Eigentümer-Besitzer-Verhältnis: Anwendung der §§
987 ff BGB auf den nicht mehr berechtigten Besitzer; Schadensersatzanspruch
des Vermieters gegen den Untermieter bei verspäteter Herausgabe der Wohnung
des Verspätungsschadens nach §§ 990, 280 I, II, 286 BGB; analoge Anwendung
von § 571 II BGB gegenüber dem Untermieter
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2020 - V ZR 26/20 - LG
Berlin
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Wird dem Untermieter, der nach Beendigung des
Hauptmietverhältnisses über eine Wohnung und Räumung durch den Hauptmieter
die untergemieteten Wohnräume an den Eigentümer nicht herausgibt, eine
gerichtliche Räumungsfrist gewährt, kann der Eigentümer von ihm nach den
Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses Schadensersatz jedenfalls
in Höhe der von dem Hauptmieter bei Nichträumung geschuldeten
Nutzungsentschädigung für die ganze Wohnung verlangen.
Zentrale Probleme:
Ein einfacher Sachverhalt: Der Untermieter eines Teils
einer Wohnung gibt nach Ende des Mietverhältnisses die Wohnung nicht heraus,
erhält aber eine gerichtliche Räumungsfrist. Der Eigentümer verlangt von ihm
Schadensersatz für den entgangenen Gewinn bei der Weitervermietung. Dass
hier ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis als Voraussetzung für die Anwendung
der §§ 987 ff BGB besteht, scheitert nicht an der eingeräumten Räumungsfrist
nach § 721 ZPO, weil diese nur prozessual wirkt, aber kein Besitzrecht
i.S.v. § 986 BGB gibt. Dieses endet mit dem Ende des Hauptmietvertrags (s.d
azu auch BGH v. 14.3.2014 - V ZR
2188/13).Auch ein Einverständnis des Eigentümers mit der Untervermietung
würde nicht ändern. Da der Untermieter spätestens mit dem Räumungsurteil
bösgläubig ist, sind auch die Voraussetzungen des § 990 BGB gegeben. Damit
ist der Weg frei zu einem Ersatz des durch die Verzögerung der Herausgabe
entstandenen Verzögerungsschadens (§ 990 II, 280 I, III, 286 BGB). Denn auch
wenn der Untermieter nur den untervermieteten Teil der Wohnung
zurückbehalten hatte, hinderte dies doch den Vermieter an einer erneuten
Vermietung. Damit stellt sich die Frage, ob § 571 II BGB auf den Untermieter
entsprechende Anwendung findet. In direkter Anwendung betrifft diese
Vorschrift den Mieter, dem eine Räumungsfrist eingeräumt wurde. Dieser muss
nämlich gem. § 546a II BGB bei verpäteter Rückgabe die Miete weiter zahlen
und schuldet im Fall einer eingeräumten Räumungsfrist gem. § 571 II BGB
keinen weiteren Schadensersatz. Der Senat neigt zu einer analogen Anwendung,
lässt die Frage aber offen. Denn der vom Eigentümer verlangte Schadensersatz
übersteigt nicht die Miete, die der Hauptmieter fortzahlen müsste. Der nicht
herausgabebereite Untermieter darf aber nicht besser sztehen, als der
Hauptmieter. Für einen ähnlichen Fall in Bezug auf Nutzungsersatz s.
BGH v. 14.3.2014 - V ZR 2188/13.
©sl 2021
Tatbestand:
1 Die Klägerin ist Erbin des vormaligen Klägers
(nachfolgend: Erblasser). Der Erblasser vermietete eine 106,55 qm große
Wohnung an einen Hauptmieter, der eine 7 qm große
Kammer dieser Wohnung an den Beklagten untervermietete. Das
Hauptmietverhältnis endete nach dem Tod des Hauptmieters Ende
November 2014. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2014 forderte der
Erblasser den Beklagten erfolglos zur Herausgabe der Wohnung auf. Mitte 2016
wurde der Beklagte rechtskräftig zur Räumung verurteilt und ihm eine
Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO bis zum 30. September 2016 gewährt.
