Nutzungsersatz im Eigentümer-Besitzerverhältnis
bei bösgläubigen bzw. verklagten Besitzer (§§ 987, 990 BGB); Anwendung der
§§ 987 ff BGB auf den nicht mehr berechtigten Besitzer; objektive Reichweite
der materiellen Rechtskraft eines Räumungsurteils; analoge Anwendung der
Gesamtschuldnerregelungen für das Verhältnis Mieter/Untermieter
BGH, Versäumnisurteil vom 14. März
2014 - V ZR 218/13
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Der Eigentümer kann, von einem - bösgläubigen
bzw. auf Herausgabe verklagten - Untermieter, der lediglich einen Teil des
dem Hauptmieter überlassenen Hauses in Besitz hat(te), nur die auf diesen
Teil entfallenden Nutzungen herausverlangen.
b) Nimmt der Eigentümer sowohl den mittelbaren als auch den unmittelbaren
Besitzer auf Herausgabe von Nutzungen in Anspruch, finden die Vorschriften
über die Gesamtschuld entsprechende Anwendung (Fortführung von Senat, Urteil
vom 6. November 1968 - V ZR 85/65, WM 1968, 1370).
Zentrale Probleme:
Eine interessante Entscheidung zum Eigent ümer-Besitzer-Verhältnis.
Der Eigentümer hatte ein Haus vermietet, der Mieter hatte Teile dieses
Hauses untervermietet. Nach Beendigung des Mietverhältnisses wurde das Haus
zunächst nicht geräumt. Der Vermieter macht nun Nutzungsersatzansprüche
sowohl gegen den Mieter als auch gegen den Untermieter geltend. Solche
Ansprüche ergeben sich hier, da nunmehr ein Besitzrecht nicht mehr bestand
und somit ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB gegeben war, aus den §§ 990,
987 Abs. 1 BGB. Dabei schuldet der Mieter im Rahmen der Herausgabe von
Nutzungen auch einen etwaigen Erlös aus der Untervermietung (siehe dazu die
Anm. zu BGH NJW-RR 2009, 1522).
Gleichzeitig besteht aber auch ein Anspruch auf Herausgabe
von Nutzungen gegen den Untermieter (zu Schadensersatzansprüchen s
BGH v. 11.12.2020 - V ZR 26/20). Dieser Anspruch beschränkt
sich auf die vom Untermieter tatsächlich gezogenen Nutzungen, d.h.
insbesondere nur auf die Nutzung der untervermieteten Räume. Der Wert der
herauszugebenden Nutzungen entspricht dem objektiven Mietwert (der mit der
gezahlten Untermiete nicht übereinstimmen muss!). Nimmt der Eigentümer
nunmehr sowohl den Mieter, als auch den Untermieter in Anspruch, besteht die
Gefahr einer mehrfachen Kompensation, wenn er vom Mieter die erzielte
Untermiete und zugleich vom Untermieter die ortsübliche Miete verlangen
kann. Aus diesem Grund wendet der Senat die Vorschriften über die
Gesamtschuld (§ 421 ff. BGB) entsprechend an.
©sl 2014
Tatbestand:
1 Die Klägerin vermietete an den
Beklagten zu 2 ein Haus. Dieses wurde in der Folgezeit jedenfalls teilweise
von der Beklagten zu 1 genutzt. Den Mietvertrag kündigte die Klägerin
außerordentlich zum 30. Juni 2012. Die Beklagten wurden in der Folge
rechtskräftig zur Räumung der Mietsache verurteilt; diese erfolgte am 6.
November 2012 im Wege der Zwangsvollstreckung.
2 Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 1 auf Ersatz gezogener Nutzungen in
Anspruch; von dem Beklagten zu 2 hat sie die Zahlung einer
Nutzungsentschädigung verlangt.
