Voraussetzungen und Grenzen der analogen
Anwendung von § 906 II BGB für faktisch duldungspflichtige Einwirkungen von
einem Grundstück; Fahrlässigkeitsbegriff im Rahmen von § 823 I BGB; Haftung
aus § 831 BGB: Keine Haftung für den Verrichtungsgehilfen bei
verkehrsrichtigem Verhalten
BGH, Urteil vom 5. Juli 2019 - V ZR
96/18 - OLG Köln
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Ein Bauschutt recycelndes
Unternehmen verstößt nicht gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, wenn
in seinem Betrieb Betonteile, die nicht bekanntermaßen aus einer
Abbruchmaßnahme stammen, bei der mit Bomben im Beton gerechnet werden muss,
vor ihrer Zerkleinerung nicht unter Einsatz technischer Mittel
auf Explosivkörper untersucht werden. b) Wer die
Beeinträchtigung seines Nachbarn durch eine eigene Handlung verursacht, ist
Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB. Seine Qualifikation als Störer hängt,
anders als bei einem mittelbaren Störer und beim Zustandsstörer, nicht von
dem Vorliegen entsprechender Sachgründe dafür ab, ihm die Verantwortung für
das Geschehen aufzuerlegen. c) Beschäftigte können selbst unmittelbarer
Handlungsstörer nur sein, wenn ihnen ein eigener Entschließungsspielraum mit
entsprechendem Verantwortungsbereich verbleibt, aber nicht, wenn sie
weisungsgebunden sind. d) Die Regelung in § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist auf
Beeinträchtigungen nicht entsprechend anwendbar, die durch die -
unverschuldete - Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg
verursacht werden.
Zentrale Probleme:
Eine sehr gehaltvolle und lehrreiche Entscheidung sowohl
zum Deliktsrecht als auch - insbesondere zum nachbarrechtlichen
Ausgleichsanspruch analog § 906 II: Es geht um den Ersatzanspruch des
Eigentümer eines wegen einer Explosion auf dem Grundstück beschädigten
Hauses. Wenn es hier - wie häufig - an einem Verschulden des Hauseigentümers
fehlt, kann es nicht zu einem Schadensersatzanspruch nach § 823 I BGB
kommen. Hier hilft eine analoge Anwendung von § 906 Abs. 2 S. 2 BGB: Die Rechtsprechung erkennt einen
(verschuldensunabhängigen!) nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog §
906 II 2 BGB bei Schäden an, die ein Nachbar durch Einwirkungen des
Nachbargrundstücks erleidet, die an sich nicht duldungspflichtig sind, die
er aber faktisch nicht abwehren kann (s. dazu etwa
BGH NJW 2004, 603;
BGH NJW 2004, 775;
BGH v. 1.2.2008 - V ZR 47/07
und BGH, Urteil vom 9. Februar
2018 - V ZR 311/16). Störer ist dabei nach § 1004 Abs. 1 BGB der Eigentümer oder Besitzer, wenn
die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks wenigstens mittelbar auf den
dessen Willen zurückgeht. Für einen
unselbständigen Gehilfen kann er sich dann nicht (wie zB im Rahmen von § 831
BGB) ekulpieren, er bleibt selbst (unmittelbarer) Handlungsstörer.
Allerdings verneingt der Senat hier die entsprechende Anwendung von § 906 II
wegen der Besonderheit, dass es sich hier um die Explosion einer
Weltkriegsbombe handelte. Dieses Risiko ist dem Beklagten nicht in höherem
Maße zuzurechnen als dem Kläger. Weiter werden die Voraussetzung von
Fahrlässigkeit erörtert ein Besonderheit der Haftung aus § 831 BGB.
Normalerweise verlangt diese Eigenhaftung für vermutetes Auswahl- und
Überwachungsverschulden bzgl. eines Verrichtungsgehilfen nur rechtswidriges,
nicht aber schuldhaftes Verhalten des Verrichtungsgehiilfen (weil die Norm -
anders als § 278 BGB - keine Zurechnungsnorm ist!). Hat der
Verrichtungsgehilfe sich aber verkehrsrichtig verhalten, also keine
Verkehrssicherungspflicht verletzt,
scheidet eine Haftung nach § 831 BGB aus.
©sl 2019
Tatbestand:
1 Die Beklagte zu 2
ist Miteigentümerin eines Grundstücks, auf dem der Beklagte zu 1 ein
Recyclingunternehmen für Bauschutt betreibt. Der angelieferte
Bauschutt wird dort zunächst sortiert. Große Betonteile, die nicht in die
vorhandene Schreddermaschine passen, werden mit einem Zangenbagger
zuvor zerkleinert. Im Jahr 2014 begann ein Mitarbeiter des
Beklagten zu 1, mit dem Bagger ein größeres Betonteil zu zerkleinern.
