeschaffungswert um bis zu 30 % übersteigt, ein
Ersatz, der über dem Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert minus
Restwert) liegt, nur dann gerechtfertigt, wenn ein besonderes
Integritätsinteresse des Geschädigten besteht (Senatsurteile vom 13.
November 2007 - VI ZR 89/07 - und vom 27. November 2007 - VI ZR 56/07 - aaO).
13 c) Den genannten Senatsurteilen kann entgegen der vom Beschwerdegericht
sowie teilweise in Rechtsprechung (LG Hagen, VersR 2007, 1265 f.; AG Essen,
Urteil vom 2. August 2007 - 11 C 245/07 - Juris Rn. 29; weitere Nachweise
bei Kallweit, VersR 2008, 895) und Literatur (Kallweit, aaO; Mergner, VersR
2007, 1266; Staab, NZV 2007, 279, 281) vertretenen Auffassung nicht
entnommen werden, dass der Ersatzanspruch des Geschädigten erst nach Ablauf
der Sechsmonatsfrist fällig wird. Der Senat ist in seiner bisherigen
Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Feststellung, ob ein
Integritätsinteresse des Geschädigten zu bejahen ist, er also ein
nachhaltiges Interesse an der Weiternutzung seines Fahrzeugs hat, häufig
schwierig ist. Er hat deshalb die Frage, wie lange der Geschädigte das
Fahrzeug nach dem Unfall nutzen muss, um ein nachhaltiges Interesse an
dessen Weiternutzung zum Ausdruck zu bringen, nach Abwägung der
beiderseitigen Interessen zur Erleichterung einer praktikablen
Schadensabwicklung dahin beantwortet, dass im Regelfall ein Zeitraum von
sechs Monaten erforderlich, aber auch ausreichend ist (Senatsurteil BGHZ
168, 43, 48; Senatsurteile vom 13. November 2007 - VI ZR 89/07 - aaO, S.
135, und vom 27. November 2007 - VI ZR 56/07 - aaO).
14 Die Sechsmonatsfrist stellt indes keine zusätzliche
Anspruchsvoraussetzung dar. Sie hat lediglich beweismäßige Bedeutung.
Wird das beschädigte Fahrzeug sechs Monate nach dem Unfall weiter benutzt,
so ist dies im Regelfall ein ausreichendes Indiz, um das
Integritätsinteresse des Geschädigten zu bejahen; eine weiter gehende
Bedeutung hinsichtlich der Fälligkeit des Anspruchs kommt der Frist nicht zu
(so auch im Ergebnis OLG Frankfurt, ZfS 2008, 505, 506; LG Bonn, Urteil vom
7. November 2007 - 1 O 214/07 - Juris Rn. 18 ff.; LG Duisburg, Urteil vom 7.
November 2007 - 5 S 63/07 - juris Rn. 16 ff.; LG Hamburg, DAR 2007, 707 f.;
LG Trier, Urteil vom 8. Juli 2008 - 1 S 76/08 - juris Rn. 9 ff.; AG Trier,
NJW-RR 2008, 185, 186 f.; AG Witten, Urteil vom 16. August 2007 - 2 C 561/07
- juris Rn. 10 ff.; Elsner, jurisPR-VerkR 1/2007 Anm. 6; Poppe,
jurisPR-VerkR 6/2008 Anm. 3; Wittschier, NJW 2008, 898, 900; vgl. auch OLG
Celle, NJW 2008, 928).
15 Sie als eigenständige Anspruchsvoraussetzung zu verstehen, verbietet sich
schon deshalb, weil nicht ersichtlich ist, aus welchem Grund eine
Erweiterung der sich aus § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung
mit den §§ 249, 271 BGB, § 3 PflVG a.F. ergebenden Anspruchsvoraussetzungen
durch die Rechtsprechung angezeigt sein könnte. Dies würde auch zu einer für
die Mehrzahl der Geschädigten unzumutbaren Regulierungspraxis führen. Diese
müssten, obwohl sie ihr Fahrzeug ordnungsgemäß reparieren ließen oder lassen
wollen, bis zu sechs Monate auf die Zahlung eines Großteils der ihnen
zustehenden Ersatzforderung warten. Würde die Fälligkeit der Restforderung
bis zum Ablauf der Sechsmonatsfrist verschoben, wäre es dem Geschädigten,
auch wenn sich sein Begehren als gerechtfertigt erweist, nicht möglich, den
Schädiger bzw. seinen Haftpflichtversicherer vor Ablauf der Frist in Verzug
zu setzen, um so zumindest eine Verzinsung der Forderung zu erreichen. Dies
liefe dann auf eine entschädigungslose Vorfinanzierung durch den
Geschädigten oder, falls ihm eine Vorfinanzierung aus finanziellen Gründen
nicht möglich ist, auf einen gänzlichen Verzicht auf die gewünschte
Reparatur hinaus, was eine erhebliche Einschränkung der Ersetzungsbefugnis
und der Dispositionsfreiheit des Geschädigten bedeuten würde.
