Schriftformerfordernis von langfristigen
Mietverträgen (§ 550 S. 1 BGB), Folge des Formverstoßes; Einfluss von
Schriftformheilklauseln; Anwendbarkeit auf
Vertragsänderungen; treuwidrige Berufung auf den Formmangel
BGH, Urteil vom 12. Juli 2017 - VIII
ZR 214/16 - LG Darmstadt
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Sogenannte Schriftformheilungsklauseln sind
mit der nicht abdingbaren Vorschrift des § 550 BGB unvereinbar und daher
unwirksam. Sie können deshalb für sich genommen eine Vertragspartei nicht
daran hindern, einen Mietvertrag unter Berufung auf einen Schriftformmangel
ordentlich zu kündigen (Fortführung der Senatsurteile BGHZ 200, 98 = NJW
2014, 1087 und vom 30. April 2014 - XII ZR 146/12 - NJW 2014, 2102).
b) Es verstößt gegen Treu und Glauben, wenn eine Mietvertragspartei eine
nachträglich getroffene Abrede, die lediglich ihr vorteilhaft ist, allein
deshalb, weil sie nicht die schriftliche Form wahrt, zum Anlass nimmt, sich
von einem ihr inzwischen lästig gewordenen langfristigen Mietvertrag zu
lösen (im Anschluss an Senatsurteile vom 25.
November 2015 - XII ZR 114/14 - NJW 2016, 311 und vom 19. September 2007
- XII ZR 198/05 - NJW 2008, 365).
Zentrale Probleme:
Die Entscheidung betrifft eine ähnliche Problematik wie
BGH NJW 2016, 311.
Nach § 550 S. 1 BGB bedarf ein befristeter
Mietvertrag, der für eine längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, der
Schriftform. Wird diese nicht gewahrt, gilt der Vertrag als auf unbestimmte
Zeit abgeschlossen mit der Folge, dass die Parteien ihn ordentlich kündigen
können (§ 542 I BGB). Hier war ursprünglich unbefristeter Mietvertrag durch
einen Nachtrag auf eine bestimmte Laufzeit geändert worden. Der Senat
befasst sich zunächst damit, ob ein solcher Nachtrag für die Wahrung der
Schriftform genügt (was erfordert, dass er klaren Bezug auf den Mietvertrag
nimmt). Dass die damalige Vermieterin das Haus bereits (schuldrechtlich)
verkauft hatte und sich gegenüber der Käuferin (die gem. §§ 578 I, 566 BGB
erst später mit Eigentumsübergang in den Mietvertrag eingetreten war)
verpflichtet hatte, keine Vertragsänderungen vorzunehmen, ist für die
Wirksamkeit der Vertragsänderung unbeachtlich, solange kein Fall einer (nach
§ 138 I BGB) sittenwidrigen Kollusion vorliegt.
Ein späterer Nachtrag (Mieterhöhungsklausel) mit der neuen Vermieterin
genügte dieser Schriftform nicht. Dann kündigte die (neue) Vermieterin
ordentlich. Ein solches Recht könnte er haben, wenn durch der Vertrag
insgesamt durch die Form des späteren Nachtrags nicht der Schriftform des §
550 BGB genügte. Das war zwar der Fall, jedoch verstößt die Berufung auf
diese Formnichtigkeit gegen § 242 BGB, so dass die Kündigung dennoch
unwirksam war. Das ergibt sich nach Ansicht des Senats allerdings nicht aus
der sog. Schriftformheilklausel, durch die sich de Parteien im
Ausgangsvertrag verpflichtet hatten, Nachträge ggf. in der notwendigen
Schriftform nachzuholen. Ein solche Klausel ist vielmehr stets unbeachtlich,
weil das Formgebot zwingend ist. Dabei stellt der Senat darauf ab, dass das
Formgebot des § 550 BGB nicht nur einen zukünftigen Erwerber schützen soll,
der nach § 566 BGB in den Mietvertrag einsteigt, sondern auch für die beide
Parteien des Mietvertrags eine Warnfunktion hat.
Somit prüft der Senat die Unwirksamkeit der Kündigung wegen einer nach § 242
BGB unzulässigen Berufung auf den Formmangel. Das macht er nach den
klassischen Kriterien, die dieses u.a. nur dann zulassen, wenn das Ergebnis
sonst nicht nur ungerecht, sondern schlechthin unerträglich ist. Das bejaht
er, weil sich die Klägerin auf eine von ihre geforderte und ihr günstige
Vertragsänderung beruft, um die Kündigung wegen eines Verstoßes gegen § 550
BGB möglich zu machen.
©sl 2017
Tatbestand:
1 Die Klägerin begehrt als Vermieterin vom Beklagten als
Mieter Räumung und Herausgabe von Gewerberäumen.
2 Mit Vertrag vom 8. Dezember 1998 mietete der Beklagte von der D. K. AG
Ladenräume. Die Allgemeinen Vertragsbedingungen Gewerbemietvertrag (AVB) und
die Hausordnung waren als Bestandteile in den Vertrag einbezogen. Nach
Ziffer 6.1 Buchstabe e der AVB gehören zu den vom Mieter zu tragenden
Betriebskosten unter anderem die für die Müllabfuhr zu entrichtenden
Gebühren.
