Gutgläubiger Erwerb von
Miteigentum an einem Grundstück nach § 892 BGB: Erfordernis und
Voraussetzungen eines
"Verkehrsgeschäfts"
BGH, Urt. v. 29. Juni 2007
- V ZR 5/07
Fundstelle:
BGHZ 173, 71
Amtl. Leitsatz:
a) Die
rechtsgeschäftliche Übertragung eines Miteigentumsanteils unter
Miteigentümern ist ein Verkehrsgeschäft. Der Erwerber eines eingetragenen
Miteigentumsanteils wird durch den öffentlichen Glauben des Grundbuchs auch
dann geschützt, wenn er bereits Eigentümer eines anderen Anteils oder als
solcher zu Unrecht im Grundbuch eingetragen ist.
b) Der Erwerb eines weiteren Anteils durch einen Miteigentümer ist auch dann
ein Verkehrsgeschäft, wenn die Miteigentümer das Grundstück gemeinschaftlich
erworben hatten und der erwerbende Miteigentümer bei jenem Erwerbsgeschäft
daher in gleicher Weise wie der veräußernde Miteigentümer von der
Nichtigkeit des Ersterwerbs betroffen war.
Zentrale Probleme:
Ein wunderbarer, klausurmäßiger Fall aus dem Sachenrecht.
Im Mittelpunkt steht die Frage des gutgläubigen Erwerbs eines
Miteigentumsanteils. Zu entscheiden war, ob ein (scheinbarer) Miteigentümer
von dem anderen (scheinbaren) Miteigentümer dessen (scheinbaren)
Miteigentumsanteil nach § 892 BGB gutgläubig erwerben kann, obwohl er an dem
ursprünglichen Erwerbsvorgang durch den (gescheiterten) Erwerb eigenen
Miteigentums beteiligt war. Der Senat bejaht diese sehr str. Frage. Dazu kommen noch kleinere prozessuale Fragen
(Reichweite der Rechtskraft), s. vor allem die fett markierten
Passagen. Zum Erfordernis eines Verkehrsgeschäfts s. auch
BGH v. 8.4.2015 - IV ZR 161/14.
©sl 2007
Tatbestand:
1 Die Beklagte war Eigentümerin zweier Eigentumswohnungen, die auf Blatt und
des Wohnungsgrundbuchs von B. gebucht und jeweils mit einem hälftigen
Miteigentumsanteil an dem Grundstück B. straße in B. verbunden sind. Mit
notariellem Vertrag vom 9. März 2001 verkaufte sie diese Wohnungen unter
gleichzeitiger Auflassung an die Klägerin und deren damaligen Ehemann zu je
hälftigem Miteigentum. Die Klägerin und ihr Ehemann (Erwerber) wurden am 19.
Juni 2001 als Miteigentümer zu je 1/2 auf Blatt und des Wohnungsgrundbuchs
eingetragen.
2 Am 7. Dezember 2001 schlossen die Erwerber einen notariellen Ehe- und
Auseinandersetzungsvertrag, in dem sie den Güterstand der Gütertrennung
vereinbarten, wechselseitig auf Zugewinnausgleich verzichteten und ihren
gemeinsamen Grundbesitz in der Weise auseinandersetzten, dass der Klägerin
die beiden Eigentumswohnungen und ihrem Ehemann ein anderes Grundstück zu
Alleineigentum aufgelassen wurden. Die Klägerin wurde als Alleineigentümerin
der beiden Wohnungen eingetragen.
3 Sie kündigte das mit der Beklagten an einer Wohnung bestehende
Mietverhältnis und erhob Räumungsklage. Diese Klage wurde mit der Begründung
abgewiesen, dass die Beklagte bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages
geschäftsunfähig gewesen und deshalb Eigentümerin der an sie vermieteten
Wohnung geblieben sei.
