Verhältnis von
Arglistanfechtung und fristloser Kündigung bei einem Mietvertrag (kein
"fehlerhaftes Mietverhältnis"); Verhältnis von Arglistanfechtung und
Gewährleistungsrecht; Rückwirkung der Anfechtung, Anfechtungsausschluss nach
Treu und Glauben (§ 242 BGB); Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht: Höhe
des Wertersatzes
BGH, Urteil vom 6. August
2008 - XII ZR 67/06
Fundstelle:
NJW 2009, 1266
BGHZ 178, 16
Amtl. Leitsatz:
a) Die Anfechtung eines
Mietvertrages über Geschäftsräume wegen arglistiger Täuschung ist auch nach
Überlassung der Mieträume und Beendigung des Mietvertrages neben der
Kündigung zulässig.
Sie wirkt gemäß § 142 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
zurück.
b) Der in Höhe der ortsüblichen Miete bestehende Anspruch auf Wertersatz
gemäß § 818 Abs. 2 BGB unterliegt bei nichtigem Mietvertrag wie ein
Mietzinsanspruch der Umsatzsteuer (Fortführung Senatsurteil vom 22. Oktober
1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192)
Zentrale Probleme:
Eine für die Ausbildung ergiebige Entscheidung: Der BGH
entscheidet die str. Frage, ob bei einem in Vollzug gesetzten Mietvertrag
eine Anfechtung nach § 123 I BGB möglich ist, oder ob die
Anfechtungsmöglichkeit durch die Möglichkeit zur (nur ex nunc wirkenden)
außerordentlichen Kündigung gem. § 543 BGB verdrängt wird. Der Vermieter
hatte den Mieter über die Nutzbarkeit der vermieteten Räume als Büroräume
arglistig getäuscht. S. dazu auch BGH NJW
2010, 3362.
Der Senat spricht sich mit überzeugenden Gründen für eine Zulässigkeit der
Arglistanfechtung sowie für deren ex tunc-Wirkung (§ 142 I BGB) aus. Er
begründet dies maßgeblich mit den unterschiedlichen Schutzzwecken: Während
die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB die rechtsgeschäftliche
Entschließungsfreiheit schützt und deren Beeinträchtigung durch rückwirkende
Vernichtung der Erklärung beseitigt, ist Gegenstand der
Gewährleistungsrechte und der außerordentlichen Kündigung eine aktuelle
Leistungsstörung, der durch Minderung und Schadensersatz bzw. durch
Beendigung des Vertrages Rechnung getragen wird. Diese unterschiedlichen
Schutzzwecke lassen es nicht zu, dass das Anfechtungsrecht wegen arglistiger
Täuschung nach Überlassung der Mietsache durch das Recht zur
außerordentlichen Kündigung verdrängt wird. Die Parallele zur ex
nunc-Wirkung der Anfechtung im Arbeits- und Gesellschaftsrecht (so die Lehre
vom fehlerhaften Arbeits- bzw. Gesellschaftsverhältnis, s. BAG NJW 1984, 446
zum Arbeitsrecht, BGH
NJW 2001, 2718 sowie
BGH v. 29.11.2004 - II ZR
6/03 zum Gesellschaftsrecht, s. dazu die Anm. zu
S. die Anm. zu
BGH
NJW 1992, 1501) wird ausdrücklich verworfen.
Der Senat betont obiter auch, daß auch im Kaufrecht die Möglichkeit der
Arglistanfechtung nicht durch das Gewährleistungsrecht verdrängt wird. Die
Entscheidung enthält darüber hinaus Lehrreiches zu § 123 BGB. Von Interesse
ist dabei insbesondere der Ausschluß der Arglistanfechtung nach § 242 BGB,
wenn der Getäuschte nicht (mehr) beeinträchtigt ist. Das war aber hier nicht
der Fall: Zwar hatte der Getäuschte die Mieträume gar nicht als Büroräume
genutzt, jedoch hätte er sich bei Kenntnis der Tatsache, daß sie als solche
nicht nutzbar waren, nicht auf diesen Mietpreis eingelassen. Auch lag keine
konkludente Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts nach § 144 BGB vor,
weil diese voraussetzt, daß der Anfechtungsberechtigte die Anfechtbarkeit
zumindest für möglich hält (Bestätigungswille).
Es kommt damit zu einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung. Der Mieter
hat als "Leistung" die Gebrauchsüberlassung herauszugeben. Da diese nicht
herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert, d.h. die
ortsübliche Miete herauszugeben. Zu recht lehnt der Senat einen Anspruch auf
Herausgabe einen Erlös aus einer Untervermietung ab. Diese
Verdienstmöglichkeit war in der Gebrauchsüberlassung inbegriffen.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten über die Abwicklung eines inzwischen beendeten, von
der Beklagten nachträglich wegen arglistiger Täuschung angefochtenen
Mietvertrages über Wohn- und Geschäftsräume.
2 Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung restlicher Miete und
rückständiger Nebenkosten. Sie hatte zunächst von der Beklagten und den
früheren weiteren Beklagten zu 2 und 3 Räumung und Herausgabe des
Mietobjekts verlangt. Insoweit war der Rechtsstreit von den Parteien in der
mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 28. August 2002
übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
3 Die Klägerin schloss am 30. Juli 1997 mit der Beklagten für die Zeit vom
1. August 1997 bis zum 31. Juli 2002 einen Mietvertrag über "Büroräume im
Souterrain, Hochparterre und 2. Obergeschoss" (§ 1 Ziff. 1 des
Mietvertrages) in einer von ihr 1996/1997 sanierten Altbauvilla. Beide
Parteien konnten den Mietvertrag durch einmalige Option um fünf Jahre
verlängern (§ 2 Ziff. 2 des Mietvertrages). Laut § 1 Ziff. 2 des
Mietvertrages wurden die Mieträume in vollständig renoviertem und für den
vertragsgemäßen Gebrauch nutzbaren Zustand übergeben.