3 Am 11. Oktober 2006 schlossen die Vertragsparteien einen "1. Nachtrag zum
Mietvertrag vom 04.12./08.12.1998". Mit diesem ersetzten sie unter anderem -
unter Aufrechterhaltung der Bestimmungen des Ausgangsmietvertrags im Übrigen
- die im ursprünglichen Mietvertrag enthaltene Indexklausel wie folgt:
"Verändert sich der vom Statistischen Bundesamt für die Bundesrepublik
Deutschland festgestellte Verbraucherpreisindex ... gegenüber dem Stand Juni
1999 (2000 = 100) um mindestens 10 Punkte, so verändert sich die Miete in
dem gleichen prozentualen Verhältnis ... Sollte der bisherige Preisindex vom
Statistischen Bundesamt ... umbasiert oder in seiner bisherigen Form nicht
mehr fortgeführt werden, so tritt an seine Stelle der ihm am nächsten
kommende neue Index."
4 Außerdem enthielt der Nachtrag in Ziffer 6 folgende Regelung:
"Den Parteien ist bekannt, dass dieser Mietvertrag, der eine Laufzeit von
mehr als einem Jahr hat, ... der Schriftform bedarf. Die Parteien wollen
diese Schriftform einhalten. Sie verpflichten sich deshalb gegenseitig, auf
jederzeitiges Verlangen einer Partei alle Handlungen vorzunehmen und
Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um den gesetzlichen
Schriftformerfordernissen Genüge zu tun. Das gilt sowohl für den
Mietvertrag, als auch für sämtliche Nachtrags-, Änderungs- und
Ergänzungsvereinbarungen."
5 Am 16. Dezember 2009 wurde ein "2. Nachtrag zum Mietvertrag vom
04.12./08.12.1998 nebst 1. Nachtrag vom 07.10./11.10.2006" abgeschlossen.
Auf Vermieterseite war daran die aufgrund zwischenzeitlichen
Eigentumserwerbs in die Vermieterstellung eingetretene G. S.a.r.l. & Co. KG
beteiligt. Diese wiederum hatte mit notariellem Kaufvertrag vom 8. Dezember
2009 das Grundstück an die Klägerin verkauft, die nach dem 16. Dezember 2009
als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde. In dem 2.
Nachtrag wurde unter anderem - unter Aufrechterhaltung der Bestimmungen des
Ausgangsmietvertrags und des ersten Nachtrags im Übrigen - die Mietzeit bis
zum 31. Mai 2020 (mit einer einmaligen Verlängerungsoption für den
Beklagten um fünf Jahre) verlängert. Außerdem war unter Ziffer 7 Folgendes
vereinbart:
"Die Parteien verpflichten sich gegenseitig, ... jederzeit alle Handlungen
vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem
gesetzlichen Schriftformerfordernis gemäß § 550 BGB, insbesondere im
Zusammenhang mit dem Abschluss dieses Nachtrages sowie weiteren Nachträgen,
Genüge zu tun und bis dahin den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die
Nichteinhaltung der Schriftform vorzeitig zu kündigen."
6 In einem Schreiben vom 15. Januar 2011 legte die Klägerin dem
Beklagten das Begehren dar, die Wertsicherungsklausel dahingehend zu ändern,
dass bei Veränderung des Verbraucherpreisindex um 5 % eine entsprechende
Änderung der Miete eintreten solle. Der Beklagte vermerkte auf dem Schreiben
handschriftlich "6 % einverstanden", unterschrieb diesen Vermerk und gab das
Schreiben an die Klägerin zurück. Diese teilte dem Beklagten im Mai
2011 mit, dass der Verbraucherpreisindex seit der letzten Mietkorrektur um 6
% gestiegen sei und sich daher eine entsprechend erhöhte Miete ergebe, die
der Beklagte fortan auch entrichtete.
7 Mit Schreiben vom 20. Juni 2014 erklärte die Klägerin die
ordentliche Kündigung zum 31. Dezember 2014. Ihre auf Räumung und
Herausgabe gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen. Im
Berufungsverfahren hat die Klägerin ein Schreiben des Beklagten vom 24.
Dezember 2015 vorgelegt, mit dem dieser sich gegen die Aufnahme von
Müllgebühren in die Betriebskostenabrechnung 2013 gewandt und ausgeführt
hat, mit dem früheren Eigentümer habe es eine Absprache gegeben, dass für
ihn - den Beklagten - keine Mülltonne angeschafft werde. Die Berufung der
Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
8 Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin
ihr Räumungs- und Herausgabebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
9 Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
10 Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
11 Wegen der im zweiten Nachtrag vereinbarten festen Laufzeit sei
das Mietverhältnis durch die von der Klägerin erklärte ordentliche Kündigung
nicht beendet worden. Dass die damalige Vermieterin im Verhältnis
zur Klägerin nicht ohne deren vorherige Zustimmung zum Abschluss dieses
Nachtrags berechtigt gewesen sein möge, sei für die Wirksamkeit der
Vereinbarung im Außenverhältnis zum Beklagten ohne Belang. Die im
Ausgangsvertrag und den beiden Nachträgen niedergelegte Vereinbarung wahre
die Schriftform des § 550 BGB. Der zweite Nachtrag nehme auf den
Ursprungsmietvertrag und den ersten Nachtrag ausdrücklich Bezug, zähle die
zu ändernden Regelungen abschließend auf und erkläre die übrigen
Bestimmungen für weiterhin anwendbar. Er sei von den Mietvertragsparteien
unterschrieben und enthalte die essentialia negotii. Einer körperlichen
Verbindung mit dem ursprünglichen Mietvertrag bedürfe es ebenso wenig wie
einer Bezugnahme im Ursprungsvertrag auf die Änderungsvereinbarungen. Ohne
Belang sei auch, ob die zu Vertragsbestandteilen erklärten Anlagen
körperlich mit dem Ursprungsvertrag verbunden gewesen seien.
