Täuschung durch Unterlassen (§ 123 I BGB), Voraussetzungen einer Aufklärungspflicht: Keine Obliegenheit zum "googeln"; Voraussetzung der Bestätigung eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts (§ 144 BGB), Erfordernis des Bestätigungswillens; kein Ausschluss der Anfechtung bei in Vollzug gesetztem Mietvertrag BGH, Urteil vom 11. 8. 2010 - XII ZR 192/08 Fundstelle: Amtl. Leitsatz: Der Mieter ist verpflichtet, den Vermieter vor Abschluss eines Gewerberaummietvertrags über außergewöhnliche Umstände aufzuklären, mit denen der Vermieter nicht rechnen kann und die offensichtlich für diesen von erheblicher Bedeutung sind. Zentrale Probleme: Ein sehr lehrreiches Urteil, das sich mit Grundfragen der Anfechtung nach § 123 I BGB befasst. Im Zentrum steht das Bestehen einer Aufklärungspflicht, da eine Täuschung durch Unterlassen nur relevant ist, wenn eine Aufklärungspflicht bestand. Nach der berühmten "Zauberformel" besteht dies nur dann, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise die Mitteilung von Tatsachen erwarten durfte, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind. Dabei ist auch von Bedeutung, inwieweit er sich selbst die notwendigen Informationen beschaffen kann. Beachte im übrigen auch die weiteren Ausführungen zum subjektiven Tatbestand, zur Frage der Bestätigung sowie dazu, daß auch ein in Vollzug gesetztes Mietverhältnis eine nach § 142 I BGB ex tunc wirkende Anfechtung nicht ausschließt (s. dazu auch die Anm. zu BGHZ 178, 16). Tatbestand:
1 Die Klägerin verlangt von dem Beklagten
aus abgetretenem Recht Räumung und Herausgabe eines Ladengeschäfts. 2 Mit Vertrag vom 1. Juni 2007 vermietete die C.
Immobilien GmbH und Co. KG (i. F.: Vermieterin), vertreten durch die
Klägerin, an den Beklagten in dem von Friedensreich Hundertwasser
entworfenen Geschäftshaus in M. ein Ladengeschäft zum Verkauf von Textilien
und Sortimenten im Outdoorbereich. Bestandteil des Vertrages war eine als
Anlage 5 beigefügte Sortimentsliste vom 23. Mai 2007, die allgemeine Angaben
zu dem beabsichtigten Bekleidungsangebot enthält, ohne eine Marke zu nennen.
Der Beklagte beabsichtigte, in den Mieträumen nahezu ausschließlich Waren
der Marke "Thor Steinar" zu verkaufen, die von der M. GmbH, deren
Geschäftsführer derB eklagte war, vertrieben wird. Diese Marke wird in der
Öffentlichkeit in einen ausschließlichen Bezug zur rechtsradikalen Szene
gesetzt. 3 Nachdem die Klägerin von dem beabsichtigten Angebot
der Marke "Thor Steinar" erfahren hatte, versuchte sie, den Beklagten zu
einem Verzicht auf die Eröffnung des Ladens oder auf den Vertrieb des
Warensortiments der Marke "Thor Steinar" zu bewegen. 4 Am 27. Juli 2007, dem Tag der Eröffnung des Ladens,
unterzeichnete der Beklagte auf Wunsch der Klägerin eine Erklärung zum
Mietvertrag, in der er versicherte, dass von seinem Gewerbe keine
verfassungsrechtlich relevanten Aktivitäten ausgingen und er auch keine
rechts- oder linksextremistische Parteien oder Gruppierungen finanziell
unterstütze und unterstützen werde. Diese Erklärung wurde auch von dem
Vertreter der Klägerin unterzeichnet. 5 Mit Schreiben vom 27. Juli 2007 kündigte die
Vermieterin den Mietvertrag aus wichtigem Grund. Sie wiederholte die
Kündigung mit Schreiben vom 2. August 2007 und erklärte darüber hinaus die
Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung. 6 Die Vermieterin hat ihre Ansprüche auf Räumung und
Herausgabe des Mietobjekts an die Klägerin abgetreten. 7 Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die
Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag
weiter. Entscheidungsgründe: 8 Die Revision hat keinen Erfolg. I. 9 Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in NZM
2009, 128 veröffentlicht ist, hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Beklagte sei zur Räumung und Herausgabe verpflichtet. Er habe kein Recht
zum Besitz, weil die Klägerin den Mietvertrag vom 1. Juni 2007 im Namen der
Vermieterin mit Schreiben vom 2. August 2007 wirksam wegen arglistiger
Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB angefochten habe. 10 Der Beklagte sei unter Zugrundelegung seines
eigenen Sachvortrags verpflichtet gewesen, der Klägerin im Zuge der
Vertragsverhandlungen auch ohne ausdrückliche Nachfrage mitzuteilen, dass er
weit überwiegend Ware der Marke "Thor Steinar" verkaufen wolle. Der Beklagte
habe nach seinem eigenen Vortrag gewusst, dass es Presseberichterstattung
gebe, die dem von ihm angebotenen Warensortiment eine hohe Affinität zur
rechten Szene zuweise. In dieser Berichterstattung werde die Meinung
vertreten, die Marke "Thor Steinar" werde bevorzugt von Anhängern und
Mitgliedern der rechtsradikalen Szene gekauft und getragen und als
Erkennungssymbol für die Zugehörigkeit zur "rechten Szene" genutzt.