4 Die Klägerin macht in diesem Rechtsstreit geltend, sie habe ungeachtet der
weiterhin bestrittenen Geschäftsunfähigkeit der Beklagten jedenfalls den
Miteigentumsanteil ihres früheren Ehemanns gutgläubig erworben. Sie hat eine
Klage auf Feststellung ihres Miteigentums erhoben. Das Landgericht hat der
Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit
ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte
ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
5 Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Klägerin habe jedenfalls durch
den Ehe- und Auseinandersetzungsvertrag gutgläubig gemäß § 892 BGB hälftiges
Miteigentum erworben. Die Auseinandersetzung des gemeinsamen Grundbesitzes
sei ein Verkehrsgeschäft. Da Miteigentümer nach Bruchteilen über ihre
Anteile frei verfügen könnten und sich bei einer solchen Verfügung als
unbeteiligte Dritte gegenüberstünden, bestehe kein hinreichender Grund, dem
Erwerb der Klägerin von ihrem Ehemann als weiterem Miteigentümer den
Gutglaubensschutz zu versagen. Auch der Umstand, dass ihr eigener
Miteigentumsanteil im Fall der Geschäftsunfähigkeit der Beklagten in
gleicher Weise von der Unrichtigkeit des Grundbuchs betroffen wäre wie der
von ihrem Ehemann erworbene Anteil, begründe keine wirtschaftliche Identität
zwischen Veräußerer und Erwerber. Der Mangel der Geschäftsfähigkeit wirke
sich vielmehr nur bei der Verfügung der Beklagten aus.
II.
6 Das hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.
7 1. Die Feststellungsklage (§ 256 Abs. 1 ZPO) ist zulässig.
8 a) Die rechtskräftige Abweisung der Räumungsklage steht der auf
Feststellung hälftigen Miteigentums gerichteten Klage nicht entgegen. Die
Annahme, dass die Beklagte Alleineigentümerin der an die Klägerin und ihren
damaligen Ehemann veräußerten Wohnungen geblieben sei, betraf eine Vorfrage
für die damalige Entscheidung. Diese Ausführungen sind nicht in
Rechtskraft erwachsen (vgl. Senat, Urt. v. 13. November 1998, V ZR
29/98, NJW-RR 1999, 376, 377).
9 b) Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, dass ihr Miteigentum
der Beklagten gegenüber festgestellt wird. Sie ist als Alleineigentümerin im
Wohnungsgrundbuch eingetragen und kann die Klärung der von der Beklagten
bestrittenen Eigentumsverhältnisse deshalb nicht mit Hilfe einer
Leistungsklage nach § 894 BGB erreichen (Senat, Urt. v. 17. Juni 2005, V ZR
78/04, NJW 2005, 2983).
10 c) Der Feststellungsantrag ist auch hinreichend bestimmt. Ein
Feststellungsantrag muss das festzustellende Rechtsverhältnis so genau
bezeichnen, dass über dessen Identität und damit über den Umfang der
Rechtskraft des begehrten Feststellungsanspruchs keinerlei Ungewissheit
herrschen kann (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urt. v. 18. Dezember 1987, V ZR
223/85, NJW 1988, 1202 und Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 34/92, NJW-RR 1994,
1272). Das war hier zwar nicht völlig zweifelsfrei, nachdem im Klageantrag
nur eine Wohnung (Blatt) bezeichnet, in der Klagebegründung jedoch die
Feststellung des Miteigentums der Klägerin für beide Wohnungen (Blatt und )
begehrt wurde.
11 Da die Vorinstanzen die gebotenen Hinweise nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO
zur Klarstellung des Klagebegehrens und sachdienlicher Antragstellung
unterlassen haben, hat der Senat die auch noch in der Revisionsinstanz
zulässige Klarstellung der Anträge (vgl. BGHZ 11, 192, 195; Senat, Urt. v.
8. Dezember 1989, V ZR 174/88, NJW 1990, 2068, 2069; Urt. v. 5. Juli 1991, V
ZR 115/90, NJW 1991, 3277) nachgeholt. Nach dem übereinstimmenden Vortrag in
der Revisionsverhandlung ist die Feststellung für beide Wohnungen beantragt.
12 2. Die Feststellungsklage ist auch begründet.
