(Keine) Hemmung der Verjährung durch negative Feststellungsklage des Schuldners; Hemmung durch Anerkennung (§ 212 I Nr. 1 BGB) und durch Verhandlungen (§ 203 BGB)


BGH, Urteil vom 15. August 2012 - XII ZR 86/11 - OLG Frankfurt am Main


Fundstelle:

NJW 2012, 3633


Amtl. Leitsatz:

Auch nach der Neugestaltung des Verjährungsrechts durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Schuldrechtsmodernisierungsgesetz genügt weder die Erhebung einer negativen Feststellungsklage durch den Schuldner noch die Verteidigung des Gläubigers hiergegen, um eine Hemmung der Verjährung zu bewirken (Fortführung von BGHZ 72, 23 = NJW 1978, 1975).


Zentrale Probleme:

Ein lehrreicher Fall zum Verjährungsrecht (das vielleicht als Materie etwas trocken, aber praktisch unheimlich wichtig ist). Der Sachverhalt ist wegen der Parteirollen (Klage und Widerklage) etwas verwirrend: Ein Vermieter klagt gegen seinen Mieter (im Wege der Widerklage, was Gegenstand der vom Mieter gegen den Vermieter erhobenen Klage war, ergibt sich aus dem Urteil nicht und spielt offenbar keine Rolle) auf Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache sowie auf Feststellung, dass er die erhaltene Mietkaution nicht zurückzahlen muss (negative Feststellungsklage, § 256 ZPO). Dann rechnet er mit Schadensersatzansprüchen gegen einen Teil des Kautionsrückzahlungsanspruch auf. In der Revision geht es jetzt darum, ob der überschießende (dh nach der Aufrechnung verbleibende) Betrag des Rückforderungsanspruchs verjährt ist. Damit muss man zunächst die Jahresendfrist des § 199 BGB bestimmen. Dabei kommt es insbesondere auf den Zeitpunkt der Fälligkeit an. Da diese 3-jährige Frist hier abgelaufen war, kommt es für die Begründetheit der negativen Feststellungsklage weiter darauf an, ob die Verjährung durch irgendein Ereignis zwischenzeitlich gehemmt wurde oder neu begonnen hat:
Nach § 204 Nr. 1 BGB wird die Verjährung gehemmt durch eine Klage auf Leistung oder auf (positive!) Feststellung des Anspruchs, d.h. durch eine Aktivität des Gläubigers. Daher kann eine negative Feststellungsklage des Schuldners (hier: des Vermieters) die Verjährung nicht nach dieser Vorschrift hemmen, auch die bloße Verteidigung des Gläubigers gegen eine solche Klage reicht nicht aus (er muss dann eben Leistungsklage erheben, dh seinerseits aktiv werden), s. dazu Tz. 24 ff
Allerdings kann in der erklärten Aufrechnung seitens des Schuldners (hier: des Vermieters) ein Anerkenntnis i.S.v § 212 I Nr. 1 BGB liegen, das sogar zu einem Neubeginn der Verjährung führt. Das bejaht der Senat hier, wobei er lehrbuchartig darlegt, welche Voraussetzungen an ein "Anerkenntnis" i.S.v. § 204 Nr. 1 BGB zu stellen sind (s. dazu Tz. 28 ff sowie bereits BGH v. 23.8.2012 - VII ZR 155/10).
Da im konkreten Fall auch die neu begonnene 3-jährige Verjährungsfrist (deren Beginn nicht dem Prinzip der Jahresendverjährung des § 199 I BGB folgt, s. Tz. 33) wiederum abgelaufen war, wäre trotz des Neubeginns Verjährung eingetreten, sofern nicht der erneute Lauf der Frist wiederum gehemmt war (s. Tz. 34). Diesbezüglich kam hier der Tatbestand des § 203 BGB (Verhandlungen) in Betracht, s. dazu Tz. 35 ff. Das verneint der Senat. Lehrreich sind auch hier die Ausführungen zum Begriff der "Verhandlungen" i.S.v. § 203 BGB.