16 Ein Hinausschieben der Fälligkeit für sechs Monate käme zudem nicht in
jedem Fall in Betracht. Die Weiternutzung für sechs Monate ist nur im
Regelfall ein ausreichendes Indiz für ein bestehendes Integritätsinteresse.
Es sind indes zahlreiche Fallgestaltungen denkbar, bei denen die Nutzung des
Fahrzeugs aus besonderen Gründen bereits lange vor Ablauf der
Sechsmonatsfrist eingestellt wird, etwa infolge eines weiteren Unfalls oder
deshalb, weil eine Fahrzeugnutzung aus finanziellen Gründen (z.B.
Arbeitslosigkeit) nicht mehr möglich ist. In solchen Fällen könnte für die
Fälligkeit allenfalls auf den Zeitpunkt der jeweils erzwungenen oder
jedenfalls schadensrechtlich unschädlichen Nutzungsaufgabe abgestellt
werden. Dafür ist indes in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen kein Grund
ersichtlich.
17 d) Dass der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer bei sofortiger
Fälligkeit des gesamten Schadensersatzbetrages nach fachgerechter Reparatur
das Solvenzrisiko hinsichtlich eines etwaigen Rückforderungsanspruchs trägt,
sofern er in der Sechsmonatsfrist zahlt, vermag an der rechtlichen
Beurteilung nichts zu ändern. Die mit der Gesamtfälligkeit möglicherweise
einher gehenden Unsicherheiten erschweren die Regulierung für den Schädiger
bzw. dessen Haftpflichtversicherer auch nicht unzumutbar. Die Zahlung des
gesamten Betrages erfolgt auf eine vom Geschädigten veranlasste
Wiederherstellung des beschädigten Kraftfahrzeugs. Hierdurch ist der Wille
zur Weiternutzung zunächst ausreichend belegt. Ob der Versicherer in dieser
Situation den gesamten Schadensersatzbetrag bezahlt oder ob er sich
verklagen lässt, muss er aufgrund einer Bewertung der Umstände des
jeweiligen Regulierungsfalls beurteilen. Eine solche Beurteilung der
Umstände des Einzelfalls mag im Massengeschäft der Regulierungspraxis lästig
sein, ist aber nicht zu vermeiden, wenn der einzelne Regulierungsfall
konkrete Zweifelsfragen aufwirft. Zahlt der Versicherer, kann er die Zahlung
des über dem Wiederbeschaffungsaufwand liegenden Betrages unter einem
Rückforderungsvorbehalt leisten.
18 e) Im Streitfall ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass für die
Beklagte bei Vorlage der Reparaturrechnung Anhaltspunkte für einen fehlenden
Willen des Klägers zur Weiternutzung des Fahrzeugs bestanden. Der Kläger hat
das Fahrzeug auch über einen Zeitraum von sechs Monaten genutzt und damit
sein Integritätsinteresse bestätigt. Mithin hat er zu Recht Ersatz der
gesamten Reparaturkosten verlangt. Die Forderung war spätestens bei
Absendung des Schreibens vom 14. Februar 2007 fällig, in dem die Beklagte
die Zahlung des Differenzbetrages zwischen Wiederbeschaffungsaufwand und dem
vollen Betrag der Reparaturkosten zu Unrecht vom Nachweis einer
sechsmonatigen Weiternutzung des Fahrzeugs abhängig machte.
19 3. Da die Klage danach von Anfang an begründet war, kann der angefochtene
Beschluss keinen Bestand haben. Die gegen den Kostenbeschluss des
Landgerichts gerichtete sofortige Beschwerde ist vielmehr zulässig (§§ 91a
Abs. 2, 567 ff. ZPO) und auch begründet. Denn es entspricht billigem
Ermessen im Sinne des § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits
der Beklagten aufzuerlegen. Der Beschluss des Landgerichts ist auf die
sofortige Beschwerde dahin gehend abzuändern. Der Senat kann in der Sache
selbst entscheiden, weil keine tatsächlichen Fragen offen sind. |