13 Die Klägerin ist jedenfalls nach der Vorschrift über den Schutz des
Erwerbers durch den öffentlichen Glaubens des Grundbuchs (§ 892 Abs. 1 Satz
1 BGB) Eigentümerin des Miteigentumsanteils geworden, der in dem
Wohnungsgrundbuch für ihren damaligen Ehemann eingetragen war und in Vollzug
des Vertrages zwischen den Eheleuten zur Aufteilung ihres Grundbesitzes auf
sie umgeschrieben wurde. Das Berufungsgericht konnte daher die zwischen
den Parteien streitige Frage dahinstehen lassen, ob die Beklagte bei der
vorangegangenen Veräußerung des Wohnungseigentums an die Klägerin und ihren
damaligen Ehemann geschäftsunfähig war und ihre Vertragserklärungen daher
gem. § 105 Abs. 1 BGB nichtig waren.
14 a) Die in § 892 Abs. 1 BGB bestimmten Voraussetzungen für einen
gutgläubigen Erwerb der Klägerin sind erfüllt. Ihr früherer Ehemann war im
Grundbuch als hälftiger Miteigentümer eingetragen. Die Klägerin hat den
Anteil ihres Ehemanns durch Rechtsgeschäft erworben. Miteigentumsanteile an
Grundstücken werden wie das Eigentum am Grundstück nach §§ 873 Abs. 1, 925
Abs. 1 Satz 1 BGB durch Auflassung und Eintragung des Erwerbers in das
Grundbuch übereignet (so schon RG WarnRspr 1925, Nr. 19). Hier wurde die
Auflassung in dem notariellen Ehe- und Auseinandersetzungsvertrag erklärt;
die Rechtsänderung wurde in das Grundbuch eingetragen. Ein Widerspruch
gegen die Richtigkeit der Eintragung des Veräußerers war nicht eingetragen;
die Unrichtigkeit des Grundbuchs war der Klägerin nach den Feststellungen
des Berufungsgerichts auch nicht bekannt.
15 b) Die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen. Sie macht lediglich
geltend, die Übertragung der von einem Geschäftsunfähigen erworbenen
Miteigentumsanteile sei kein Verkehrsgeschäft. Der Erwerbsvorgang werde
daher nicht von § 892 Abs. 1 BGB erfasst. Das müsse insbesondere für die
Auseinandersetzung zwischen Ehegatten gelten, die das Miteigentum zum Zweck
der gemeinsamen Vermögensbildung erworben haben. Damit hat sie indes keinen
Erfolg.
16 aa) In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, ob ein
Verkehrsgeschäft vorliegt, wenn jemand, der – zu Recht oder zu Unrecht – als
Miteigentümer nach Bruchteilen (§§ 1008 ff., 741 ff. BGB) im Grundbuch
eingetragen ist, einen anderen Miteigentumsanteil erwirbt und diesen nach §
892 Abs. 1 BGB gutgläubig erwerben kann.
17 (1) Nach in der Rechtsprechung (KG [9. Zivilsenat], HRR 1927, Nr. 1325;
OLG Stuttgart, WürttZ 1927, 181, 182) und in der Literatur überwiegend
vertretener Auffassung (Staudinger/Langhein [2001], § 747 Rdn. 27 f., 70;
Staudin-ger/Gursky [2002], § 892 Rdn. 114 ff.; MünchKomm-BGB/Schmidt, 4.
Aufl., § 747 Rdn. 19; RGRK/Augustin, 12. Aufl., § 892 Rdn. 10; RGRK/Pikart,
aaO, § 1008 Rdn. 35; AnwKomm-BGB/Krause, § 892 Rdn. 45; Erman/Lorenz, BGB,
11. Aufl., § 892 Rdn. 20; Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 892 Rdn. 8;
Schreiber/Jurgeleit, Immobilienrecht, 2. Aufl., Kapitel 8 Rdn. 66; Krauel,
Die Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über den
Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten beim Miteigentum, S. 38; Reeb, Die
Tatbestände der sogenannten Nichtverkehrsgeschäfte, S. 24 f.; Tiedtke,
Gutgläubiger Erwerb, S. 90 f.; Fritsch, JherJb 82 [1932], 253, 276;
Heinsheimer, Gruchot 72 (1932), 174, 181 f.; Lutter, AcP 164 [1964], 123,
162 f.; Koller, JZ 1972, 646, 648; Schreiner, NJW 1978, 921, 924; im
Ergebnis ebenso: Hager, Verkehrsschutz durch redlichen Erwerb, S. 164 ff.;
Wittkowski, Die Lehre vom Verkehrsgeschäft, S. 149 ff.) erstreckt sich der
Schutz des § 892 Abs. 1 BGB auch auf die Anteilsübertragung unter
Miteigentümern.