4 Der monatliche Staffelmietzins wurde zunächst mit 8.200 DM sowie 60 DM für
den Kfz-Stellplatz jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Die
monatliche Betriebs- und Nebenkostenvorauszahlung sollte 1.341 DM betragen
(§ 4 Ziff. 3 des Mietvertrages).
5 Die Beklagte vermietete mit Zustimmung der Klägerin die Räume im
Souterrain und im Hochparterre als Büroräume zum Betrieb einer
Anwaltskanzlei an die früheren Beklagten zu 2 und zu 3. Das zweite
Obergeschoss vermietete sie an die frühere Beklagte zu 3 als Wohnraum.
6 Die Beklagte zahlte wegen verschiedener behaupteter Mängel seit November
1997 zeitweise lediglich eine geminderte Miete und gekürzte
Nebenkostenvorauszahlung. Die Klägerin veranlasste verschiedene
Mängelbeseitigungsmaßnahmen.
7 Wegen der Zahlungsrückstände erklärte die Klägerin am 8. Februar 2000 und
in der Folgezeit wiederholt die fristlose Kündigung des Mietvertrages.
8 Mit Schreiben vom 27. Dezember 2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit,
dass sie die Wohnräume im zweiten Obergeschoss zum 31. Dezember 2001 geräumt
an die Klägerin herausgeben werde und übte vorsorglich das vertraglich
vereinbarte Optionsrecht zur Verlängerung des Mietvertrages um weitere fünf
Jahre aus. Mit weiterem Schreiben vom 24. Juli 2002 erklärte sie der
Klägerin, sie werde im Hinblick darauf, dass der Mietvertrag am 31. Juli
2002 vertragsgemäß ende, das Mietobjekt an diesem Tag geräumt an die
Klägerin herausgeben.
9 Das Landgericht hat der gegen die Beklagte zuletzt auf Zahlung von
76.599,27 € gerichteten Klage in Höhe von 48.696,49 € stattgegeben und die
Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat der Beklagten und den früheren Beklagten
zu 2 und zu 3 gemäß § 91 a ZPO die Kosten der Räumungsklage auferlegt. Gegen
dieses Urteil haben die Klägerin, die Beklagte und die früheren Beklagten zu
2 und zu 3 Berufung eingelegt. In zweiter Instanz hat die Beklagte mit
Schriftsatz vom 6. August 2004 die Anfechtung des Mietvertrages wegen
arglistiger Täuschung erklärt und Hilfswiderklage auf Rückzahlung der
geleisteten Kaution zuzüglich Zinsen in Höhe von insgesamt 15.320,69 € sowie
Stufenwiderklage auf Abrechnung der Mietkaution von 12.761,85 € nebst
angefallenen Zinsen und Zahlung des sich danach ergebenden Betrages an die
Beklagte erhoben.
10 Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage
abgewiesen und die Klägerin auf die Hilfswiderklage verurteilt, an die
Beklagte 12.761,85 € zu zahlen. Im Übrigen hat es die Hilfswiderklage der
Beklagten abgewiesen und deren Stufenwiderklage als unzulässig
zurückgewiesen. Die Berufungen der Klägerin und der früheren Beklagten zu 2
und zu 3 hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung
ihrer Berufung und ihre Verurteilung zur Zahlung richtet sich die Revision
der Klägerin, die der Senat dahin auslegt, dass die Klägerin das
Berufungsurteil nur angreift, soweit es sie beschwert.
11 Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Fragen zugelassen,
ob die Anfechtung eines Mietvertrages nach Überlassung der Mietsache neben
der Kündigung - gegebenenfalls mit Rückwirkung - zulässig ist, ferner ob ein
steuerbares Geschäft im Hinblick auf den Nutzungsersatzanspruch aus
ungerechtfertigter Bereicherung anzunehmen ist.
Entscheidungsgründe:
12 Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
13 Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe keinen
Zahlungsanspruch gegen die Beklagte wegen der Nutzung der Mieträume.
Mietvertragliche Ansprüche bestünden schon deshalb nicht, weil die Beklagte
den Mietvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe.
14 Die Klägerin habe die Beklagte arglistig über die Gebrauchstauglichkeit
der Souterrainräume als vollwertige Büroräume getäuscht. Aufgrund des
eindeutigen Wortlauts des schriftlichen Mietvertrages und der Anhörung der
Parteien stehe zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Parteien
übereinstimmend eine Vermietung des Souterrains zur Nutzung als vollwertige
Büroräume gewollt hätten und Hinweise auf eine etwaige eingeschränkte
Benutzbarkeit durch die Klägerin auch nicht erteilt worden seien. Die Räume
im Souterrain seien jedoch öffentlich-rechtlich nur zur Nutzung als
Nebenflächen, in denen ein dauernder Aufenthalt von Menschen nicht gestattet
sei, zugelassen und hätten deshalb - ungeachtet ihrer tatsächlichen
Nutzbarkeit - nicht als Büroräume genutzt werden dürfen. Die Klägerin habe
somit der Beklagten im Souterrain Räume vermietet, die für den vertragsgemäß
vorausgesetzten Zweck, nämlich zur Nutzung als vollwertige Büroflächen,
nicht geeignet gewesen seien. Hierüber sei die Beklagte getäuscht worden.
