(Keine) Vollstreckungsgegenklage nach § 767 Abs. 1 ZPO bei Einwendungen gegen den Titel als solchen (Unbestimmtheit des Gläubigers, Abgrenzung zu § 732 ZPO); Einrede des nichterfüllten Vertrags (§ 320 BGB) im Falle einer vormerkungswidrigen Verfügung; Erhalt der Einrede des nichterfüllten Vertrags bei Zession (§ 404 BGB) BGH, Urt. v. 5. Dezember 2003 - V ZR 341/02 Fundstelle: Amtl. Leitsätze:
1. Der Einwand des Schuldners, die Unterwerfung
der sofortigen Zwangsvollstreckung sei nicht eindeutig genug bestimmt und
daher unwirksam, ist kein materiellrechtlicher Einwand gegen den titulierten
Anspruch und kann daher nicht nach § 767 Abs. 1 ZPO geltend gemacht werden. Zentrale Probleme:
Im Mittelpunkt der Entscheidung stehen sehr
lehrreiche Fragen des allgemeinen Schuldrechts an der Schnittstelle zum
Sachenrecht. Abzugrenzen ist Unmöglichkeit (jetzt § 275 I BGB) von der
Verspätung der Leistung (§ 323 BGB). Die jeweiligen Normen bzw.
Anspruchsgrundlagen des neuen Schuldrechts sind in redaktionellen
Klammerbemerkungen angegeben (sie sind nicht Bestandteil der
Originalentscheidung). Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 5. Februar/5. Mai
1999 kaufte der Kläger von der R. GmbH Wohnungseigentum zum Preis von
500.000 DM. Wegen der Kaufpreisforderung unterwarf er sich der sofortigen
Zwangsvollstreckung. "Vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde", so heißt
es in dem Vertrag, "ist dem Gläubiger auf dessen Antrag ... zu erteilen".
Zuvor ist in dem Vertrag vermerkt, daß der Kaufpreisanspruch an den
Beklagten abgetreten worden ist. Am 18. Mai 1999 wurde zugunsten des Klägers
eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Am 19. Mai 1999
wurde wegen einer Steuerforderung gegen die Verkäuferin eine
Sicherungshypothek über 311.519,90 DM eingetragen. Entscheidungsgründe: I. Das Berufungsgericht hält den Einwand des Klägers, der Beklagte sei weder Inhaber der Forderung noch könne er sich auf die Unterwerfungsklausel im Kaufvertrag berufen, nicht für berechtigt. Die Abtretung der Kaufpreisforderung an den Beklagten ergebe sich aus dem notariellen Kaufvertrag selbst, und der Beklagte sei damit der vollstreckungsrechtlich legitimierte Gläubiger. Dem vollstreckbaren Anspruch könne der Kläger auch nicht die Einrede des nicht erfüllten Vertrages entgegenhalten; denn er habe aufgrund der vorrangigen Auflassungsvormerkung gegenüber der Sicherungshypothek eine "völlig gesicherte Rechtsposition" inne. Im übrigen werde der Beklagte auch durch § 404 BGB geschützt, da die Sicherungshypothek, auf die die Einrede allenfalls gestützt werden könne, erst nach der Abtretung der titulierten Forderung eingetragen worden sei. II. Die Revision führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. 1. Die Einwendungen des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts greifen nicht durch. a) Als Einwand im Sinne des § 767 Abs. 1 ZPO kommt eine fehlende Aktivlegitimation in Betracht. Das wäre der Fall, wenn der Beklagte nicht Inhaber der titulierten Forderung wäre. Das hat der Kläger zwar ursprünglich einmal behauptet, wird von der Revision aber nicht länger geltend gemacht. Es kommt angesichts des eindeutigen Vertragswortlauts, wonach der Kaufpreisanspruch an den Beklagten abgetreten ist, auch nicht ernsthaft in Betracht. b)
Soweit die Revision rügt, die Unterwerfungserklärung sei unwirksam, da der
Gläubiger nicht eindeutig genug bestimmt sei, macht sie keinen Einwand im
Sinne des § 767 Abs. 1 ZPO geltend. Denn es handelt sich dabei nicht um
einen materiellrechtlichen Einwand gegen den titulierten Anspruch, um den es
bei § 767 ZPO allein geht, sondern um die Frage der prozessualen
Ordnungsgemäßheit der Unterwerfungserklärung, die im Verfahren nach § 732
ZPO zu klären ist (MünchKomm-ZPO/Wolfsteiner, 2. Aufl., § 794 Rdn. 194; vgl.
