Kondiktionsfestigkeit der Ersitzung
BGH, Urteil vom 22. Januar 2016 - V
ZR 27/14 - OLG Celle
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
1. Ein Erbbaurechtsvertrag bedarf als
kreditähnliches Rechtsgeschäft der Genehmigung durch die
Kommunalaufsichtsbehörde, wenn er eine Verpflichtung der Gemeinde begründet,
einen Erbbauzins zu zahlen.
2. Der Erwerb durch Ersitzung trägt seinen Rechtsgrund in sich und schließt
Ansprüche gegen den Erwerber aus ungerechtfertigter Bereicherung aus.
Zentrale Probleme:
Eine Klassikerfrage, die zum "must-know" eines
Examenskandidaten gehört, neu entschieden in einer etwas komplizierten (und
wohl als solcher nicht examenstauglichen) Fallgestaltung: Eine Gemeinde
lässt sich aufgrund eines teilweise nichtigen und im übrigen mangels
Genehmigung unwirksamen, weil gegen das sog. Koppelungsverbot verstoßenden
Vertrags (als Gegenleistung war ua. die Erstellung eines Bebauungsplans
vereinbart) ein Erbbaurecht einräumen. Damit ging der vom Kläger geltend
gemachte Anspruch auf Zahlung des Erbbauzinses ins Leere.
Allerdings hatte die Gemeinde das Erbbaurecht mittlerweile nach § 900 II iVm
§ 900 I BGB ersessen. Und damit kommt der Senat bei Rn. 31
ff, insbes. Rn. 36 ff zur Klassikerfrage aus dem berühmten
Menzelbilderfall des Reichsgerichts (RGZ 130, 69),
bei welchem sich diese Frage im Zusammenhang mit der Mobiliarersitzung (§§
937 ff BGB) gestellt hatte: Ergeben sich aus der Ersitzung
Bereicherungsansprüche des früheren Eigentümers aus § 812 I S. 1 Alt. 2 BGB
(Nichtleistungskondiktion)? Der Senat kommt zu der Ansicht, dass die
Ersitzung "kondiktionsfest" ist, d.h. Ansprüche auch dann ausgeschlossen
sind, wenn ein rechtsgeschäftlicher Erwerb geplant, dieser aber wegen der
Unwirksamkeit auch des schuldrechtlichen Geschäfts gescheitert war. Er führt
das so generell aus, dass die Argumentation auch für die Mobiliarersitzung
Geltung beansprucht. LESEN!!
©sl 2016
Tatbestand:
1 Mit notariellem Vertrag vom 27.
Februar 1974 bestellte der Vater des Klägers einer nachfolgend in die
beklagte Stadt eingegliederten Gemeinde ein Erbbaurecht an einer Teilfläche
seines Grundstücks für 99 Jahre. Die Gemeinde war danach berechtigt, auf dem
Erbbaugrundstück eine Sportanlage mit den dazu gehörenden Gebäuden zu
errichten. Sie verpflichtete sich in Art. 1 Nr. 5 des Erbbaurechtsvertrags
(nachfolgendend: ErbbV), einen Bebauungsplan aufzustellen, der die Bebauung
eines anderen Grundstücks des Vaters des Klägers mit mindestens 11
Einfamilienhäusern ermöglicht. Der Erbbauzins wurde auf jährlich 1 DM/m2
vereinbart; er sollte sich rückwirkend auf 1,55 DM/m2 erhöhen, falls der
aufzustellende Bebauungsplan nicht bis zum 30. Juli 1976 rechtswirksam sein
sollte. Weiter wurden eine Anpassung des Erbbauzinses an den Preisindex für
die Lebenshaltungskosten sowie die Eintragung einer Erbbauzinsreallast bis
zu einem Preis von 1,55 DM/m2 vereinbart. Zeitlich vor dem
Erbbaurechtsvertrag hatten die Parteien einen Pachtvertrag mit im
Wesentlichen gleichen Verpflichtungen geschlossen.
2 Einen Bebauungsplan gemäß dem Erbbaurechtsvertrag stellte die Beklagte
nicht auf. Die Eintragung des Erbbaurechts erfolgte im Dezember 1975. Die
Beklagte zahlte zunächst den Erbbauzins gemäß der eingetragenen Reallast von
1 DM/m2 im Jahr, in den nachfolgenden Jahren schloss sie mit dem Kläger als
Rechtsnachfolger und neuem Eigentümer Vereinbarungen über dessen Erhöhung
auf der Grundlage der vereinbarten Anpassungsklausel.
3 Im Juni 2011 kündigte die Beklagte den Pachtvertrag. Im Januar 2012
stellte sie die Zahlung des Erbbauzinses ein. Sie berief sich darauf, dass
nach ihren Unterlagen der Erbbaurechtsvertrag von der
Kommunalaufsichtsbehörde nicht genehmigt worden sei. Auf Antrag der
Beklagten vom Mai 2012 versagte der Regierungspräsident im Juli 2012 die
Genehmigung des Erbbaurechtsvertrags.
4 Der Kläger hat Klage auf Zahlung des Erbbauzinses für das Jahr 2012 in
Höhe von 40.972,36 € erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das
Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem Senat
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter; die
Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
5 Das Berufungsgericht meint, der Erbbaurechtsvertrag sei nach § 138 Abs. 1
BGB sittenwidrig gewesen, weil die Gemeinde sich darin einen Vorteil - die
Vereinbarung eines unter dem damals marktüblichen Entgelt von 1,55 DM/m2
liegenden Erbbauzinses von 1 DM/m2 - für die Übernahme einer Verpflichtung
zur Aufstellung eines Bebauungsplans habe versprechen lassen. Das führe aber
nicht zur Gesamtnichtigkeit des Erbbaurechtsvertrags. Dieser bestehe auf
Grund der salvatorischen Klausel mit dem sich ohne die unwirksamen
Vertragsbestimmungen ergebenden Inhalt fort, weil die Beklagte nicht
hinreichend unter Beweis gestellt habe, dass die Vertragsparteien den
Erbbaurechtsvertrag ohne den nichtigen Teil nicht abgeschlossen hätten.
6 Der Erbbaurechtsvertrag sei infolge der Versagung der Genehmigung durch
die Kommunalaufsichtsbehörde im Jahr 2012 unwirksam geworden. Der Vertrag
habe als kreditähnliches Rechtsgeschäft nach § 92 Abs. 6 der
Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO) der Genehmigung bedurft. Der Vortrag
des Klägers über die Erteilung eines Negativattests sei nicht schlüssig, da
sich aus seinem Vorbringen lediglich die Erteilung einer unzutreffenden
Auskunft durch den Landkreis als damals zuständiger Aufsichtsbehörde ergebe.