2 Die Klägerin verlangt von dem Beklagten nach dessen Zwangsräumung im
Oktober 2016 die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Wohnung für die
Monate März 2016 bis September 2016, zuletzt noch in Höhe von
insgesamt 2.170 €. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolgreich gewesen.
Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision will der Beklagte
weiterhin die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt die
Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
3 Das Berufungsgericht bejaht einen Zahlungsanspruch der
Klägerin aus §§ 990, 280 Abs. 1 und 2, § 286 i.V.m. § 1922 Abs. 1 BGB. Der
Beklagte habe nach Ende des mit dem Hauptmieter bestehenden
Mietverhältnisses kein Recht zum Besitz gehabt, hiervon habe er durch das
Schreiben vom 29. Dezember 2014 Kenntnis erlangt. Durch den Ablauf der darin
gesetzten Frist sei er mit der Herausgabe in Verzug geraten; dieser sei
durch die nach § 721 ZPO gewährte Räumungsfrist nicht beseitigt worden. Die
Klägerin könne Ersatz des infolge der Vorenthaltung der gesamten Wohnung im
Zeitraum von März bis September 2016 entgangenen Gewinns verlangen. Wenn der
Beklagte die Wohnung herausgegeben hätte, hätte der Erblasser sie
anderweitig vermieten und dafür mindestens den geltend gemachten Betrag von
310 € monatlich, entsprechend etwa 2,90 € pro Quadratmeter, erzielen können.
Der Schadensersatzanspruch sei nicht nach § 571 Abs. 2 BGB ausgeschlossen.
Die Vorschrift sei auf das Verhältnis zwischen Vermieter und Untermieter
weder unmittelbar noch analog anwendbar.
II.
4 Die Revision
hat keinen Erfolg.
5 1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht
davon aus, dass der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des durch die
Vorenthaltung der ganzen Wohnung entstandenen Schadens aus § 990 Abs. 2
i.V.m. § 280 Abs. 1 und 2, §§ 286, 249, 252 BGB folgt.
6 a)
Die Vorschriften der §§ 987 ff. BGB finden auf den Besitzer,
dessen ursprüngliches Besitzrecht entfallen ist, und damit auch auf den
infolge des Wegfalls des Hauptmietvertrags nicht mehr zum Besitz
berechtigten Untermieter Anwendung (vgl.
Senat, Urteil vom 14. März 2014 - V ZR 218/13, WM 2014, 1445 Rn. 6; BGH,
Urteil vom 31. Januar 2001 - XII ZR 221/98, NJOZ 2001, 282, 285; jeweils
mwN). Der zur Herausgabe verpflichtete Besitzer haftet im Fall des
Verzugs gemäß § 990 Abs. 2 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB (auch)
auf Ersatz des durch die Verzögerung der Herausgabe entstehenden
Schadens, wenn er bei Erwerb des Besitzes bösgläubig war oder von dem Mangel
im Besitzrecht später erfahren hat (vgl. Senat, Urteil vom 12.
November 1992 - V ZR 230/91, BGHZ 120, 204, 214; Urteil vom 19. September
2003 - V ZR 360/02, BGHZ 156, 170, 171; BGH, Urteil 30. September 1964 -
VIII ZR 302/62, NJW 1964, 2414). Die zweite Voraussetzung liegt nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts vor.