3 Das Amtsgericht hat den gegen die Beklagte zu 1 ergangenen
Vollstreckungsbescheid über 1.595 € (Brutto-Monatsmiete als Ersatz für
gezogene Nutzungen im Juli 2012) aufrechterhalten und den Beklagten zu 2 als
Gesamtschuldner ebenfalls zur Zahlung dieses Betrages an die Klägerin
verurteilt. Ferner hat es die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt,
weitere 4.785 € (für August bis Oktober 2012) sowie bis zur Räumung und
Herausgabe der Mietsache jeweils 1.595 € monatlich im Voraus zu zahlen. Auf
die Berufung der Beklagten zu 1 hat das Landgericht den
Vollstreckungsbescheid dahingehend aufrechterhalten, dass sie zur Zahlung
von 460 € (anteilige Nutzungen für Juli 2012) nebst Zinsen verpflichtet ist,
und ihre Verurteilung im Übrigen unter Abweisung der weitergehenden Klage
auf 1.472 € (anteilige Nutzungen für August bis 6. November 2012) nebst
Zinsen reduziert. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision will die
Klägerin die vollständige Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbescheides
sowie die Verurteilung der Beklagten zu 1 zur Zahlung weiterer 3.632 € nebst
Zinsen erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
4 Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht der Klägerin nach § 987, § 990
Abs. 1 Satz 2 BGB gegen die Beklagte zu 1 lediglich ein Zahlungsanspruch in
Höhe von 1.932 € zu. Herauszugeben seien nur die Nutzungen, die die Beklagte
zu 1 tatsächlich gezogen habe. Nach ihrem Vortrag habe sie nur zwei Zimmer
im Dachgeschoss sowie die Gemeinschaftsküche genutzt. Habe sie an den
anderen Räumen keinen Besitz gehabt, könne sie insoweit auch keine Nutzungen
gezogen haben. Dass sie ggfs. Nutzungen der Klägerin an dem gesamten Anwesen
verhindert habe, sei für den geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe von
Nutzungen nicht maßgeblich, sondern lediglich für einen
Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Herausgabe der Sache.
Soweit dies in der Rechtsprechung anders gesehen werde, handele es sich um
eine systemwidrige Ausweitung der Rechtsfolge des § 987 BGB. Der Vortrag der
Klägerin zu einer alleinigen Nutzung der Mietsache durch die Beklagte zu 1
sei offenkundig ins Blaue hinein erfolgt und zudem auch unsubstantiiert.
Eine Beweiserhebung sei damit nicht veranlasst gewesen. Soweit die Klägerin
ihren Vortrag in der mündlichen Verhandlung konkretisiert habe, sei dies
nach § 296 Abs. 2 ZPO verspätet und daher nicht zu berücksichtigen.
II.
5 Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Über die Revision der
Klägerin ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das
Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten zu 1, sondern auf einer
Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37,
79, 82).
6 1. Zutreffend legt das Berufungsgericht allerdings zugrunde, dass
sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe der
Nutzungen nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses
bestimmt. Nach gefestigter Rechtsprechung finden die Vorschriften der §§ 987
ff. BGB auf den Besitzer, dessen ursprüngliches Besitzrecht entfallen ist,
und damit auch auf den infolge des Wegfalls des Hauptmietvertrags nicht mehr
zum Besitz berechtigten Untermieter oder sonstigen Nutzer Anwendung
(vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 3. Juni 2005 - V
ZR 106/04, NZM 2005, 830; Urteil vom 19. Oktober 1995 - IX ZR 82/94,
BGHZ 131, 95, 102 jeweils mwN).
7 2. Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht ferner von dem
Vorliegen einer Vindikationslage aus. Das Eigentum der Klägerin an
den vermieteten Räumen ist nach seinen Feststellungen nicht im Streit.
Soweit sich die Beklagte zu 1 auf ein Besitzrecht beruft, verweist das
Berufungsgericht zu Recht darauf, dass sie mit diesem Vortrag aufgrund des
rechtskräftigen Räumungsurteils präkludiert ist. Denn die
Rechtskraft des zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer ergangenen Urteils
auf Herausgabe der Sache hat auch die Feststellung zum Gegenstand, dass dem
Besitzer bei Schluss der mündlichen Verhandlung kein Recht zum Besitz
zustand (BGH, Urteil vom 26. Juli 2005 - X ZR 109/03, NJW 2006, 63,
64; Senat, Urteil vom 20. Februar 1998 - V ZR 319/96, NJW 1998, 1709, 1710).
8 3. Richtig ist auch, dass es für den Anspruch nach § 987, § 990
Abs. 1 BGB darauf ankommt, in welchem Umfang die Beklagte zu 1 Besitz an der
herauszugebenden Sache hatte.