Der Beklagten sei die Berufung auf Unwirksamkeit des Erbbaurechtsvertrags
nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt. Die Unwirksamkeit des
Erbbaurechtsvertrags stelle für den Kläger kein schlechthin unerträgliches
Ergebnis dar. Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die
Beklagte das Erbbaurecht nach § 900 Abs. 1, 2 BGB ersessen habe. Da
deren Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht
erklärt habe, einem etwaigen Herausgabeanspruch des Klägers nicht die
Einrede der Verjährung entgegenhalten zu wollen, riskiere der Kläger nicht,
sowohl den Erbbauzins als auch den Besitz zu verlieren.
II.
7 Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision insofern stand, als
sich aus dem festgestellten Sachverhältnis kein Anspruch des Klägers auf
Zahlung eines Erbbauzinses oder eines anderen Entgelts für die Nutzung des
Erbbaugrundstücks im Jahr 2012 ergibt.
8 1. Dabei geht das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon aus, dass der
Erbbaurechtsvertrag ohne die nichtigen Bestimmungen zustande gekommen ist.
9 a) Der Vertrag war allerdings mit dem vereinbarten Inhalt sowohl nach §
134 BGB als auch nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Unwirksam war die in Art. 1
Nr. 5 ErbbV begründete Verpflichtung der Gemeinde, einen inhaltlich näher
bestimmten Bebauungsplan innerhalb einer bestimmten Zeit aufzustellen.
Das verstieß gegen das - nunmehr in § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB
geregelte - Verbot, nach dem solche Verträge wegen der mit ihnen verbundenen
Beschränkungen des gemeindlichen Planungsermessens nichtig sind
(Senat, Urteil vom 2. Oktober 2015 - V ZR 307/13, juris Rn. 10; BGH, Urteil
vom 8. Juni 1978
- III ZR 48/76, BGHZ 71, 386, 390; Urteil vom 22. November 1979 - III ZR
186/77, BGHZ 76, 16, 22; BVerwG, NJW 1980, 2538, 2539). Ebenfalls
unwirksam war die in Art. 1 Nr. 5 ErbbV vereinbarte bedingte Verpflichtung
des Vaters des Klägers, auf eine Erhöhung des Erbbauzinses bei Aufstellung
eines Bebauungsplans zu verzichten. Diese Vertragsbestimmung war wegen
Verstoßes gegen das Koppelungsverbot nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil die
Gemeinde sich dadurch eine unzulässige Gegenleistung für den Erlass eines
Bebauungsplans hatte versprechen lassen (vgl. Senat, Urteil vom 18.
September 2009 - V ZR 2/09, NVwZ 2010, 398 Rn. 15).
10 b) Die Einwendungen der Revisionserwiderung gegen die Wirksamkeit des
(restlichen) Erbbaurechtsvertrags sind unbegründet.
11 aa) Der Erbbaurechtsvertrag ist teilbar. Der Vertrag kann nach
Aussonderung der nichtigen Teile als selbständiges Rechtsgeschäft auf
Bestellung eines Erbbaurechts mit einem wertgesicherten Erbbauzins von 1
DM/m2 Bestand haben. Das Berufungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass
die Parteien den Vertrag über Jahrzehnte hinweg auch so vollzogen haben.
12 bb) Die Erbbauzinsvereinbarung in Art. 4 Abs. 1 des Vertrags ist nicht
unmittelbar sittenwidrig und nichtig. Die Vereinbarung eines Erbbauzinses,
der um 36,67 % unter dem Marktüblichen liegt, begründet kein grobes
Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung.
13 cc) Das Berufungsgericht nimmt auch zu Recht an, dass der
Erbbaurechtsvertrag ohne die nichtigen Bestimmungen nach § 139 BGB auf Grund
der salvatorischen Klausel aufrechtzuerhalten ist, weil die Beklagte nicht
nachgewiesen habe, dass der Vertrag ohne den nichtigen Teil nicht
geschlossen worden wäre. Ohne Erfolg wendet die Revisionserwiderung dagegen
ein, dass die Aufrechterhaltung einzelner Bestimmungen nach dem
hypothetischen Parteiwillen nicht in Betracht komme, weil § 139 BGB
unanwendbar sei, wenn sich aus dem Zweck der Verbotsnorm eine abweichende
Regelung ergebe (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 117/99, NJW
2000, 1333, 1335).
14 (1) Der Zweck des Verbots gebietet es nicht, Verträge, in denen eine
Gemeinde eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Bebauungsplans eingegangen
ist, auch ohne diese Bestimmung als insgesamt nichtig anzusehen. Das
Verbot soll eine ungebundene und umfassende Abwägung der in § 1 Abs. 6 BauGB
bezeichneten Belange gewährleisten, die Gemeinden aber nicht vor allen
Nachteilen aus dem Abschluss von Verträgen bewahren, die sie im Hinblick auf
die von ihrem Vertragspartner erwartete Aufstellung eines bestimmten
Bebauungsplans abgeschlossen haben (vgl. Senat, Urteil vom 2.
Oktober 2015 - V ZR 307/13, juris Rn. 10 f.). Das Verbot erfordert
nur, dass diejenigen Vertragsbestimmungen keine Wirksamkeit entfalten,
welche die Gemeinde unmittelbar zum Erlass eines bestimmten Bebauungsplans
verpflichten, es steht jedoch einer Aufrechterhaltung des Vertrags im
Übrigen nach den in § 139 BGB bestimmten Grundsätzen nicht entgegen
(vgl. BGH, Urteil vom 22. November 1979 - III ZR 186/77, BGHZ 76, 16, 22;
BVerwG, NJW 1980, 2538, 2539).
