Reichweite der prozessualen Kostersatzpflicht
nach § 91 ZPO; Ersatzfähigkeit von prozessvorbereitenden Detektivkosten nach
§ 91 ZPO im Unterhaltsstreit; Einfluss des Grundrechts auf informationelle
Selbstbestimmung (Art. 2 I, 1 GG); verfassungskonforme Auslegung;
Beweisverbote und Wahrheitssuche im Zivilprozess (Rechtsstaatsprinzip)
BGH, Beschluss vom 15. Mai 2013 - XII
ZB 107/08
Fundstelle:
NJW 2013, 2668
Amtl. Leitsatz:
Detektivkosten, die einer
Partei zur Beschaffung von Beweismitteln (hier: zur Feststellung des
Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten)
entstehen, können zu den erstattungsfähigen Kosten im Sinne des § 91 Abs. 1
Satz 1 ZPO gehören. Das ist allerdings nur der Fall, wenn das Beweismittel
im Rechtsstreit verwertet werden darf. Daran fehlt es, soweit die Kosten auf
Erstellung eines umfassenden personenbezogenen Bewegungsprofils mittels
eines Global Positioning System [GPS] - Geräts beruhen, eine punktuelle
persönliche Beobachtung aber ausgereicht hätte.
Zentrale Probleme:
In Vorbereitung eines
Unterhaltsrechtsstreits lässt der
geschiedene Ehegatte seinen früheren Ehegatten durch einen Detektiv
beobachten. Dieser ermittelt dessen Aufenthalt durch die Anbringung eines
GPS Geräts an dessen Fahrzeug. Der im Prozess obsiegende Ehegatte verlangt
nun Erstattung dieser Kosten nach § 91 ZPO. Dieser prozessuale
Kostenerstattungsanspruch erfasst grundsätzlich auch vorprozessuale Kosten.
Das gilt allerdings dann nicht, wenn die vorprozessual erhobenen Beweise
wegen eines Beweisverwertungsverbotes nicht verwertbar sind.
Die Entscheidungen ist insbesondere wegen der
grundrechtlichen Erwägungen
in Bezug auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung und der Abwägung mit dem Interesse der
zivilprozessualen Wahrheitsfindung von von besonderem Interesse. Der Senat
hält aber fest, dass eine bloße Beobachtung durch einen Privatdetektiv
zulässig gewesen wäre und die entsprechenden Kosten auch ersatzfähig gewesen
wären. Kernaussage ist, dass niemand Schutz davor verlangen kann, dem
öffentlichen Raum nicht beobachtet zu werden. Zum
materiellrechtlichen Ersatzanspruch von Detektivkosten aus § 823 I BGB vgl.
BGHZ 111, 168.
©sl 2013
Gründe:
I.
1 Der Kläger begehrt im Kostenfestsetzungsverfahren die Berücksichtigung von
Detektivkosten einschließlich der Sachkosten für den Einsatz eines Global
Positioning System [GPS] - Geräts in Höhe von insgesamt 3.710,42 €.
2 Der Kläger war rechtskräftig zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe
von monatlich 680 € an die Beklagte verurteilt worden. In jenem Verfahren
hatte die Beklagte geltend gemacht, ihre Beziehung zu einem anderen Mann sei
beendet; später hatte sie die Beziehung jedoch fortgesetzt. Mit der
Abänderungsklage erstrebte der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltspflicht.
Zur Vorbereitung dieser Klage hatte er ein Detektivbüro mit der
Feststellung beauftragt, ob die Beklagte eine verfestigte Lebensgemeinschaft
unterhalte. Der eingeschaltete Detektiv überwachte die Fahrten der Beklagten
mit einem an ihrem Fahrzeug heimlich angebrachten GPS-Sender. Nachdem die
Beklagte in der vorprozessualen Korrespondenz die Voraussetzungen für einen
Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs - auch unter dem Gesichtspunkt einer
verfestigten Lebensgemeinschaft - noch verneint hatte, erkannte sie sodann
den Klageanspruch an.
3 Während die Rechtspflegerin einen Teil der Detektivkosten als
erstattungsfähig angesehen hat, hat das Oberlandesgericht die
Erstattungsfähigkeit dieser Kosten insgesamt abgelehnt. Hiergegen wendet
sich der Kläger mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde,
mit der er die Berücksichtigung der gesamten Detektivkosten erstrebt.
II.
4 Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende
August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor
diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3.
November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
5 Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und
auch sonst zulässig. An ihre Zulassung durch das Oberlandesgericht ist der
Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
6 Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet.