Denn sie habe die eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit bei Abschluss des
Mietvertrages weder gekannt noch kennen müssen. Die Klägerin habe die
Beklagte auch arglistig getäuscht. Nach der Beweisaufnahme stehe zur
Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Klägerin die eingeschränkte
Nutzbarkeit des Souterrains gekannt und bewusst gegenüber der Beklagten
verschwiegen habe. Dies ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen K. -von K.
und von B. , die übereinstimmend bekundet hätten, die Klägerin sei schon in
der Planungsphase der Sanierungsarbeiten davon in Kenntnis gesetzt worden,
dass insbesondere im Hinblick auf den Fußbodenaufbau die Souterrainräume
nicht als vollwertige Büroräume hergestellt werden könnten. Dementsprechend
sei mit dem Bauantrag in Abstimmung mit der Klägerin auch nur eine
Genehmigung zur Nutzung der Räume im Souterrain als Nebenfläche beantragt
worden. Diese Aussagen der Zeugen stünden im Einklang mit den von der
Klägerin gestellten Anträgen und Eingaben im Baugenehmigungsverfahren, in
denen die Räume im Souterrain stets als Büronebenräume bezeichnet gewesen
seien. Schließlich habe die Klägerin bei ihrer Anhörung selbst eingeräumt,
die Räume im Souterrain seien als Nebenflächen im Bauantrag deklariert
worden, um leichter eine Baugenehmigung zu erhalten. Sie habe folglich
billigend in Kauf genommen, dass die vertragsgemäß vorgesehene Nutzung
bauordnungsrechtlich nicht zulässig gewesen sei. Darin liege jedenfalls eine
bedingt vorsätzliche Täuschung der Beklagten durch das Verschweigen
entscheidungserheblicher Tatsachen für die Nutzung der Mieträume. Diese
Täuschung sei auch für den Abschluss des Mietvertrages kausal gewesen. Es
habe auf der Hand gelegen, dass die Beklagte den Mietvertrag nicht
abgeschlossen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Räume im Untergeschoss
nur als Nebenflächen genutzt werden durften. Der Klägerin sei zudem klar
gewesen, dass bei fehlender Nutzbarkeit als vollwertige Büroräume insgesamt
nur ein niedrigerer Mietpreis zu erzielen gewesen sei.
15 Die Beklagte habe die Anfechtung auch binnen der Jahresfrist des § 124
BGB erklärt. Sie habe von der mangelnden Nutzbarkeit der Räume im Souterrain
als Bürovollflächen erst am 24. März 2004 im Verhandlungstermin beim
Oberlandesgericht in dem Rechtsstreit der Klägerin gegen ihren Architekten
K. -von K. Kenntnis erlangt. In diesem Termin habe der Zeuge K. -von K.
erklärt, eine Nutzung der Souterrainräume als Büroräume sei von vornherein
nicht in Betracht gekommen, weil hierfür umfangreiche Baumaßnahmen hätten
durchgeführt werden müssen, welche die Klägerin nicht habe vornehmen wollen.
Eine frühere Kenntnis der Beklagten könne nicht positiv festgestellt werden.
16 Der Anfechtung stehe auch nicht entgegen, dass der Mietvertrag
tatsächlich durchgeführt und zwischenzeitlich sogar längst beendet worden
sei. Dies habe nicht zur Folge, dass die Wirkung der Anfechtung entgegen §
142 Abs. 1 BGB keine Nichtigkeit des Mietverhältnisses von Anfang an nach
sich ziehe, sondern ausnahmsweise nur eine Nichtigkeit mit Wirkung ab Zugang
der Anfechtungserklärung eintrete. Diese Rechtsfragen zur Anfechtbarkeit von
Mietverträgen seien in der Literatur seit längerer Zeit umstritten. Das
Berufungsgericht folge der Auffassung, wonach es beim Mietvertrag bei den
allgemeinen Wirkungen der Anfechtung, insbesondere der Nichtigkeit des
Rechtsgeschäfts von Anfang an, bleibe. Die Regeln über die Anfechtung im
Allgemeinen Teil des BGB hätten grundsätzlich für alle Verträge Geltung. Ein
hinreichender Grund für einen gänzlichen Ausschluss der Anfechtung oder eine
Abweichung von der gesetzlichen Rechtsfolge des § 142 Abs. 1 BGB sei nicht
gegeben. Die in den Bereichen des Gesellschafts- und Arbeitsrechts
angestellten Überlegungen seien auf die Geschäftsraummiete nicht
übertragbar. Die sich dort aus sozialen Erwägungen ergebenden
Einschränkungen könnten allenfalls im Wohnungsmietrecht, nicht aber im
Gewerbemietrecht herangezogen werden, weil vergleichbare soziale
Verbundenheiten wie im Arbeits- und Gesellschaftsrecht bei der Gewerbemiete
nicht vorlägen. Es handele sich dabei vielmehr um ein schlichtes, auf
Austausch angelegtes Dauerschuldverhältnis ohne die Begründung irgendwie
gearteter persönlicher Beziehungen. Die teilweise erwähnten Schwierigkeiten
bei der Rückabwicklung in Vollzug gesetzter Mietverhältnisse rechtfertigten
nicht das Abweichen von gesetzlichen Vorschriften. Die Rückabwicklung sei
rechtlich und tatsächlich möglich und könne nach den Regeln des
Bereicherungsausgleichs durchgeführt werden.
17 Auch die Gewährleistungsregeln in §§ 536 ff. BGB ersetzten die Regeln
über die Anfechtung nicht. Eine Parallele zum Kaufrecht könne nicht zur
Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten im Mietrecht herangezogen werden.
Zum einen sei auch im Kaufrecht eine derartige Einschränkung umstritten, zum
andern sei die Interessenlage dort eine andere als im Mietrecht.
18 Da das Mietverhältnis aufgrund der Anfechtung als von Anfang an nichtig
anzusehen sei, könne die Klägerin entsprechend ihrer Hilfsbegründung gegen
die Beklagte Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen.