Dabei detonierte eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg, die in das
Betonteil einbetoniert war. Auf Grund der Explosion entstanden an Gebäuden
auf benachbarten Grundstücken Schäden, welche die Klägerin als
Gebäudeversicherin reguliert hat.
2 Die Klägerin
macht aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer gegen den Beklagten
zu 1 Ansprüche aus unerlaubter Handlung und nachbarrechtliche
Ausgleichsansprüche in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB
geltend. Von der Beklagten zu 2 verlangt sie im Wege der
Stufenklage Auskunft über die Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses mit
dem Beklagten zu 1 und - ebenfalls aus übergegangenem Recht ihrer
Versicherungsnehmer - auf der Grundlage nachbarrechtlicher
Ausgleichsansprüche eine noch zu beziffernde Entschädigung.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die
hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem
Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten
beantragen, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
A.
3 Das Berufungsgericht,
dessen im Wesentlichen inhaltsgleiche Entscheidung über Ansprüche anderer
Geschädigter in NJOZ 2016, 681 veröffentlicht ist, verneint Ansprüche aus
Delikt. Der Beklagte zu 1 habe Verkehrssicherungspflichten nicht verletzt.
Die Unfallverhütungsvorschrift BGV D 23 schreibe eine Prüfung auf
Sprengkörper nur für den Umgang mit Schrott vor, nicht für den Umgang mit
Beton. Auch die Voraussetzungen eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs
lägen nicht vor. Der beeinträchtigenden Handlung fehle es an dem
erforderlichen Grundstücksbezug. Für die auf dem Grundstück typischerweise
vorgenommenen Arbeiten sei die Explosion nicht risikospezifisch, da
Zerkleinerungsarbeiten in der Regel risikolos seien. Die Handlung, die
zum Schadenseintritt geführt habe, hätte genauso gut an anderer Stelle
vorgenommen werden können. Dass die Explosion bei dem Beklagten zu 1 erfolgt
sei, beruhe auf Zufall. Der Beklagte zu 1 sei auch nicht als Störer
anzusehen. Ihn habe keine Sicherungspflicht getroffen, mögliche
Beeinträchtigungen zu verhindern, denn erfahrungsgemäß enthalte Bauschutt
keine Bomben. Das Geschehen sei einem Naturereignis vergleichbar. Der gegen
die Beklagte zu 2 erhobene Auskunftsanspruch bestehe bereits mangels Haftung
entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht.
B.
4 Die
Revision hat keinen Erfolg.
5 I. Zulässigkeit der
Revision ....(wird ausgeführt)
9 II. Begründetheit der Revision
10 Das Rechtsmittel der Klägerin ist unbegründet.
11 Zu den
Zahlungsansprüchen gegen den Beklagten zu 1:
12 Im Ergebnis
zutreffend verneint das Berufungsgericht Ansprüche der von ihr entschädigten
Nachbarn, die nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf die Klägerin übergegangen
wären. Der Beklagte zu 1 ist weder aus unerlaubter Handlung noch
entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB verpflichtet, den Versicherungsnehmern
der Klägerin die aus dem Explosionsereignis entstandenen Schäden zu ersetzen
oder sie für diese Schäden zu entschädigen. Damit entfällt
auch eine Verpflichtung zum Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten.
13 1. Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht einen
Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 308 Abs. 1 u.
Abs. 6 StGB.
14 a) Eine Haftung auf Schadensersatz gemäß §
823 Abs. 1 BGB setzt - ebenso wie eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m.
§ 308 Abs. 1 u. Abs. 6 StGB - zumindest fahrlässiges Verhalten
voraus. Fahrlässig handelt nach der auch für die Ausfüllung des
Begriffs der Fahrlässigkeit in § 823 BGB heranzuziehenden Regelung in § 276
Abs. 2 BGB, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
Danach ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, zwar grundsätzlich
verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um
eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Zu berücksichtigen ist
jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann.
Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine
Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben
nicht erreichbar. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines
Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Der im Verkehr
erforderlichen Sorgfalt ist genügt, wenn derjenige Sicherheitsgrad erreicht
ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung
für erforderlich hält. Daher reicht es aus, diejenigen
Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger,
vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise
für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und
die den Umständen nach zuzumuten sind (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil
vom 25. Februar 2014 - VI ZR 299/13, VersR 2014, 642 Rn. 8 f. mwN).
Sicherungsmaßnahmen sind umso eher zumutbar, je größer die Gefahr und die
Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung sind (vgl. BGH, Urteil vom 31.
Oktober 2006 - VI ZR 223/05, VersR 2007, 72 Rn. 11 mwN).