7 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die in
FamRZ 2008, 2138 veröffentlicht ist, im Wesentlichen ausgeführt: Zwar seien
Kosten für die Einschaltung eines Detektivs als notwendige Verfahrenskosten
festzusetzen, wenn die Feststellungen für eine erfolgversprechende
Rechtsverfolgung notwendig gewesen seien. Allerdings seien zu einer
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nur solche Maßnahmen zu rechnen, die
auch zu gerichtlich verwertbaren Feststellungen führten. Hieran fehle es.
Denn das Detektivbüro habe sich einer unzulässigen Ermittlungsmethode
bedient. Der Einsatz eines GPS-Systems ermögliche durch die laufende Ortung
des Standorts eines Kraftfahrzeuges die heimliche Erstellung eines
umfassenden Bewegungsprofils einer Person. Daraus ergebe sich zwangsläufig
eine lückenlose Überwachung aller Fahrten aus privaten und beruflichen
Zwecken und damit eine für das angestrebte Ermittlungsergebnis nicht
erforderliche Kontrolle. Dies stelle einen erheblichen Eingriff in das
allgemeine Persönlichkeitsrecht und das davon umfasste Recht auf
informationelle Selbstbestimmung dar. Ob die heimliche, datengestützte
Aufenthaltskontrolle im privaten Bereich unter bestimmten Voraussetzungen
überhaupt statthaft sei, bedürfe hier keiner abschließenden Entscheidung.
Denn vorliegend habe mit einer punktuellen persönlichen Beobachtung eine
weniger einschneidende Maßnahme zur Verfügung gestanden. Zumindest unter
diesen Voraussetzungen stelle die heimliche GPS-Überwachung einen
unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre der Beklagten dar. Da die in den
Rechnungen ausgewiesenen Personalkosten in unmittelbarem Zusammenhang mit
dem Einsatz des GPS-Systems stünden, seien auch diese nicht zu Lasten der
Beklagten festzusetzen.
8 2. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
9 a) Zu Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass zu
den Prozesskosten nicht nur die durch Einleitung und Führung eines
Rechtsstreits ausgelösten Kosten rechnen, sondern auch solche, die durch
rechtmäßige Maßnahmen zur Vorbereitung eines konkret bevorstehenden
Verfahrens ausgelöst werden. Diese werden aus Gründen der
Prozesswirtschaftlichkeit den Prozesskosten zugerechnet und können im
Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden (vgl. BGH
Beschluss vom 20. Oktober 2005 - I ZB 21/05 -MDR 2006, 776; BGH Urteil vom
11. Dezember 1986 - III ZR 268/85 - WM 1987, 247, 248 und BAG NZA 2009,
1300, 1301).
10 aa) Demgemäß wird die Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten in der
Rechtsprechung der Oberlandesgerichte überwiegend dann bejaht, wenn sie zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren (§
91 Abs. 1 ZPO), eine vernünftige Prozesspartei also berechtigte Gründe
hatte, eine Detektei zu beauftragen. Hinzukommen müsse, dass die
Detektivkosten sich - gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der
Parteien und der Bedeutung des Streitgegenstandes - in vernünftigen Grenzen
halten und prozessbezogen waren, die erstrebten Feststellungen wirklich
notwendig waren sowie die Ermittlungen aus ex-ante-Sicht nicht einfacher
und/oder billiger erfolgen konnten. Die Beeinflussung des Prozessausgangs
soll regelmäßig ein Indiz für die Notwendigkeit, nicht jedoch Voraussetzung
der Erstattungsfähigkeit sein. Des Weiteren wird verlangt, dass der Auftrag
an die Detektei zur Bestätigung eines bestimmten festen Verdachts erteilt
wurde (vgl. OLG Düsseldorf OLGR 2009, 410 f.; OLG Zweibrücken OLGR 2002,
131; OLG Koblenz VersR 2011, 1156 und Beschluss vom 15. März 2006 - 9 WF
81/06 - juris Rn. 2; KG FamRZ 2009, 1699; OLG Hamburg MDR 2011, 1014; OLG
Köln Beschluss vom 3. September 2012 - 17 W 151/12 - juris Rn. 12).
11 bb) Nach dieser Auffassung, die der Senat teilt, kann es einer Partei in
einem Unterhaltsverfahren unzumutbar sein, sich für die bestrittene
Behauptung des Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft allein auf
die Bekundungen des Unterhaltsberechtigten und seines angeblichen
Lebenspartners zu verlassen, anstatt Indiztatsachen zu ermitteln, die
notfalls durch neutrale Zeugen bewiesen werden können (vgl. OLG Düsseldorf
OLGR 2009, 410 f.).