Der Klägerin stehe als Eigentümerin der Räume ein Anspruch auf Wertersatz
aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 , 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB zu. Zu ersetzen sei
der objektive Verkehrswert der Gebrauchsvorteile, welche die Beklagte
erlangt habe. Dabei seien die Wohn- und Büroräume sowie der Pkw-Stellplatz
zu berücksichtigen. Zwar könnten grundsätzlich auch verbrauchsabhängige
Nebenkosten zu den erlangten Vorteilen gehören. Hierzu habe die Klägerin
allerdings unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nicht
schlüssig vorgetragen. Hinsichtlich der Jahre bis 2000 seien
Nebenkostenabrechnungen erstellt worden und in eine Gesamtabrechnung
eingeflossen. Diese beinhalte zu erheblichen Teilen verbrauchsunabhängige
Bestandteile (z.B. 30 % Grundkosten für Heizung und Warmwasser,
Versicherungen, Grundsteuer), die nach Bereicherungsrecht nicht verlangt
werden könnten, weil es sich nicht um Gebrauchsvorteile oder gezogene
Nutzungen handele. Dem Vortrag der Klägerin könne nicht entnommen werden,
hinsichtlich welcher konkreten Nutzungsvorteile eine Bereicherung der
Beklagten noch vorliegen solle. Die vorgelegten Abrechnungen sprächen im
Gegenteil eher für eine Überzahlung durch die Beklagte. Von den Ansprüchen
der Klägerin seien die von der Beklagten im Laufe der Jahre auf das nichtige
Mietverhältnis erbrachten Leistungen in Abzug zu bringen. Nach einer
Saldierung der gegenseitigen Ansprüche verbleibe kein Überschuss zu Gunsten
der Klägerin. Damit sei die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit dem Anspruch
auf Rückzahlung der geleisteten Kaution gegenstandslos.
19 Der Beklagten stehe gegen die Klägerin der mit der Hilfswiderklage
erhobene Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Mietkaution aus
Bereicherungsrecht zu. Die Klägerin habe aufgrund des anfechtungsbedingten
Wegfalls des Mietvertrages keinen Anspruch auf die Kaution. Die gegenüber
dem Rückzahlungsanspruch erklärte Hilfsaufrechnung der Klägerin mit
Schadensersatzansprüchen wegen Ausübung der Verlängerungsoption durch die
Beklagte greife nicht durch. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch
scheide schon deshalb aus, weil der Mietvertrag als Grundlage für etwaige
Ansprüche insgesamt nach der Anfechtung entfallen sei. Es sei auch keine
andere Rechtsgrundlage gegeben.
II.
20 Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen
Punkten stand.
21 1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die
Klägerin die Beklagte arglistig darüber getäuscht hat, dass es sich bei den
Räumen im Souterrain - ungeachtet ihrer tatsächlichen Nutzbarkeit - um
Büronebenflächen gehandelt hat, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen
nicht zugelassen waren und damit als vollwertige Büroräume nicht genutzt
werden durften.
22 Der dagegen gerichtete Einwand der Revision, das Berufungsgericht
verstoße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze, wenn es aus der
rechtlichen Unzulässigkeit der Nutzung schließe, die Räume seien auch
tatsächlich nicht als Büroräume nutzbar gewesen, greift nicht. Zum einen hat
das Berufungsgericht diesen Schluss nicht gezogen. Zum anderen steht es
der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht entgegen, dass die Räume
von der Beklagten tatsächlich als Büroräume genutzt worden sind. Für die
Anfechtbarkeit der auf Abschluss des Mietvertrages gerichteten
Willenserklärung ist vielmehr entscheidend, ob die Klägerin durch positives
Tun oder Unterlassen gegenüber der Beklagten das Vorhandensein eines
Umstandes vorgespiegelt hat, der für deren Willensbildung, den Mietvertrag
abzuschließen, von wesentlicher Bedeutung war.
23 Davon ist nach den getroffenen Feststellungen auszugehen. Die Klägerin
hat es unterlassen, die Beklagte über den Umstand in Kenntnis zu setzen,
dass die Souterrainräume aufgrund ihres baulichen Zustands für den dauernden
Aufenthalt von Menschen bauordnungsrechtlich nicht genehmigt und auch nicht
genehmigungsfähig waren, und damit nicht als vollwertige Büroräume genutzt
werden durften. Dieser Umstand war, wie das Berufungsgericht zu Recht
angenommen hat, für die Entscheidung der Beklagten, den Mietvertrag
abzuschließen, von wesentlicher Bedeutung. Denn sie wollte die
Souterrainräume zur Nutzung als Büroräume mieten. Im Hinblick darauf, dass
bei einer bauordnungswidrigen Nutzung mit einer behördlichen
Nutzungsuntersagung gerechnet werden musste, kann nicht davon ausgegangen
werden, dass die Beklagte den Mietvertrag, wie geschehen, abgeschlossen
hätte, wenn sie Kenntnis von der insoweit fehlenden Genehmigung gehabt
hätte.
24 Das Berufungsgericht hat weiter rechtsfehlerfrei und von der Revision
nicht beanstandet aufgrund der Aussagen der Zeugen K. -von K. und von B.
sowie des von der Klägerin selbst unterzeichneten, am 2. Februar 1996
eingereichten Antrags auf Baugenehmigung angenommen, dass die Klägerin bei
Abschluss des Mietvertrages, am 30. Juli 1997, die eingeschränkte
Nutzbarkeit des Souterrains gekannt und diese der Beklagten bewusst
verschwiegen hat.
25 Die Klägerin hat somit die Beklagte durch arglistige Täuschung zum
Abschluss des Mietvertrages veranlasst. Die hierauf gestützte, von der
Beklagten mit Schriftsatz vom 6. August 2004 erklärte, der Klägerin am 12.
August 2004 zugestellte Anfechtung des Mietvertrages ist nach den
unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch binnen der
Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB erfolgt und damit wirksam.
26 2. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Anfechtung
nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil der Mietvertrag zum Zeitpunkt der
Anfechtung tatsächlich durchgeführt und sogar beendet war.
27 Während nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur eine
Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung vor Übergabe der
Mietsache uneingeschränkt zulässig ist und gemäß § 142 Abs. 1 BGB
Nichtigkeitswirkung von Anfang an entfaltet, besteht Uneinigkeit darüber, ob
und gegebenenfalls mit welcher Rechtsfolge eine Anfechtung des Mietvertrages
wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB auch nach Übergabe der
Mietsache möglich ist.