Ausweislich des von dem Beklagten vorgelegten Artikels aus der TAZ vom 2.
Mai 2008 sei es in mehreren Fußballstadien der neuen Bundesländer, im
Bundestag und im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern verboten, Kleidung des
Labels "Thor Steinar" zu tragen. Es lasse sich zwar nach Aktenlage nicht
feststellen, dass diese Verbote bereits vor dem Abschluss des Mietvertrages
vom 1. Juni 2007 ausgesprochen worden seien. Es spreche aber nichts für das
Gegenteil. Zumindest die W. GmbH und Co. KG a.A. habe spätestens am 27.
April 2007 für Zuschauer, die Kleidung der Marke "Thor Steinar" tragen, ein
Stadionverbot verhängt. 11 Aus öffentlich zugänglichen Quellen wie dem
Artikel "Thor Steinar" in der Internet-Enzyklopädie Wikipedia sei
ersichtlich, dass bereits vor dem 1. Juni 2007 Presseberichterstattung
existiert habe, die die Marke "Thor Steinar" mit Rechtsextremismus in
Verbindung gebracht habe. Bereits aufgrund dieses negativen Bildes der Marke
in der Öffentlichkeit sei der Beklagte, unabhängig davon, ob dieses Bild zu
Recht bestehe, verpflichtet gewesen, die Vermieterin über den beabsichtigten
überwiegenden Verkauf von Waren der Marke "Thor Steinar" aufzuklären. 12 Da das Hundertwasserhaus eine Touristenattraktion
darstelle, sei für den Beklagten offensichtlich gewesen, dass es für die
Vermieterin bei der Entscheidung über den Abschluss des Mietvertrages von
ausschlaggebender Bedeutung gewesen sei, ob eine Presseberichterstattung zu
erwarten sei, die den Käuferkreis einer vom Mieter verkauften Marke in
Zusammenhang mit der rechtsextremen Szene bringe. 13 Die Verletzung der Aufklärungspflicht sei auch für
den Abschluss des Mietvertrages ursächlich gewesen. Aus der umfangreichen
Presseberichterstattung und den Reaktionen von Parlamenten und
Fußballvereinen auf die Marke "Thor Steinar" könne geschlossen werden, dass
die Kenntnis der Vermieterin von dem beabsichtigten Verkauf dieser Marke
Einfluss auf ihre Entschließung gehabt hätte. Dass dies der Fall gewesen
sei, zeige das anschließende Bemühen der Vermieterin um eine Beendigung des
Vertragsverhältnisses. 14 Den dadurch begründeten Anschein der
Ursächlichkeit der Täuschung für den Vertragsschluss habe der Beklagte nicht
entkräftet. Denn es stehe aufgrund der Beweisaufnahme fest, dass die
Vermieterin, wie der Zeuge D. glaubhaft bekundet habe, bei Nennung der Marke
während der Vertragsverhandlungen recherchiert, deren Brisanz bemerkt und
deshalb den Vertrag nicht abgeschlossen hätte. 15 Der Beklagte habe die Vermieterin auch arglistig
getäuscht. Er habe von der bereits vor Abschluss des Mietvertrages
vorhandenen kritischen Presseberichterstattung gewusst und es deshalb
mindestens ernsthaft für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen,
dass der Mietvertrag bei Kenntnis der Vermieterin von dem beabsichtigten
Verkauf der Marke "Thor Steinar" nicht zustande gekommen wäre. 16 Die Anfechtung sei auch nicht durch eine