18 (2) Dem steht die Ansicht gegenüber, die die Anwendung dieser Vorschrift
auf solche Anteilsübertragungen insgesamt ablehnt (Soergel/Hadding, BGB, 11.
Aufl., § 747 Rdn. 3; Soergel/Stürner, BGB [2002], § 892 Rdn. 24; PWW/Huhn,
BGB, § 892 Rdn. 9; Sternberg, JW 1930, 836 f.; v. Mangoldt, AcP 134 [1931],
81, 89).
19 (3) Nach einer dritten Ansicht ist § 892 Abs. 1 BGB auf die Übertragung
von Anteilen zwischen Miteigentümern dann nicht anzuwenden, wenn das
Miteigentum des Veräußerers und des Erwerbers in gleicher Weise von der
Unrichtigkeit des Grundbuchs betroffen sind (KG [1. Zivilsenat], JW 1927,
2521 f. und HRR 1928, Nr. 1833; BayObLG, BayZ 1927, 364 m. abl. Anm.
Meyerowitz, JW 1928, 522 f.; OLG Köln, LZ 1930, 1128; MünchKomm-BGB/Wacke,
aaO, § 892 Rdn. 41; Planck/Strecker, BGB, 5. Aufl. § 892 Anm. II 1 e; Wolff/Raiser,
Sachenrecht, 10. Aufl., § 45 Fn. 19; Harder, Der öffentliche Glaube des
Grundbuchs im Aufwertungsrecht, S. 113 f.).
20 Der Senat entscheidet die Streitfrage im Sinne der jedenfalls im
Schrifttum herrschenden Meinung.
21 bb) § 892 Abs. 1 BGB ist auf den rechtsgeschäftlichen Erwerb von Anteilen
an einem Grundstück (§ 1008 BGB) unter Miteigentümern anzuwenden. Der
Erwerber eines eingetragenen Miteigentumsanteils wird durch den öffentlichen
Glauben des Grundbuchs auch dann geschützt, wenn er bereits Eigentümer eines
anderen Anteils ist oder als solcher zu Unrecht im Grundbuch eingetragen
ist. Auch dieser Erwerb ist ein Verkehrsgeschäft.
22 (1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt der
gutgläubige Erwerb nach § 892 BGB ein Verkehrsgeschäft voraus (Senat, Urt.
v. 27. November 1998, V ZR 180/97, WM 1999, 746, 748; Urt. v. 5. Mai 2006, V
ZR 236/05, NJW-RR 2006, 1242, 1245; ebenso die herrschende Lehre; vgl.
etwa Staudinger/Gursky, aaO, § 892 Rdn. 90 ff.; MünchKomm-BGB/Wacke, aaO, §
892 Rdn. 38 ff. und Soergel/Stürner, aaO, § 892 Rdn. 21 ff.; a.A. Hager,
aaO, S. 118 ff. und Wittkowski, aaO, S. 121 ff.). Daran fehlt es, wenn
Veräußerer und Erwerber rechtlich oder wirtschaftlich identisch sind (Senat,
Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, WM 1998, 1832, 1835), also etwa bei
einer Veräußerung zwischen personenidentischen Gesellschaften (BGH, Urt. v.
2. April 1998, IX ZR 232/96, NJW-RR 1998, 1057, 1058), von der Mutter- auf
die Tochtergesellschaft (BGH, Urt. v. 23. Mai 1989, XI ZR 82/88, NJW-RR
1989, 1207) oder von dem Alleingesellschafter auf die Gesellschaft (Senat,
Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, WM 1998, 1832, 1835), aber auch bei der
Übertragung von Ge-samthandsvermögen auf einen oder mehrere Gesamthänder
(Senat, BGHZ 30, 255, 256), etwa im Rahmen einer Erbauseinandersetzung (BGH,
Urt. v. 13. Dezember 2000, IV ZR 239/99, NJW 2001, 1069). Umgekehrt liegt
immer dann ein Verkehrsgeschäft vor, wenn auf Erwerberseite mindestens eine
Person beteiligt ist, die nicht zu den Veräußerern gehört (vgl. etwa Senat,
Urt. v. 26. Januar 1996, V ZR 212/94, WM 1996, 1190, 1192).