7 aa)
Das gilt unabhängig davon, ob, was für das Revisionsverfahren mangels
gegenteiliger Feststellungen zu Gunsten des Beklagten zu unterstellen
ist, der Erblasser der Untervermietung zugestimmt hatte. Die Erlaubnis zur
Untervermietung gemäß § 540 BGB gibt dem Untermieter ein von dem Hauptmieter
abgeleitetes Besitzrecht gemäß § 986 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Dieses
entfällt mit der Beendigung des Hauptmietverhältnisses (vgl. Senat,
Urteil vom 6. November 1968 - V ZR 85/65, WM 1968, 1370, 1371; BGH,
Rechtsentscheid in Mietsachen vom 21. April 1982 - VIII ARZ 16/81, BGHZ 79,
232, 235; Urteil vom 31. Januar 2001 - XII ZR 221/98, NJOZ 2001, 282, 285).
Ob es dafür zusätzlich eines Räumungsverlangens des Eigentümers
gegenüber dem Untermieter bedarf (so LG Köln, NJW-RR 1990, 1231,
1232 unter Hinweis auf RGZ 156, 150, 153 f. zu § 556 Abs. 3 BGB aF; aA OLG
Hamburg, NZM 1999, 1052 f.; LG Düsseldorf, WuM 1988, 163; offen gelassen in
Senat, Urteil vom 6. November 1968 - V ZR 85/65, WM 1968, 1370),
kann dahinstehen. Denn ein solches Räumungsverlangen ist hier im Dezember
2014 erfolgt.
8 bb) Die dem Beklagten gewährte
Räumungsfrist nach § 721 ZPO ändert daran nichts, denn sie ist
verfahrensrechtlicher Natur und hat - anders als kraft der Sonderregelung
des § 571 Abs. 2 BGB für Wohnraum (dazu unten Rn. 11) - keine materielle
Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1987 - VIII ZR
258/86, NJW-RR 1987, 907 zu § 557 Abs. 3 BGB mwN; vgl. auch Senat, Urteil
vom 6. November 1968 - V ZR 85/65, WM 1968, 1370, 1371). Sie
beseitigte den Verzug des Beklagten mit der Herausgabe nicht (vgl.
BGH, Urteil vom 27. Juni 1953 - VI ZR 235/52, NJW 1951, 1586, 1587;
Schuschke/Walker/Kessen/Tholen/ Braun, ZPO, 7. Aufl., § 721 Rn. 17).
9 b) Für den Anspruch nach § 990 Abs. 2, § 286 BGB ist unerheblich, ob der
Beklagte die gesamte Wohnung oder, was er geltend macht, nur die an ihn
untervermietete Kammer in Besitz hatte. Der Beklagte ist zwar durch das
gegen ihn ergangene Räumungsurteil nicht daran gehindert, einen Besitz an
sämtlichen Räumen in Abrede zu stellen. Durch die Rechtskraft des
Räumungsurteils steht nämlich nicht fest, in welchem Umfang er Besitz an den
herauszugebenden Räumen hatte (vgl. Senat, Urteil vom 14. März 2014 - V ZR
218/13, WuM 2014, 347 Rn. 10). Darauf kommt es für den
Schadensersatzanspruch nach § 990 Abs. 2 BGB - anders als bei der Herausgabe
von Nutzungen (§§ 987, 990 Abs. 1 BGB) -aber nicht an. Gibt ein
unmittelbarer Besitzer eines Raums einer Wohnung diesen nicht heraus und ist
es dem Eigentümer nicht zumutbar, nur Teile der Wohnung zu vermieten, so
setzt der unmittelbare Besitzer des Raums die Ursache dafür, dass die
gesamte Wohnung nicht vermietet werden kann und daher ein entsprechender
Mietausfallschaden entsteht (§ 252 BGB; vgl. Senat, Urteil vom 6.
November 1968 - V ZR 85/65, WM 1968, 1370, 1371; Urteil vom 14. März 2014 -
V ZR 218/13, aaO Rn. 9). So ist es auch hier, weil davon auszugehen
ist, dass der Vermieter die Wohnung im Regelfall nur als Einheit
weitervermieten kann und Anhaltspunkte dafür, dass es dem Erblasser
ausnahmsweise möglich und zumutbar war, die Wohnung in Teilen zurückzunehmen
und zum Teil weiterzuvermieten, nicht bestehen . 10 2.