Bestätigung des Mietvertrages gemäß § 144 BGB ausgeschlossen. Eine solche
Bestätigung sei, wie eine Würdigung der Zeugenaussagen ergebe, weder durch
die schriftliche "Erklärung zum Mietvertrag" vom 27. Juli 2007 noch mündlich
erfolgt. II. 17 Diese Ausführungen halten einer rechtlichen
Überprüfung stand. 18 Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus
abgetretenem Recht einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe. 19 Der Beklagte kann ein Recht zum Besitz nicht aus
dem Mietvertrag vom 1. Juni 2007 herleiten. Denn die Vermieterin hat
den Vertrag wirksam gemäß §§ 123 Abs. 1, 124 BGB wegen arglistiger Täuschung
angefochten. Der Mietvertrag ist deshalb als von Anfang an nichtig anzusehen
(§ 142 Abs. 1 BGB). 20 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon
ausgegangen, dass der Beklagte die Vermieterin dadurch arglistig getäuscht
hat, dass er sie vor Vertragsschluss nicht über seine Absicht, in den
Mieträumen nahezu ausschließlich Waren der Marke "Thor Steinar" zu
verkaufen, aufgeklärt hat. 21 a) Zwar besteht bei Vertragsverhandlungen
keine allgemeine Rechtspflicht, den anderen Teil über alle Einzelheiten und
Umstände aufzuklären, die dessen Willensentschließung beeinflussen könnten
(Staudinger/Singer/ v. Finckenstein BGB Bearb. 2004 § 123 Rn. 10;
MünchKommBGB/Kramer 5. Aufl. § 123 Rn. 16 bis 18; vgl. zum Kaufvertrag: BGH
Urteile vom 13. Juli 1983 - VIII ZR 142/82 - NJW 1983, 2493, 2494 und vom
12. Juli 2001 - IX ZR 360/00 - NJW 2001, 3331, 3332). Vielmehr ist
grundsätzlich jeder Verhandlungspartner für sein rechtsgeschäftliches
Handeln selbst verantwortlich und muss sich deshalb die für die eigene
Willensentscheidung notwendigen Informationen auf eigene Kosten und eigenes
Risiko selbst beschaffen (BGH Urteil vom 13. Juli 1988 - VIII ZR
224/87 - NJW 1989, 763, 764 m.w.N.). 22 Allerdings besteht nach der Rechtsprechung
eine Rechtspflicht zur Aufklärung bei Vertragsverhandlungen auch ohne
Nachfrage dann, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter
Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise die Mitteilung von
Tatsachen erwarten durfte, die für die Willensbildung des anderen Teils
offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind (RGZ 111, 233,
234; vgl. zur Aufklärungspflicht des Vermieters: Senatsurteile vom 16.
Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714, 1718; vom 28. April 2004 -
XII ZR 21/02 - NJW 2004, 2674; vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 - NJW 2006,
2618, 2619 und vom 15. November 2006 - XII ZR 63/04 - NZM 2007, 144; zur
Aufklärungspflicht des Verkäufers: BGH Urteile vom 12. Juli 2001 - IX ZR
360/00 - NJW 2001, 3331 und vom 25. Oktober 2007 - VII ZR 205/06 - NJW-RR
2008, 258 Rn. 20; Staudinger/ Singer/v. Finckenstein BGB Bearb. 2004 § 123
Rn. 11; MünchKommBGB/ Kramer 5. Aufl. § 123 Rn. 16 bis 18). Davon
wird insbesondere bei solchen Tatsachen ausgegangen, die den Vertragszweck
vereiteln oder erheblich gefährden können (BGH Urteile vom 13.