23 Das ungeschriebene Merkmal des Verkehrsgeschäftes ergibt sich aus
dem Normzweck des § 892 Abs. 1 BGB, der den Verkehr mit Grundstücken in dem
Vertrauen auf die Verlässlichkeit des Grundbuchs schützen soll. § 892 BGB
dient nicht dazu, dass sich der Nichtberechtigte das zu Unrecht gebuchte
Recht selbst verschafft, sondern ermöglicht den rechtsgeschäftlichen Erwerb
durch einen Dritten (vgl. etwa BGH, Urt. v. 2. April 1998, aaO; Staudinger/Gursky,
aaO, § 892 Rdn. 91 f.; MünchKomm-BGB/Wacke, aaO, § 892 Rdn. 38; Lutter, aaO,
159 ff.; insoweit übereinstimmend auch Wittkowski, aaO, S. 67 ff.). Dass der
Erwerber ein von dem Veräußerer verschiedener Dritter sein muss, wird
bereits durch den Wortlaut der Vorschrift nahegelegt (Staudin-ger/Gursky,
aaO, § 892 Rdn. 91; Lutter, aaO, 159) und durch die Verweisung in § 893 BGB
bestätigt (MünchKomm-BGB/Wacke, aaO, § 892 Rdn. 38; Wittkowski, aaO, S. 75 f.). Dieses Erfordernis entspricht auch den Vorstellungen
des Gesetzgebers (dazu eingehend Wittkowski, aaO, S. 72 ff.) und vor allem
dem auf den Schutz des Rechtsverkehrs beschränkten Zweck der Vorschrift (Staudinger/Gursky,
aaO, § 892 Rdn. 91 f.; Lutter, aaO, S. 159; Wittkowski, aaO, S. 69 ff.,
jeweils m.w.N.).
24 (2) Gemessen daran wird die Übertragung eines Miteigentumsanteils unter Miteigentümern als Verkehrsgeschäft von § 892 BGB erfasst. Denn das
Miteigentum begründet keine rechtliche oder wirtschaftliche Identität
zwischen Veräußerer und Erwerber (RGRK/Augustin, aaO, § 892 Rdn. 10;
Schrei-ber/Jurgeleit, aaO, Rdn. 66; Meyerowitz, aaO, 523; Lutter, aaO, 162),
und der Erwerber ist - anders als bei der Übertragung von
Gesamthandsvermögen auf einen Gesamthänder - auch nicht auf Seiten des
Veräußerers an der Verfügung beteiligt (Schreiber/Jurgeleit, aaO; Reeb, aaO,
S. 25; Koller, aaO, 648; vgl. auch Heinsheimer, aaO, 182). Die Miteigentümer
stehen sich vielmehr als Dritte gegenüber (KG [9. Zivilsenat], HRR 1927, Nr.
1325; OLG Stuttgart, WürttZ 1927, 181, 182; AnwKomm-BGB/Krause, § 892 Rdn.