15 b) An
einer für die eingetretenen Schäden ursächlichen Verletzung
einer Verkehrssicherungspflicht durch den Beklagten zu 1 fehlt es.
16
aa) Ob vor der Zerkleinerung von Betonteilen eine Sichtprüfung auf
Explosivkörper zu fordern und dem Beklagten zu 1 diesbezüglich ein
Organisationsverschulden anzulasten ist, kann dahinstehen, da nach der
Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, die von der Revision nicht
angegriffen wird und auch keine Rechtsfehler erkennen lässt, davon
auszugehen ist, dass die von Beton umschlossene Bombe von außen
nicht erkennbar war. Eine möglicherweise unzureichende Anweisung
des Beklagten zu 1 in Bezug auf eine Sichtprüfung von Betonteilen wäre für
die Explosion der Bombe daher nicht kausal gewesen, da sich die Bombe nicht
durch eine Sichtprüfung des Betonteils hätte auffinden lassen.
17 bb)
Zu Recht verlangt das Berufungsgericht von dem Beklagten zu 1 keine
weitergehenden Sicherheitsvorkehrungen. Ein Bauschutt recycelndes
Unternehmen verstößt nicht gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, wenn
in seinem Betrieb Betonteile, die nicht bekanntermaßen aus einer
Abbruchmaßnahme stammen, bei der mit Bomben im Beton gerechnet werden muss,
vor ihrer Zerkleinerung nicht unter Einsatz technischer Mittel auf
Explosivkörper untersucht werden.
18 (1) Eine solche Pflicht
zur Untersuchung von Betonteilen ergibt sich insbesondere nicht aus der
Unfallverhütungsvorschrift BGV D 23 „Sprengkörper und Hohlkörper im Schrott“
der Berufsgenossenschaft Metall vom 1. April 1978 in der Fassung vom 1.
April 1982, nach deren § 2 Abs. 2 Satz 1 der Unternehmer dafür zu sorgen
hat, dass beim Umgang mit Schrott geprüft wird, ob dieser Sprengkörper
enthält. Zwar können die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung
erlassenen Unfallverhütungsvorschriften regelmäßig zur Feststellung von
Inhalt und Umfang bestehender Verkehrssicherungspflichten herangezogen
werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - III ZR 86/08, BGHZ 181, 65 Rn.
13 mwN). Zu berücksichtigen ist aber, dass die Unfallverhütungsvorschriften
die in einem bestimmten Gewerbe gemachten Berufserfahrungen abbilden und
dass sie Ausdruck einer Erfahrung über die Gefährlichkeit bestimmter, dort
typischer Handlungsweisen sind (vgl. BGH, Urteile vom 9. November 1971 - VI
ZR 58/70, VersR 1972, 149, vom 25. Januar 1983 -VI ZR 92/81, NJW 1983, 1380
und vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02, NJW-RR 2003, 1459, 1460 jeweils mwN).
Metallschrott enthält häufig Explosivkörper (vgl. BGH, Urteil vom 11.
November 1953 - II ZR 242/52, juris Rn. 10 f. [insoweit in BGHZ 11, 63 nicht
abgedruckt]; OLG Düsseldorf, OLGR 2000, 194, 195). Auf diese typische
Gefährlichkeit beim Umgang mit Metallschrott beziehen sich die
Sorgfaltsanforderungen in § 2 Abs. 2 Satz 1 der Unfallverhütungsvorschrift
BGV D 23. Detonationen bei der Zerkleinerung von Betonteilen zählen dagegen
nicht zu den typischen Gefahren in einem Bauschutt recycelnden Unternehmen.
§ 2 Abs. 2 Satz 1 der genannten Unfallverhütungsvorschrift kann zur
Feststellung von Inhalt und Umfang der für den Beklagten zu 1 bestehenden
Verkehrssicherungspflichten daher nicht herangezogen werden.
19 (2)
Eine Pflicht, Betonteile unter Einsatz technischer Mittel auf
Explosivkörper zu untersuchen, ergibt sich auch nicht aus den genannten
allgemeinen Anforderungen an die von einem Unternehmer in der Situation des
Beklagten zu 1 zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen. Angesichts
der sehr geringen Wahrscheinlichkeit von Bomben in zu recycelnden
Betonteilen ist auch von einem verständigen, umsichtigen, vorsichtigen und
gewissenhaften Betreiber eines Bauschutt recycelnden Unternehmens eine
generelle Untersuchung dieser Stoffe auf Explosivkörper nicht zu verlangen.