9 a) Soweit vereinzelt vertreten wird, dass die von dem Untermieter
herauszugebenden Nutzungen sich nicht auf die von ihm genutzten Räume
beschränkten (OLG Düsseldorf, ZMR 2010, 755 f.), kann dem nicht gefolgt
werden. Die hierfür gegebene Begründung, dass eine Wohnung ebenso
wie ein Einfamilienhaus nur als Einheit zurückgegeben werden könne, hat im
Rahmen eines Schadensersatzanspruchs nach § 990 Abs. 2, § 286 BGB ihre
Berechtigung; auf Ansprüche nach § 987, § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB lässt sie
sich jedoch nicht übertragen. Gibt ein unmittelbarer Besitzer eines
Raums einer Wohnung diesen nicht heraus und ist es dem Eigentümer nicht
zumutbar, nur Teile der Wohnung zu vermieten, so setzt der
unmittelbare Besitzer des Raums die Ursache dafür, dass die gesamte Wohnung
nicht vermietet werden kann und daher ein entsprechender Mietausfallschaden
entsteht (OLG Köln, NJW 1961, 30; OLG Hamburg, ZMR 1958, 298; LG
Kiel, WuM 1995, 540). Im Rahmen der § 987, § 990 Abs. 1 BGB geht es
demgegenüber um von dem Besitzer gezogene oder schuldhaft nicht gezogene
Nutzungen. An Räumlichkeiten, an denen kein Besitz besteht, können Nutzungen
nicht gezogen werden (vgl. Senat, Urteil vom 6. November 1968 - V
ZR 85/65, WM 1968, 1370, 1371).
10 b) Das Berufungsgericht geht ferner auch zutreffend davon aus, dass die
Beklagte zu 1 durch das gegen sie ergangene Räumungsurteil nicht daran
gehindert ist, einen Besitz an sämtlichen Räumen in Abrede zu stellen. Durch
die Rechtskraft des Räumungsurteils steht nicht fest, in welchem Umfang die
Beklagte zu 1 Besitz an den herauszugebenden Räumen hatte. Ebenso
wenig wie bei der auf § 985 BGB gestützten Räumungsklage rechtskräftig über
das Eigentum entschieden wird (vgl. Senat, Urteil vom 13. November
1998 - V ZR 29/98, NJW-RR 1999, 376, 377), kann dem Räumungsurteil
eine Bindungswirkung dahingehend entnommen werden, in welchem Umfang der
Beklagte Besitzer der herauszugebenden Sache war.
11 4. Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung im Ergebnis auch
zu Recht zugrunde, dass die Klägerin beide Beklagten wie Gesamtschuldner in
Anspruch nehmen kann.
12 a) Der Eigentümer kann unter den Voraussetzungen der § 987, § 991
BGB den mittelbaren Besitzer auf Herausgabe der Rechtsfrüchte - wie etwa den
Mietzins oder eine Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB aus dem
Untermietverhältnis - in Anspruch nehmen. Von dem unmittelbaren Besitzer
kann der Eigentümer unter den Voraussetzungen der § 987, § 990 BGB die
tatsächlich gezogenen Nutzungen, also den objektiven Mietwert der
innegehabten Räume (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR
142/95, NJW-RR 1998, 803, 804 f.), verlangen. Zwischen dem
mittelbaren und dem unmittelbaren Besitzer liegt in diesen Fällen keine
Gesamtschuld vor (MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., § 991 Rn. 9;
BeckOK BGB/Fritzsche, Edition 30, § 987 Rn. 73). Die Ansprüche haben
jeweils einen anderen Inhalt. Sie decken sich bei einer Abweichung des
objektiven Mietwerts von dem jeweils vereinbarten Mietzins auch nicht in
ihrer Höhe (vgl. BGH, Urteil vom 12.
August 2009 - XII ZR 76/08, NJW-RR 2009, 1522 Rn. 24). Der
Eigentümer wiederum darf keine doppelte Befriedigung erlangen
(Senat, Urteil vom 6. November 1968 - V ZR 85/65, WM 1968, 1370; RGRK/Pickart,
BGB, 12. Aufl., § 991 Rn. 6; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 987 Rn. 28;
Soergel/Stadler, BGB, 13. Aufl., § 987 Rn. 27; Scheuer/Emmerich in
Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., V.A. Rn.
168).
13 b) Der Senat hat dem Eigentümer daher ein Wahlrecht eingeräumt,
welchen Schuldner er in Anspruch nehmen will. Dieses Wahlrecht ist aber noch
nicht dadurch endgültig ausgeübt, dass er einen der Schuldner verklagt.