15 (2) Die Beklagte kann die Gesamtnichtigkeit des Erbbaurechtsvertrags auch
nicht daraus herleiten, dass ihre Rechtsvorgängerin sich eine unzulässige
Gegenleistung (den Verzicht auf eine Erbbauzinsanhebung) für einen von ihr
aufzustellenden Bebauungsplan hat versprechen lassen. Diese Koppelung
besteht infolge der Nichtigkeit der darauf bezogenen Vertragsbestimmungen
nicht. Die Unwirksamkeit dieser Vertragsbestimmung ist nur für den Kläger
nachteilig, der ungeachtet dessen den Vertrag weiter durchführen will. Unter
diesen Umständen ist der Beklagten die Geltendmachung der Gesamtnichtigkeit
des Erbbaurechtsvertrags versagt. Eine Partei kann sich nämlich nach Treu
und Glauben nicht unter Berufung auf § 139 BGB von ihren Vertragspflichten
insgesamt befreien, wenn nur die den anderen Teil begünstigenden
Vertragsbestimmungen unwirksam sind und dieser dennoch am Vertrag festhalten
will. Der andere Teil kann dann der Geltendmachung der Gesamtnichtigkeit die
Einrede der Arglist entgegensetzen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1983
- IX ZR 95/81, WM 1983, 267, 268; Urteil vom 7. Januar 1993 - IX ZR 199/91,
NJW 1993, 1587, 1589; Urteil vom 30. Januar 1997 - IX ZR 133/96, NJW-RR
1997, 684, 686).
16 2. Ebenfalls rechtsfehlerfrei sieht das Berufungsgericht den
Erbbaurechtsvertrag als ein nach § 92 Abs. 6 NGO der Genehmigung durch die
Kommunalaufsicht bedürfendes kreditähnliches Rechtsgeschäft an.
17 a) Die Genehmigungsbedürftigkeit des 1974 geschlossenen
Erbbaurechtsvertrags ist nach den Vorschriften der am 1. November 2011 außer
Kraft getretenen Niedersächsischen Gemeindeordnung zu beurteilen, weil die
Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts sich grundsätzlich
nach den im Zeitpunkt seines Abschlusses geltenden Vorschriften bestimmen
(vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1966 - VIII ZR 20/64, BGHZ 45, 322, 326;
Urteil vom 18. Februar 2002 - KVR 24/01, BGHZ 154, 21, 26). Anders verhielte
es sich nur bei einem Wegfall des Genehmigungserfordernisses, der zur
Behebung einer schwebenden Unwirksamkeit führt (vgl. Senat, Urteil vom 20.
Juli 1962 - V ZR 219/60, BGHZ 37, 233, 236). Das ist aber nicht eingetreten,
weil § 120 Abs. 6 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes vom 17.
Dezember 2010 - NKomVG (Nds. GVBl. S. 576) - einen § 92 Abs. 6 NGO
inhaltsgleichen Genehmigungsvorbehalt enthält.
18 b) Ob ein Vertrag nach den kommunalrechtlichen Vorschriften
genehmigungsbedürftig ist, haben die Zivilgerichte selbständig zu
entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2004 - XII ZR 301/01, BGHZ 158,
19, 21; Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 7/12, WM 2013, 708 Rn. 11).
19 c) Nach § 92 Abs. 6 Satz 1 NGO (die Gemeindeordnungen bzw.
Kommunalverfassungen der anderen Länder enthalten gleichlautende
Bestimmungen) bedarf die Begründung einer kreditähnlichen
Zahlungsverpflichtung der Gemeinde der Genehmigung durch die
Kommunalaufsichtsbehörde. Ob ein Vertrag eine derartige Verpflichtung der
Gemeinde begründet, ist nach dem Zweck des Genehmigungserfordernisses zu
beurteilen. Dieses soll verhindern, dass unter Ausnutzung der
Gestaltungsmöglichkeiten des Privatrechts die kommunalrechtlichen
Bestimmungen über die Kreditaufnahme umgangen werden. Eine solche Umgehung
liegt vor, wenn das betreffende Rechtsgeschäft bei wirtschaftlicher
Betrachtungsweise zu dem gleichen Erfolg führen würde wie die Aufnahme eines
Kredits. Das ist der Fall, wenn die Gemeinde im laufenden Haushaltsjahr im
Wesentlichen die volle Leistung erhält, die dafür zu erbringende
Gegenleistung jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt erbringen muss (vgl.
BGH, Urteil vom 4. Februar 2004 - XII ZR 301/01, BGHZ 158, 19, 23; OLG
Dresden, OLG-NL 2001, 268, 270). Allerdings kommt nicht jede Verpflichtung,
die eine Gemeinde zur Erlangung einer Leistung im laufenden Haushaltsjahr
eingeht und die teilweise oder ganz erst in späteren Haushaltsjahren zu
erfüllen ist, einer genehmigungsbedürftigen Kreditaufnahme gleich (Senat,
Urteil vom 2. April 2004 - V ZR 105/03, WM 2004, 2183). Maßgebliches
Kriterium für ein kreditähnliches Geschäft ist die Fälligkeit der
Zahlungsverpflichtung der Gemeinde. Ist die Gegenleistung der Gemeinde an
sich mit der Leistung ihres Vertragspartners fällig, wird die Zahlung aber
auf eine spätere Zeit hinausgeschoben, handelt es sich um ein
kreditähnliches Rechtsgeschäft (OLG Dresden, aaO). Anders ist es dagegen,
wenn - wie bei einem Miet- oder Pachtvertrag (BGH, Urteil vom 4. Februar
2004 - XII ZR 301/01, BGHZ 158, 19, 23) - die Zahlung ein Entgelt für die
jeweils gewährte Nutzungsmöglichkeit darstellt.
20 d) Gemessen daran ist der 1974 geschlossene Vertrag ein kreditähnliches
Rechtsgeschäft.
21 aa) Ein Erbbaurechtsvertrag ist allerdings nicht schon dann
genehmigungsbedürftig, wenn eine Gemeinde Erbbaurechtsnehmerin ist. Ob und
welches Entgelt der Erbbauberechtigte für die Bestellung eines Erbbaurechts
zahlen soll, steht im Belieben der Vertragsparteien; die Gegenleistung ist
kein wesentliches Merkmal eines Erbbaurechtsvertrags (Senat, Urteil vom 23.
Oktober 1957 - V ZR 270/56, RdL 1958, 7, 9; Urteil vom 27. Februar 1970 - V
ZR 49/67, NJW 1970, 944). Ein unentgeltlich oder gegen eine einmalige
Zahlung im laufenden Haushaltsjahr bestelltes Erbbaurecht begründet keine
kreditähnliche Zahlungsverpflichtung.
22 bb) Ein Erbbaurechtsvertrag bedarf jedoch als kreditähnliches
Rechtsgeschäft der Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde, wenn er
eine Verpflichtung der Gemeinde begründet, einen Erbbauzins zu zahlen.