12 Keiner Entscheidung bedürfe, ob es sich bei der Frage der anteiligen
Beteiligung des Beklagten an den Müllgebühren um eine wesentliche
Vertragsbedingung handele. Denn anhand des Schreibens des Beklagten vom 24.
Dezember 2015 lasse sich keine vom schriftlichen Vertrag abweichende
mündliche Vertragsregelung feststellen. Der Beklagte verweise auf eine
abgesprochene "Praxis". Dass dies rechtsverbindlich unter Abänderung des
geschlossenen Vertrags geregelt worden sein soll, lasse sich dem nicht mit
der zu fordernden Deutlichkeit entnehmen. Sofern der Beklagte nämlich
lediglich die Fortsetzung einer langjährigen, aber unverbindlichen Übung
fordere, lasse dies keinen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis
erkennen.
13 Bei der Vereinbarung einer neuen Wertsicherungsregelung durch die
Parteien im Jahre 2011 handele es sich um eine wesentliche
Vertragsbedingung. Insoweit fehle es an der Bezugnahme auf den
Ausgangsvertrag und die beiden Nachträge und damit an der für § 550 BGB
erforderlichen Urkundeneinheit. Indessen liege ein Ausnahmefall vor, in dem
die Klägerin nach Treu und Glauben gehindert sei, sich auf den
Schriftformverstoß zu berufen. Dabei komme es nicht entscheidend auf den
Gesichtspunkt der existenziellen Bedrohung des Beklagten durch die Kündigung
an. Die Klägerin habe auf die Änderung der aus ihrer Sicht undurchführbar
oder zumindest unpraktikabel gewordenen früheren Wertsicherungsklausel
gedrungen und aus der allein ihren Interessen dienenden Neuregelung
Rechtsfolgen hergeleitet. Zudem seien ihr zum Zeitpunkt der
Änderungsvereinbarung die beiden Nachträge mit den Regelungen in Ziffer 6
des ersten Nachtrags bzw. Ziffer 7 des zweiten Nachtrags bekannt gewesen.
Die darin enthaltenen Schriftformheilungsklauseln seien
individualver-traglich vereinbart. Geklärt sei zwar, dass solche Klauseln
für sich genommen einen Grundstückserwerber nicht daran hindern könnten,
einen Mietvertrag, in den er eingetreten sei, unter Berufung auf den
Schriftformmangel zu kündigen, ohne zuvor vom Mieter die Heilung des Mangels
zu verlangen. Das schließe es aber nicht aus, der Klausel die auch für den
Erwerber geltende Verpflichtung zu entnehmen, auf die Einhaltung des
Schriftformerfordernisses hin- und daran mitzuwirken. Ein schuldhafter
Verstoß hiergegen könne als einer von mehreren Aspekten im Rahmen der
Beurteilung der Treuwidrigkeit berücksichtigt werden. Den vom
Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen habe die Konstellation zugrunde
gelegen, dass der Grundstückserwerber den Mietvertrag wegen eines vor seinem
Eintritt geschehenen Schriftformverstoßes gekündigt habe. Im vorliegenden
Fall habe hingegen der aktuelle Vermieter selbst und in Kenntnis der ihn
bindenden Klausel den Schriftformverstoß herbeigeführt. Angesichts der
Umstände würde daher die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung zu einem mit
Treu und Glauben schlechterdings nicht vereinbaren Ergebnis führen.
II.
14 Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
Obwohl der Mietvertrag, in den die Klägerin gemäß §§ 578 Abs. 1, 566
Abs. 1 BGB eingetreten ist, nicht der Schriftform nach §§ 578 Abs. 1, 550
Satz 1 BGB entspricht, ist die Klägerin nach Treu und Glauben gehindert, von
dem aus §§ 550 Satz 1, 542 Abs. 1 BGB folgenden ordentlichen Kündigungsrecht
Gebrauch zu machen.
15 1. Zutreffend hat das Oberlandesgericht angenommen, dass der
Mietvertrag zwar bei Eintritt der Klägerin in den Vertrag der Schriftform
des § 550 BGB entsprach sowie eine feste Laufzeit bis zum 31. Mai 2020
aufwies, die von den Parteien im Januar 2011 vorgenommene Änderung der
Wertsicherungsklausel jedoch schriftformwidrig erfolgte.
16 a) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Schriftform des § 550 BGB
sei vorliegend nicht gewahrt, weil es im Ausgangsvertrag an einer Verweisung
auf die beiden Nachträge fehle.