Zutreffend nimmt das Berufungsgericht weiter an, dass der
Schadensersatzanspruch aus § 990 Abs. 2 i.V.m. § 280 Abs. 1 und 2, §§ 286,
249, 252 BGB in der geltend gemachten Höhe nicht nach § 571 Abs. 2 BGB
ausgeschlossen ist.
11 a) Nach § 571 Abs. 2 BGB ist
der Mieter, dem nach § 721 oder § 794a ZPO eine Räumungsfrist gewährt wird,
für die Zeit von der Beendigung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der
Räumungsfrist zum Ersatz eines weiteren Schadens nicht verpflichtet.
Die Norm beschränkt die Ansprüche des Vermieters auf die ihm nach §
546a Abs. 1 BGB für die Zeit der Vorenthaltung zustehende
Nutzungsentschädigung und befreit den Mieter von einer Haftung für weitere
durch die Ausnutzung der gerichtlichen Räumungsfrist entstehende Schäden;
insbesondere für einen dem Vermieter in Folge des Verzuges mit der
Wohnungsherausgabe entstehenden Schaden hat der Mieter für den Zeitraum der
ihm vom Gericht gewährten Räumungsfrist nach § 721 oder § 794a ZPO nicht
einzustehen (vgl. LG Berlin, Grundeigentum 2017, 538;
MüKoBGB/Häublein, 8. Aufl., § 571 Rn. 10; Staudinger/Rolfs, BGB [2018], §
571 Rn. 10, 11).
12 b) Unmittelbar anwendbar ist § 571 Abs. 2
BGB hier schon deshalb nicht, weil der Beklagte nur Untermieter gewesen ist.
Zwar kann auch dem Untermieter eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO gewährt
werden (vgl. OLG Köln, WuM 1997, 336; LG Stuttgart, NJW-RR 1990,
654; LG Stade, WuM 1987, 62). Dafür kommt es nämlich allein auf die
tatsächliche Nutzung des Raums zum Wohnen und nicht auf den Rechtsgrund des
Innehabens des Wohnraums an (MüKoZPO/Götz, 5. Aufl., § 721 Rn. 2;
Musielak/Lackmann, ZPO, 17. Aufl., § 721 Rn. 3; Zöller/Seibel, ZPO, 33.
Aufl., § 721 Rn. 2; zur Vorschrift des § 794a ZPO
vgl. Schmidt/Futterer/Lehmann-Richter, Mietrecht, 14. Aufl., § 794a ZPO Rn.
4). Die Vorschrift des § 571 Abs. 2 BGB gilt unmittelbar aber nur im
Verhältnis zwischen Eigentümer und Mieter, da sie systematisch an die
Regelung des § 546a BGB anknüpft und wie diese das Bestehen eines
(beendeten) Mietverhältnisses voraussetzt (vgl. BGH, Urteil vom 31.
Januar 2001 - XII ZR 221/98, NJOZ 2001, 282, 284 zu § 557 BGB aF betreffend
Vereinsräume; BeckOK MietR/Klotz-Hörlin [1.8.2020], § 571 BGB Rn. 5;
MüKoBGB/Bieber, 8. Aufl., § 546a Rn. 3; Staudinger/Rolfs, BGB [2018], § 546a
Rn. 10, 12; Blank/Börstinghaus/Blank, Miete, 5. Aufl., § 546a Rn. 5;
Gramlich, Mietrecht, 15. Aufl., § 546a Rn. 1; Schmidt/ Futterer/Streyl,
Mietrecht, 14. Aufl., § 546a Rn. 5, § 571 Rn. 1, 3; Greiner, ZMR 1998, 403,
404 f.). Daran fehlt es im Verhältnis zwischen Eigentümer und
Untermieter.