23 (1) Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Pflicht zur Zahlung des
Erbbauzinses auf einer im Erbbaugrundbuch eingetragenen Erbbauzinsreallast
(dinglicher Erbbauzins) oder allein auf einer vertraglichen Vereinbarung
beruht (schuldrechtlicher Erbbauzins). Rechtlich betrachtet bestehen zwar
Unterschiede insoweit, als bei Vereinbarung eines dinglichen Erbbauzinses
die Bestellung des Stammrechts (der Erbbauzinsreallast), jedoch nicht die
aus diesem zu leistenden wiederkehrenden Zahlungen die Gegenleistung für die
Bestellung des Erbbaurechts ist (Senat, Urteil vom 9. Oktober 2009 - V ZR
18/09, NJW 2010, 224 Rn. 9; von Oefele, MittBayNot 2011, 55), während die
Verpflichtung zu wiederkehrenden Zahlungen beim schuldrechtlichen Erbbauzins
in der Regel die Leistung ist, die der Schuldner um der Begründung oder der
Übertragung des Erbbaurechts willen übernommen hat (vgl. Senat, Urteil vom
9. Oktober 2009 - V ZR 18/09, NJW 2010, 224 Rn. 10). Für die Entscheidung
der Frage, ob der Erbbaurechtsvertrag ein kreditähnliches Geschäft im Sinne
der Gemeindeordnungen der Länder ist, kommt es jedoch nicht auf den
Rechtsgrund der Verpflichtung, sondern allein darauf an, ob die
Gegenleistung der Gemeinde für einen Erwerb im laufenden Haushaltsjahr in
die kommenden Haushaltsjahre verlagert wird. Solche Rechtsgeschäfte der
Kommunen sind im Interesse des Staates an einer geordneten
Haushaltswirtschaft der Gemeinden und an einem Erhalt ihrer dauernden
Leistungsfähigkeit einem Genehmigungsvorbehalt durch die Kommunalaufsicht
unterworfen (vgl. OLG Dresden, OLG-NL 2001, 268,
270).
24 (2) Danach bedarf ein Erbbaurechtsvertrag mit einer Erbbauzinspflicht der
Gemeinde der Genehmigung. Ein solcher Erbbaurechtsvertrag steht zwar auch
bei einer wirtschaftlichen Betrachtung einem kreditierten Erwerbsgeschäft
nicht in jeder Beziehung gleich; er erfüllt aber die wesentlichen Merkmale
eines kreditähnlichen Rechtsgeschäfts.
25 (a) Für den Grundstückseigentümer sind die Erbbauzinsen einer Miete oder
einer Pacht wirtschaftlich vergleichbare Einkünfte. Er erhält mit dem
Erbbauzins wie bei einer Miete oder Pacht eine Verzinsung des Bodenwerts für
das dem Vertragspartner gewährte Recht zur Nutzung seines Grundstücks (vgl.
Grziwotz, Das Erbbaurecht in der Finanzierungspraxis, S. 78).
26 (b) (aa) Für den Erbbauberechtigten stellt der Erbbauzins dagegen ein
Entgelt dar, das er künftig für das dingliche Recht zahlen muss, welches ihn
berechtigt, auf dem fremden Grundstück ein Bauwerk zu haben. Die
Gegenleistung wird nicht bei Erwerb des Erbbaurechts geleistet, sondern in
den kommenden Jahren erbracht, in denen das Erbbaurecht besteht. Insofern
wird die Fälligkeit der Gegenleistung - ähnlich wie bei einer Stundung -
über den bei einem Rechtskauf üblichen Zeitpunkt hinaus, abweichend von dem
Grundsatz der Zug-um-Zug-Leistung, in die Zukunft verschoben. Damit liegt
das wesentliche Merkmal eines kreditähnlichen Rechtsgeschäfts (vgl. Senat,
Urteil vom 2. April 2004 - V ZR 105/03, WM 2004, 2183, 2184) vor.
27 (bb) Einzuräumen ist allerdings, dass bei einer wirtschaftlichen
Betrachtungsweise die Pflicht zur Zahlung des Erbbauzinses sich nicht von
derjenigen zur Zahlung der Miete oder der Pacht aus einem langfristigen
Vertragsverhältnis unterscheidet. Der Abschluss eines Erbbaurechtsvertrags
mit einer Verpflichtung der Gemeinde zur Zahlung eines Erbbauzinses ist
jedoch nicht - wie die Revision meint - deswegen dem Abschluss eines
langfristigen Miet- und Pachtvertrags mit einer entsprechenden
Zahlungsverpflichtung gleichzustellen. Zwar sind Erbbauzinsen den Mieten und
Pachten vergleichbare Zahlungen; die dafür erworbenen Rechte unterscheiden
sich jedoch grundlegend. Mit dem Erbbaurecht erwirbt der Erbbaurechtsnehmer
für die gesamte Vertragszeit ein - über die für die Miet- und Pachtverträge
geltende zeitliche Begrenzung von 30 Jahren (§ 544 BGB) hinausgehendes -
dingliches Recht an dem Grundstück, das hinsichtlich seiner Übertragbarkeit,
Beleihbarkeit und der Rechte gegenüber Dritten dem Eigentum an dem
Grundstück weitgehend gleichsteht. Aus diesen Gründen stellt sich der Erwerb
eines Erbbaurechts unter wirtschaftlichen Aspekten - weit öfter als der
Abschluss eines Miet- und Pachtvertrags - als eine Alternative zu einem
kreditfinanzierten Grundstückserwerb dar.
28 (c) Vor diesem Hintergrund ist die Zuordnung der Erbbaurechtsverträge, in
denen sich die Gemeinden zur Zahlung von Erbbauzinsen verpflichten, zu den
kreditähnlichen Rechtsgeschäften auch vom Zweck des Genehmigungsvorbehalts
in den Gemeindeordnungen der Länder geboten, Umgehungen von
genehmigungspflichtigen Kreditgeschäften zu verhindern. Eine Gemeinde kann
ihre künftige Leistungsfähigkeit auch dadurch gefährden, dass sie statt
eines finanzierten Grundstückskaufs einen Erbbaurechtsvertrag mit der
Verpflichtung zur Zahlung von Erbbauzinsen abschließt, der - was die
bauliche Nutzung des Erbbaugrundstücks betrifft - zu einem im Wesentlichen
gleichen Ergebnis wie ein Kauf führt.
29 (3) Der 1974 geschlossene Erbbaurechtsvertrag war kein Rechtsgeschäft der
laufenden Verwaltung der Rechtsvorgängerin der Gemeinde, das nach § 92 Abs.