17 aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfordert § 550 BGB,
dass sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Einigung über alle
wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere den Mietgegenstand, die
Miethöhe sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses - aus einer
von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Werden
wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst
schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so dass sich der
Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel
dieser "verstreuten" Bedingungen ergibt, müssen die Parteien zur Wahrung der
Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter
Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Dazu bedarf es keiner körperlichen
Verbindung dieser Schriftstücke. Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde
die bloße gedankliche Verbindung, die in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum
Ausdruck kommen muss. Ergibt sich der Zusammenhang mehrerer
Schriftstücke aus einer Bezugnahme, ist es erforderlich, dass vom aktuellen
Vertrag auf den Ausgangsvertrag und auf alle ergänzenden Urkunden verwiesen
ist, mit denen die der Schriftform unterliegenden vertraglichen
Vereinbarungen vollständig erfasst sind. Treffen die
Mietvertragsparteien nachträglich eine Vereinbarung, mit der wesentliche
Vertragsbestandteile geändert werden sollen, muss diese zur Erhaltung der
Schriftform des § 550 Satz 1 BGB hinreichend deutlich auf den ursprünglichen
Vertrag Bezug nehmen, die geänderten Regelungen aufführen und erkennen
lassen, dass es im Übrigen bei den Bestimmungen des ursprünglichen Vertrages
verbleiben soll (Senatsurteile BGHZ 205, 99 = NJW 2015, 2034 Rn.
27; vom 11. Dezember 2013 - XII ZR 137/12 - ZMR 2014, 439 Rn. 16 und vom 30.
Januar 2013 - XII ZR 38/12 - NJW 2013, 1083 Rn. 22 mwN).
18 bb) Diesen Anforderungen genügen der ursprüngliche Mietvertrag
sowie die beiden Nachträge. Im Ausgangsvertrag ist auf die Anlagen, in die
vertragswesentliche Regelungen ausgelagert waren, hinreichend deutlich Bezug
genommen. Die beiden Nachträge wiederum bezeichnen das jeweils
abzuändernde Vertragswerk sowie die Neuregelungen und stellen klar, dass es
im Übrigen bei den bestehenden Vereinbarungen bleibt. Mehr - insbesondere
das Anbringen eines Hinweises bezüglich der Nachträge auf der Urkunde des
Ausgangsvertrags (so Schmidt-Futterer/Lammel Mietrecht 13. Aufl. § 550 BGB
Rn. 44 f.) - ist im Rahmen von § 550 BGB nicht zu verlangen. Die
erforderliche gedankliche Verklammerung zwischen ursprünglichem Vertrag und
Nachtrag ist vielmehr im jeweiligen Nachtrag hergestellt, der durch die
Dokumentation der Änderungen und - durch die Inbezugnahme des
Ausgangsvertrags - des im Übrigen fortgeltenden Regelungsbestands den
aktuellen Vertragsstand wiedergibt (vgl. Senatsurteil BGHZ 176, 301 = NJW
2008, 2178 Rn. 21).
19 cc) Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Schriftformverstoß auch im
Zusammenhang mit der Betriebskostenposition der Müllkosten abgelehnt. Dem
Schreiben des Beklagten, auf das sich die Klägerin insoweit beruft, lässt
sich bereits nicht die Behauptung einer mündlichen, den schriftlichen
Vertrag abändernden Vereinbarung entnehmen. Denn die insoweit einschlägigen
AVB enthalten neben der an Anlage 3 zur II. Berechnungsverordnung (vgl.
heute § 2 BetrKV) orientierten Aufzählung umlagefähiger Betriebskosten keine
abschließende Bestimmung, welche der umlagefähigen Positionen tatsächlich
entstehen und wie die Umlage erfolgt. Vielmehr ist in Ziffer 6.3 der AVB
geregelt, dass die Umlage nach dem Verhältnis der jeweiligen Mietflächen
erfolgt, soweit nicht der Vermieter für einzelne oder alle Betriebskosten
einen anderen Umlageschlüssel wählt. Nimmt er - was der Beklagte mit dem
Schreiben geltend gemacht hat - angesichts des Umstands, dass für die vom
Beklagten gemietete Gewerbeeinheit Müllkosten nicht anfallen, von einer
Umlage insoweit Abstand, dann ist dies bereits von der schriftlichen
Vereinbarung gedeckt.
20 b) Die mit dem zweiten Nachtrag getroffene Vereinbarung der
Vertragslaufzeit bis zum 31. Mai 2020 war ebenfalls wirksam. Die von der
Klägerin behauptete kaufvertragliche Verpflichtung ihrer Voreigentümerin,
nach Abschluss des notariellen Kaufvertrags Änderungen bestehender Verträge
nur mit Zustimmung der Klägerin durchzuführen, bleibt ohne Einfluss auf die
Wirksamkeit der zwischen dem Beklagten und seiner - mangels bereits
erfolgter Eintragung der Klägerin in das Grundbuch - damaligen Vermieterin
abgeschlossenen Nachtragsvereinbarung.
21 Dafür, dass - wie die Revision andeutet - insoweit ein kollusives
Zusammenwirken des Beklagten mit der früheren Vermieterin vorliegt, das
seiner Berufung auf die Vertragslaufzeit gemäß § 242 BGB entgegenstehen
könnte, ist nichts ersichtlich. Die von der Revision angestellte
Erwägung, der im Abschluss des zweiten Nachtrags liegende Rechtsmissbrauch
der Vorvermieterin habe sich auch dem Beklagten aufdrängen müssen, stellt
eine reine Mutmaßung dar. Selbst wenn die Voreigentümerin
vorsätzlich der gegenüber der Klägerin bestehenden vertraglichen
Verpflichtung zuwider gehandelt haben sollte, gibt es für ein Wissen des
Beklagten um den bereits geschlossenen notariellen Kaufvertrag oder gar die
von der Klägerin aus diesem herangezogene Einzelklausel keinerlei
Anhaltspunkte. Aus der von der Revision bemühten Lebenserfahrung
lässt sich hierfür ebenfalls nichts ableiten. Die Revision irrt zudem in
ihrer Einschätzung, der zweite Nachtrag habe einseitig dem Beklagten
vertragliche Vorteile verschafft. Vielmehr berechtigt und verpflichtet die
feste Vertragslaufzeit beide Vertragsparteien gleichermaßen.