©sl 2012


Tatbestand:

1 Die Parteien streiten im Revisionsverfahren nur noch über die Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung einer vom Kläger geleisteten Mietkaution.

2 Der Beklagte vermietete an den Kläger Räume zur gewerblichen Nutzung. Nach Beendigung des Mietverhältnisses zum 31. Juli 2006 stritten die Parteien im Rahmen der Widerklage darüber, ob der Kläger zum Ersatz von Schäden an der Mietsache verpflichtet ist und er die von ihm zu Beginn des Mietverhältnisses in bar geleistete Mietkaution in Höhe von 3.750 € zurückverlangen kann.

3 Der Beklagte hat die Verurteilung des Klägers auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 3.175,17 € wegen einer Beschädigung der Mieträume sowie die negative Feststellung begehrt, dass dem Kläger im Hinblick auf ausstehende Nebenkosten und die Prozesskosten des laufenden Verfahrens keine Ansprüche auf Auszahlung der Kaution zustünden.

4 Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 25. Oktober 2007 hat der Beklagte mit dem von ihm behaupteten Schadensersatzanspruch und einer Nebenkostenforderung gegen den Kautionszahlungsanspruch die Aufrechnung erklärt.

5 Das Landgericht hat den Kläger zur Zahlung von 25,17 € verurteilt, festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 3.150 € erledigt sei und im Übrigen die Widerklage abgewiesen.

6 Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das Urteil abgeändert und festgestellt, dass dem Kläger aus der übergebenen Sicherheitsleistung hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 822,08 € kein Rückzahlungsanspruch zustehe. Es hat die weitergehende negative Feststellungsklage abgewiesen und die Berufung des Klägers im Übrigen wie die Berufung des Beklagten insgesamt zurückgewiesen.

7 Mit der vom Oberlandesgericht zur Frage der Verjährung des Kautionsrückzahlungsanspruchs zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Feststellungsantrag in vollem Umfang weiter.

Aus den Gründen:

8 Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden ist und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

I.
9 Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Kaution insoweit für erloschen angesehen, als der Beklagte mit einem begründeten Schadensersatzanspruch in Höhe von 822,08 € wegen Schäden an der Mietsache aufgerechnet hat. Im Übrigen hat es den Rückzahlungsanspruch für nicht verjährt angesehen.

10 Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, es sei zwar nahezu einhellige Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass allein die Verteidigung gegen eine negative Feststellungsklage nicht zu einer Hemmung der Verjährung gemäß § 204 BGB hinsichtlich des Leistungsanspruchs führe. Diese Rechtsauffassung passe allerdings nicht auf den vorliegenden Fall. Denn hier gehe es nicht darum, dass der Kläger einen Leistungsantrag geltend gemacht habe und sich hinsichtlich der Frage der Verjährung auf die Hemmungswirkung der Verteidigung gegen die negative Feststellungsklage berufe. Vielmehr berufe sich umgekehrt der Beklagte darauf, dass die negative Feststellungsklage deshalb begründet sei, weil der Kläger an der Geltendmachung seines Rechts durch die Verjährungseinrede gehindert sei.

11 Dies kollidiere mit der grundsätzlichen Rechtskraftwirkung, die von der Abweisung einer negativen Feststellungsklage ausgehe. Die Rechtskraft eines Urteils, das eine negative Feststellungsklage als unbegründet abweise, erstrecke sich auch auf die Feststellung des Bestehens des streitigen Rechtsverhältnisses. Im vorliegenden Fall könne diese Wirkung eintreten, weil der Feststellungsantrag auf eine Kautionsrückzahlung in bestimmter Höhe ziele. Bei einer Abweisung der negativen Feststellungsklage stünde somit das Bestehen des Kautionsrückzahlungsanspruchs fest, der dann gemäß § 197 BGB verjähren würde. Um diese Rechtsfolgen eintreten zu lassen, müsse zunächst unabhängig von der Frage, ob der Kautionsrückzahlungsanspruch als solcher selbst geltend gemacht werden könne, über das Schicksal der negativen Feststellungsklage entschieden werden.