6 Satz 3 NGO genehmigungsfrei gewesen wäre. Die Ausführungen des
Berufungsgerichts dazu sind rechtsfehlerfrei und werden im
Revisionsverfahren auch nicht angegriffen.
30 3. Das Berufungsgericht geht ebenfalls rechtsfehlerfrei davon aus, dass
der Erbbaurechtsvertrag nicht nach § 133 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 NGO durch
Erteilung der erforderlichen Genehmigung wirksam geworden ist. Dass der
Erbbaurechtsvertrag vor dem Versagungsbescheid vom Juli 2012 durch die
Kommunalaufsichtsbehörde ausdrücklich genehmigt worden wäre, ist weder
festgestellt noch von dem Kläger vorgetragen. Der Erbbaurechtsvertrag ist
auch nicht auf Grund der Genehmigungsfiktion in § 133 Abs. 1 Satz 2 NGO
wirksam geworden. Das setzt die Nichtbescheidung eines Genehmigungsantrags
der Gemeinde innerhalb von drei Monaten nach dessen Eingang bei der
zuständigen Aufsichtsbehörde voraus (Langenrehr in Thieme, NGO, 3. Aufl., §
113 Rn. 5; Thiele, NGO, 4. Aufl., § 133 Anm. 2). Ein solcher Sachverhalt ist
ebenfalls nicht vorgetragen. Dem Kläger steht deshalb kein Anspruch auf
Zahlung des Erbbauzinses aus einem durch Genehmigung wirksam gewordenen
Erbbaurechtsvertrag zu.
31 4. Im
Ergebnis rechtsfehlerfrei verneint das Berufungsgericht auch einen
Zahlungsanspruch des Klägers nach der Ersitzung des Erbbaurechts durch die
Beklagte.
32 a) Die Beklagte ist allerdings auf Grund des 30jährigen Bestehens
ihrer Eintragung als Inhaberin des Erbbaurechts und ihres Eigenbesitzes
durch Buchersitzung (§ 900 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB) Erbbauberechtigte
geworden. Diese Vorschriften finden auf das Erbbaurecht Anwendung (MüKoBGB/Kohler,
6. Aufl., § 900 Rn. 2; von Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, 5.
Aufl., Rn. 5.79; Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 900 Rn. 26; RGRK/Augustin,
BGB, 12. Aufl., § 900 Rn. 4; NK-BGB/Krause, 3. Aufl., § 900 Rn. 3; Toussaint
in jurisPK-BGB, 7. Aufl., § 900 Rn. 6). Behördlicher Genehmigung bedarf der
Rechtserwerb durch Ersitzung nicht (Staudinger/Gursky, aaO Rn. 23;
NK-BGB/Krause, 3. Aufl., § 900
Rn.11; Böhringer,
NotBZ 2003, 85). Da der Erbbauzins jedoch nicht Inhalt des Erbbaurechts ist,
führt die Ersitzung nach § 900 BGB allein nicht zu einer Pflicht des
Erbbauberechtigten, den im Erbbaurechts-vertrag vereinbarten Erbbauzins zu
zahlen.
33 b) Die Pflicht ergibt sich allerdings in der Regel aus der eingetragenen
Erbbauzinsreallast. So verhält es sich hier jedoch nicht. Die Beklagte hat
das Erbbaurecht nämlich ohne die eingetragene Erbbauzinsreallast ersessen.
Die Erbbauzinsreallast war infolge der Versagung der
kommunalaufsichtsrechtli-chen Genehmigung des Erbbaurechtsvertrags nicht
wirksam bestellt worden. Der Kläger konnte die Reallast nicht nach § 900
Abs. 2 Satz 1 BGB ersitzen, da sie kein Recht ist, dass zum Besitz des
Grundstücks berechtigt oder deren Ausübung nach den für den Besitz geltenden
Vorschriften geschützt ist. Mit Ablauf der Frist für die Ersitzung ist daher
ein sog. erbbauzinsloses Erbbaurecht entstanden. Eine Erweiterung des
Anwendungsbereichs des § 900 BGB auf andere Rechte an Grundstücken verstieße
gegen den Wortlaut des Gesetzes und gegen den erklärten Willen des
Gesetzgebers, da Anträge, die Ersitzung auf die Hypothek zu erstrecken, im
Gesetzgebungsverfahren abgelehnt wurden (vgl. Prot. II, S. 4320 ff. = Mugdan,
Materialien, Bd. III. S. 574 ff.). Daher ist auch der von Heck (Grundriss
des Sachenrechts, 1930, § 45 Anm. 4 a) vertretenen Auffassung nicht zu
folgen, nach der derjenige, der sein Recht nur auf den Buchinhalt stützen
kann, die buchmäßigen Belastungen mit in Kauf nehmen soll. Sie kann zudem zu
unsachgemäßen Ergebnissen führen. Im hier zu beurteilenden Fall liefe es dem
Zweck des Genehmigungserfordernisses zuwider, wenn die Beklagte trotz
Versagung der Genehmigung - und damit entgegen dem mit dem Vorbehalt
verfolgten Interesse des Staates an einer geordneten Haushaltswirtschaft und
dem Erhalt der Leistungsfähigkeit der Gemeinden - infolge der
Tabularersitzung den Erbbauzins über 60 Jahre weiterzahlen müsste. Geboten
ist allerdings im Einzelfall eine dem Zweck des Genehmigungsvorbehalts
entsprechende Korrektur nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242
BGB), die das Berufungsgericht allerdings auch vorgenommen hat (siehe unten
IV.2).
34 c) Erst recht nicht geheilt worden ist der schuldrechtliche Vertrag über
die Bestellung des Erbbaurechts mit dem sich daraus ergebenden Anspruch auf
den schuldrechtlichen Erbbauzins. Die Vorschriften über die Ersitzung (§ 900
Abs. 1 Satz 1, § 937 Abs. 1 BGB) ordnen den Erwerb des Eigentums nach einer
bestimmten Besitzzeit an, bei einem Grundstück nach dem Bestehen einer
Eintragung (sog. Buchbesitz) und einem Eigenbesitz von 30 Jahren, bei einer
beweglichen Sache nach einem Eigenbesitz von zehn Jahren. Sie sehen jedoch
nicht die Heilung des Rechtsgeschäfts vor, auf Grund dessen der Besitz
erlangt wurde. Eine Heilung des Grundgeschäfts ist auch vom Zweck der
Buchersitzung nicht begründet. Dass der bisherige Rechtsinhaber sein nicht
gebuchtes Recht verliert, beruht auf dem öffentlichen Interesse, ein
dauerndes Auseinanderfallen von Recht und Grundbuchlage zu vermeiden,
nachdem die Ansprüche aus dem nicht eingetragenen Recht nach Eintritt der
Verjährung nicht mehr durchsetzbar und damit inhaltsleer geworden sind
(Prot. II, S. 3673 = Mugdan, Materialien, S. 573). Die Heilung des
unwirksamen Grundgeschäfts ginge über das mit der Buchersitzung verfolgte
Ziel hinaus. Dies folgt aus den Erwägungen, mit denen eine Erstreckung der
Tabularersitzung auf die Hypothek abgelehnt wurde. Die Ersitzung sollte
nicht auch die Mängel der Forderung heilen, von deren Bestand die Hypothek
abhängig sei (Prot. II, S. 4372 = Mug-dan, Materialien, Bd. III. S. 575).