Zudem ließe sich, wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt (vgl. auch
schon sein Urteil in NJOZ 2016, 681, 684), der mit einer solchen
Untersuchung angestrebte Zweck, eine Gefährdung der Bevölkerung zu
verhindern, effektiv nur erreichen, wenn der Bauschutt schon vor dem
Transport bis zu dem Recyclingunternehmen auf dem Grundstück, auf dem der
Abbruch der vorhandenen Bebauung erfolgt, auf das Vorhandensein von
Blindgängern aus dem Zweiten Weltkrieg untersucht würde. Eine solche
Untersuchung mag zwar unter Einsatz moderner Durchstrahlungsprüfungssysteme
auch an Ort und Stelle vor oder während des Abbruchs von Gebäuden möglich
sein. Sie wäre aber überzogen, weil sie ohne konkreten Anlass, gewissermaßen
prophylaktisch erfolgen müsste und sich ebenfalls mangels konkreter
Anhaltspunkte auch nicht auf einzelne Teile der Fundamente beschränken
könnte. Eine Untersuchung von Betonteilen auf das Vorhandensein
einbetonierter Sprengkörper kann deshalb nur gefordert werden, wenn der zu
verarbeitende Bauschutt bekanntermaßen aus einer Abbruchmaßnahme stammt, bei
der mit dem Vorhandensein nicht detonierter Bomben gerechnet werden muss (so
auch Günther/Voll, RuS 2016, 277, 279). Es ist jedoch weder festgestellt
noch wird von der Revision aufgezeigt, dass der Beklagte zu 1 gewusst hätte
oder hätte wissen müssen, dass das detonierte Betonteil aus solch einer
Maßnahme stammte. Das Berufungsgericht konnte daher offenlassen, ob, in
welchem Umfang und in welchem zeitlichen Rahmen es - wie die Klägerin meint
- nach dem Zweiten Weltkrieg üblich war, aufgefundene Blindgänger in Beton
einzugießen, um sie so zu „entschärfen“.
20 2. Zu Recht sieht das
Berufungsgericht auch einen Anspruch aus § 831 Abs. 1 BGB als unbegründet
an. Zwar genügt es für eine Haftung nach dieser Vorschrift, wenn -
wie hier - ein Verrichtungsgehilfe einem Geschädigten in Ausübung der
Verrichtung dadurch einen Schaden zugefügt hat, dass er widerrechtlich einen
deliktsrechtlichen Tatbestand im Sinne der §§ 823 ff. BGB verwirklicht hat;
auf ein Verschulden des Verrichtungsgehilfen kommt es grundsätzlich nicht an
(vgl. Senat, Urteil vom 12. Juli 1996 - V ZR 280/94, NJW 1996, 3205, 3207
mwN; s.a. BGH, Beschluss vom 4. März 1957 - GSZ 1/56, BGHZ 24, 21, 29).
Bei verkehrsrichtigem Verhalten des Gehilfen scheidet eine
Haftung mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Norm aber aus (vgl.
Senat, Urteil vom 12. Juli 1996 - V ZR 280/94, NJW 1996, 3205, 3207; BGH,
Beschluss vom 4. März 1957 - GSZ 1/56, BGHZ 24, 21, 29 jeweils mwN). So
liegt es nach dem zu 1. Ausgeführten hier.
21 3. Im Ergebnis
zutreffend nimmt das Berufungsgericht schließlich an, dass auch Ansprüche
der Nachbarn des Beklagten zu 1 analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht
bestehen.
22 a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats
ist ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2
Satz 2 BGB gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen
privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes
Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen
Grundstücks nicht dulden muss, jedoch aus rechtlichen oder - wie hier -
tatsächlichen Gründen nicht gemäß § 1004 Abs. 1, § 862 Abs. 1 BGB
unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare
Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen
(vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 2018 - V
ZR 311/16, WM 2018, 1761 Rn. 5 mwN).
23 b) Entgegen der Annahme
der Beklagten zu 2 scheitert ein solcher Anspruch nicht schon daran,
dass die Grundstücke der Versicherungsnehmer der Klägerin mehrere hundert
Meter von dem Betrieb des Beklagten zu 1 entfernt liegen sollen.
Der Umstand, dass Grundstücke nicht aneinandergrenzen, steht einem
nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nicht entgegen (vgl. Senat,
Urteil vom 18. Juni 1958 - V ZR 49/57, LM Nr. 6 zu § 906 BGB mwN).
Er kommt auch in Betracht, wenn die Beeinträchtigung eine zurechenbare Folge
eines auf einem entfernter liegenden Grundstück eingerichteten Betriebs ist
(vgl. Senat, Urteil vom 15. Juni 1977 - V ZR 44/75, BGHZ 69, 105,
111-113 zu Fluglärm eines vier bis fünf Kilometer von dem beeinträchtigten
Grundstück entfernt liegenden Flughafens und Urteil vom 16. Dezember 1977 -
V ZR 91/75, BGHZ 70, 102, 103 u. 112 zu Fluorabgasen einer bis zu 1.300
Meter von dem beeinträchtigten Grundstück entfernt liegenden Ziegelei).