Vielmehr hat es der Senat zugelassen, dass der Eigentümer nach der
erfolglosen Inanspruchnahme eines Besitzers auch noch gegen den anderen
Besitzer vorgeht. Mit der bloßen Inanspruchnahme des einen Schuldners
erlischt die Haftung des anderen nicht; jeder von ihnen haftet vielmehr
weiter, solange der Eigentümer nicht in voller Höhe befriedigt ist
(Senat, Urteil vom 6. November 1968 - V ZR 85/65, aaO, 1370).
14 c) Die Gefahr einer unstatthaften doppelten Befriedigung ist
allerdings auch dann nicht gegeben, wenn der Eigentümer zugleich beide
Besitzer - sowohl den mittelbaren als auch den unmittelbaren - in Anspruch
nimmt und sichergestellt ist, dass er die Leistung - wie bei einer
Gesamtschuld - nur einmal beanspruchen kann. Insoweit sind die §§ 421 ff.
BGB entsprechend heranzuziehen (MünchKomm-BGB/Baldus, 6. Aufl., §
991 Rn. 9). Diese Analogie liefert über die entsprechende Anwendung
des § 422 Abs. 1 BGB die Begründung dafür, dass die Erfüllung durch einen
Schuldner auch zugunsten des anderen wirkt. Auch erscheint die entsprechende
Heranziehung des § 426 BGB für den Ausgleich zwischen den Schuldnern
sachgerechter als die Heranziehung der Vorschriften über die
Rechtsmängelhaftung, auf die sich der Innenausgleich ansonsten beschränkte
(vgl. dazu Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 987 Rn. 28). Zudem
führt die Analogie zu §§ 421 ff. BGB zu prozessökonomischen Ergebnissen.
Würde eine Inanspruchnahme der Beklagten nur zugelassen, wenn die
Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen den Beklagten zu 2 fruchtlos bliebe
und ließe sich dies noch nicht feststellen, so müsste die Klage gegen die
Beklagte zu 1 als derzeit unbegründet abgewiesen werden. Eine nur
nachrangige Haftung eines der Besitzer, die zudem davon abhängig wäre, gegen
welchen der Eigentümer zunächst vorgeht (vgl. OLG Hamburg, WuM 1997, 223; LG
Tübingen, WuM 1990, 217 f.), nähme diesem auch die Möglichkeit, zeitnah die
Zwangsvollstreckung gegen beide zu betreiben. Schutzwürdige
Schuldnerinteressen stehen dem nicht entgegen, weil die entsprechende
Heranziehung der §§ 421 ff. BGB hinreichende Absicherungen bietet.
15 5. Verfahrensfehlerhaft ist jedoch die Feststellung des
Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 habe lediglich Besitz an zwei Zimmern
und Mitbesitz an der Gemeinschaftsküche gehabt. Richtig ist zwar, dass die
Klägerin für den Umfang des Besitzes der Beklagten zu 1 an den Räumen zum
Zeitpunkt der Rechts-hängigkeit (§ 987 BGB) oder des Eintritts ihrer
Bösgläubigkeit (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB) darlegungs- und beweisbelastet ist
(vgl. MünchKomm-BGB/Bal-dus, 6. Aufl., § 985 Rn. 141). Entgegen der Ansicht
des Berufungsgerichts ist ihr Vortrag, die Beklagte zu 1 habe das von dem
Beklagten zu 2 gemietete Haus allein genutzt, jedoch hinreichend
substantiiert, so dass die von ihr benannten Zeugen zu dieser Behauptung
hätten vernommen werden müssen.
16 a) Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie eine Tatsache
vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet ist, das geltend
gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen (BGH,
Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, WM 2009, 1154 Rn. 4 st. Rspr.).
Unerheblich ist dagegen, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie
auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung von Indizien beruht
(Senat, Beschluss vom 8. Mai 1992 - V ZR 95/91, NJW 1992, 3106 mwN). Eine
Partei darf grundsätzlich auch Tatsachen behaupten, über die sie keine
genauen Kenntnisse hat, die sie nach Lage der Dinge aber für wahrscheinlich
hält (Senat, Beschluss vom 12. Juni 2008 - V ZR 221/07, WM 2008, 2068 Rn. 9
mwN). Der Pflicht zur Substantiierung ist erst dann nicht entsprochen, wenn
das Gericht anhand der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die
gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen
erfüllt sind (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, aaO; BVerfG,
WM 2012, 492, 493 jeweils mwN).