35 d) Die Beklagte muss die Vereinbarung über den Erbbauzins auch nicht nach
den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegen sich gelten lassen,
obwohl sie ihrer Pflicht nicht nachgekommen ist, alles zu tun, um die
Genehmigung des Vertrags herbeizuführen (zu dieser Pflicht aus dem
Vertragsschluss: Senat, Urteil vom 25. Juni 1976 - V ZR 121/73, BGHZ 67, 34,
35; Urteil vom 10. Juli 1998 - V ZR 76/97, VIZ 1998, 577). Ein solches
treuwidriges Verhalten der Gemeinde vermag einen Anspruch des
Vertragspartners auf Erfüllung nicht zu begründen. In der Rechtsprechung ist
seit langem anerkannt, dass die zum Schutz öffentlich-rechtlicher
Körperschaften geschaffenen gesetzlichen Regelungen durch die Berufung auf
Treu und Glauben nicht außer Kraft gesetzt werden können (BGH, Urteil vom
10. März 1959 - VIII ZR 44/58, WM 1959, 672, 673; Urteil vom 2. März 1972 -
VII ZR 143/70, NJW 1972, 940, 941; Urteil vom 20. September 1984 - III ZR
47/83, BGHZ 92, 164, 174). Die den Aufsichtsbehörden zugewiesene
Zuständigkeit darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass ein
genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft wegen des gegen die Grundsätze von
Treu und Glauben verstoßenden Handelns der Gemeinde als wirksam behandelt
wird, wenn die Genehmigung nicht eingeholt oder versagt wird (vgl. BGH,
Urteil vom 21. April 1955 - II ZR 328/53, NJW 1955, 985; Reinicke,
Rechtsfolgen formwidrig abgeschlossener Verträge, S. 148).
36 e) Dem Kläger
steht schließlich auch nicht ein Anspruch auf Herausgabe der von der
Beklagten im Jahr 2012 gezogenen Nutzungen nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1
BGB i.V.m. § 818 Abs. 1 BGB zu. Ob bereicherungsrechtliche Ansprüche
aus rechtsgrundloser Leistung infolge der Ersitzung ausgeschlossen sind, ist
allerdings umstritten.
37 aa) Ein Teil des Schrifttums geht
im Anschluss an eine Entscheidung des Reichsgerichts zur Mobiliarersitzung
nach § 937 BGB (RGZ
130, 69) davon aus, dass die Ersitzung zwar keine
Verletzung des Zuweisungsgehalts des Rechts des früheren Eigentümers
darstelle und dieser daher nicht im Wege der Eingriffskondiktion (§ 812 Abs.
1 Satz 1 Fall 2 BGB) von dem neuen Eigentümer die Herausgabe der von ihm
gezogenen Nutzungen verlangen könne. Anders soll es aber
sein, wenn die Besitzerlangung auf einem unwirksamen Vertrag beruhe. Dann
soll eine Leistungskondiktion auch nach der Ersitzung möglich sein. Bei der
Ersitzung gehe es wie bei allen anderen sachenrechtlichen
Erwerbstatbeständen nur um die Zuordnung des dinglichen Rechts. Ob diese
Zuordnung zu Recht bestehe und wie lange sie Bestand habe, sei jedoch keine
sachenrechtliche Frage (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2013], § 900
Rn. 24; Staudinger/Wiegand, BGB [2011], § 937, Rn. 21; Erman/Artz, BGB, 14.
Aufl., § 900 Rn. 6; Toussaint in jurisPK-BGB, 7. Aufl., § 900, Rn. 22;
Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 51 Rn. 13;
BeckOK-BGB/Kindl, BGB, Edition 36, § 937 Rn. 9; NK-BGB/Meller-Hannich, 3.
Aufl.,
§ 937 Rn. 11; Siehr, Festschrift Stoll, 2001, S. 373, 378 ff.).
38 bb) Nach anderer Ansicht scheiden Bereicherungsansprüche des
bisherigen Eigentümers aus, da der Ersitzungserwerb seinen Rechtsgrund in
sich trage (MüKoBGB/Kohler, 6. Aufl., § 900 Rn. 6; MüKoBGB/Baldus,
6. Aufl., § 937 Rn. 49 ff.; Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 900 Rn. 5,
Vorb. § 937 Rn. 2; RGRK/Pikart, BGB, 12. Aufl., § 937 Rn. 20; RGRK/Heimann-Trosien,
BGB, 12. Aufl., Vor § 812 Rn. 30; PWW/Prütting, BGB, 10. Aufl., § 937 Rn. 8;
Soergel/Henssler, BGB, 13. Aufl., § 937 Rn. 7 ff.; NK-BGB/Krause, 3. Aufl.,
§ 900 Rn. 13; Prütting, Sachenrecht, 35. Aufl., Rn. 450 f.; Finkenauer,
Eigentum und Zeitablauf, 2000, S. 120 f.).
39 cc) Die letztgenannte Auffassung ist richtig. Der Erwerb durch
Ersitzung trägt seinen Rechtsgrund in sich und schließt Ansprüche gegen den
Erwerber aus ungerechtfertigter Bereicherung aus.