Hierdurch wird dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch der
Prozesspartei auf Durchsetzung ihrer subjektiven Rechte im Prozess genüge
getan. Denn dieser umfasst nicht nur den Zugang zu den Gerichten und die
Gewährung rechtlichen Gehörs, sondern es muss der Prozesspartei auch die
Beweisführung zu Gunsten ihrer Tatsachenbehauptungen ermöglicht werden (Kiethe
MDR 2005, 965, 967 mwN).
12 b) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits
allerdings nur zu tragen, soweit sie zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das ist bei
Kosten der Beschaffung von Beweismitteln nur dann der Fall, wenn das
Beweismittel im Rechtsstreit auch verwertet werden darf. Daran fehlt es
hier.
13 aa) Das GPS ermöglicht eine satellitengestützte
Positionsbestimmung. Durch die Auswertung der von den GPS-Satelliten
abgestrahlten und vom GPS-Empfangsgerät aufgezeichneten Signale kann
festgestellt werden, zu welchem Zeitpunkt sich ein Fahrzeug, an oder in dem
der Sender angebracht ist, an welchem Ort befunden hat. Das System ist in
der Lage, den Weg eines Fahrzeugs in zeitlicher und örtlicher Hinsicht
permanent zu verfolgen. Auch wenn sich die gewonnenen Daten unmittelbar nur
auf das Fahrzeug beziehen, handelt es sich doch um personenbezogene Daten im
Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG, zu denen auch der - jeweilige - Aufenthaltsort
einer Person gehört. Denn die GPS-Überwachung ermöglicht die Erstellung
eines personenbezogenen Bewegungsprofils.
14 bb) Die Feststellung, Speicherung und (künftige) Verwendung
dieser Daten greift in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG
verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dieses Recht
gewährleistet die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis
des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb
welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden
(BVerfG NJW 2001, 2320, 2321; BVerfGE 65, 1, 41 f.; BVerfGE 78, 77, 84).
Es darf nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter
Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz oder auf
Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden; die Einschränkung darf nicht
weiter gehen als es zum Schutz des öffentlichen Interesses unerlässlich ist
(Senatsurteil vom 12. Januar 2005 - XII ZR 227/03 -FamRZ 2005, 340, BVerfG
NJW 2001, 2320, 2321). Welcher Stellenwert diesem Grundrecht beizumessen
ist, ergibt sich etwa aus der gesetzlichen Einschränkung des § 100 h Abs. 1
StPO, die die Verwendung bestimmter technischer Mittel für
Observationszwecke nur zulässt, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder
die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten auf andere Weise
weniger erfolgversprechend oder erschwert wäre und Gegenstand der
Untersuchung eine Straftat von erheblicher Bedeutung ist. Dem Schutz des
Grundrechts eines jeden, selbst zu entscheiden, ob persönliche
Lebenssachverhalte offenbart werden, dient auch Art. 8 Abs. 1 EMRK.
15 cc) Dies ist auch bei der Verwertung von Beweisen oder
Kenntnissen im gerichtlichen Verfahren zu beachten, gleichgültig, ob es sich
um einen Strafprozess oder Zivilprozess handelt. Denn der Richter hat kraft
Verfassungsgebots zu prüfen, ob von der Anwendung zivilrechtlicher
Vorschriften im Einzelfall Grundrechte berührt werden. Trifft dies zu, dann
hat er die Vorschriften im Lichte der Grundrechte auszulegen und anzuwenden
(Senatsurteil vom 12. Januar 2005 - XII ZR 227/03 - FamRZ 2005,
340, vgl. auch BVerfG FamRZ 1991, 1037).
16 dd) Ob und in welchem Umfang ein Eingriff in das allgemeine
Persönlichkeitsrecht hinzunehmen ist, kann nur unter Würdigung aller
Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer unter Berücksichtigung
aller rechtlich geschützten Positionen der Beteiligten durchgeführten Güter-
und Interessenabwägung ermittelt werden (vgl. BGH Urteil vom 25. April 1995
- VI ZR 272/94 -NJW 1995, 1955, 1957).