24 c) Es fehlt auch nicht an der Störereigenschaft des Beklagten zu 1.
Dieser ist unmittelbarer Handlungsstörer.
25 aa)
Unmittelbarer Handlungsstörer ist derjenige, der
die Beeinträchtigung des Nachbarn adäquat kausal durch eine eigene Handlung
verursacht. Ein adäquater Ursachenzusammenhang besteht
dann, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders
eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge
außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg dieser Art
herbeizuführen (Senat, Urteil vom 7. April 2000 - V ZR 39/99, BGHZ
144, 200, 203). Wer die Beeinträchtigung seines Nachbarn durch eine
eigene Handlung verursacht, ist Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB.
Seine Qualifikation als Störer hängt, anders als bei einem
mittelbaren Störer (zu diesem: Senat, Urteil vom 27. Januar 2006 -
V ZR 26/05, BGH-Report 2006, 637 Rn. 5; vgl. auch Senat, Urteil vom 14.
November 2014 - V ZR 118/13, ZNotP 2015, 179 Rn. 15) und beim
Zustandsstörer (zu diesem: Senat, Urteile vom 14. November 2014 - V
ZR 118/13, ZNotP 2015, 179 Rn. 14 und vom 9. Februar
2018 - V ZR 311/16 WM 2018, 1761 Rn. 7), nicht von dem Vorliegen
entsprechender Sachgründe dafür ab, ihm die Verantwortung für das Geschehen
aufzuerlegen.
26 Daran ändert sich nichts, wenn die
störende Handlung in einem Gewerbebetrieb und nicht von dem Inhaber des
Betriebs selbst, sondern von seinen weisungsabhängigen Beschäftigten
vorgenommen wird. Hierdurch wird der Betriebsinhaber nicht zu einem sog.
mittelbaren Störer, dessen Qualifikation als Störer von dem Vorliegen
entsprechender Sachgründe dafür abhängig ist, ihm die Verantwortung für das
Geschehen aufzuerlegen (Senat, Urteil vom 27. Januar 2006 - V ZR
26/05, BGH-Report 2006, 637 Rn. 5; vgl. auch Senat, Urteil vom 14. November
2014 - V ZR 118/13, ZNotP 2015, 179 Rn. 15). Beschäftigte können
nämlich selbst unmittelbare Handlungsstörer nur sein, wenn ihnen ein eigener
Entschließungsspielraum mit entsprechendem Verantwortungsbereich verbleibt,
aber nicht, wenn sie weisungsgebunden sind (vgl. Senat,
Beschluss vom 15. Dezember 1978 - V ZR 214/77, DB 1979, 544 f. und Urteil
vom 17. Dezember 1982 - V ZR 55/82, NJW 1983, 751).
27 bb)
Gemessen daran ist der Beklagte zu 1 unmittelbarer Handlungsstörer.
Er hat die Zerkleinerungsarbeiten zur Weiterverarbeitung des angelieferten
Betonteils zwar nicht selbst durchgeführt. Der Baggerführer, den er damit
beauftragt hatte, war aber weisungsabhängig und hatte keinen eigenen
Entscheidungsspielraum, sodass die von ihm durchgeführten Arbeiten rechtlich
als Handlungen des Beklagten zu 1 zu behandeln sind.
28 Die Nachbarn
hätten die Zerkleinerungsarbeiten auf dem Grundstück des Beklagten zu 1 zwar
nicht von vornherein abwehren können. Anknüpfungspunkt für ihren
Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB ist nämlich nicht die von dem
Grundstück potenziell, wenn vielleicht auch nur bei Hinzutreten
außergewöhnlicher Umstände ausgehende Gefahr, sondern die im
Einzelfall bewirkte und zumindest konkret drohende Beeinträchtigung ihres
Eigentums (vgl. Senat, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08,
NJW 2009, 3787 Rn. 12). Diese konkrete Gefährdung trat aber ein, als
sich der Baggerführer des Beklagten zu 1 anschickte, das Betonteil zu
zerkleinern, in dem sich die Bombe befand. Dadurch wurden die
Grundstücke der Versicherungsnehmer der Klägerin bei der gebotenen
objektiven Betrachtung konkret gefährdet. Denn infolge dieser Arbeiten
konnte die Bombe ungewollt zur Explosion gebracht werden.