40 (1) Dass mit dem Ersitzungserwerb im Interesse der
Rechtssicherheit eine endgültige Regelung eintreten und ein Rückgriff auf
Bereicherungsansprüche nicht möglich sein sollte, ergibt sich zwar nicht aus
dem - insoweit unergiebigen - Wortlaut der Vorschriften über die Ersitzung
(§§ 900, 937 BGB), findet im Gesetz aber darin eine Stütze,
dass das Recht der Ersitzung im Gegensatz zu den folgenden
Erwerbstatbeständen (vgl. §§ 951, 977 BGB) keine Ausgleichsansprüche für den
Rechtsverlust enthält. Dies entspricht der Vorstellung des historischen
Gesetzgebers, nach der die Ersitzung den Mangel deckt, der dem sofortigen
Erwerb des Eigentums entgegenstand (vgl. Motive III, S. 350 =
Mugdan, Materialien, Bd. 3, S. 195). Bei der Buchersitzung ging der
Gesetzgeber davon aus, dass die Vorschrift den Nutzen habe, dass derjenige,
der nach dreißigjährigem Besitz originär das Eigentum erwerbe, auch die
Einreden aus einem etwaigen Mangel seines Erwerbs zurückweisen könne, und
das missliche Zurückgreifen auf lange Zeit zurückliegende
Eigentumserwerbsakte vermieden werde (vgl. Prot. II, S. 3674 =
Mugdan, Materialien, Bd. III. S. 573).
41 (2) (a) Für die Gegenauffassung sprechen keine zwingenden Gründe mehr.
Sie wurde vor allem darauf gestützt, dass die nach zehnjährigem Besitz
eintretende Fahrnisersitzung nach § 937 BGB den Rechtsgrund nicht in sich
tragen könne, weil der Anspruch aus dem Mangel des Grundgeschäfts auf
Herausgabe des Geleisteten nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB gegen den
Erwerber bis zum Ablauf der nach § 195 BGB aF dreißigjährigen
Verjährungsfrist durchgesetzt werden könne (RGZ 130, 69, 73). Dieses
Argument ist infolge der Verkürzung der für die Bereicherungsansprüche
geltenden Verjährungsfristen nach §§ 195, 199 BGB auf drei bzw. zehn Jahre
weggefallen (vgl. PWW/Prütting, BGB, 10. Aufl., § 937 Rn. 8).
42 (b) Die Annahme, dass die Ersitzung den Rechtsgrund in sich
trägt, hat dagegen den Vorzug, dass sie einen Wertungswiderspruch zwischen
Leistungs- und Eingriffskondiktion vermeidet. Warum der Eigentümer zur
Herausgabe des Erlangten verpflichtet sein soll, wenn er den Besitz durch
eine Leistung des früheren Eigentümers erhalten hat, dagegen von dem
Anspruch verschont bleiben soll, wenn er auf andere Weise den Besitz erlangt
hat, ist nicht nachvollziehbar (vgl. Soergel/Henssler, BGB, 13.
Aufl., § 937 Rn. 10). Solche Sonderregeln für die
Leistungskondiktion sind bei einem nicht an dem rechtsgeschäftlichen Erwerb,
sondern an den Eigenbesitz anknüpfenden, originären Erwerbstatbestand nicht
zu rechtfertigen (vgl. MüKoBGB/Baldus, 6. Aufl., § 937 Rn. 53).
III.
43 Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung demnach nicht stand,
weil aus dem unter Beweis gestellten, streitigen Vorbringen des Klägers sich
ein Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Erbbauzinses ergeben kann. Die
Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft die
Beweisanträge auf Vernehmung des Bürgermeisters der Beklagten als Partei und
auf Vorlage der Akten der Beklagten und der Rechtsaufsichtbehörde zu der
Behauptung des Klägers zurückgewiesen hat, die Kommunalaufsichtsbehörde habe
1974 oder 1975 ein Negativattest erteilt.
44 a) aa) Dieses Vorbringen ist schlüssig. Im Ausgangspunkt richtig ist
allerdings die Unterscheidung des Berufungsgerichts zwischen einem
Negativattest und einer Rechtsauskunft. Ein Negativattest ist die
Entscheidung der zuständigen Behörde, dass das ihr mitgeteilte
Rechtsgeschäft keiner Genehmigung bedarf (BGH, Urteil vom 22. September 2009
- XI ZR 286/08, NJW 2010, 144 Rn. 17). Ein Bescheid mit diesem Inhalt steht
der Erteilung der Genehmigung gleich, wenn der Genehmigungsvorbehalt - wie
hier - allein öffentlichen Interessen dient (BGH, Urteil vom 15. März 1951 -
IV ZR 9/50, BGHZ 1, 294, 302; Urteil vom 28. Januar 1969 - VI ZR 231/67, NJW
1969, 922, 923; Urteil vom 3. April 1985 - I ZR 29/83, WM 1985, 1405; Urteil
vom 22. September 2009 - XI ZR 286/08, NJW 2010, 144 Rn. 17; Urteil vom 7.
März 2013 - IX ZR 7/12, WM 2013, 798
Rn.11). Von den
Negativattesten sind die bloßen Mitteilungen und Bescheinigungen der
Behörden zu unterscheiden. Ihnen kommt nur eine dekla-ratorische, die
Gerichte nicht bindende Bedeutung zu. Sie sind ohne Wirkung für das
Rechtsgeschäft, das weiterhin genehmigungsbedürftig bleibt (BGH, Urteil vom
28. Januar 1969 - VI ZR 231/67, NJW 1969, 922 924; Urteil vom 22. September
2009 - XI ZR 286/08, NJW 2010, 144 Rn. 22).
45 bb) Die Würdigung des Vortrags des Klägers im Berufungsurteil, diesem sei
nur eine Auskunft der Kommunalaufsichtsbehörde zu entnehmen, die den
Erbbaurechtsvertrag möglicherweise fehlerhaft als genehmigungsfrei angesehen
habe, beruht auf unzutreffenden Anforderungen an das Vorliegen eines
Negativattestes. Die Erklärung der für die Genehmigung zuständigen Behörde
stellt ein Negativattest dar, wenn die Behörde die öffentlich-rechtliche
Rechtslage durch Verneinung der Genehmigungsbedürftigkeit endgültig hat
klären wollen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 1969 - VI ZR 231/67, NJW
1969, 922, 923). Entsprechend dem für die Auslegung von Verwaltungsakten
anzuwendenden Auslegungsgrundsatz in § 133 BGB (BGH, Urteil vom 9. Dezember
1982 - III ZR 106/81, BGHZ 86, 104, 110; BVerwG, NJW 1976, 303, 304) kommt
es darauf an, ob der Empfänger (hier die beklagte Gemeinde) die Erklärung
der Kommunalaufsichtsbehörde unter Berücksichtigung des mit ihr verfolgten
Zwecks nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) so verstehen musste (vgl. BGH,
Urteil vom 19. März 1998 - IX ZR 120/97, NJW 1998, 2138, 2140; BVerwG, NVwZ
1984, 518).