22 c) Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, fehlt es dem Mietvertrag
allerdings an der gesetzlichen Schriftform, weil mit der
Wertsicherungsklausel im Januar 2011 eine die Miethöhe betreffende und damit
vertragswesentliche (vgl. Senatsurteil vom 25.
November 2015 - XII ZR 114/14 - NJW 2016, 311 Rn. 17) Vereinbarung
geändert wurde, ohne dass diese Änderung den Anforderungen des § 550 BGB
genügte. Denn dem Schreiben vom 15. Januar 2011 mit dem
handschriftlich gefertigten und unterschriebenen Zusatz des Beklagten fehlt
es schon an der ausreichenden Bezugnahme auf den Ausgangsvertrag und die
Nachträge.
23 2. Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht der Auffassung,
dass der Klägerin eine Berufung auf diesen Schriftformverstoß jedoch nach
Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt ist.
24 a) Grundsätzlich darf sich jede Partei darauf berufen, die für
einen Vertrag vorgeschriebene Schriftform sei nicht eingehalten.
Nur ausnahmsweise, wenn die vorzeitige Beendigung des Vertrags zu einem
schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde, kann es
gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sein, wenn sie sich darauf beruft, der
Mietvertrag sei mangels Wahrung der Schriftform ordentlich kündbar.
Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der eine Vertragspartner den
anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder sich
sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat
oder wenn bei Formwidrigkeit die Existenz der anderen Vertragspartei bedroht
wäre (Senatsurteile BGHZ 200, 98 = NJW 2014, 1087 Rn. 16; vom 30.
April 2014 - XII ZR 146/12 - NJW 2014, 2102 Rn. 27 und vom
25. November 2015 - XII ZR 114/14 - NJW 2016, 311
Rn. 25).
25 b) Eine solche Treuwidrigkeit folgt hier allerdings nicht aus der in
Ziffer 7 des zweiten Nachtrags enthaltenen sogenannten
Schriftformheilungsklausel, wonach die Vertragsparteien zur Nachholung der
Schriftform verpflichtet sind.
26 aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann eine
Mitwirkungspflicht der Vertragsparteien am Zustandekommen eines der
Schriftform entsprechenden Mietvertrages bestehen. Das kann etwa
der Fall sein, wenn in einem Vorvertrag vereinbart worden ist, ein
langfristiges Mietverhältnis zu begründen. Möglich ist auch, dass sich
Vertragsparteien im Hinblick auf nachträglich zustande gekommene
Vereinbarungen verpflichten, insofern dafür zu sorgen, dass die Schriftform
gewahrt und damit die langfristige Bindung an den Mietvertrag sichergestellt
wird. In derartigen Fällen geht es entweder darum, den Vorgaben des
Vorvertrags zu entsprechen und in Anknüpfung an die darin getroffenen
Abreden einen formwirksamen Mietvertrag zu vereinbaren oder einem konkret
befürchteten Formmangel entgegenzuwirken (Senatsurteil BGHZ 200, 98 = NJW
2014, 1087 Rn. 18 mwN).
27 bb) Im Unterschied hierzu enthält eine Schriftformheilungsklausel
wie die vorliegende eine generelle Verpflichtung der Mietvertragsparteien,
Schriftformverstöße jedweder Art nachträglich zu beseitigen, um so eine
"vorzeitige" Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung zu unterbinden.
Ob und inwieweit eine derartige Regelung - durch Individualvertrag
oder in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - rechtswirksam getroffen werden
kann, ist streitig.
28 (1) Der Senat hat allerdings bereits entschieden, dass es mit §
550 BGB nicht vereinbar ist, einen Erwerber aufgrund einer Heilungsklausel
als verpflichtet anzusehen, von einer ordentlichen Kündigung wegen eines
nicht aus seiner Vertragszeit stammenden Schriftformmangels Abstand zu
nehmen (vgl. Senatsurteile BGHZ 200, 98 = NJW 2014, 1087 Rn. 24 ff.
und vom 30. April 2014 - XII ZR 146/12 - NJW 2014, 2102 Rn. 28 ff.), und
zwar selbst dann, wenn die langfristige Vertragsbindung erst unter seiner
Beteiligung vereinbart worden ist (Senatsbeschluss vom 25. Januar
2017 - XII ZR 69/16 - NJW 2017, 1017 Rn. 10 f. mwN).
29 Denn mit § 550 BGB soll erreicht werden, dass der Erwerber die
Bedingungen, zu denen er in ein Mietverhältnis eintritt, im Grundsatz aus
der Mietvertragsurkunde ersehen kann. Er soll davor geschützt werden, sich
auf einen Mietvertrag einzulassen, dessen wirtschaftliche Bedingungen sich,
etwa infolge einer Mietreduzierung, anders als erwartet und deshalb
finanziell einkalkuliert darstellen. Ist das infolge formunwirksamer, z.B.
nur mündlicher Abreden gleichwohl der Fall, so hat er die Möglichkeit, sich
vorzeitig durch ordentliche Kündigung von dem Mietvertrag zu lösen. Diese
Möglichkeit würde ihm genommen, wenn er infolge der Heilungsklausel
verpflichtet wäre, den langfristigen Bestand des Mietverhältnisses
sicherzustellen. Dass ihm im Fall unterlassener Information über ihm
nachteilige formunwirksame Vereinbarungen gegenüber dem Veräußerer
Schadensersatzansprüche zustehen mögen, rechtfertigt nicht
die Annahme, der Schutzzweck des § 550 BGB trete deshalb zurück.