12 Entscheidend sei im vorliegenden Fall allerdings ein weiterer Gesichtspunkt. Der Beklagte sei während des Verfahrens von dem widerklagend geltend gemachten Schadensersatzanspruch und der auf andere Gründe gestützten negativen Feststellungsklage abgegangen und habe seinen Schadensersatzanspruch mit der ihm zur Verfügung gestellten Kaution verrechnet. Durch diese Aufrechnung habe er den Kautionsrückzahlungsanspruch des Klägers nicht mehr in Frage gestellt, sondern anerkannt. Dadurch sei es gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu einem Neubeginn der Verjährung gekommen, die aber gemäß den §§ 203, 204 BGB gehemmt worden sei, weil die Parteien während des Gerichtsverfahrens gerade über die Berechtigung der Aufrechnungsforderung gestritten hätten.

II.

13 Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

14 1. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig ...(wird ausgeführt)

18 2. Die Revision ist begründet.

19 a) Der Anspruch eines Mieters auf Rückzahlung der Mietkaution unterliegt gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, beginnend mit der Fälligkeit des Rückforderungsanspruchs des Mieters (Blank in Schmidt-Futterer Mietrecht 10. Aufl. § 551 BGB Rn. 110).

20 Im vorliegenden Fall trat die Fälligkeit des Kautionsrückzahlungsanspruchs des Klägers spätestens zum 1. November 2006 ein.

21 Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrags ist die Kaution spätestens drei Monate nach Rückgabe der Mietsache an den Mieter zurückzuzahlen. Da nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Mietsache am 31. Juli 2006 an den Beklagten zurückgegeben wurde, ist nach dieser Vertragsbestimmung der Kautionsrückzahlungsanspruch des Beklagten am 1. November 2006 fällig geworden.

22 Soweit § 20 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages bestimmt, dass der Vermieter berechtigt ist, einen Teil der Kautionssumme zurückzubehalten, sofern ihm zu diesem Zeitpunkt noch eine Forderung gegen den Mieter zustehen kann, handelt es sich lediglich um die Vereinbarung eines vertraglichen Zurückbehaltungsrechts des Vermieters, das den Eintritt der Fälligkeit der Forderung des Mieters auf Rückzahlung der Kaution zu dem in § 20 Abs. 2 Satz 1 des Vertrages bestimmten Zeitpunkt unberührt lässt.

23 Die Verjährungsfrist hat somit gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 31. Dezember 2006 begonnen und wäre am 31. Dezember 2009 abgelaufen, wenn sie nicht vorher gehemmt worden wäre oder neu begonnen hätte.

24 b) Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass die Verjährung des Kautionsrückzahlungsanspruchs nicht durch die vom Beklagten als Schuldner erhobene negative Feststellungsklage oder die hiergegen gerichtete Verteidigung des Klägers gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden ist.

25 aa) Schon vor der Neugestaltung des Verjährungsrechts durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Schuldrechtsmodernisierungsgesetz entsprach es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass weder die Erhebung einer (negativen) Feststellungsklage des Schuldners, die darauf gerichtet ist, gerichtlich feststellen zu lassen, dass eine Forderung, derer sich der Gläubiger berühmt, nicht besteht oder nicht durchsetzbar ist, noch die Verteidigung des Gläubigers gegen eine solche Klage zu einer Unterbrechung der Verjährung dieser Forderung führt (BGHZ 122, 287 = NJW 1993, 1847, 1848; BGHZ 72, 23 = NJW 1978, 1975; BGH Urteil vom 7. Juli 1994 - I ZR 30/92 - NJW
1994, 3107, 3108 jeweils zu § 209 BGB aF).

26 Zur Begründung wurde entscheidend darauf abgestellt, dass den in § 209 BGB aF aufgezählten Unterbrechungstatbeständen das gemeinsame Prinzip innewohne, dass der Berechtigte die Feststellung oder Durchsetzung seines Anspruchs aktiv betreiben müsse, um den Verjährungseintritt zu verhindern. Die bloße Verteidigung gegen eine negative Feststellungsklage des Schuldners könne dem nicht gleichgestellt werden, weil sich der Gläubiger dann auf die Abwehr der gegen ihn gerichteten Klage beschränke und gerade nicht seinen Anspruch durchzusetzen versuche (vgl. BGHZ 72, 23 = NJW 1978, 1975, 1976).