17 b) Nach diesen Maßstäben ist bereits der vor der mündlichen Verhandlung
vor dem Berufungsgericht erfolgte Vortrag der Klägerin hinreichend
substantiiert. Hiervon ist - wie die Klägerin mit Erfolg rügt - zunächst
auch das Berufungsgericht ausgegangen. In seinem Beschluss vom 29. April
2013 hat es darauf hingewiesen, dass mangels substantiierten Sachvortrages
der Beklagten zu 1 deren alleinige Nutzung des Objekts - und damit auch ihr
unmittelbarer Besitz hieran - als zugestanden anzusehen ist. Daran änderte
der spätere Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 10. Mai 2013 nichts.
Darin hat sie zwar vorgetragen, dass die Beklagte zu 1 den „größten Teil des
Hauses" selbst genutzt habe. Es sind aber keine Anhaltspunkte dafür
ersichtlich, dass die Klägerin damit von ihrem ursprünglichen Vortrag,
unmittelbare Besitzerin des gesamten Anwesens sei die Beklagte zu 1 gewesen,
abrücken wollte, zumal sie in dem Schriftsatz auch deren Darstellung
bestritten hat, dass die M. GmbH das Objekt teilweise genutzt habe. Sofern
das Berufungsgericht diesen Vortrag gleichwohl als unklar ansah, wäre es
verpflichtet gewesen, die Klägerin hierauf hinzuweisen.
18 c) Rechtsfehlerhaft sieht das Berufungsgericht diesen Vortrag der
Klägerin zudem als unbeachtlich an. Richtig ist zwar, dass es unzulässig
ist, eine Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines
bestimmten Sachverhalts willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam „ins Blaue
hinein" aufzustellen (Senat, Urteil vom 13. Dezember 2002 - V ZR 359/01,
NJW-RR 2003, 491 mwN). Bei der Annahme eines solch missbräuchlichen
Beweisantritts ist jedoch Zurückhaltung geboten, da es oftmals einer Partei
nicht erspart bleibt, in einem Zivilprozess Tatsachen zu behaupten, über die
sie keine genauen Kenntnisse haben kann (Senat, Urteil vom 13. Dezember 2002
- V ZR 359/01, NJW-RR 2003, 491). Für einen rechtsmissbräuchlichen
Beweisantritt ist hier nichts festgestellt oder ersichtlich. Im Gegenteil
legt das Schreiben des Beklagten zu 2 vom 11. Dezember 2009 an die Beklagte
zu 1, auf das sich die Klägerin in der Revisionsbegründung bezogen hat,
gerade nahe, dass die Beklagte zu 1 die alleinige Nutzerin des Anwesens war.
III.
19 Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der
Rechtsstreit ist nicht im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO zur Endentscheidung
reif, weil das Berufungsgericht zu der streitigen Frage, in welchem Umfang
die Beklagte zu 1 Besitz an Räumlichkeiten hatte, Beweis zu erheben haben
wird. Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
20 Da die Räumungsklage gegen die Beklagte zu 1 erst am 5. Juli 2012
rechtshängig geworden ist, kommt es für das Bestehen eines Anspruchs auf
Herausgabe von Nutzungen für den Zeitraum vom 1. bis 4. Juli 2012 darauf an,
ob sie bösgläubig im Sinne des § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB war. Das
Berufungsgericht bejaht dies im Hinblick auf eine am 14. Juni 2012 ihr
gegenüber erklärte Räumungsaufforderung. Soweit sie eine solche pauschal
bestreite, sei dies nach § 138 Abs. 4 ZPO unbeachtlich. Letzteres ist
rechtsfehlerhaft. Auch wenn die Beklagte zu 1 ein Gespräch mit dem Ehemann
der Klägerin an diesem Tag einräumt, reicht es für ein erhebliches
Bestreiten aus, dass sie eine Räumungsaufforderung anlässlich der
Unterredung in Abrede stellt. Misst das Gericht den Einzelheiten zu dem
Inhalt und Ablauf des Gesprächs Bedeutung für die Zuverlässigkeit oder die
Wahrscheinlichkeit der zu beweisenden Behauptung zu, sind diese Umstände
durch entsprechende Nachfrage bei der Beweisaufnahme zu klären (vgl. Senat,
Beschluss vom 12. September 2013 - V ZR 291/12, Rn. 15 juris; Beschluss vom
12. Juni 2008 - V ZR 223/07, Rn. 7, juris). Daher wird das Berufungsgericht
den Vortrag der Klägerin zu einer Räumungsaufforderung im Juni 2012
nachzugehen und zu prüfen haben, ob diese die erforderliche Kenntnis der
Beklagten zu 1 im Sinne von § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB begründete.
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