17 (1) Das Grundgesetz - insbesondere das unter anderem in Art. 20
Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip - misst der Gewährleistung einer
funktionstüchtigen Rechtspflege und dem Streben nach einer materiell
richtigen Entscheidung eine besondere Bedeutung bei. Hieraus erwächst die
verfassungsrechtlich begründete Verpflichtung des Gerichts, unter
Berücksichtigung des § 286 ZPO die von den Parteien angebotenen Beweismittel
bei Entscheidungserheblichkeit zu berücksichtigen (BVerfG NJW 2002,
3619, 3624).
18 Diese Gesichtspunkte dürfen jedoch nicht losgelöst von dem
ebenfalls im Grundgesetz verankerten allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art.
2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) des Prozessgegners betrachtet werden. Nach
dem Schutzzweck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hindert ein Verstoß
gegen das Beweiserhebungsverbot auch die Verwertung des Beweismittels
(Senatsurteil vom 12. Januar 2005 - XII ZR 227/03 - FamRZ 2005,
340, 341; Musielak/Foerste ZPO 10. Aufl. § 284 Rn. 23).
19 (2) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist allerdings ebenfalls
nicht vorbehaltlos gewährleistet. Nach Art. 2 Abs. 1 GG wird es durch die
verfassungsmäßige Ordnung, zu der auch die zivilprozessualen Vorschriften
über die Vernehmung von Zeugen (§§ 373 ff. ZPO) sowie über die richterliche
Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) gehören, beschränkt.
20 Außerhalb der Intimsphäre als unantastbarem Kernbereich privater
Lebensführung (vgl. BVerfG NJW 2004, 999, 1002 ff.; OLG Hamburg NJW 2008,
96, 100), die bei einer längerfristigen Observation einer Person im
öffentlichen Raum typischerweise nicht tangiert ist (vgl. BVerfG NJW 2005,
1338 1340), können Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht daher durch die
Wahrnehmung überwiegender schutzwürdiger Interessen der Allgemeinheit,
insbesondere in Gestalt höherwertiger Rechtsgüter Dritter und unter
Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall
gerechtfertigt sein (BVerfG NJW 2002, 3619, 3624; NJW 2001, 2320,
2321; Senatsurteil vom 12. Januar 2005 - XII ZR 227/03 - FamRZ 2005, 340,
341 und BGH Urteil vom 18. Februar 2003 - XI ZR 165/02 - NJW 2003, 1727,
1728).
21 So bietet z.B. § 100 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO eine - verfassungsgemäße
(BVerfG NJW 2005, 1338, 1339 zu § 100 c Abs. 1 Nr. 1 b StPO aF) -
Ermächtigungsgrundlage für Beweiserhebungen unter Einsatz eines GPS und die
anschließende Verwertung dieser Beweise bei Straftaten von erheblicher
Bedeutung. Aber auch in der zivil-, familien- oder
arbeitsrechtlichen Rechtsprechung ist die Befugnis des Gerichts anerkannt,
Erkenntnisse zu verwerten, die sich eine Prozesspartei durch Eingriffe in
das allgemeine Persönlichkeitsrecht verschafft hat, wenn eine Abwägung der
beteiligten Interessen ergibt, dass das Interesse an einer Verwertung dieser
Beweise trotz des damit verbundenen Eingriffs in das allgemeine
Persönlichkeitsrecht schutzwürdiger
ist.
22 (3) Allein das allgemeine Interesse an einer funktionstüchtigen
Rechtspflege und das Interesse, sich ein Beweismittel für zivilrechtliche
Ansprüche zu sichern, reichen aber nicht, um im Rahmen der Abwägung von
einem höheren Gewicht ausgehen zu können, als es dem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht zukommt. Vielmehr müssen weitere Aspekte hinzutreten,
die ergeben, dass das Interesse an der Beweiserhebung trotz der
Persönlichkeitsbeeinträchtigung schutzbedürftig ist (vgl. BVerfG
NJW 2002, 3619, 3624 mwN; Senatsurteil vom 12. Januar 2005 - XII ZR 227/03 -
FamRZ 2005, 340, 341; BGH Urteil vom 18. Februar 2003 - XI ZR 165/02 - NJW
2003, 1727, 1728 und OLG Hamburg NJW 2008, 96, 100).
23 Das ist der Fall, wenn sich der Beweisführer in einer
Notwehrsituation oder einer notwehrähnlichen Lage im Sinne von § 227 BGB
bzw. § 32 StGB befindet (vgl. BVerfG NJW 2002, 3619, 3624 mwN;
Senatsurteil vom 12. Januar 2005 - XII ZR 227/03 - FamRZ 2005, 340, 341; BGH
Urteil vom 18. Februar 2003 - XI ZR 165/02 - NJW 2003, 1727, 1728; BGHZ 27,
284, 289 f.; BGH Urteil vom 20. Mai 1958 - VI ZR 104/57 - NJW 1958, 1344,
1345 und BAG NJW 2003, 3436, 3437).