45; Erman/Lorenz, aaO, § 892 Rdn. 20). Denn gemäß § 747 Satz 1 BGB kann
jeder Miteigentümer ohne Mitwirkung der anderen Gemeinschafter über seinen
Anteil verfügen. Der einzelne Miteigentumsanteil wird so zu einem
selbständigen Gegenstand des Rechtsverkehrs, dessen rechtliches Schicksal
von dem der übrigen Anteile unabhängig ist (Staudinger/Gursky, aaO, § 892
Rdn. 114; Koller, aaO, 648; Heinsheimer, aaO, 182). Das hat zur Folge, dass
ein Miteigentümer bei dem Erwerb weiterer Anteile denselben Gefahren
ausgesetzt und damit ebenso schutzbedürftig ist wie ein außenstehender
Dritter (vgl. Staudinger/Langhein, aaO, § 747 Rdn. 27; AnwKomm-BGB/Krause, §
892 Rdn. 45; Reeb, aaO, S. 25; Tiedtke, aaO, S. 91).
25 (3) Die Möglichkeit, gutgläubig einen gebuchten Miteigentumsanteil zu
erwerben, kann man für Miteigentümer auch nicht mit der Erwägung
ausschließen, dass diese die Richtigkeit des Grundbuchs übereinstimmend als
Geschäftsgrundlage ihres Erwerbsgeschäfts voraussetzen (so aber
MünchKomm-BGB/Wacke, aaO, § 892 Rdn. 41). Das rechtfertigt keine
Sonderbehandlung des Erwerbs durch einen Miteigentümer, weil jeder
gutgläubige Erwerber bei dem Abschluss des dinglichen Geschäfts mit dem
Eingetragenen davon ausgeht, dass das Grundbuch richtig ist. Die Vorstellung
des Erwerbers, dass das Grundbuch richtig ist, kann deshalb nicht zur
Geschäftsgrundlage des Rechtsgeschäfts bestimmt werden. Das führte nämlich
zu einer Aushöhlung des Instituts des redlichen Erwerbs, die mit dem von §
892 Abs. 1 BGB bezweckten Verkehrsschutz unvereinbar wäre (so zutreffend
Hager, aaO, S. 164 f. und Wittkowski, aaO, S. 149 f.).
26 cc) Der Erwerb eines weiteren Anteils durch einen Miteigentümer ist auch
dann ein Verkehrsgeschäft, wenn die Miteigentümer das Grundstück
gemeinschaftlich erworben hatten und der erwerbende Miteigentümer bei jenem
Erwerbsgeschäft in gleicher Weise wie der veräußernde Miteigentümer von der
Nichtigkeit des Ersterwerbs betroffen war.
27 (1) Der von der Revision vertretene gegenteilige Standpunkt, dass es an
dem von den Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb vorausgesetzten
Schutzbedürfnis des Erwerbers fehle, wenn er bereits vor der Veräußerung an
ihn von dem Mangel im Recht betroffen gewesen sei, entspricht allerdings
einer in der Rechtsprechung (KG DNotV 1927, 412, 414; BayObLG JW 1927, 522,
523; OLG Köln LZ 1930 Sp. 1128) und auch im Schrifttum (Sternberg, JW 1930,
836, 837; von Mangoldt, AcP 134 [1931], 81, 90; Münch-Komm/Wacke, aaO, §
892, Rdn. 38; Soergel/Stürner, aaO, § 892, Rdn. 21) teilweise vertretenen
Ansicht. Der Ausschluss dieser Fälle aus dem Anwendungsbereich des
§ 892 BGB wird damit begründet, dass der an dem vorangegangenen unwirksamen
Erwerbsgeschäft beteiligte Miteigentümer dem Gegenstand des
Veräußerungsgeschäftes nicht wie ein Dritter fern stehe und auf den
Informationsgehalt des Grundbuchs nicht angewiesen sei. Dieses Argument ist
auch vom Reichsgericht ergänzend herangezogen worden, um den Ausschluss des
gutgläubigen Erwerbs für die Fälle zu begründen, in denen der Erwerber auf
Grund gesamthänderischer Bindung des auf ihn zu übertragenden Gegenstands
oder auf Grund gesetzlicher Anordnung auch auf der Veräußererseite mitwirken
musste (RGZ 117, 257, 265; 129, 119, 121) oder die Veräußerung einer
rechtsgeschäftlichen Regelung der Erbfolge diente (RGZ 123, 52, 56; 136,
148, 150).
28 (2) Dieser Ansicht tritt der Senat nicht bei. Der gutgläubige Erwerb
eines anderen Miteigentumsanteiles durch einen Miteigentümer nach § 892 BGB
kann weder wegen dessen Beteiligung an dem vorangegangenen nichtigen
Erwerbsgeschäft noch unter Hinweis auf eine verminderte Schutzbedürftigkeit
dieses Miteigentümers in Bezug auf die Richtigkeit des Grundbuchs bei dem
nachfolgenden Erwerbsgeschäft ausgeschlossen werden.