28 a) Teilweise wird vertreten, das Recht zur Anfechtung wegen
arglistiger Täuschung werde, sobald der Mietvertrag durch Überlassung der
Mietsache vollzogen sei, durch das Recht zur fristlosen Kündigung aus
wichtigem Grund gemäß § 543 BGB verdrängt, soweit sich der Willensmangel auf
verkehrswesentliche Eigenschaften des Mietobjekts selbst beziehe (Roquette
Das Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches vor §§ 537 bis 542 Rdn. 16, 20;
Sternel Mietrecht 3. Aufl. I Rdn. 245; Bub in: Bub/Treier Handbuch der
Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. II Rdn. 673; offen gelassen in
Senatsurteil BGHZ 137, 255, 266). Die Verdrängung der
Anfechtungsmöglichkeit durch die Gewährleistungs- und Kündigungsvorschriften
benachteilige den Anfechtungsberechtigten nicht, weil diese ihm einerseits
wie bei der Anfechtung die Möglichkeit gäben, das Vertragsverhältnis
aufzulösen, andererseits die Rückabwicklung erleichterten. Habe der
Anfechtungsberechtigte die Vertragsleistung der Gegenseite in Anspruch
genommen, so verdiene er es nicht, besser gestellt zu werden als bei einer
fristlosen Kündigung (Sternel aaO).
29 b) Nach der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur kann
zwar eine auf Abschluss eines Mietvertrages gerichtete Willenserklärung auch
nach Überlassung der Mietsache wegen arglistiger Täuschung stets angefochten
werden (RGZ 157, 173, 174; KG NZM 2002, 21; LG Mannheim ZMR 1990, 303;
Emmerich/Sonnenschein/Rolfs Miete 9. Aufl. § 542 BGB Rdn. 82; Soergel/Heintzmann
BGB 12. Aufl. vor § 542 Rdn. 2; Hübner/Griesbach/Schrei-ber in:
Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete Kap. 14 Rdn. 214; Kraemer
in: Bub/Treier aaO Kap. III Rdn. 1326; MünchKomm/Häublein BGB 5. Aufl. vor §
536 Rdn. 24). Umstritten ist jedoch, ob die nach Überlassung der
Mietsache erfolgte Anfechtung den Mietvertrag gemäß § 142 Abs. 1 BGB
rückwirkend (ex tunc) oder nur mit Wirkung ab Zugang der
Anfechtungserklärung (ex nunc) vernichtet (offen gelassen in
Senatsurteil BGHZ 137, 255, 266 und BGH Urteil vom 10. Juli 1968 - VIII ZR
180/66 - WM 1968, 1306, 1307).
30 aa) Die Ansicht, die die Anfechtung vollzogener Mietverträge wegen
arglistiger Täuschung entgegen § 142 Abs. 1 BGB nur mit Wirkung ab Zugang
der Anfechtungserklärung (ex nunc) zulässt, beruft sich zur Begründung zum
einen darauf, dass ein bereits vollzogenes Mietverhältnis nur unter
Inkaufnahme großer Schwierigkeiten abgewickelt werden könne und deshalb eine
Beendigung ex nunc sachgerechter sei (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht
9. Aufl. vor § 535 BGB Rdn. 7; Staudinger/Rolfs BGB [2006] § 542 Rdn. 179).
Zum anderen stellt sie darauf ab, dass eine einmal begonnene
Dauerleistung nur beendet, nicht aber rückgängig gemacht werden könne
(vgl. Roquette aaO vor §§ 537 bis 542 Rdn. 17; LG Nürnberg-Fürth MDR 1966,
1003, 1004). Schließlich verweist sie darauf, dass mit Bezug der
Mieträume ein sozialer Tatbestand geschaffen werde, der einen Bestands- und
Vertrauensschutz begründe (für die Wohnraummiete: Hille WuM 1984, 292,
293) und in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Gesellschafts- und
Arbeitsrecht für die Zulassung einer Anfechtung mit Wirkung ex nunc spreche.
31 bb) Die Auffassung, die auch bei der Anfechtung in Vollzug gesetzter
Mietverträge wegen arglistiger Täuschung von der in § 142 Abs. 1 BGB
geregelten rückwirkenden Vernichtung des Rechtsgeschäfts ausgeht (RGZ
86, 334; 102, 225, 226; 157, 173, 174; KG MDR 1967, 404; KG NZM 2002, 21;
Soer-gel/Heintzmann aaO vor § 542 Rdn. 2; Erman/Jendrek BGB 12. Aufl. vor §
536 Rdn. 20; Schmid DWW 1985, 302; Fischer NZM 2005, 567, 571; Emmerich NZM
1998, 692, 694 f.) verweist darauf, dass für Mietverträge kein Anlass
bestehe, von der gesetzlichen Bestimmung des § 142 Abs. 1 BGB durch
Richterrecht abzuweichen. Es handele sich bei Mietverträgen um "normale"
schuldrechtliche Verträge, für die grundsätzlich die Vorschriften des
allgemeinen Teils des BGB Geltung hätten. Es sei nicht ersichtlich, was bei
der Rückabwicklung eines fehlerhaften Mietvertrages nach den
bereicherungsrechtlichen Vorschriften erschwert sein solle.
32 Auch sei beim Mietvertrag eine dem Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag
vergleichbare Interessenlage, die eine Einschränkung der Anfechtungswirkung
rechtfertigen könne, nicht gegeben. Im Gegensatz zum Arbeits- oder
Gesellschaftsvertrag werfe die Rückabwicklung beim Mietvertrag auch keine
besonderen Schwierigkeiten auf, weil es sich um ein einfach strukturiertes
synallagmatisches Austauschverhältnis handele (Hille WuM 1984, 292; Emmerich
NZM 1998, 692, 695; Fischer NZM 2005, 567, 570; Weimar MDR 1966, 1004).