Dezember 1990 - III ZR 333/89 -NJW-RR 1991, 439 und vom 8. Dezember 1989 - V
ZR 246/87 - NJW 1990, 975, zu Kaufverträgen). Eine Tatsache von
ausschlaggebender Bedeutung kann auch dann vorliegen, wenn sie geeignet ist,
dem Vertragspartner erheblichen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. 23 Die Aufklärung über eine solche Tatsache
kann der Vertragspartner redlicherweise aber nur verlangen, wenn er im
Rahmen seiner Eigenverantwortung nicht gehalten ist, sich selbst über diese
Tatsache zu informieren (vgl. Staudinger/Singer/v. Finckenstein BGB
Bearb. 2004 § 123 Rn. 17 m.w.N.). 24 In der Gewerberaummiete obliegt es grundsätzlich
dem Vermieter, sich selbst über die Gefahren und Risiken zu informieren, die
allgemein für ihn mit dem Abschluss eines Mietvertrages verbunden sind.
Er muss allerdings nicht nach Umständen forschen, für die er keinen
Anhaltspunkt hat und die so außergewöhnlich sind, dass er mit ihnen nicht
rechnen kann. Er ist deshalb auch nicht gehalten, Internetrecherchen zum
Auffinden solcher etwaiger außergewöhnlicher Umstände durchzuführen. 25 Für die Frage, ob und in welchem Umfang eine
Aufklärungspflicht besteht, kommt es danach wesentlich auf die Umstände des
Einzelfalls an. 26 b) Das Berufungsgericht hat ausgehend von diesen
Grundsätzen rechtsfehlerfrei eine Aufklärungspflicht des Beklagten wegen der
besonderen Umstände des Falles bejaht. 27 Das Mietobjekt lag in dem von dem Künstler
Friedensreich Hundertwasser entworfenen, im Zentrum von M. gelegenen so
genannten "Hundertwasserhaus", das mit einer Gesamtmietfläche von 7000 qm
von der Vermieterin als Geschäftshaus konzipiert war und aufgrund seiner
besonderen Gestaltung eine Attraktion für Touristen und Kunden sein sollte. 28 Nach den revisionsrechtlich nicht angreifbaren
Feststellungen des Berufungsgerichts wurde dieses Ziel durch den von dem
Beklagten geplanten Verkauf von Waren der Marke "Thor Steinar", die
unstreitig in der öffentlichen Meinung ausschließlich der rechtsradikalen
Szene zugeordnet werden, gefährdet. Denn der Verkauf solcher Waren kann zur
Folge haben, dass das Hundertwasserhaus in den Ruf gerät, Anziehungsort für
rechtsradikale Käuferschichten zu sein und damit ein Ort, an dem - auch
aufgrund von Demonstrationen - gewaltsame Auseinandersetzungen zu erwarten
sind. Diese, das gesamte Anwesen treffende mögliche rufschädigende Wirkung
ist geeignet, Kunden und Touristen fernzuhalten und damit andere Mieter im
Anwesen zu einer Minderung oder Beendigung des Mietvertrages zu veranlassen
und potentielle Mieter von dem Abschluss eines Mietvertrages abzuhalten. Der
Verkauf von Waren der Marke "Thor Steinar" kann deshalb der Vermieterin
erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen. 29 Darüber hinaus ist die Vermietung von Räumen zum
Verkauf von Waren, die in der öffentlichen Meinung ausschließlich der
rechtsradikalen Szene zugeordnet werden, geeignet, den Vermieter in der
öffentlichen Meinung in die Nähe zu rechtsradikalem Gedankengut zu stellen
und sich auch deshalb geschäftsschädigend für ihn auszuwirken. 30 Im Hinblick auf diese möglichen gravierenden
Auswirkungen war der beabsichtigte Verkauf von Waren dieser Marke für die
Vermieterin von erheblicher Bedeutung. 31 Sie durfte darüber auch redlicherweise eine
Aufklärung erwarten. Denn sie konnte ohne einen Hinweis auf die
Marke nicht erkennen, dass der Beklagte in den Mieträumen Waren verkaufen
wollte, die nahezu ausschließlich rechtsradikalen Kreisen zugeordnet werden.