29 (a) Die von der Revision vertretene Ansicht führte dazu, dass bei dem
gemeinschaftlichen Erwerb durch mehrere Miteigentümer die auf dem Mangel des
ersten Übertragungsgeschäfts beruhende Nichtigkeit bei einem Zweiterwerb mit
dem Eingetragenen zu Lasten des Erwerbers fortwirkte. Das ist jedoch mit der
Rechtsfolge des § 892 Abs. 1 BGB unvereinbar, wonach zugunsten des Erwerbers
der Inhalt des Grundbuches als richtig gilt. Der durch die Eintragung
begründete öffentliche Glaube erstreckt sich zwar nicht auf die Mängel des
Übertragungsgeschäfts selbst (RGZ 69, 263, 268; 88, 83, 89; 128, 276, 279;
Senat, BGHZ 47, 266, 270), er gilt jedoch für die Eintragung des Rechts, so
dass ein Zweiterwerber auch ein nicht wirksam begründetes Recht gutgläubig
erwerben kann (RGZ 69, 263, 268; 88, 83, 89; 128, 276, 279). Für den
öffentlichen Glauben des Grundbuchs kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen
das erste Übertragungsgeschäft unwirksam war. Auch der Schutz eines
geschäftsunfähigen Berechtigten durch die Unwirksamkeit des ersten
Übertragungsgeschäfts gem. § 105 Abs. 1 BGB tritt zurück, wenn es auf Grund
der Eintragung zu einem weiteren Erwerbsgeschäft kommt.
30 Der Schutz des guten Glaubens nach § 892 Abs. 1 BGB beruht bei dem
"Zweiterwerb" eines Miteigentumsanteils auf dem Rechtsschein, der durch die
Buchung des für den Veräußerer eingetragenen Miteigentumsanteils erzeugt
wird (Lutter, AcP 164 [1964], 122, 162). Die Grundlage für den
Verkehrsschutz aus § 892 Abs. 1 BGB ist bei dem zweiten Erwerbsgeschäft die
Eintragung des Anteils, der Gegenstand des Erwerbsgeschäfts ist. Daher ist
auch bei einem Erwerb durch einen Miteigentümer kein hinreichender Grund
dafür erkennbar, diesem den Verkehrsschutz mit der Begründung zu versagen,
dass er bereits den für ihn gebuchten Miteigentumsanteil nicht wirksam
erworben habe (vgl. Hager, aaO, S. 165; Lutter, aaO; Staudinger/Gursky, aaO,
§ 892, Rdn 114; MünchKomm-BGB/K. Schmidt, § 747 Rdn. 19; Wittkowski, aaO, S.
152).
31 (b) Ein Verkehrsgeschäft kann für diese Fallgruppe auch nicht mit der
Erwägung verneint werden, dass der erwerbende Miteigentümer, der in Bezug
auf seinen Anteil von demselben Mangel betroffen sei, wegen der Nähe zum
vorangegangenen Erwerb des Veräußerers des Schutzes durch die Eintragung im
Grundbuch nicht bedürfe.
32 Diese Begründung trägt deshalb nicht, weil der Schutz des Erwerbers nach
§ 892 Abs. 1 BGB nicht auf dem konkreten Vertrauen auf die Buchlage, sondern
auf der Verlässlichkeit der amtlichen Verlautbarung beruht (vgl. Boehmer,
JZ 1952, 574; Lutter, AcP 164 [1964], 122, 123; Staudiner/Gursky, aaO, Rdn.
6). Der Erwerber wird durch die (unrichtige) Eintragung selbst dann geschützt, wenn er den Inhalt des Grundbuchs überhaupt nicht zur Kenntnis
genommen hat. Nur die positive Kenntnis des Erwerbers von der Unrichtigkeit
der Eintragung schadet ihm.
33 Vor diesem Hintergrund wäre es nur dann gerechtfertigt, den Anteilserwerb
durch denjenigen Miteigentümer, der an einem unwirksamen vorangegangen
gemeinschaftlichen Erwerbsgeschäft beteiligt war, vom Schutz des § 892 Abs.
1 BGB auszuschließen, wenn ein Erwerber aus der Kenntnis der Tatsachen auch
stets zu der rechtlich richtigen Schlussfolgerung gelangen müsste, dass die
Eintragung des veräußernden Miteigentümers unrichtig ist. Davon kann indes
nicht ausgegangen werden. Die auf die mangelnde Schutzbedürftigkeit des
erwerbenden Miteigentümers gestützten Erwägungen führten damit zu einem mit
§ 892 Abs. 1 BGB nicht vereinbaren pauschalen Ausschluss des
Verkehrsschutzes in einer Fallgruppe, in der die Erwerber die Unrichtigkeit
der Eintragung nach den ihnen bekannten Umständen hätten erkennen können.