46 cc) Gemessen daran ist das Vorbringen des Klägers schlüssig, die Beklagte
habe den Erbbaurechtsvertrag der Kommunalaufsichtsbehörde zur Prüfung der
Genehmigungsbedürftigkeit vorgelegt und diese habe den Vertrag ausdrücklich
gebilligt. Die von dem Berufungsgericht für seine Ansicht gegebene
Begründung, der Kläger habe nur eine Auskunft vorgetragen, weil nach seinem
Vortrag die von Gemeinden als Erbbauberechtigte abgeschlossenen Verträge
damals von den Kommunalaufsichtsbehörden als genehmigungsfrei angesehen
worden seien, berücksichtigt nicht, dass die Behörden auch dazu berufen
sind, diese Frage zu entscheiden. Hätte der Landkreis als damals zuständige
Kommunalaufsichtsbehörde sich so - wie von dem Kläger vorgetragen - erklärt,
wäre der Vertrag wirksam geworden (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 1951 - IV
ZR 9/50, BGHZ 1, 294, 302) und die im Jahr 2012 erfolgte Versagung der
Genehmigung durch das Regierungspräsidium ins Leere gegangen.
47 b) Das Berufungsgericht hätte den Beweisangeboten des Klägers nachgehen
müssen. Die Verfahrensrügen der Revision sind begründet.
48 aa) Die Beweisanträge waren nicht auf eine unzulässige Ausforschung
gerichtet. Einer Partei, die (wie hier der Kläger) an dem
Verwaltungsverfahren zwischen der beklagten Gemeinde und der
Kommunalaufsichtsbehörde über die Genehmigung des Vertrags nicht beteiligt
ist, wird es häufig nicht erspart bleiben, in einem Zivilprozess Tatsachen
zu behaupten, über die sie keine genaue Kenntnis haben kann, die sie aber
nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Unzulässig wird ein solches
Vorgehen erst, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das
Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs
Geratewohl" oder „ins Blaue hinein" aufstellt. Ein solcher Vorwurf ist aber
nur begründet, wenn jegliche tatsächlichen Anhaltspunkte für den
vorgetragenen Sachverhalt fehlen (vgl. Senat, Urteil vom 20. September 2002
- V ZR 170/01, NJW-RR 2002, 69, 70; BGH, Urteil vom 20. Juni 2002 - IX ZR
177/99, WM 2002, 1690, 1692 st. Rspr.). Davon kann hier wegen des Vorbingens
der Beklagten in einem 1974/75 geführten Vorprozess, dass die
Kommunalaufsichtsbehörde die Genehmigungsbedürftigkeit des
Erbbaurechtsvertrags geprüft habe, und wegen der Verpflichtung der
Beklagten, eine verbindliche Entscheidung der Kommunalaufsicht über die
Wirksamkeit des Erbbaurechtsvertrags herbeizuführen (siehe oben II.4.d),
keine Rede sein.
49 bb) Die beantragte Vernehmung des Bürgermeisters ist kein nach § 244 Abs.
3 Satz 2 StPO ungeeignetes Beweismittel. Diese Vorschrift ist zwar im
Zivilprozess entsprechend anzuwenden, wobei aber an die Annahme der
Untauglichkeit des Beweismittels strenge Anforderungen zu stellen sind (BGH,
Urteil vom 19. September 2012 - IV ZR 177/11, NJW-RR 2013, 9 Rn. 14). Dass
der Bürgermeister - nach Einsichtnahme in die Verwaltungsakte - etwas
Sachdienliches zu dem Beweisthema sagen kann, erscheint nicht von
vorneherein ausgeschlossen.
50 cc) Begründet ist auch die von der Revision erhobene Verfahrensrüge gegen
die von dem Berufungsgericht auf §§ 421, 424 ZPO gestützte Zurückweisung des
Beweisantrags des Klägers auf Vorlage der Akten zu dem Verwaltungsvorgang
aus den Jahren 1974 und 1975. Mit der Begründung, dass der Antrag auf
Vorlage eines Aktenkonvoluts unzulässig sei, hätte der Beweisantritt erst
nach einem gerichtlichen Hinweis gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO
zurückgewiesen werden dürfen. Dieser ist nach Aktenlage nicht erteilt
worden. Zudem rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht
unabhängig von dem nach § 424 ZPO gestellten Beweisantrag hätte prüfen
müssen, ob es die Vorlage des in der Berufungsinstanz anhand des
Aktenzeichnens näher bezeichneten Verwaltungsvorgangs gemäß § 142 Abs. 1
Satz 1 ZPO von Amts wegen anordnet. Auch wenn sich nach den §§ 423, 424 ZPO
keine Pflicht des Gegners oder eines Dritten zur Vorlage der bezeichneten
Urkunden ergibt, hat der Tatrichter zu prüfen, ob er deren Vorlage anordnet.
Das steht zwar - soweit nicht eine Rechtspflicht zur Urkundenvorlage besteht
(vgl. Senat, Urteil vom 14. Dezember 2012 - V ZR 162/11, NJW 2013, 1003 Rn.
12 f.) - im Ermessen des Tatrichters, das von dem Revisionsgericht anhand
der Urteilsgründe nur darauf überprüft wird, ob von ihm überhaupt Gebrauch
gemacht worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, BGHZ
173, 23 Rn.21; Urteil vom 17. Juli 2014 - III ZR 514/13, WM 2014, 1611 Rn.
26). Letzteres ist hier aber nicht der Fall; denn die Zurückweisung des
Beweisantrags ist allein auf die Vorschriften über den Urkundenbeweis (§§
415 ff. ZPO) gestützt worden.
IV.
51 1. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben und die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
52 2. Sollte dem Kläger der Beweis für die Behauptung eines Negativattestes
nicht gelingen, wäre die Klage unbegründet. Insoweit führt das
Berufungsgericht zutreffend aus, dass die Beklagte nach dem Zweck des
Genehmigungsvorbehalts sich zwar nicht zugleich auf die Unwirksamkeit des
Erbbaurechtsvertrags zur Abwendung einer Pflicht zur Zahlung des
Erbbauzinses und auf die Ersitzung des dinglichen Rechts berufen darf.
Zahlungsansprüche des Klägers ergäben sich unter dem Gesichtspunkt eines
Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) daraus
jedoch nur (dazu oben
II. 4.b), wenn die Beklagte nicht zur Aufhebung oder zur Übertragung des
Erbbaurechts auf den Kläger bereit wäre, was nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts aber der Fall ist.
|