Soweit die Rückwirkung damit abgelehnt werde, der Vollzug des
Mietverhältnisses habe einen sozialen Tatbestand geschaffen, der nur noch
für die Zukunft beseitigt werden könne, könne diese Überlegung im Bereich
des Gesellschafts- und Arbeitsrechts berechtigt sein. Jedenfalls für das
Gebiet der Geschäftsraummiete lasse sich ein die Rückabwicklung
ausschließender sozialer Einschlag jedoch nicht erkennen (KG NZM 2002, 21).
33 3. Der Senat schließt sich in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht
der letzteren Ansicht an.
34 a) Das Recht zur Anfechtung der auf Abschluss des Mietvertrages
gerichteten Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung wird auch nach
Vollzug des Mietvertrages nicht durch die mietrechtlichen
Gewährleistungsvorschriften (§§ 536 ff. BGB) und das Recht zur fristlosen
Kündigung gemäß § 543 BGB verdrängt, weil die Anfechtung wegen arglistiger
Täuschung einerseits und die Gewährleistungs- sowie die
Kündigungsvorschriften andererseits unterschiedliche Sachverhalte regeln und
unterschiedliche Schutzzwecke haben.
35 Während die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB die rechtsgeschäftliche
Entschließungsfreiheit schützt und deren Beeinträchtigung durch rückwirkende
Vernichtung der Erklärung beseitigt, ist Gegenstand der
Gewährleistungsrechte und der außerordentlichen Kündigung eine aktuelle
Leistungsstörung, der durch Minderung und Schadensersatz bzw. durch
Beendigung des Vertrages Rechnung getragen wird (vgl. Staudinger/Rolfs aaO §
542 BGB Rdn. 179). Diese unterschiedlichen Schutzzwecke lassen es nicht zu,
dass das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung nach Überlassung der
Mietsache durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung verdrängt wird.
36 b) Eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 142 Abs. 1 BGB ist
nach Ansicht des Senats bei der Geschäftsraummiete nicht gerechtfertigt.
37 aa) Die Schwierigkeiten, die sich bei der Rückabwicklung vollzogener
Dauerschuldverhältnisse aufgrund des Zeitablaufs und der Anzahl der
rückabzuwickelnden Leistungen ergeben, rechtfertigen keine Ausnahme von der
gesetzlichen Regelung. Die gleichen Schwierigkeiten bestehen bei
Mietverträgen, die gemäß § 105 BGB oder §§ 134, 138 BGB nichtig sind, ohne
dass dort an einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsmöglichkeit
gezweifelt wird (Hille WuM 1984, 292; Fischer NZM 2005, 567, 570).
38 bb) Besonderheiten, die bei in Vollzug gesetzten Arbeits- und
Gesellschaftsverträgen dazu geführt haben, dass von der Rückwirkung
abgegangen wurde, liegen bei der Geschäftsraummiete nicht vor. Weder
besteht - wie beim Arbeitsverhältnis - eine besonders intensive
Leistungsbeziehung mit starkem Persönlichkeitsbezug und mit Eingliederung in
eine soziale Organisation, noch ist - wie beim Gesellschaftsverhältnis - ein
erhöhtes Verkehrsschutzbedürfnis für Gläubiger vorhanden, die durch eine
rückwirkende Anfechtung ihr Haftungssubjekt verlieren würden. Vielmehr
handelt es sich bei dem Mietvertrag - anders als beim Arbeits- oder
Gesellschaftsvertrag - um ein einfach strukturiertes synallagmatisches
Austauschverhältnis, bei dem die Rückabwicklung keine besonderen
Schwierigkeiten aufwirft.
39 cc) Zur Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten wegen arglistiger
Täuschung kann für das Mietrecht auch keine Parallele zum Kaufrecht
herangezogen werden. Denn durch die Gewährleistungsvorschriften vor allem
der §§ 434 ff. BGB beim Kauf wird nur die Irrtumsanfechtung (§ 119 Abs. 2
BGB), nicht aber die Anfechtung nach § 123 BGB ausgeschlossen. Dem
Käufer stehen dieses Anfechtungsrecht und Ansprüche aus Gewährleistung,
sofern ihre jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind, wahlweise zu (MünchKomm/Kramer
BGB 5. Aufl. § 123 Rdn. 35).
40 dd) Entgegen der Ansicht der Revision spricht die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zum Ausschluss des Rücktritts vom Mietvertrag nach
Überlassung der Mietsache in Fällen, in denen eine Auflösung des Vertrages
durch fristlose Kündigung möglich ist (BGHZ 50, 312, 315), nicht dafür, dass
auch die Anfechtung von Mietverträgen nur für die Zukunft wirkt. Der
Bundesgerichtshof hat die Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit darauf
gestützt, dass bei in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen eine
Rückabwicklung nach § 346 ff. BGB in der Regel nicht den Interessen der
Parteien entspreche und angesichts der insbesondere bei längerer
Vertragsdauer entstehenden erheblichen Durchführungsschwierigkeiten zu
Unzuträglichkeiten führe. Von einer solchen Interessenlage kann bei einer
Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht ausgegangen werden. Die
Partei, die aufgrund der arglistigen Täuschung zu einer Willenserklärung
veranlasst worden ist, die sie bei Kenntnis der Umstände nicht abgegeben
hätte, hat ein schutzwürdiges Interesse an der rückwirkenden Vernichtung
ihrer Willenserklärung. Diesem Interesse trägt § 142 Abs. 1 BGB Rechnung.
Demgegenüber regelt der auf Nichterfüllung gestützte Rücktritt, ebenso wie
die mietrechtlichen Gewährleistungsansprüche und die Kündigung aus wichtigem
Grund, die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen.