Das ist im Schrifttum zu Recht als eine Verschiebung der Grenzen in § 891
Satz 1 BGB auf Fälle fahrlässiger Unkenntnis von der Unrichtigkeit des
Grundbuchs kritisiert worden (Hager, aaO, S. 119 f.; Lutter, aaO, S. 162;
Koller, JZ 1973, 646, 648; Reeb, aaO, S. 13 f.).
34 dd) Einem gutgläubigen Erwerb der Klägerin steht schließlich auch nicht
der Umstand entgegen, dass sie den Miteigentumsanteil auf Grund einer
Vereinbarung mit ihrem Ehemann zur Aufteilung des während der Ehezeit
gemeinsam erworbenen Grundbesitzes erworben hat.
35 (1) Zu Unrecht wirft die Revision dem Berufungsgericht vor, den
wirtschaftlichen Zweck eines gemeinsamen Erwerbs durch Eheleute missachtet
zu haben, welcher der Vermögensbildung beider Ehegatten diene. Das mag in
der Regel zutreffen, rechtfertigt jedoch nicht, die Übertragung eines
Miteigentumsanteiles zwischen Ehegatten anders als zwischen anderen Miteigentümern zu
behandeln. Im gesetzlichen Güterstand sind die Miteigentumsanteile Eigentum
jedes der beiden Ehegatten. Ein Ehegatte ist weder Treuhänder noch Strohmann
des anderen und nicht in anderer Form am Miteigentumsanteil des anderen
beteiligt, so dass auch kein Fall sog. wirtschaftlicher Identität vorliegt,
der einem Verkehrsgeschäft entgegenstünde (vgl. dazu Jauernig, BGB, 12.
Aufl., § 892, Rdn. 10; juris-PK-BGB/Toussaint, [2007], § 892, Rdn. 33;
Pa-landt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 892 Rdn. 7; Staudinger/Gursky, aaO,
Rdn. 10).
36 (2) Die Unterscheidung zwischen der Auseinandersetzung eines zur gesamten Hand erworbenen Grundstücks und der Übertragung eines
Miteigentumsanteils ist auch bei der Aufteilung des Vermögens durch
Ehegatten anlässlich der Scheidung nicht rein formalistisch, wie die
Revision meint. Sie übersieht, dass die Unterschiede in den
Eigentumsverhältnissen an den von den Ehegatten erworbenen
Eigentumswohnungen nicht zufällig sind, sondern auf der von den Ehegatten
gewählten Form der Vermögensbildung beruhen. Die Ehegatten haben die Wahl,
entweder rechtlich selbständige Miteigentumsanteile zu erwerben oder durch
Ehevertrag eine Gütergemeinschaft zu vereinbaren und so eine
gesamthänderische Bindung nach § 1419 BGB herbeizuführen. Aus dieser
Entscheidung ergeben sich die sachenrechtlichen Unterschiede, wenn sich die
Ehegatten anlässlich ihrer Trennung auseinandersetzen. Bei einer
Gütergemeinschaft kann Alleineigentum eines Ehegatten nur durch eine
gemeinschaftliche Verfügung beider Ehegatten erreicht werden, so dass ein
gutgläubiger Erwerb ausscheidet. Bei einem Miteigentum nach Bruchteilen
genügt dagegen die von § 892 BGB erfasste Übertragung eines Anteils. Die von
der Revision erstrebte Gleichbehandlung der Auseinandersetzung von
Gesamthandsvermögen und der Übertragung von Miteigentumsanteilen beseitigte die den Ehegatten nach dem Gesetz zustehenden Wahlmöglichkeiten, wofür
es indes keine Grundlage gibt.
III.
37 1. Die Revision ist danach zurückzuweisen. Der die Feststellung
aussprechende Tenor war allerdings entsprechend der im Revisionsverfahren
erfolgten Klarstellung des Antrags dahin zu berichtigen, dass hälftiges
Miteigentum der Klägerin an dem auf Blatt und Blatt des Grundbuchs von B.,
Amtsgericht Ludwigshafen, gebuchten Wohnungseigentumseinheiten feststellt
wird.
38 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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