auch Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 732 Rdn. 9; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO,
22. Aufl., § 794 Rdn. 114; siehe auch Senat, BGHZ 22, 54, 64 f.). 2. Berechtigt sind demgegenüber die Angriffe des Klägers gegen das über die landgerichtliche Entscheidung zu seinen Lasten hinausgehende Urteil des Berufungsgerichts. a) Zutreffend hat es allerdings einen wirksamen Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag verneint. Unmöglichkeit im Sinne des § 325 BGB a.F. als Rücktrittsgrund scheidet aus [Red. Anm.: nach neuem Recht Rücktritt nach § 326 V, 323]. Die relative Unwirksamkeit der eingetragenen Sicherungshypothek (§ 883 Abs. 2 BGB) beschneidet der Verkäuferin nicht die
Möglichkeit, den Anspruch des Klägers auf lastenfreie Übertragung zu
erfüllen. b) Fehlerhaft ist indes die Auffassung des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe auch kein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB zu. 3. a) Der Anspruch des Klägers ist auf eine lastenfreie Übertragung des Kaufgegenstandes gerichtet, § 434 BGB a.F. [Red. Anm.: jetzt § 433 I 2, 435 BGB]. Vorliegend ist das Grundstück nicht lastenfrei. Dies kann der Kläger dem titulierten Kaufpreisanspruch nach § 320 BGB mit der Folge entgegenhalten, daß eine Zwangsvollstreckung nur Zug um Zug gegen Löschung der Sicherungshypothek zulässig ist, § 322 Abs. 1 BGB, § 767 Abs. 1 ZPO. Der Umstand, daß die Belastung hier vormerkungswidrig ist und dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, seinen Anspruch mit Hilfe der Zustimmungsverpflichtung des begünstigten Dritten nach § 888 Abs. 1 BGB durchzusetzen, entbindet die Verkäuferin nicht von der Verpflichtung zur lastenfreien Eigentumsübertragung (vgl. Senat, Urt. v. 8. November 1985, V ZR 153/84, WM 1986, 203). § 888 Abs. 1 BGB dient nur dazu, den fortbestehenden Anspruch gegen den Verkäufer (§ 883 Abs. 2 BGB) unter Beachtung des formellen Konsensprinzips (§ 19 GBO) verfahrensrechtlich durchzusetzen. b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Einrede des nicht erfüllten Vertrages auch dem Beklagten als Zessionar entgegengehalten werden. § 404 BGB schützt ihn nur vor solchen Einwendungen, die zur Zeit der Abtretung noch nicht begründet waren. Das ist hier aber nicht der Fall. Die Einrede nach § 320 BGB entsteht mit Vertragsschluß. Sie ist Folge des Synallagmas und stand dem Kläger schon gegenüber der Altgläubigerin zu. Ob die Umstände, die die Einrede bedeutsam werden lassen, hier die Eintragung der Sicherungshypothek, vor oder nach der Abtretung eingetreten sind, ist ohne Belang (BGHZ 93, 71, 79; BGH, Urt. v. 16. März 1994, VIII ZR 246/92, NJW-RR 1994, 880, 881). Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts führte zu der merkwürdigen Konsequenz, daß eine Nichtleistung des Verkäufers dem neuen Gläubiger des Zahlungsanspruchs dann nicht mehr entgegengehalten werden könnte, wenn sich der Verkäufer erst nach der Abtretung dazu entschlossen hat, nicht zu leisten. c)
Nicht zu folgen ist dem Einwand der Revisionserwiderung, dem Kläger sei die
Berufung auf das Zurückbehaltungsrecht verwehrt, weil er auf Käufer und
Verkäuferseite aufgetreten sei und von den Steuerschulden der Verkäuferin
gewußt habe. Abgesehen davon, daß diese Erwägungen zum Teil auf
Tatsachenvortrag gestützt werden, der von dem Berufungsgericht nicht
festgestellt worden ist und daher der Beurteilung durch den Senat nicht
unterliegt, sind sie auch rechtlich nicht haltbar. Selbst wenn der Kläger
Alleingesellschafter der Verkäuferin gewesen sein sollte, obliegt allein
dieser die lastenfreie Übertragung des Grundstücks. Als Käufer kann der
Kläger dies auch dann geltend machen, wenn er wirtschaftlich hinter der
Verkäuferin steht und wenn er zudem weiß, daß Steuerschulden bestehen, die
eine Pfändung befürchten lassen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. |