41 ee) Auch das Argument, die Rückgängigmachung der vollzogenen
Vermieterleistung sei mit der Ingebrauchnahme der Mietsache durch den Mieter
nicht mehr möglich (Roquette vor §§ 537 bis 542 Rdn. 17), trägt nicht. Das
Bereicherungsrecht sieht für den Fall, dass die Herausgabe wegen der
Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich ist, gemäß § 818 Abs. 2 BGB vor,
dass der Wert zu ersetzen ist.
42 ff) Schließlich lassen sich bei der Geschäftsraummiete in der
Regel auch keine sozialen Belange feststellen, die ggf. einen erhöhten
Bestandsschutz in Vollzug gesetzter Mietverträge und deshalb eine
Einschränkung der Wirkung der Anfechtung auf den Zeitpunkt des Zugangs der
Anfechtungserklärung erforderlich machen könnten.
43 4. Die Anfechtung des Mietvertrages durch die Beklagte ist auch nicht
nach Treu und Glauben als unzulässige Rechtsausübung ausgeschlossen. Eine
solche Einschränkung der Anfechtung greift ein, wenn die Rechtslage des
Getäuschten durch die arglistige Täuschung nicht oder nicht mehr
beeinträchtigt ist (Staudinger/Looschelders/Olzen BGB [2005] § 242 Rdn.
444 m.w.N.).
44 Davon kann hier nicht ausgegangen werden.
Die Beklagte hat zwar die Mieträume bis zu dem vertraglich vereinbarten
Ablauf, am 31. Juli 2002, als Büroräume genutzt, ohne dass die Nutzung durch
ein Einschreiten der Baubehörde beeinträchtigt gewesen wäre. Insoweit hat
sich die arglistige Täuschung der Klägerin zum Zeitpunkt der Anfechtung
nicht mehr nachteilig ausgewirkt. Die arglistige Täuschung der Klägerin
wirkt aber dadurch weiter zu Lasten der Beklagten, weil diese für die
Souterrainräume einen Mietpreis vereinbart hat, der auf der fehlerhaften
Annahme beruhte, es handele sich um vollwertige Büroräume, die als solche
öffentlich-rechtlich genehmigt seien. Tatsächlich waren die Räume jedoch
nur als Büronebenräume, in denen ein dauernder Aufenthalt von Menschen nicht
gestattet war, genehmigt und genehmigungsfähig. Das Fehlen einer
Genehmigung zur Nutzung als Büroraum stellt - unabhängig von der
tatsächlichen Nutzbarkeit der Räume - einen wertbildenden Faktor dar. Es ist
deshalb davon auszugehen, dass die Beklagte, hätte sie von der fehlenden
Genehmigung Kenntnis gehabt, für die Räume im Souterrain jedenfalls nicht
den im Mietvertrag festgelegten, sondern einen geringeren für Nebenräume
angemessenen Mietzins vereinbart hätte.
45 Soweit die Revision darauf verweist, das Berufungsgericht habe
festgestellt, die Parteien hätten im Hinblick auf die Lage der
Räumlichkeiten im Souterrain und die eingeschränkten Lichtverhältnisse
bereits einen geringeren Mietzins vereinbart, lässt sie außer Acht, dass
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Parteien den Mietpreis
ausgehend von einer vollwertigen Büronutzung vereinbart haben. Dass die
Beklagte keinen niedrigeren Mietzins vereinbart hat, ist Folge der
arglistigen Täuschung der Klägerin. Der daraus entstandene Nachteil war
zum Zeitpunkt der Anfechtung nicht entfallen. Bei einer Einschränkung
der Wirkung der Anfechtung auf eine solche ex nunc würde er der Klägerin
zugute kommen, die die Mehreinnahmen, die sie aufgrund der arglistigen
Täuschung bis zu diesem Zeitpunkt erzielt hat, behalten dürfte (vgl. Erman/Jendrek
aaO vor § 536 Rdn. 20).
46 5. Die Beklagte hat auch auf das Recht zur Anfechtung nicht dadurch
verzichtet, dass sie mit Schreiben vom 27. Dezember 2001 die vertraglich
vorgesehene Verlängerungsoption ausgeübt hat. Denn zu diesem Zeitpunkt
hatte sie noch keine Kenntnis von dem Anfechtungsgrund. Erst am 24. März
2004 hat sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Kenntnis von der
arglistigen Täuschung der Klägerin erlangt.
47 6. Infolge der wirksamen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist der
Mietvertrag als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB).
48 Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
BGB) hat das Berufungsgericht zutreffend nach den Grundsätzen der
Saldotheorie vorgenommen, indem es durch Vergleich der durch den
Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile ermittelt hat, ob
sich für die Klägerin ein Überschuss (Saldo) ergibt (BGH
Urteil vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 314/97 - NJW 1999, 1181). Eine
Einschränkung der Saldotheorie zum Schutz des arglistig Getäuschten ist
hier, wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt, nicht geboten. Denn die
Klägerin verlangt als Täuschende Bereicherungsausgleich, so dass
Gegenansprüche der getäuschten Beklagten ohne weiteres als Abzugspositionen
in die Saldierung einzubeziehen sind.
49 a) Herauszugeben ist gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB das durch die
Leistung der Klägerin Erlangte. Das ist hier die von der Klägerin gewährte
Gebrauchsüberlassung der Räume. Da die Herausgabe der
Gebrauchsüberlassung wegen ihrer Beschaffenheit nicht möglich ist, hat die
Beklagte als gutgläubige Bereicherungsschuldnerin nach § 818 Abs. 2 BGB
deren Wert zu ersetzen. Dessen Höhe richtet sich nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem objektiven Verkehrswert des
rechtsgrundlos Erlangten, somit hier nach der Miete, die auf dem örtlichen
Markt für vergleichbare Objekte erzielt wird (Senatsurteil vom 22.
Oktober 1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192, 194; BGHZ 132, 198, 207; 168,
220, 239).