Sie hatte auch keine Veranlassung, dies anzunehmen. Denn bei dem Verkauf
solcher Waren handelt es sich um einen außergewöhnlichen Umstand, mit dem
sie nicht rechnen musste. Darüber hinaus bestand für sie aufgrund der
verharmlosenden Angaben des Beklagten zum Sortiment kein Anlass zu einer
Nachfrage. 32 Im Hinblick auf diese dem Beklagten bekannten
Umstände musste es sich ihm aufdrängen, dass sich die Vermieterin insoweit
über die Waren, die er zum Verkauf anbieten wollte, im Irrtum befand und
dass der beabsichtigte Verkauf von Waren der Marke "Thor Steinar" für deren
Entscheidung, den Mietvertrag abzuschließen, von erheblicher Bedeutung war. 33 Der Beklagte war deshalb nach Treu und Glauben und
den Grundsätzen eines redlichen Geschäftsverhaltens verpflichtet, die
Vermieterin über den beabsichtigten Verkauf von nahezu ausschließlich Waren
der Marke "Thor Steinar" zu informieren. 34 c) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch
die subjektiven Voraussetzungen für eine arglistige Täuschung durch
unterlassene Aufklärung bejaht. Nach seinen Feststellungen wusste der
Beklagte, dass die Marke "Thor Steinar" in der öffentlichen Meinung
rechtsradikalen Kreisen zugeordnet wird und dass zum Zeitpunkt des
Abschlusses des Mietvertrages zumindest in Fußballstadien von W. ein Verbot
für das Tragen von "Thor Steinar" bestand. Ihm war deshalb bewusst, dass der
Verkauf von Waren dieser Marke in dem von Friedensreich Hundertwasser
gestalteten großen Geschäftshaus geeignet war, erhebliche wirtschaftliche
Nachteile für die Vermieterin zu verursachen. Daraus ergibt sich, dass er
zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass die Vermieterin den
Mietvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie vom Vertragsschluss Kenntnis
von dem beabsichtigten Verkauf der Marke "Thor Steinar" gehabt hätte. 35 d) Das Berufungsgericht hat weiter
rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Verletzung der Aufklärungspflicht für
den Entschluss der Vermieterin, den Mietvertrag abzuschließen, ursächlich
war. Wie oben ausgeführt, handelte es sich bei dem beabsichtigten Verkauf
von Waren der Marke "Thor Steinar" um einen Umstand, der angesichts der
drohenden wirtschaftlichen Auswirkungen für die Vermieterin von erheblicher
Bedeutung war. Diese Annahme wird zusätzlich gestützt durch das Verhalten
der Vermieterin nach Kenntniserlangung von diesem Umstand. Sie hat nämlich
noch am Tag der Eröffnung des Ladens durch den Beklagten am 27. Juli 2007
versucht, sich von dem Mietvertrag zu lösen. 36 2. Entgegen der Ansicht der Revision ist die
Anfechtung des Mietvertrages auch nicht gemäß § 144 BGB durch eine
Vertragsbestätigung der Vermieterin ausgeschlossen. 37 Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon
aus, dass eine hier allein in Betracht kommende konkludente Bestätigung des
anfechtbaren Vertrages nur vorliegt, wenn das Verhalten des
Anfechtungsberechtigten eindeutig Ausdruck eines Bestätigungswillens ist und
jede andere, den Umständen nach einigermaßen verständliche Deutung
ausscheidet (Senatsurteil vom 1. April 1992 - XII ZR 20/91 - NJW-RR
1992, 779, 780; BGH Urteil vom 2. Februar 1990 - V ZR 266/88 - BGHZ 110,
220, 222). Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise ebenso wie das Landgericht die Zeugenaussagen dahin
gewürdigt, dass weder aus der schriftlichen Erklärung des Beklagten vom 27.
Juli 2007, noch aus den mündlichen Besprechungen an diesem Tag, noch aus der
Überreichung eines Hundertwasserbildes anlässlich der Geschäftseröffnung auf
eine Bestätigung des Mietvertrages durch die Vermieterin geschlossen werden
kann. Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts ist umfassend und in sich
widerspruchsfrei. Sie verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine
Erfahrungssätze. 38 3. Die Anfechtung ist auch nicht deshalb
ausgeschlossen, weil der Mietvertrag zum Zeitpunkt der Anfechtung bereits in
Vollzug gesetzt war. Eine auf Abschluss eines Mietvertrages gerichtete
Willenserklärung kann auch nach Überlassung der Mietsache wegen arglistiger
Täuschung angefochten werden (Senatsurteil
vom 6. August 2008 - XII ZR 67/06 - BGHZ 178, 16 Rn. 34 f.). |