Die Nachbarn hätten deshalb von dem Beklagten zu 1 als Störer nach §
1004 Abs. 1, § 862 Abs. 1 BGB verlangen können, die drohende Einwirkung auf
ihre Grundstücke zu unterlassen. Sie konnten ihre Rechte jedoch aufgrund des
Ablaufs des Vorfalls tatsächlich nicht wahrnehmen und waren deshalb einem
faktischen Duldungszwang ausgesetzt (vgl. Senat, Urteil vom 18.
September 2009 -V ZR 75/08, NJW 2009, 3787 Rn. 15).
29 d) Der
störenden Einwirkung auf die Grundstücke der Versicherungsnehmer der
Klägerin fehlt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht
der erforderliche Grundstücksbezug.
30 aa) Das
Berufungsgericht verneint den Grundstücksbezug mit der Begründung, es
verwirkliche sich kein für die Nutzung des Grundstücks als Recyclinghof
spezifisches Risiko, sondern ein allgemeines Risiko, das sich genauso gut
auf einem anderen Grundstück, etwa an der Abbruchstelle, habe verwirklichen
können. Ihm ist im Anschluss an sein bereits erwähntes Urteil vom
22. Dezember 2015 (OLG Köln, NJOZ 2016, 681) zu Ansprüchen eines
anderen Geschädigten aus demselben Geschehen entgegengehalten worden, ein
ausreichender Grundstücksbezug ergebe sich schon daraus, dass sich die
Explosion bei der Zerkleinerung des Betonstücks auf dem Betriebsgrundstück
der Beklagten ereignet habe (BeckOGK/Klimke, BGB [1. 2. 2018], § 906 Rn.
395.1; Günther/Voll, RuS 2016, 277, 279; aM aber obiter LG München I, Urteil
vom 8. Februar 2017 - 15 O 23907/15, juris Rn. 51 a.E.).
31 bb)
Dieser Einwand trifft zu.
32 (1) Der Anwendungsbereich des
Ausgleichsanspruchs ist allerdings nur eröffnet, wenn das beeinträchtigende
Verhalten dem Bereich der konkreten Nutzung des Grundstücks zuzuordnen ist
und einen sachlichen Bezug zu diesem aufweist. Nicht in den
Anwendungsbereich des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs fallen
demgegenüber diejenigen störenden Verhaltensweisen, die zwar auf dem
Grundstück stattfinden, durch die jedoch die spezifische Beziehung der
Grundstückseigentümer oder -nutzer zueinander nicht berührt wird. Dies kann
etwa deshalb der Fall sein, weil eine Handlung nur gelegentlich
des Aufenthalts auf dem Grundstück, wenn auch durch den Eigentümer oder
Nutzer, vorgenommen wird, genauso gut aber an anderer Stelle
vorgenommen werden könnte. Diese Voraussetzung hat der Senat bei dem
Abschießen einer Feuerwerksrakete am Neujahrstag angenommen, die ihre
Flugbahn unerwartet änderte und das Anwesen des Nachbarn in Brand setzte
(Senat, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009, 3787
Rn. 20 f.). Das bedeutet aber nicht, dass der erforderliche Grundstücksbezug
bei einem Feuerwerk stets fehlt. Er läge etwa vor, wenn der Betreiber eines
Vergnügungsparks dessen Attraktivität durch das regelmäßige Abbrennen von
Feuerwerken erhöhen möchte und bei dem Abbrennen eines solchen Feuerwerks
das Grundstück eines Nachbarn beschädigt wird (Senat, Urteil vom 18.
September 2009 - V ZR 75/08, NJW 2009, 3787 Rn. 23 zu dem Fall RG, JW 1927,
45).
33 (2) Gemessen daran besteht hier der erforderliche
Grundstücksbezug. Die Explosion der Bombe ist durch die
Zerkleinerungsarbeiten des - bei dem Vorfall zu Tode gekommenen -
Baggerführers des Beklagten zu 1 ausgelöst worden. Diese Arbeiten
waren typisch für die konkrete Nutzung des Grundstücks durch den
Beklagten zu 1, der auf dem Grundstück ein Unternehmen
zur Weiterverarbeitung von Bauschutt betreibt. Sie hätten aus Sicht
des Beklagten zu 1 nicht ebenso gut an beliebiger anderer Stelle vorgenommen
werden können.
34 e) Eine Haftung des Beklagten zu 1
scheidet aber aus einem anderen Grunde aus. Die Regelung in
§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist auf Beeinträchtigungen nicht entsprechend
anwendbar, die durch die - unverschuldete - Explosion eines Blindgängers aus
dem Zweiten Weltkrieg verursacht werden.