13 c) Eine Begrenzung des Anspruchs der
Klägerin auf die Nutzungsentschädigung für die von dem Beklagten genutzte
Kammer lässt sich entgegen der Ansicht der Revision auch nicht aus einer
analogen Anwendung von § 571 Abs. 2 BGB herleiten.
14 aa) Die Frage, ob § 571 Abs. 2 BGB auf den Untermieter von Wohnraum
entsprechend anwendbar ist, wird allerdings unterschiedlich beurteilt. Das
Landgericht Stuttgart hat das für das gewerbliche Zwischenmietverhältnis
bejaht (LG Stuttgart, NJW-RR 1990, 654 f.), und dem hat sich ein Teil des
Schrifttums angeschlossen (vgl. BeckOK BGB/Wöstmann [1.8.2020], § 571 Rn. 9;
jurisPK-BGB/Tiedemann, 9. Aufl., § 571 BGB Rn. 41). Die überwiegende
Ansicht lehnt eine entsprechende Anwendung von § 571 Abs. 2 BGB auf den
Untermieter dagegen ab (LG Kiel, WuM 1995, 540; BeckOGK/Gelb, BGB
[1.7.2020], § 571 Rn. 4; BeckOK MietR/Klotz-Hörlin [1.8.2020], § 571 BGB Rn.
5; NK-BGB/Hinz, 3. Aufl., § 571 Rn. 7; RGRK/Gelhaar, BGB, 12. Aufl. § 557
Rn. 24; Staudin-ger/Rolfs, BGB [2018], § 571 Rn. 10; Emmerich in Bub/Treier,
Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 5. Aufl., Kap. V Rn. 184;
Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl., § 571 Rn. 7;
Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 14. Aufl., § 571 BGB Rn. 3; Ettl in
Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 2. Aufl., § 571 BGB Rn. 9).
15 bb)
Ob § 571 Abs. 2 BGB auf den Untermieter von Wohnraum entsprechend
anzuwenden ist, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls
hätte eine analoge Anwendung der Vorschrift entgegen der Auffassung des
Beklagten nicht zur Folge, dass sich der Schadensersatzanspruch des
Eigentümers auf eine Nutzungsentschädigung für die untergemieteten Räume
beschränkte.
(1) Der Zweck des § 571 Abs. 2 BGB
spricht allerdings für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf den
Untermieter von Wohnraum, dem eine Räumungsfrist gewährt worden ist.
Er ist darin zu sehen, dass der Wohnraummieter sich nicht aus Sorge vor
Schadensersatzansprüchen des Vermieters davon abhalten lassen soll, eine
Räumungsfrist zu beantragen und zu nutzen (vgl. BT-Drucks. IV 806, 11 zu §
557 BGB aF; Ausschussbericht zu BT-Drucks. IV/2195, 5 zu § 557 aF).
Daher begrenzt § 571 Abs. 2 BGB die Haftung des Mieters, dem eine
Räumungsfrist gewährt worden ist, auf die vereinbarte bzw. ortsübliche Miete
(vgl. § 546 Abs. 1 BGB); für weitere Schäden (vgl. § 546 Abs. 2 BGB)
haftet er dagegen nicht (vgl. Staudinger/Rolfs, BGB [2018], § 571
Rn. 12; Blank/Börstinghaus/Blank, 5. Aufl., § 571 Rn. 1; Herrlein in
Herrlein/Kandelhard, ZAP-Praxiskommentar Mietrecht, 4. Aufl., § 571 BGB Rn.
2; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 571 BGB Rn. 2). Der
Untermieter von Wohnraum, dem eine Räumungsfrist nach § 721 oder § 794a ZPO
gewährt worden ist, befindet sich in einer vergleichbaren Situation. Müsste
er bei Ausnutzung der Räumungsfrist unbegrenzte Schadensersatzansprüche des
Eigentümers wegen Verzuges (§ 990 Abs. 2 BGB) gewärtigen, hätte dies
entweder zur Folge, dass er, obwohl darauf angewiesen, keinen Räumungsschutz
in Anspruch nimmt, oder dass er nach Nutzung der Räumungsfrist unter
Umständen erheblichen Schadensersatzansprüchen des Eigentümers ausgesetzt
ist. Beides soll durch die Regelung des § 571 Abs. 2 BGB bei einem
(früheren) Mieter verhindert werden.