Nach der gesetzlichen Konzeption soll der Erwerber bei einer derartigen
Fallgestaltung nämlich nicht allein auf Schadensersatzansprüche verwiesen
werden, sondern ihm soll ein ordentliches Kündigungsrecht zustehen, um die
aus der Mietvertragsurkunde nicht in allen maßgeblichen Einzelheiten
erkennbaren Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis beenden zu können.
Da ihm bei einer Geltung der Heilungsklausel auch ihm gegenüber diese
Möglichkeit im Falle einer vollzogenen Heilung genommen würde, würde der
Schutzzweck des § 550 BGB verfehlt. Das gilt unabhängig davon, ob dem
Erwerber im Einzelfall die Umstände, die vor seinem Eintreten in den
Mietvertrag zu der Formunwirksamkeit geführt haben, bekannt waren
(Senatsurteil BGHZ 200, 98 = NJW 2014, 1087 Rn. 27).
30 (2) Inwieweit einer Schriftformheilungsklausel im Übrigen Rechtswirkungen
mit Blick auf § 550 BGB zukommen können, hat der Senat dagegen bislang offen
gelassen. Hierzu werden in Rechtsprechung und Literatur auch in jüngerer
Zeit (vgl. zum früheren Meinungsstand Senatsurteil BGHZ 200, 98 = NJW 2014,
1087 Rn. 20 ff.) verschiedene Auffassungen vertreten.
31 Teilweise werden vertragliche Schriftformheilungsklauseln nach wie vor
als uneingeschränkt wirksam angesehen (OLG Braunschweig NZM 2016, 197, 200;
OLG Frankfurt ZMR 2015, 709, 712; jurisPK-BGB/Schur [Stand: 1. Dezember
2016] § 550 Rn. 28). Vertreten wird auch, dass sie jedenfalls zwischen den
Vertragsschließenden selbst wirksam seien und zur Treuwidrigkeit einer auf
die Schriftformwidrigkeit gestützten Kündigung führten, solange der
Kündigende den Vertragspartner nicht zur Nachholung aufgefordert habe (vgl.
OLG Dresden ZfIR 2017, 321, 323 f.; KG ZMR 2016, 775, 776; OLG Köln Urteil
vom 18. September 2015 - 1 U 28/15 - juris Rn. 35; vgl. auch Lindner-Figura
in Lindner-Figura/Opree/Stellmann Geschäftsraummiete 4. Aufl. Kap. 6 Rn. 62;
Neuhaus Handbuch der Geschäftsraummiete 6. Aufl. Kap. 5 Rn. 279 ff.;
Schmidt-Futterer/Lammel Mietrecht 13. Aufl. § 550 BGB Rn. 66, 74).
32 Andere halten derartige Klauseln als individualvertragliche Vereinbarung
zwischen Vertragsparteien für zulässig, nicht hingegen als Allgemeine
Geschäftsbedingungen (OLG Düsseldorf ZMR 2017, 471, 473 f.; Erman/
Lützenkirchen BGB 14. Aufl. § 550 Rn. 27) bzw. als solche nur zu Lasten des
Verwenders (vgl. Schweitzer in Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer
Gewerberaummiete § 550 BGB Rn. 92 ff.). Es findet sich auch die
Einschätzung, die Heilungsklauseln seien in ihrer bisher üblichen Form
sinnlos, weil sie nur auf die schriftliche Bestätigung des durch den
Schriftformverstoß bereits unbefristet gewordenen Mietvertrags gerichtet
seien. Formuliert als die den Erwerber nicht bindende Verpflichtung, die
Laufzeit wieder herzustellen, seien sie jedoch wirksam (Streyl NZM 2015, 28,
29 f.).
33 Schließlich gibt es Stimmen, denen zufolge
Schriftformheilungsklauseln unabhängig davon, ob sie individualvertraglich
oder als Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart werden, unwirksam sind
und deshalb nicht über § 242 BGB einer auf einen Schriftformverstoß
gestützten ordentlichen Kündigung entgegenstehen können (LG Krefeld
ZMR 2016, 547; BeckOGK/Dittert [Stand: 1. Juli 2017] § 550 BGB Rn. 174 ff.;
BeckOK BGB/Herrmann [Stand: 1. November 2016] § 550 Rn. 17; BeckOK MietR/Leo
[Stand: 1. Juni 2017] § 550 BGB Rn. 386 ff.; Lützenkirchen/Lützenkirchen
Mietrecht 2. Aufl. § 550 BGB Rn. 86; wohl auch Staudinger/Emmerich BGB
[Updatestand: 27. März 2017] § 550 Rn. 46 f.).
34 cc) Die zuletzt genannte Meinung, nach der
Schriftformheilungsklauseln stets unwirksam sind, ist zutreffend.
35 (1) Bei der Vorschrift des § 550 BGB handelt es sich nach
allgemeiner Ansicht um zwingendes Recht (Senatsurteil BGHZ 200, 98
= NJW 2014, 1087 Rn. 27; vgl. auch BT-Drucks. 14/4553 S. 47;
Staudinger/Emmerich BGB [Updatestand: 27. März 2017] § 550 Rn. 46).