50 Neben diesem Anspruch auf Ersatz des objektiven Mietwerts für die
Gebrauchsüberlassung ist ein Anspruch auf Herausgabe eines durch die
Untervermietung evtl. erzielten Gewinns nicht gegeben. Mit der
bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des fehlgeschlagenen Mietvertrages
im Wege der Leistungskondition sollen die gegenseitigen, von den Parteien
aufgrund des unwirksamen Mietvertrages vorgenommenen Vermögensverschiebungen
rückabgewickelt werden. Die Gewinne der Beklagten aus der Untervermietung
beruhen jedoch nicht auf einer rückabzuwickelnden Leistung der Klägerin,
sondern auf der eigenen vermögensmäßigen Disposition der Beklagten. Ihr
stand es frei, den Bereicherungsgegenstand - die Gebrauchsüberlassung -
selbst, gar nicht oder durch Untervermietung zu nutzen. Mit der Erstattung
des objektiven Mietwerts für die Gebrauchsüberlassung wird erschöpfender
Ersatz für den Wert des erlangten Gebrauchsvorteils geleistet (vgl. für
bereicherungsrechtliche Ansprüche bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte:
BGHZ 82, 299, 307 f.; 99, 244, 248 f.).
51 Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Klägerin auch nach Treu und
Glauben daran gehindert gewesen wäre, von der Beklagten einen etwaigen
Gewinn aus der Untervermietung herauszuverlangen, weil sie die Beklagte
durch arglistige Täuschung zum Vertragsabschluss veranlasst hat.
52 b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass
verbrauchsunabhängige Nebenkosten grundsätzlich nicht nach
Bereicherungsrecht verlangt werden könnten, weil es sich dabei nicht um
Gebrauchsvorteile handele.
53 Der nach § 818 Abs. 2 BGB zu ersetzende Wert der erlangten
Gebrauchsvorteile bestimmt sich nach dem ortsüblichen Mietzins. Dieser
beinhaltet in dem Umfang, in dem verbrauchsunabhängige Nebenkosten
ortsüblich als Teil des Mietzinses mit vereinbart werden, auch diese
Nebenkosten. Da bei der Geschäftsraummiete der vereinbarte Mietzins
abweichend von der gesetzlichen Bestimmung in § 535 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB
in der Regel die Grundmiete und verbrauchsunabhängige Nebenkosten enthält,
spricht eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch im örtlichen Bereich der
hier im Streit befindlichen Räume üblicherweise bestimmte
verbrauchsunabhängige Nebenkosten vom Mieter zu tragen sind. Ob und in
welchem Umfang dies hier der Fall ist, wird erforderlichenfalls durch
Sachverständigengutachten festzustellen sein.
54 c) Ferner sind, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, im
Rahmen des Bereicherungsanspruchs der Klägerin die verbrauchsabhängigen
Nebenkosten nur zu berücksichtigen, wenn der Vermieter sie konkret darlegt.
55 Für die Jahre bis 2000, in denen die Klägerin Nebenkostenabrechnungen
erteilt hat, ergeben sich die verbrauchsabhängigen Kosten hinreichend
substantiiert aus den Abrechnungen, wenn die dort enthaltenen
verbrauchsunabhängigen Kosten ortsüblich sind. Für die Jahre 2001 und 2002,
für die die Klägerin keine Nebenkostenabrechnungen erstellt hat, hat das
Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise
verbrauchsabhängige Nebenkosten nicht berücksichtigt. Die Klägerin hat
konkrete Ansprüche insoweit nicht geltend gemacht. Das Berufungsgericht war
auch nicht gehalten, sich aus Anlagen mögliche verbrauchsabhängige Kosten
herauszusuchen.
56 d) Zu Recht hat das Berufungsgericht bei dem Bereicherungsanspruch der
Klägerin die auf den Wertersatz entfallende Mehrwertsteuer in Ansatz
gebracht.
57 Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt ein steuerbarer Umsatz vor, wenn ein
Unternehmer im Inland eine Lieferung oder sonstige Leistungen im Rahmen
seines Unternehmens ausführt. Ob es sich bei dem Wertersatz gemäß § 818 Abs.
2 BGB um nicht steuerbaren Schadenersatz oder um eine steuerbare sonstige
Leistung handelt, hängt davon ab, ob die Zahlung des Wertersatzes mit einer
Leistung des Steuerpflichtigen in Wechselbeziehung steht und damit ein
Leistungsaustausch stattgefunden hat. Davon ist bei einem
Wertersatzanspruch, der gemäß § 818 Abs. 2 BGB bei der
bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Mietvertrages entsteht,
auszugehen. Denn er tritt im Rahmen der Abwicklung eines gegenseitigen
Leistungsverhältnisses an die Stelle der vereinbarten Vergütung und ist
deshalb umsatzsteuerpflichtig (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII
ZR 142/95 - NZM 1998, 192, 194 f.; BGHZ 175, 118).
58 7. Das Berufungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die
Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kautionsbetrages aus
ungerechtfertigter Bereicherung hat. Die Klägerin hat aufgrund des
anfechtungsbedingten Wegfalls des Mietvertrages keinen Anspruch auf die
Kaution.
59 Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die gegenüber dem Anspruch
auf Rückzahlung der Kaution erklärte Hilfsaufrechnung der Klägerin mit
Schadensersatzansprüchen wegen Ausübung der Verlängerungsoption durch die
Beklagte für unbegründet gehalten. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch
scheidet, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, aus, nachdem
der Mietvertrag aufgrund der Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen
ist. Eine andere Rechtsgrundlage ist nicht gegeben.
60 8. Da es noch tatsächlicher Feststellungen dazu bedarf, ob und
gegebenenfalls in welcher Höhe auch verbrauchsunabhängige Kosten zur
ortsüblichen Miete für vergleichbaren Gewerberaum gehören, ist die Sache
noch nicht zur Endentscheidung reif und deshalb an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen.
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