24 ee) Ob eine solche rechtfertigende Sachlage im Hinblick auf den
Gesichtspunkt eines (versuchten) Prozessbetrugs (§ 263 StGB) gegeben ist,
wenn außergerichtlich bzw. vorprozessual unzutreffender Vortrag erfolgt,
oder ob es insoweit noch an einem gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff
fehlt, der zur Beauftragung einer Detektei mit heimlichen, das allgemeine
Persönlichkeitsrecht tangierenden Beobachtungen berechtigen könnte, oder
jedenfalls eine rechtfertigende Notstandslage im Sinne des § 34 StGB (vgl.
hierzu BGH Urteil vom 24. November 1981 - VI ZR 164/79 - NJW 1982, 277)
gegeben ist, da eine gegenwärtige Gefahr für das Vermögen vorliegt, kann
hier dahinstehen. Denn unabhängig davon muss jeder Eingriff in das
allgemeine Persönlichkeitsrecht verhältnismäßig sein. Es darf kein anderes,
gleich wirksames, das Persönlichkeitsrecht jedoch weniger einschränkendes
Mittel zur Verfügung stehen.
25 (1) Als milderes Mittel zur Erlangung der erstrebten Feststellungen hat
das Oberlandesgericht gegenüber der heimlichen permanenten GPS-Überwachung
zu Recht die punktuelle persönliche Beobachtung der Beklagten angesehen.
Diese hätte zeitlich auf Stichproben, z.B. zu Abend- und Nachtzeiten sowie
am Wochenende am Anwesen des vermeintlichen Lebensgefährten, beschränkt
werden können, ohne die Erhebung und Speicherung von persönlichen Daten, aus
denen sich ein Bewegungsprofil erstellen lässt. Dass das Beschwerdegericht
erhebliche Einwände des Klägers, die gegen eine derartige Vorgehensweise
sprechen, nicht berücksichtigt hat, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf.
26 Im Zuge einer punktuellen persönlichen Beobachtung wäre die
Beklagte zwar unter Umständen auch teilweise unmittelbares Objekt der
Beobachtung gewesen. Dadurch hätte ihr Persönlichkeitsrecht jedoch keine
weitergehenden Beeinträchtigungen erfahren, als es ohnehin schon bei der
Bewegung im öffentlichen Raum ausgesetzt ist. Denn obgleich der
Einzelne auch außerhalb seines befriedeten Besitztums die Anfertigung von
Bildnissen und Filmaufnahmen nicht generell dulden muss, kann
niemand allgemein Schutz davor verlangen, in diesem Bereich, insbesondere
auf öffentlichen Wegen, durch andere beobachtet zu werden (vgl. BGH
Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 272/94 - NJW 1995, 1955, 1956).
Überdies hielt es der Kläger selbst für ausreichend, die Häufigkeit und
Dauer des Standorts des Fahrzeugs der Beklagten am Anwesen ihres
vermeintlichen Lebensgefährten zu ermitteln. Auch dies hätte
stichprobenweise zu den genannten Zeiten erfolgen können, ohne dass die
Beklagte dabei überhaupt in nennenswerter Weise unmittelbar Objekt der
Beobachtung geworden wäre. Das hierdurch im Vergleich zur durchgeführten
GPS-Überwachung erhebliche Mehrkosten verursacht worden wären, ist nicht
dargetan.
27 (2) Da dem Kläger mithin ein milderes Mittel zur Erlangung der erstrebten
Feststellungen zur Verfügung stand, stellt sich die durchgeführte
Überwachung mittels GPS-Systems als unzulässiger Eingriff in das allgemeine
Persönlichkeitsrecht der Beklagten dar. Die dadurch ausgelösten Kosten sind
deshalb insgesamt nicht erstattungsfähig, weil das gewonnene Beweisergebnis
gerichtlich nicht verwertbar gewesen wäre. Zutreffend hat das
Beschwerdegericht in diesem Zusammenhang auch ausgeführt, dass die
Personalkosten in den Rechnungen als "Wartung/Montage" (zuzüglich darauf
entfallender Nacht- und Wochenendzuschläge) ausgewiesen sind. Folglich sind
sie als in unmittelbaren Zusammenhang mit dem hier unzulässigen Einsatz des
GPS stehend ebenfalls nicht erstattungsfähig.
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