27 bb) Die Neugestaltung des Verjährungsrechts durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat dieses Prinzip beibehalten. Denn auch die in den §§ 203, 204 Abs. 1 BGB enthaltenen Hemmungstatbestände verlangen, dass der Gläubiger aktiv seinen Anspruch verfolgt, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern. Deshalb genügt auch nach neuem Recht weder die Erhebung einer negativen Feststellungsklage durch den Schuldner noch die Verteidigung des Gläubigers hiergegen, um eine Hemmung der Verjährung zu bewirken (vgl. MünchKommBGB/Grothe 6. Aufl. § 204 Rn. 4 und 7; Palandt/Ellenberger BGB 71. Aufl. § 204 Rn. 3; Musielak/Foerste ZPO 7. Aufl., § 256 Rn. 17; Henrich in
BeckOK BGB [Stand: 1. Mai 2012] § 204 Rn. 3; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 256 Rn. 17; aA Lakkis in jurisPK-BGB 5. Aufl. § 204 Rn. 38; offen gelassen in BGH Urteil vom 15. Dezember 2009 - XI ZR 110/09 - NJW-RR 2010, 640 Rn. 13).

28 c) Entgegen der Auffassung der Revision ist es allerdings rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht einen Neubeginn der Verjährung mit der Begründung angenommen hat, der Beklagte habe durch die von ihm erklärte Aufrechnung den Kautionsrückzahlungsanspruch iSv § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB anerkannt.

29 aa) Nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährung erneut, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt. Für ein verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis genügt ein tatsächliches Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewusstsein von dem Bestehen der Forderung unzweideutig entnehmen lässt und angesichts dessen der Gläubiger darauf vertrauen darf, dass sich der Schuldner nicht auf den Ablauf der Verjährung berufen wird (BGH Urteil vom 9. Dezember 2011 - V ZR 131/11 - NJW 2012, 1293 Rn. 10 mwN).

30 Ein Anerkenntnis des Schuldners iSv § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch in der Aufrechnung mit einer bestrittenen Forderung gegen eine unbestrittene Forderung liegen. Maßgeblich ist dabei das vom Tatrichter zu beurteilende Verhalten des Schuldners, für dessen Auslegung und Bewertung es jeweils auf die Umstände des Einzelfalls ankommt (BGH Urteil vom 8. Juni 1989 - X ZR 50/88 - NJW 1989, 2469, 2470 zu § 208 BGB aF; anders noch BGHZ 58, 103 = NJW 1972, 525).

31 bb) Der Beklagte hat die Rückzahlung der Kaution zunächst mit der Begründung verweigert, er habe seinerseits Ansprüche gegen den Kläger auf Nachzahlung von Nebenkosten sowie auf Erstattung der Prozesskosten des laufenden Verfahrens. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 25. Oktober 2007 hat der Beklagte sodann vorbehaltlos mit dem zwischen den Parteien streitigen Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung der Mietsache gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Klägers die Aufrechnung erklärt.

32 Soweit das Berufungsgericht aufgrund dieses Prozessverhaltens des Beklagten die Aufrechnung als Anerkenntnis iSv § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB gewertet hat, das zu einem Neubeginn der Verjährung führte, ist dies als tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Aus der unbedingt erklärten Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch durfte das Berufungsgericht den Schluss ziehen, dass sich der Beklagte selbst des Bestehens des Anspruchs des Klägers bewusst war und er durch die Aufrechnungserklärung gegenüber dem Kläger klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, dass der Kautionsrückzahlungsanspruch in voller Höhe besteht und der Beklagte sich nicht auf den Ablauf der Verjährungsfrist berufen wird.