35 aa) Die
entsprechende Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf Beeinträchtigungen,
die das Grundstück des Nachbarn durch eine rechtswidrige Einwirkung des
Eigentümers oder - hier - Besitzers eines Grundstücks, die der Nachbar aus
rechtlichen oder - hier - tatsächlichen Gründen nicht abwehren kann, beruht
auf dem Zweck der Vorschrift. Durch § 906 BGB soll der bei der Nutzung eines
Grundstücks im Verhältnis zu den benachbarten Grundstücken möglicherweise
auftretende Konflikt in einen vernünftigen Ausgleich gebracht werden. In der
Regelung findet die Situationsgebundenheit des Grundeigentums ihren
Ausdruck, durch die das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis und die
hieraus erwachsenden wechselseitigen Rücksichtnahmepflichten ihre Prägung
erfahren (Senat, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 75/08, NJW
2009, 3787 Rn. 19).
36 bb) Zu diesen mit dem Instrument des
nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs sachgerecht zu bewältigenden
Konfliktlagen gehören Beeinträchtigungen nicht, die durch die -
unverschuldete - Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg an
den Nachbargrundstücken verursacht werden.
Die entsprechende Anwendung der in § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB bestimmten
verschuldensunabhängigen Haftung des Eigentümers oder des Besitzers des
beeinträchtigenden Grundstücks auf solche Beeinträchtigungen überschritte
die Grenzen richterlicher Gestaltungsmacht; eine solch weitgehende Haftung
könnte nur durch den Gesetzgeber angeordnet werden.
37 (1)
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch beruht maßgeblich auf der
Wertung, dass der Eigentümer oder Besitzer des Grundstücks, von dem
die rechtswidrige Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke ausgeht, der
Beeinträchtigung und ihren Folgen näher steht als die Nachbarn.
Er ist gegeben, wenn sich ein zu erwartendes oder auch eher
ungewöhnliches Risiko verwirklicht, das in der Nutzung oder in dem Zustand
des Grundstücks angelegt ist. In solchen Fällen führt der nachbarrechtliche
Ausgleichsanspruch zu einer sachgerechten Verantwortungszuweisung.
Beispiele aus der Rechtsprechung sind die Nutzung eines Grundstücks als
Muschelkalksteinbruch, bei dem die Gesteinsbrocken nicht mechanisch, sondern
durch gezielte Sprengungen aus dem Fels gelöst werden (Senat, Urteil vom 13.
Februar 1976 - V ZR 55/74, BGHZ 66, 70, 74) oder das regelmäßige
Abbrennen von Feuerwerken auf dem Gelände eines Vergnügungsparks
(RG, JW 1927, 45; vgl. dazu: Senat, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR
75/08, NJW 2009, 3787 Rn. 23). Die mit der Anwendung des nachbarrechtlichen
Ausgleichsanspruchs analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB verbundene
Verantwortungszuweisung kann deshalb auch bei der Beeinträchtigung durch die
Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg zu einem
sachgerechten Ergebnis führen, wenn dieses Risiko in der Nutzung des
Grundstücks angelegt ist. Das wäre etwa bei der Nutzung
eines Grundstücks zur Entschärfung oder kontrollierten Sprengung solcher
Blindgänger oder für die Verarbeitung von Bauschutt der Fall, der im
Verdacht steht, solche Blindgänger zu enthalten. Eine solche
Fallkonstellation liegt hier aber nicht vor. Nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts verarbeitet der Beklagte zu 1 auf seinem
Betriebsgrundstück „normalen“ Bauschutt. In dieser Grundstücksnutzung
angelegte Risiken und Gefahren (Herausspringen von Betonteilen aus dem
Schredder, Absprengen von Betonteilen beim Zerkleinern größerer Betonblöcke
mit dem Zangenbagger, Platzen von Hydraulikschläuchen an den eingesetzten
Maschinen usw.) haben sich hier nicht verwirklicht.
38 (2) Ist die
Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg aber nicht in
der Nutzung des Grundstücks angelegt, stehen der Eigentümer oder Besitzer
des Grundstücks, auf dem ein Blindgänger explodiert, dem verwirklichten
Risiko nicht näher oder ferner als die übrigen Beteiligten.