17 (2) Für den
Vermieter wäre es jedoch unzumutbar, wenn die dem in der Wohnung
verbliebenen Untermieter gewährte Räumungsfrist dazu führte, dass er trotz
Vorenthaltung der gesamten Wohnung (siehe dazu Rn. 9) eine
Nutzungsentschädigung nur in Höhe des Untermietzinses bzw. der ortsüblichen
Miete für die untervermieteten Teile der Wohnung erhielte. Er stünde
dann schlechter als im Verhältnis zum Hauptmieter, der nach § 546a Abs. 1
BGB während der Räumungsfrist die Nutzungsentschädigung in voller Höhe
schuldet.
18 Ein solches Ergebnis ließe sich nicht mit dem
Schutzzweck des § 571 Abs. 2 BGB rechtfertigen. Die Vorschrift schützt zwar
das Interesse des Mieters, eine ihm gewährte Räumungsfrist zu nutzen;
das Gesetz bringt es aber in einen Ausgleich mit den Interessen des
Vermieters an der baldigen Rückerlangung der Wohnung nach Ende des
Mietverhältnisses, indem § 546a Abs. 1 BGB dem Vermieter einen Anspruch auf
eine Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten bzw. ortsüblichen Miete
für diesen Zeitraum zuerkennt. Ein solcher Anspruch muss dem Vermieter auch
dann verbleiben, wenn § 571 Abs. 2 BGB analog auf einen Untermieter
anzuwenden sein sollte; denn der Untermieter steht dem Vermieter schon
mangels vertraglicher Beziehungen ferner als Hauptmieter.
19
Dass der Untermieter den ihm gewährten Räumungsschutz nur um den
Preis einer Nutzungsentschädigung für die ganze Wohnung in Anspruch
nehmen kann, ist dagegen hinzuzunehmen. Darin setzt sich lediglich fort,
dass der Untermieter zu keiner Zeit in einem vertraglichen Verhältnis zu dem
Eigentümer stand, sondern sein Besitzrecht von dem Hauptmieter ableitete.
Soweit die mietrechtliche Vorschrift des § 571 Abs. 2 BGB überhaupt geeignet
ist, Rechte des Eigentümers im Verhältnis zum Untermieter einzuschränken,
kann eine solche Beschränkung nicht über das hinausgehen, was zwischen den
(ursprünglichen) Hauptmietparteien gelten würde. Wird dem
Untermieter, der nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses über eine
Wohnung und Räumung durch den Hauptmieter die untergemieteten Wohnräume an
den Eigentümer nicht herausgibt, eine gerichtliche Räumungsfrist gewährt,
kann der Eigentümer deshalb von ihm nach den Vorschriften des
Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses Schadensersatz jedenfalls in Höhe der von
dem Hauptmieter bei Nichträumung geschuldeten Nutzungsentschädigung für die
ganze Wohnung verlangen.
20 cc) Einen die von dem
Hauptmieter im Fall der Nichträumung nach § 546a Abs. 1 BGB geschuldete
Nutzungsentschädigung übersteigenden Betrag macht die Klägerin nicht
geltend. Die ortsübliche Miete für die ganze Wohnung schätzt das
Berufungsgericht auf mindestens 310 € (§ 287 ZPO). Dagegen erhebt die
Revision keine Einwendungen. Das ergibt den von der Klägerin beanspruchten
Betrag von 2.170 €.
III.
21 Die Kostenentscheidung beruht auf
§ 97 Abs. 1 ZPO.
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