Sie will nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur sicherstellen,
dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des
Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis
eintritt, dessen Bedingungen aus dem schriftlichen Mietvertrag ersehen kann.
Vielmehr dient sie ebenfalls dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden
auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten und diese
vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen
(Senatsurteile vom 17. Juni 2015 - XII ZR 98/13 - NJW 2015, 2648 Rn. 33;
BGHZ 200, 98 = NJW 2014, 1087 Rn. 26; BGHZ 176, 301 = NJW 2008, 2178 Rn. 17;
BGHZ 139, 123 = NJW 1998, 2664, 2666 und BGHZ 136, 357 = NJW 1998, 58, 61).
In Kenntnis dieser Rechtsprechung hat der Gesetzgeber die frühere Vorschrift
des § 566 BGB im Zuge des Mietrechtsreformgesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl.
I S. 1149) nur redaktionell geändert, nicht aber - was nahe gelegen hätte,
wäre nur der Schutz des Erwerbers bezweckt -die Möglichkeit der ordentlichen
Kündigung auf den Erwerber beschränkt (vgl. Senatsurteil BGHZ 176, 301 = NJW
2008, 2178 Rn. 17).
36 (2) Mit Blick auf diesen Schutzzweck sind
Schriftformheilungsklauseln mit dem nicht abdingbaren § 550 BGB unvereinbar.
Denn sie hätten zur Folge, dass die Vertragsparteien an eine nicht
schriftliche Vereinbarung für die volle Vertragslaufzeit gebunden wären, der
mit der Vorschrift jedenfalls auch beabsichtigte Übereilungsschutz
ausgehöhlt und die wichtige Warnfunktion der Bestimmung weitgehend
leerlaufen würde (vgl. BeckOGK/Dittert [Stand: 1. Juli 2017] § 550
BGB Rn. 175, 180; BeckOK BGB/Hermann [Stand: 1. November 2016] § 550 Rn. 17;
BeckOK MietR/Leo [Stand: 1. Juni 2017] § 550 BGB Rn. 394; Lützenkirchen/Lützenkirchen
Mietrecht 2. Aufl. § 550 BGB Rn. 86).
37 Dem lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, derartige Klauseln
verhülfen dem Grundsatz pacta sunt servanda erst zur Geltung, weil sie die
vereinbarte Langfristigkeit des Mietverhältnisses auch bei
Schriftformfehlern bewahrten (vgl. dazu etwa OLG Braunschweig NZM 2016, 197,
200; Bub in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl.
Kap. II Rn. 1792). Mit §§ 578, 550 BGB hat der Gesetzgeber die
Vertragsfreiheit bewusst dahingehend eingeschränkt, dass langfristige
mietvertragliche Bindungen über Grundstücke und (Wohn-)Räume der Schriftform
bedürfen. Fehlt es an dieser, besteht als gesetzliche Folge auch kein
langfristiges Mietverhältnis, das es zu bewahren gälte (vgl.
Lützenkirchen/Lützenkirchen Mietrecht 2. Aufl. § 550 BGB Rn. 86).
Durch Schriftformheilungsklauseln wird nicht lediglich das rechtliche
Ergebnis hergestellt, das bestünde, wäre von vornherein die gesetzliche
Schriftform gewahrt gewesen (so aber Bieber/Eupen Mietrecht in
Einkaufszentren und anderen Spezialimmobilien B.II. Rn. 34).
Vielmehr soll mit ihnen die in § 550 BGB enthaltene bewusste
gesetzgeberische Entscheidung in unzulässiger Weise umgangen werden.
38 Unzutreffend ist auch der insoweit erhobene Einwand, die Kündigung bleibe
doch möglich und werde nur in zulässiger Weise eingeschränkt (vgl. etwa
Neuhaus Handbuch der Geschäftsraummiete 6. Aufl. Kap. 5 Rn. 281). Hielte man
nämlich die Klausel für wirksam, dann ergäbe sich aus ihr eine vertragliche
Pflicht zur Nachholung der Schriftform, die über § 242 BGB de facto
regelmäßig die auf einen Schriftformmangel gestützte ordentliche Kündigung
hindern würde. Mit einer Schriftformheilungsklausel wird zudem weder
gegenüber den Vertragsschließenden noch gegenüber Rechtsnachfolgern die
Warnfunktion erfüllt. Denn die Warnfunktion zielt nicht darauf ab, auf die
Schriftformbedürftigkeit - die den Vertragsparteien jedenfalls angesichts
der Heilungsklausel bewusst sein muss (vgl. BeckOK MietR/Leo [Stand: 1. Juni
2017] § 550 BGB Rn. 393) -hinzuweisen, sondern dem unbedachten Eingehen
langfristiger Vertragsbindungen vorzubeugen bzw. dem potentiellen Erwerber
vor Augen zu führen, in welche langfristig wirkenden vertraglichen Rechte
und Pflichten er eintreten wird. Inwieweit sich eine
Schriftformheilungsklausel letztlich zum Nachteil einer Vertragspartei
auswirkt (vgl. dazu OLG Braunschweig NZM 2016, 197, 200), ist keiner
abstrakt generellen Beurteilung zugänglich und angesichts des zwingenden
Charakters von § 550 BGB auch ohne Bedeutung.
39 (3) § 550 BGB wirkt dabei nicht als gesetzliches Verbot im Sinne
des § 134 BGB (so aber LG Krefeld ZMR 2016, 547; Schweitzer in
Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer Gewerberaummiete § 550 BGB Rn. 94 aE).