Eine solche Explosion ist dann nämlich nicht mehr Ausdruck der
Situationsbezogenheit des Grundstückseigentums oder Folge der in dem Zustand
oder in der Nutzung des Grundstücks angelegten Risiken. Sie trifft die
Beteiligten gleichermaßen zufällig und schicksalhaft. Ihre Folgen lassen
sich generell und gerade auch in dem hier gegebenen Fall einer Verlagerung
des Explosionsrisikos mit dem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nicht
sachgerecht bewältigen. Müsste der Eigentümer - hier der Besitzer -
des Grundstücks, auf dem ein solcher Blindgänger explodiert, für die dadurch
verursachten Beeinträchtigungen analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ohne
Rücksicht auf Verschulden einstehen, würde ihm allein ein -
letztlich als Spätfolge des Zweiten Weltkriegs gesamtgesellschaftliches -
Risiko angelastet, das ihn nur zufällig trifft. Die Zufälligkeit
des Risikos zeigt sich besonders deutlich im vorliegenden Fall. Hier ist der
Blindgänger nicht auf dem Grundstück explodiert, auf dem er beim Abwurf
während des Zweiten Weltkriegs niedergegangen ist, sondern auf dem
Betriebsgrundstück des Beklagten zu 1, auf das er nur gelangen konnte, weil
er zufällig weder bei dem Abbruch des Fundaments, in das er einbetoniert
worden war, noch beim Abtransport explodiert ist.
39 (a) Zwar wird
allgemein bekannt sein, dass ein erheblicher Teil der bei den Luftangriffen
der Alliierten während des Zweiten Weltkriegs abgeworfenen Bomben nicht
detoniert ist und dass auch heute noch, mehr als 70 Jahre nach Kriegsende,
immer wieder bei Bauarbeiten an Grundstücken Blindgänger aufgefunden werden,
die dann entschärft oder kontrolliert gesprengt werden müssen. Das Wissen um
diese allgemeinen Fakten kann aber entgegen der Ansicht der Klägerin ebenso
wie das allgemeine Wissen darum, dass vor allem die deutschen Großstädte
intensiv bombardiert worden sind, von hier nicht gegebenen Ausnahmefällen
wie einer genauen Kartographie der Abwurfstellen abgesehen, nicht zum Schutz
vor unverschuldeten Explosionen von Blindgängern genutzt werden. Es fehlt an
den erforderlichen Anknüpfungspunkten für zielgerichtete Untersuchungen,
insbesondere der Fundamente von in den letzten Kriegsjahren und nach dem
Krieg errichteten Gebäuden, auf das Vorhandensein von einbetonierten
Blindgängern. Deshalb können jedenfalls heute, Jahrzehnte nach dem Ende des
Zweiten Weltkriegs, die Eigentümer und Besitzer der betroffenen Grundstücke
nicht überblicken, ob sich Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg auf ihnen
befinden und ob diese in die Fundamente von Gebäuden auf dem Grundstück
einbetoniert worden sind. Die unverschuldete Explosion eines Blindgängers
auf einem Grundstück ist für dessen Eigentümer oder Besitzer ein zufälliges,
schicksalhaftes Ereignis, das jeden anderen Grundstückseigentümer oder
-besitzer genauso hätte treffen können. Ob eine solche Explosion ohne Zutun
von außen, etwa durch Durchrosten des Zündmechanismus‘, oder durch eine mehr
oder weniger zufällige Handlung des Eigentümers oder Besitzers des
Grundstücks ausgelöst wird, ist für diese Wertung ohne Bedeutung.
40
(b) Der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat hervorgehobene Gesichtspunkt, dass sich das
Risiko, dass mit normalem Bauschutt auch Betonteile mit einbetonierten
Blindgängern angeliefert werden, erhöhe, wenn man als Recyclingunternehmen
wie der Beklagte zu 1 Bauschutt verschiedener Provenienz entgegennehme
und verarbeite, stellt diesen Befund nicht in Frage. Er zeigt vielmehr, dass
sich die Risiken nur beherrschen ließen, wenn die Stellen, an denen sich
Blindgänger befinden können, flächendeckend ermittelt oder wenn die
abzubrechenden Bauwerke oder der bei dem Abbruch entstehende Bauschutt schon
an der Abbruchstelle auf etwa einbetonierte Bomben und Sprengkörper
untersucht würden. Beides ist aber mit vertretbarem Aufwand weder von den
staatlichen Stellen noch von den betroffenen Grundstückseigentümern und
-besitzern zu leisten. Nichts Anderes gilt für eine nachfolgende Kontrolle
auf dem Betriebsgelände der Recyclingunternehmen, die den Bauschutt
weiterverarbeiten; sie käme zudem nicht selten zu spät, weil in Betonteilen
unerkannt angelieferte Bomben schon durch den Abladevorgang zur Detonation
gebracht werden können.
41 Zum Auskunftsanspruch gegen die Beklagte
zu 2
42 Zu Recht hält das Berufungsgericht einen Auskunftsanspruch
der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 für unbegründet. Diese könnte der
Klägerin zur Auskunft über die Nutzungsverhältnisse nur verpflichtet sein,
wenn ihre Haftung analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht käme. Diese
scheidet aber aus demselben Grund aus wie die Haftung des Beklagten zu 1.
Hierauf wird Bezug genommen.
C.
43 Die Kostenentscheidung
folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
|