33 cc) Beginnt nach einem Anerkenntnis iSv § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung erneut, wird die Verjährungsfrist am darauf folgenden Tag in Lauf gesetzt. Denn die ultimo-Regel des § 199 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB gilt im Anwendungsbereich des § 212 Abs. 1 BGB nicht. Die Verjährung beginnt vielmehr an dem Tag, der dem Anerkenntnis folgt (vgl. BGH Urteil vom 9. Juli 1998 - IX ZR 272/96 - NJW 1998, 2972, 2973; Palandt/Ellenberger BGB 71. Aufl. § 212 Rn. 8).

34 dd) Da der Beklagte die Aufrechnung am 25. Oktober 2007 erklärt hat, wäre die Verjährung des Kautionsrückzahlungsanspruchs des Klägers mit Ablauf des 25. Oktober 2010 und damit schon vor der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 12. April 2011 eingetreten. Ob dem Kläger ein durchsetzbarer Anspruch auf Rückzahlung der Kaution zusteht, hängt daher entscheidend von der Frage ab, ob und in welchem Umfang die Verjährung in dem Zeitraum vom 26. Oktober 2007 bis zum 25. Oktober 2010 gehemmt worden ist.

35 d) Hierzu hat das Berufungsgericht die Auffassung vertreten, die neu begonnene Verjährungsfrist sei durch Verhandlungen der Parteien gemäß § 203 BGB gehemmt worden, weil die Parteien während des Gerichtsverfahrens gerade über die Berechtigung der Aufrechnungsforderung gestritten hätten. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

36 aa) Allerdings ist der Begriff der "Verhandlungen" iSv § 203 Satz 1 BGB weit auszulegen. Der Gläubiger muss dafür lediglich klarstellen, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner dies nicht sofort und erkennbar ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruches oder dessen Umfang ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei Vergleichsbereitschaft oder Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird oder dass Erfolgsaussicht besteht (st. Rspr., vgl. zuletzt BGHZ 182, 76 = NJW-RR 2010, 975 Rn. 16 mwN).

37 bb) Selbst bei diesem weiten Begriffsverständnis hat das Berufungsgericht jedoch keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die Parteien nach dem 25. Oktober 2010 Verhandlungen über den Kautionsrückzahlungsanspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände geführt haben.

38 Allein durch die Tatsache, dass die Parteien auch nach dem Neubeginn der Verjährung den Rechtsstreit weitergeführt haben und damit auch der Kautionsrückzahlungsanspruch des Klägers streitbefangen war, wird der Begriff der "Verhandlungen" iSv § 203 BGB nicht erfüllt. Aus den Ausführungen des Berufungsgerichts in der angegriffenen Entscheidung ergibt sich, dass die Parteien in der Sache nur um die Verantwortlichkeit des Klägers für die Beschädigungen an der Mietsache gestritten haben. Dazu, ob und inwieweit der Beklagte auch nach der Aufrechnungserklärung vom 25. Oktober 2010 noch bereit war, sich auf Erörterungen über den Kautionsrückzahlungsanspruch des Klägers einzulassen, verhält sich das Berufungsurteil nicht. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Parteien am 20. Februar 2008 einen widerruflichen Vergleich abgeschlossen haben, in dem sich der Beklagte zur Rückzahlung eines Teilbetrags aus der Kaution verpflichtet hat. Diesen Vergleich hat der Kläger jedoch am 5. März 2008 widerrufen. Ein weiteres Vergleichsangebot des Beklagten hat der Kläger am 19. März 2008 abgelehnt. Dadurch könnte es zu einer Beendigung von schwebenden Verhandlungen zwischen den Parteien und damit zum Wegfall der Hemmungswirkung des § 203 BGB gekommen sein (vgl. hierzu BGH Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04 - NJW 2005, 2004, 2006). Damit hätte sich das Berufungsgericht auseinandersetzen müssen.

39 3. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil es weiterer Feststellungen zu der Frage bedarf, ob und in welchem zeitlichen Umfang nach dem 26. Oktober 2007 zwischen den Parteien Verhandlungen iSv § 203 BGB geführt worden sind. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.