Denn bei § 550 BGB handelt es sich nicht um ein Verbotsgesetz,
sondern um eine gesetzliche Einschränkung der grundsätzlichen Formfreiheit
von Rechtsgeschäften dahingehend, dass die von der Bestimmung erfassten
Mietverträge nur bei Wahrung der Schriftform einer langfristigen Bindung
zugänglich sind (vgl. Staudinger/Sack/Seibl BGB [2017] § 134 Rn. 33
mwN). Schriftformheilungsklauseln können vielmehr keine rechtliche
Wirksamkeit erlangen, weil sie mit § 550 BGB als zwingendem Recht
unvereinbar sind. Dies gilt unabhängig davon, ob sie - wie im vorliegenden
Fall - zusätzlich eine Verpflichtung enthalten, von einer Kündigung wegen
des Schriftformfehlers abzusehen.
40 c) Gleichwohl ist die angefochtene Entscheidung im Ergebnis
zutreffend, weil sich die Berufung der Klägerin auf den Schriftformverstoß
aus anderen Gründen als treuwidrig darstellt.
41 aa) Es verstößt gegen Treu und Glauben, wenn eine
Mietvertragspartei eine nachträglich getroffene Abrede, die lediglich ihr
vorteilhaft ist, allein deshalb, weil sie nicht die schriftliche Form wahrt,
zum Anlass nimmt, sich von einem ihr inzwischen lästig gewordenen
langfristigen Mietvertrag zu lösen (Senatsurteile vom
25. November 2015 - XII ZR 114/14 - NJW 2016, 311
Rn. 27 und vom 19. September 2007 - XII ZR 198/05 - NJW 2008, 365 Rn.
16; BGHZ 65, 49 = NJW 1975, 1653, 1655; vgl. auch MünchKommBGB/Bieber 7.
Aufl. § 550 Rn. 19 mwN; Staudinger/Emmerich BGB [Updatestand: 27. März 2017]
§ 550 Rn. 41 mwN).
42 bb) So verhält es sich hier.
43 (1) Nach den mit der Revision nicht angegriffenen tatrichterlichen
Feststellungen ist die die neue Wertsicherungsklausel beinhaltende
Vertragsänderung auf Drängen der Klägerin erfolgt.
44 (2) Diese Neuregelung diente auch - wie das Berufungsgericht
ebenfalls richtig gesehen hat - ausschließlich den Interessen der Klägerin
als Vermieterin
.
45 Hiergegen wendet sich die Revision zwar mit dem Einwand, indem die
Parteien nun anstelle einer auf ein bestimmtes Basisjahr bezogenen
Punkteregelung an eine prozentuale Preissteigerung anknüpften, hätten sie
jedenfalls auch den Beklagten begünstigt. Die prozentuale Preissteigerung,
die für das Erreichen des ursprünglich erforderlichen Punkteunterschieds
erforderlich sei, werde nämlich umso geringer, je weiter der Indexstand
entfernt sei. Erhöhe sich etwa der Indexstand von 200 auf 210, entspreche
das nur noch einer prozentualen Steigerung von 5 %. Außerdem habe der
Beklagte mit der Neuregelung nur seiner vertraglichen Verpflichtung
entsprochen, an der Neufassung der Wertsicherungsklausel - die aufgrund des
Umstands, dass das Statistische Bundesamt die Veröffentlichung der
Umbasierungsfaktoren eingestellt habe, undurchführbar geworden sei -
mitzuwirken.
46 Damit dringt die Revision aber nicht durch. Denn die im ersten Nachtrag
enthaltene frühere Wertsicherungsklausel enthielt ohnedies eine automatische
Ersetzungsregel für den Fall der Umbasierung. Eine solche ist im Übrigen -
wo rauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - in der Vergangenheit
regelmäßig, zuletzt im Jahre 2008 auf das Basisjahr 2005 und im Jahre 2013
auf das Basisjahr 2010, erfolgt. Dass die Preissteigerung binnen der
Vertragslaufzeit - selbst unter Einschluss der fünfjährigen
Verlängerungsoption des Beklagten -auch nur annähernd die Größenordnung
erreichen konnte, ab der eine Steigerung um zehn Indexpunkte eher eintritt
als eine 6 %ige Preissteigerung, liegt ebenso fern wie ein Preisverfall um
mindestens 6 %. Damit konnte bei realistischer Betrachtung allein die
Klägerin von der Vertragsänderung profitieren, weil wesentlich früher als
nach der alten Regelung eine Mieterhöhung aufgrund der Steigerung des
Verbraucherpreisindex eintrat. Tatsächlich hat die Klägerin auch wenige
Monate nach der Vertragsänderung mit Erfolg eine um 6 % höhere Miete vom
Beklagten verlangt.
47 (3) Dass die Klägerin diese im wirtschaftlichen Ergebnis ihr
allein günstige und zudem von ihr geforderte Vertragsänderung mit Blick auf
die Formwidrigkeit dieser Änderungsvereinbarung zum Anlass nimmt, den
Mietvertrag ordentlich zu kündigen, stellt einen Fall des
rechtsmissbräuchlichen Verhaltens dar. Eine auf dieser Kündigung beruhende
Vertragsbeendigung wäre ein schlechthin untragbares Ergebnis, so dass der
Klägerin die Berufung auf den Schriftformverstoß gemäß § 242 BGB versagt
ist.
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